SPEZIALFONDS 2018

Anleger-Statistik: Rückkehr in die alte Welt?

Markus Neubauer Foto: Universal-Investment

Mit dem Auslaufen der unkonventionellen Geldpolitik der Notenbanken oder zumindest deren Ankündigung könnte sich auch die Bedeutung der Anleihen in den Portfolios der institutionellen Anleger wieder erhöhen. Anhand der inzwischen schon traditionellen Studie auf Basis aller Anlagen in Spezialfonds seines Hauses registriert der Autor Anzeichen für eine Trendumkehr und hat bei der Struktur der Anleihen schon einen leichten Rückgang der Unternehmensanleihen sowie eine leichte Wiederbelebung bei den Staatsanleihen ausgemacht. Emissionen der Schwellenländer wertet er trotz eines deutlichen Volumenanstiegs bisher lediglich als Beimischung. Für Aktien sieht er nach wie vor recht stabile Bedingungen und insbesondere für Alternative Assets deuten die Zahlen weiterhin auf eine spürbare Zunahme hin. Die Spezialfonds-Performance für eine langjährige Anlagedauer von zehn und mehr Jahren siedelt er bei über 4 Prozent an. (Red.)

Was kommt nach Quantitative Easing (QE)? Institutionelle Investoren stellen sich auf das Ende der Niedrigzinsphase in der Eurozone ein und erhöhen allmählich wieder den Anteil von Anleihen in ihren Portfolios. Aber auch renditeträchtigere Anlageklassen bleiben wichtig. Das zeigt die diesjährige Analyse der Spezialfondsdaten von Universal-Investment, die das institutionelle Anlageverhalten bereits seit 2012 verfolgt.

Hoffnung auf normale Verhältnisse

Während die US-amerikanische Notenbank bereits Ende 2015 die Zinswende einläutete, hat die EZB diesen Schritt noch vor sich. Dass er bald kommen wird, ist immerhin ausgemacht: Ende dieses Jahres läuft das Anleihekaufprogramm der EZB aus und im Sommer 2019 dürfte der Nullzins auch in Europa Geschichte sein. Für viele institutionelle Investoren verbindet sich damit die Hoffnung, dass endlich wieder normale Verhältnisse einkehren und festverzinsliche Anlagen ernstzunehmende Renditen abwerfen könnten.

Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg. In den letzten zehn Jahren ging es mit den Anleiherenditen nur abwärts und der Leitzins der EZB sank fast kontinuierlich von 4,25 Prozent im Jahr 2008 auf 0 Prozent, die seit März 2016 gelten. Die Aktienmärkte erlebten dagegen seit der Finanzkrise einen Boom; allein der Dax konnte seinen Punktestand seit 2008 mehr als verdoppeln. In den Portfolios der Versicherungen, Pensionskassen, Unternehmen und anderer institutioneller Investoren hat diese Entwicklung tiefe Spuren hinterlassen. Die früher selbstverständliche Dominanz festverzinslicher Wertpapiere, allen voran Bundesanleihen, gibt es so nicht mehr. Nur deshalb hat - mit teilweise einschneidenden Veränderungen - die große Mehrheit der Anleger das Kunststück vollbracht, trotz widrigen Umfelds solide Renditen zu erzielen.

Dazu haben in erster Linie die Erhöhung der Aktienquoten und die Hinwendung zu alternativen Assetklassen in den Spezialfonds - wie Immobilien, Private Debt oder Equity - beigetragen, während die Engagements in Anleihen gleichzeitig drastisch gekürzt wurden. Diese Reallokation blieb natürlich nicht ohne Auswirkungen auf die Risikostruktur der Portfolios, die zusätzlich gesteuert werden müssen. Die Frage liegt also nahe, ob die Investoren die neue Zusammensetzung tendenziell beibehalten oder vielmehr bestrebt sein werden, zur früheren Gewichtung zurückzukehren, sobald die Geldpolitik diesen Schritt ermöglicht. Dies ist nicht zuletzt deshalb interessant, weil die Spezialfonds inzwischen einen deutlich höheren Grad der Diversifizierung erreicht haben - ein Vorteil, der sich auch in anderen Marktumfeldern positiv auswirken könnte.

