SPEZIALFONDS 2018

Anlagemöglichkeiten in der Niedrigzinsphase

Dr. Hans-Ulrich Templin Foto: Helaba Invest

Sowohl im Bereich der liquiden Assets wie Renten und Aktien als auch im Bereich der Alternative Assets wie Immobilien und Infrastruktur sieht der Autor für institutionelle Investoren durchaus Alternativen, um den zumindest nicht deutlich gesunkenen Renditeanforderungen zu genügen. Als marktunabhängigen Ansatz bringt er zudem Alternative Risikoprämien ins Spiel, der darauf abzielt, systematische Faktor- beziehungsweise Risikoprämien zu vereinnahmen. Aufgrund des im Vergleich zu traditionellen Assetklassen besseren Risiko-Rendite-Verhältnisses traut er diesem Ansatz zu, einen festen Platz in der strategischen Asset-Allokation institutioneller Anleger zu erobern. Zudem verweist er auf die Eignung als Liquiditätsersatz im Treasury von Unternehmen, da dieses Konzept nach dem Ertragsziel des Investors individuell skalierbar ist. (Red.)

Bereits seit mehreren Jahren verharren die Zinsen auf einem sehr niedrigen Niveau. Grundsätzlich gibt es mehrere Gründe, die gegen einen baldigen und deutlichen Zinsanstieg sprechen, wie zum Beispiel den notwendigen Liquiditätsbedarf der europäischen Staaten, die Flucht in Qualität bei sich abzeichnender konjunktureller Abschwächung oder der enorme Renditedruck der Anleger, der jeden Zinsanstieg im Keim erstickt. Damit stellt sich die Frage, welche Anlagemöglichkeiten die Ertragsaussichten für einen Investor verbessern können. Idealerweise sollten die Anlagen auch in einer Zinserhöhungsphase erfolgreich sein.

Renten: Kurzläuferportfolios

Für Anleger, die konstante und planbare Erträge bei geringem Risiko erwirtschaften wollen, bieten sich sogenannte Kurzläuferportfolios an, beispielsweise Unternehmensanleihen mit einer kurzen Restlaufzeit im Investmentgradebereich. Kurzläuferportfolios weisen eine Reihe wünschenswerter Eigenschaften auf, die auch oder gerade in Zeiten niedriger Zinsen zum Tragen kommen. Hier ist zunächst die niedrige Volatilität kurzlaufender Anleihen zu nennen. Sie mildert auch Bonitätsrisiken, sofern sich diese nur in Spreadveränderungen ausdrücken. Zudem sind die Drawdowns weniger tief und werden in kürzerer Zeit wieder aufgeholt.

Immer häufiger werden diese "Kurzläufer" in Portfolios auch als Geldmarktersatz eingesetzt. Investoren mit etwas mehr Risikoappetit können ihre Ertragsaussichten durch eine Erweiterung des Anlageuniversums auf kurzlaufende High-Yield- und Emerging-Market-Anleihen erhöhen. Durch die geringe Restlaufzeit bleibt das Risiko einer Zinserhöhung begrenzt, die Erweiterung des Anlageuniversums führt jedoch gleichzeitig zu einer Erhöhung des Bonitätsrisikos

Globalisierung

In Zukunft wird die weitere Globalisierung der Portfolios im Vordergrund stehen. So bieten ausgewählte internationale Rentenmärkte einen deutlichen Zinsaufschlag gegenüber dem europäischen Anleihemarkt. Dabei sind allerdings die Währungsrisiken beziehungsweise die Kosten der Währungssicherung zu berücksichtigen. Beispielsweise wird aktuell im US-Staatsanleihenmarkt der Zinsvorteil vollständig durch die Kosten der Währungssicherung kompensiert.

Da es in den entwickelten Staaten zunehmend schwieriger wird, adäquate Renditen im Investment- oder Non-Investmentgradebereich zu erzielen, steigen vor allem Anleihen aus den Emerging Markets im Anlegerinteresse. Die Attraktivität dieser Assetklasse wird durch eine stark wachsende wirtschaftliche Bedeutung der Regionen, substanziellen Vorteilen (günstige Demografie, geringe Verschuldung) sowie einer verbesserten Widerstandsfähigkeit gegen makroökonomische Schocks unterstrichen.

Strategische Shortposition in Duration nicht empfehlenswert

Aufgrund des historisch niedrigen Zinsniveaus könnte man zu dem Schluss kommen, dass eine strategische Shortposition in Duration, also quasi der Leerverkauf von Anleihen und das Eingehen einer negativen Zinsbindung, die Lösung sei. Davon ist dringend abzuraten, denn es hat sich gezeigt, dass Shortpositionierungen nur dann absolut erfolgreich sind, wenn die Zinssteigerung auch kurzfristig eintritt. Ansonsten sind die Kosten durch negative Carry- und Roll-Down-Effekte in den meisten Marktphasen überlagernd.