Wieder zunehmende Bedeutung von Anleihen

Auf den ersten Blick scheint sich die Uhr tatsächlich zurückzudrehen. Zur Erinnerung: Bei Beginn der Analyse Anfang 2012 lag die Gewichtung der Portfolios noch bei durchschnittlich 56 Prozent Anleihen und 23 Prozent Aktien, alternative Anlagen spielten kaum eine Rolle. Bis Mitte 2017 hatte sich die Rentenquote quer über alle Investorengruppen auf 42 Prozent reduziert - das bisherige Rekordtief. Diese relative Schrumpfung ist besonders auffällig, wenn man bedenkt, dass sich das Volumen der analysierten Assets insgesamt deutlich mehr als verdoppelt hat. Das Anleihevolumen nahm dagegen um (nur) 80 Prozent zu. Etwa zum gleichen Zeitpunkt, im April 2017, erreichte der Aktienanteil einen Höchststand bei 32 Prozent und das Volumen der Aktieninvestments war um fast 340 Prozent angewachsen. Das Engagement in alternativen Assets hatte sich sogar mehr als verfünffacht.

Im Anleihebereich markiert die Jahresmitte 2017 eine Trendwende. Seither gewinnen festverzinsliche Titel wieder an Bedeutung und machen inzwischen rund 45 Prozent aller Spezialfonds aus (Abbildung 1). Zum Teil geht der Anstieg auf einen Sondereffekt zurück, da ein namhaftes Portfolio komplett auf die Universal-Investment-Plattform übertragen wurde. Innerhalb des Rentensektors fällt auf, dass sich die Präferenzen verschoben haben. In den letzten Jahren hatten die Investoren den Anteil an Staatsanleihen als Reaktion auf den Nullzins massiv abgebaut und dafür Unternehmensanleihen immer weiter aufgestockt. Mitte 2017 lagen die Quoten bei 23,4 Prozent beziehungsweise 33,8 Prozent. Doch seit einem Jahr beginnt sich das Verhältnis wieder zu drehen: Aktuell stehen Corporate Bonds noch für 29 Prozent der Anleiheportfolios, während die "Govies" auf 26,4 Prozent zugelegt haben.

Anleihen aus Schwellenländern nur als Beimischung

Auch in Bundesanleihen wird seit einem Jahr wieder mehr investiert, obwohl die aktuelle Rendite auf zehn Jahre nur knapp über der Nullgrenze liegt. Insgesamt haben jedoch insbesondere deutsche Staatspapiere in den letzten Jahren stark an Boden verloren: Ihr einstmals dominanter Anteil sank von 7,23 Prozent des gesamten Spezialfonds-Volumens auf nur noch 2,29 Prozent Mitte 2017 und liegt aktuell bei 3,39 Prozent (Abbildung 2). Denselben Trend vollzogen Emissionen des französischen Staates, wenn auch auf niedrigerem Niveau. Sie machen derzeit nur noch knapp 1 Prozent des angelegten Vermögens aus, nach gut 3 Prozent Anfang 2012.

US-amerikanische Staatsanleihen sind dagegen, sicherlich auch mit Hilfe der Fed, aus Sicht deutscher Anleger attraktiver geworden. Sie haben ihren Anteil in den letzten Jahren fast verdreifacht und liegen im Ranking der staatlichen Emittenten nun an dritter Stelle. Trotzdem bleibt der weltweit wichtigste Bondmarkt für deutsche Institutionelle eine Randerscheinung: Sein Anteil beträgt nun 1,43 Prozent der Spezialfonds, nach 0,41 Prozent Anfang 2012.

Direkt nach den Bundesanleihen rangieren mit 1,43 Prozent inzwischen die Emissionen der Schwellenländer - allerdings in ihrer Gesamtheit. Das Volumen erhöhte sich von etwa einer Milliarde Anfang 2012 auf inzwischen rund 4,2 Milliarden Euro. Die Allokationen einzelner Länder sind im Verhältnis zum insgesamt angelegten Vermögen von derzeit 278 Milliarden Euro geradezu verschwindend gering und dienen der Beimischung. Größter Schwellenländer-Emittent in deutschen Portfolios ist Mexiko. Dort stecken derzeit zusammen rund 569 Millionen Euro. Im Ranking folgen Indonesien, Polen, Kolumbien, Brasilien und Russland mit immerhin noch 288 Millionen Euro Exposure. Die Analyse zeigt auch: Über die letzten fünfeinhalb Jahre gingen die Anleger in Bezug auf Schwellenländer immer selektiver vor. Während Anfang 2012 die Engagements in einzelnen Ländern noch relativ gleichmäßig verteilt waren, allokieren die Investoren inzwischen sehr unterschiedlich. Die Euro-Peripherie und China beispielsweise wurden damals wie heute kaum betreten.

Und noch ein Zinssegment fällt ins Auge: Der Pfandbrief ist zurück. In den letzten zwölf Monaten stieg der Anteil von 6,5 Prozent auf 11,1 Prozent aller Anleihen. Anfang 2012 hatten Pfandbriefe und Covered Bonds mit 15,8 Prozent noch die dritthöchste Gewichtung innerhalb des Rentensektors inne. Im Zuge des Anleihekaufprogramms der EZB war diese jedoch auf ein Drittel geschrumpft.

Ein Drittel Aktien - immer mehr Alternatives

Anders als bei Anleihen scheinen die Anleger in Bezug auf Aktien bei ihrer aktuellen Allokation bleiben zu wollen - zumindest zeigt die neue Route der Geldpolitik bislang keine Spuren. Seit Anfang 2015 schwankt das Aktienexposure zwischen 29 und 32 Prozent; aktuell liegt es bei 30,5 Prozent. Den Börsenboom dieser Jahre mit kräftigen Kurssteigerungen (außer 2016) schöpften die Investoren ab, sodass Aktien einen deutlichen Beitrag zur Gesamtperformance leisten konnten.

Die historisch hohe Aktien- beziehungsweise niedrige Rentenquote setzt die Portfolios allerdings neuen Herausforderungen aus. Vorgegebene oder angestrebte Kennzahlen für Volatilität und Risiko sind mit der neuen Allokation nicht ohne Weiteres zu erreichen. Investoren setzen deshalb zunehmend auf wertsichernde Strategien wie etwa das Overlay-Management, um die veränderte Risikostruktur im Griff zu behalten. Eine weitere maßgebliche Entwicklung ist die Diversifizierung hin zu Alternative Assets, die mit ihrer geringen Korrelation zu den traditionellen Assetklassen einen zusätzlichen Beitrag zur Risikominimierung leisten.

Anders als in der Aktien- und Rentenallokation ist hier bislang weder eine Umkehr noch Stagnation des Trends auszumachen. Im Gegenteil: Die Investitionsbereitschaft hat sich über das gesamte Jahr 2017 und auch in der ersten Jahreshälfte 2018 unvermindert fortgesetzt. Dabei ist das Volumen von Alternative Assets auf der Universal-Investment-Plattform in den letzten Jahren geradezu explodiert. Vor fünf Jahren stand diese Assetklasse noch für rund fünf Milliarden Euro - Ende Juni 2018 sind es 30,9 Milliarden Euro, also sechsmal so viel (Abbildung 3). Auffällig ist, dass dieser Trend von allen Investorengruppen mitgetragen wird. Auch die als eher konservativ geltenden Stiftungen oder Pensionskassen haben in Alternative Assets diversifiziert, ebenso wie VAG-Investoren, Corporates und Versicherungen.

Equity-Strukturen - in erster Linie Private Equity und Infrastruktur - stoßen dabei auf die größte Nachfrage und machen 42 Prozent der alternativen Anlageformen aus. Verbriefungen und Debt-Strukturen folgen mit Abstand und stehen jeweils für etwas mehr als ein Viertel der Alternatives. Hier geht es in erster Linie um Unternehmensfinanzierungen, daneben beispielsweise auch um Infrastruktur oder erneuerbare Energien. Hedgefonds stehen (noch) für kleinere Anteile.

Langfristige Wertentwicklung im grünen Bereich

In stürmischen Märkten zeigt sich, was eine Anlagestrategie wert ist. Die institutionellen Investoren auf der Universal-Investment-Plattform sind bislang gut durch das Tal der niedrigen Zinsen gekommen und nehmen nun den beschwerlichen Aufstieg in Angriff.

Zur Jahresmitte 2018 liegt die Performance in der langfristigen Betrachtung nicht nur über der magischen Schwelle von vier Prozent, sondern hat sich im Vergleich zum Vorjahr sogar verbessert. Aktuell liegt die durchschnittliche jährliche Rendite über einen Zeitraum von zehn Jahren bei 4,3 Prozent, Mitte 2017 waren es 3,8 Prozent. Die Zeit wird zeigen, ob die behutsame Umschichtung die Portfolios für die anstehenden Änderungen fit machen kann, namentlich die teilweise bereits eingeläutete Zinswende. In der Vergangenheit sind institutionelle Investoren jedenfalls gut mit ihrer Politik der ruhigen Hand gefahren - und haben auch manche Krisenphasen an den Märkten bislang souverän überstanden.

Methodik und Relevanz Die Auswertung erfasst alle Anlagen in Spezialfonds bei Universal-Investment für den Zeitraum von Januar 2012 bis zum 30. Juni 2018 und wird monatlich aktualisiert. Das Gesamtvolumen der analysierten Assets under Administration beträgt derzeit rund 278 Milliarden Euro. Dieses Volumen entspricht 17 Prozent des gesamten vom BVI erfassten Spezialfondsvermögens in Höhe von 1 616 Milliarden Euro per Ende Mai 2018.
 
Markus Neubauer Geschäftsführer, Universal-Investment, Frankfurt am Main
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Markus Neubauer , Geschäftsführer , Universal-Investment-Gesellschaft mbH

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