Nach einer längeren Phase einer sehr guten konjunkturellen Entwicklung sowie einer positiven Aktienmarktentwicklung erscheint das Bewertungsniveau nicht mehr günstig. Insofern wäre bei Aktien zu überprüfen, ob möglicherweise der Einsatz eines Wertsicherungssystems, beispielsweise durch den Einsatz von Optionen, sinnvoll ist. Eine interessante Alternative sind ferner Aktienanleihen. Abbildung 1 zeigt unter Berücksichtigung von Rendite und Risiko die relative Vorteilhaftigkeit dieser Assetklasse im Vergleich zu Aktien, Renten oder gemischten Portfolios. Anleger profitieren hier auch dann in Form der Vereinnahmung von Optionsprämien, wenn die Aktienmarktentwicklung nur seitwärtsgerichtet ist. Ein möglicher Kursrückgang wird durch diese Verzinsung abgemildert. Unter bestimmten Umständen erfolgt in der Phase eines Kursrückgangs eine Andienung von Aktien, sodass ein vergleichsweise niedriger antizyklischer Einstieg erreicht werden kann. Alternativ können die Aktien auch veräußert werden.

Immobilien - Vereinnahmung einer Liquiditätsprämie

Immobilien erfreuen sich im aktuellen Niedrigzinsumfeld bei institutionellen Anlegern einer stark steigenden Beliebtheit. Ein Grund hierfür liegt darin, dass Assetklassen im Wertpapierbereich, die auskömmliche Erträge liefern, meist mit hohen Bewertungsrisiken verbunden sind. In der zurückliegenden Finanzmarktkrise, die auch wesentlich eine Krise von Immobilienmärkten war, ist klar geworden, dass die Assetklasse Immobilien kein risikoloses Investment darstellt. Insbesondere diejenigen Fonds, die mit Investments in Immobilien der europäischen Peripherie (vor allem Italien, Spanien, Portugal) auf die Konvergenz des Euroraumes gesetzt hatten, haben noch heute mit hohen Abschreibungen zu kämpfen - sie leiden unter Fehlentscheidungen auf Makroebene. Gleichermaßen werden bei Immobilieninvestments Wertverluste durch Fehlentscheidungen auf Mikroebene produziert, zum Beispiel bei unzureichender Nachvermietbarkeit von Objekten in Nebenlagen. Beide Arten von Immobilienrisiken müssen erkannt und wenn möglich vermieden werden.

Darüber hinaus ist die vor allem durch Immobilien-Publikumsfonds verbreitete Illusion, über indirekte Anlagen eine vollkommene Fungibilität für Immobilieninvestments zu erlangen, mittlerweile verflogen. Die Erkenntnis, dass Immobilien eine grundsätzlich nur eingeschränkt liquide Assetklasse sind, hat sich inzwischen bei Anlegern wie Managern durchgesetzt.

Insofern ist die Art und Weise, wie Investitionen in den Immobilienmarkt unter Berücksichtigung der Aspekte der Diversifikation sowie der gezielten Nutzung von Spezialexpertise erfolgen können, erfolgsentscheidend.

Infrastruktur - Finanzierung durch private Investoren

Der erhebliche Investitionsbedarf zur Aufrechterhaltung einer funktionsfähigen Infrastruktur übersteigt immer häufiger die Finanzierungsmöglichkeiten der hierfür eigentlich zuständigen öffentlichen Hand. Daher wird zunehmend privates Kapital bei der Finanzierung und privates Management für die Realisierung von Infrastrukturprojekten eingebunden. Infolgedessen stellen Infrastrukturinvestments auch für institutionelle Anleger zunehmend attraktive Anlagemöglichkeiten dar.

Für die Investition kommen im Wesentlichen die Segmente der ökonomischen Infrastruktur (Energie, Versorgung, Kommunikation und Transport) sowie der sozialen Infrastruktur infrage. Alle Infrastruktursegmente sind durch eine hohe Langlebigkeit und eine stabile Nachfrage gekennzeichnet. Daher wird, anders als bei den traditionellen Anlageklassen, das Risiko-Rendite-Profil nicht durch das Segment, sondern im Wesentlichen von den für die Infrastrukturanlagen gewählten Organisationsmodellen (zum Beispiel verfügbarkeitsbasierte, regulierte, nutzerabhängige Vertragsstrukturen) bestimmt.

Infrastrukturinvestitionen lassen sich in Abhängigkeit vom Risikoprofil und der damit verbundenen Renditeerwartung in die drei Strategiebereiche Core, Value-Added und Opportunistic unterteilen. Ebenso wie bei Immobilien handelt es sich um eingeschränkt fungible Investments, sodass der Aspekt der Vereinnahmung einer Liquiditätsprämie im Vordergrund steht.

Multi Asset - das neue Balanced

Multi-Asset-Ansätze erfreuen sich derzeit einer großer Popularität. Ihr Anlageerfolg hängt dabei maßgeblich von der richtig ausbalancierten Mischung einzelner Assetklassen ab. Daher sollte die strategische Asset-Allokation so gewählt werden, dass unter Nutzung von Diversifikations- und Korrelationseffekten das Portfolio eine möglichst geringe Anfälligkeit auf starke Marktbewegungen zeigt.

Diese Anforderung erfüllt beispielsweise der sogenannte Risk-Parity-Ansatz, der auf dem Prinzip der gleichen Risikobeiträge basiert. Das bedeutet, dass die Märkte nach ihrem Risikogehalt unterschieden und allokiert werden, je höher das Risiko eines einzelnen Marktes, umso geringer sein Gewicht und vice versa. Das Portfolio ist optimal diversifiziert und ausgewogen. Mit steigendem Ertragsanspruch erhöht sich das Gewicht der Risikoassets.

Es gibt aber noch weitere Gründe für den Erfolg: Das Gegenstück, die Mandate in Reinkultur als reine Rentenmandate erfüllen die Renditeanforderungen nicht, reine Aktienmandate übersteigen die Risikobudgets. Zudem wird in einem Multi-As set-Mandat eine Leistung des Asset Managers ermöglicht, die im Zuge einer Strukturierung von Masterfonds und spezialisierten Teilmandaten mit Schwerpunkt auf Selektionsleistungen zurückgedrängt war: die Leistung der taktischen Asset-Allokation als temporäre Überoder Untergewichtung von Märkten.

Zunehmend werden auch Immobilien und Infrastruktur-Investments in die Allokation von Multi-Asset-Portfolios aufgenommen. Die günstigen Korrelationseigenschaften dieser Assetklassen sorgen für eine größere Robustheit der Wertverläufe und ermöglichen eine höhere Ertragsstabilität.

Alternative Risikoprämien: betafreie Strategie

Das Ziel des Ansatzes der alternativen Risikoprämien liegt darin, systematische Faktor- beziehungsweise Risikoprämien zu vereinnahmen. Diese eignen sich als Ersatz oder Ergänzung zu zinstragenden Assetklassen. Hierbei spielt jedoch die Auswahl der Prämien eine entscheidende Rolle. Abbildung 2 zeigt auf, was im Allgemeinen unter alternativen Risikoprämien zu verstehen ist.

Wichtig ist es, dass eine ökonomische Begründung für die Existenz einer Prämie existiert und somit die Erträge dauerhaft erwirtschaftet werden können. Des Weiteren sollten die alternativen Prämien gegenseitig diversifizierend wirken. Hierbei gilt es zu beachten, dass die den Prämien zugrunde liegenden fundamentalen Faktoren unterschiedliche Risiken abdecken und möglichst gering korreliert sind.

Beispiele für derartige Strategien sind sogenannte Carry-Strategien oder auch Volatilitätsstrategien. Carry-Strategien setzen darauf, im Zeitverlauf eine positive Renditedifferenz, die sogenannte Carry-Prämie, zwischen zwei Assets beziehungsweise zwischen ganzen Assetklassen zu vereinnahmen. Tendenziell ist der Erfolg von Carry-Strategien dabei umso größer, je stabiler die Verhältnisse auf den Märkten sind, in die investiert wird.

Fester Platz in der strategischen Asset-Allokation

Volatilitätsstrategien zielen hingegen zumeist darauf ab, eine Volatilitätsprämie aus der Differenz zwischen impliziter und realisierter Volatilität zu extrahieren beziehungsweise Prämiendifferenzen aus einer Positionierung auf der Volatilitätskurve zu verdienen. Vereinfacht gesprochen profitieren diese Strategien davon, dass entweder eine "Versicherungsprämie", die vereinnahmt werden kann, größer ist als der "erwartete Schadensfall" oder dass die Eintrittswahrscheinlichkeit für ein Schadensereignis in der Zukunft über- beziehungsweise unterschätzt wird.

Aufgrund des im Vergleich zu traditionellen Assetklassen besseren Risiko-Rendite-Verhältnisses könnten sich alternative Risikoprämien-Strategien einen festen Platz in der strategischen Asset-Allokation institutioneller Anleger erobern. Zudem bieten sich diese Ansätze auch als Liquiditätsersatz im Treasury von Unternehmen an, da der Ansatz nach dem Ertragsziel des Investors individuell skalierbar ist.

Das Umfeld niedriger Zinsen stellt Anleger schon längere Zeit vor besondere Herausforderungen, ein Ende ist (noch) nicht in Sicht. Es gibt allerdings Alternativen, um den nicht gesunkenen Renditeanforderungen zu genügen. Diese lassen sich sowohl im Bereich der liquiden Assets wie Renten und Aktien, als auch im Bereich der Alternative Assets wie Immobilien und Infrastruktur finden. Einen dritten marktunabhängigen Lösungsansatz bieten alternative Risikoprämien.

Dr. Hans-Ulrich Templin Geschäftsführer, Helaba Invest, Frankfurt am Main

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