Chance auf bessere risikoadjustierte Renditen - dank nachhaltiger Investments

Heike Fürpaß-Peter, Foto: Lyxor

Auch in Zeiten der Corona-Pandemie ist die Dringlichkeit des Kampfes gegen den Klimawandel nicht gesunken. Auf Anlegerseite bleibe die Nachfrage nach ESG-konformen Produkten daher hoch. So erhöhten sich die nachhaltigen Geldanlagen Ende des vergangenen Jahres laut Fürpaß-Peter um fast ein Viertel auf knapp 270 Milliarden Euro. Mit einem stark zunehmenden Interesse an nachhaltigen Investments steige auch das Bedürfnis, nachhaltige Exchange Traded Funds (ETF) in die Portfolios aufzunehmen. Daher sei sowohl das Volumen investierter Gelder in ETFs als auch die Anzahl der Produkte in den vergangenen Monaten stark gewachsen. Mittlerweile könnten Anleger fast alle Anlagestrategien mit ESG-ETFs umsetzen. Ein Schwerpunkt dabei sind ETFs, die zum Klimawandel beitragen. Die EU versuche diese Entwicklung durch die Climate Transition Benchmarks (CTB) und die EU Paris-Aligned Benchmarks (PAB) zu unterstützen. Schon heute gebe es dabei ETFs, die die PAB-Vorgaben umsetzten. (Red.)

Es ist eine fast tägliche und traurig stimmende Beobachtung: Viele Teile Deutschlands leiden unter extremer Trockenheit. Kein Wunder, war doch auch der vergangene Sommer bereits zum dritten Mal in Folge von ausbleibenden, aber dringend benötigten Niederschlägen gekennzeichnet. Aber nicht nur in Deutschland und Europa spielt der Klimawandel eine immer größere Rolle mit seinen langfristigen Auswirkungen, sofern nicht schnell gegengesteuert wird: Die schlimmsten Waldbrände in Kalifornien seit vielen Jahrzehnten und in anderen Teilen der Erde verheerende Niederschläge mit katastrophalen Auswirkungen für die Bevölkerungen sind ein nicht zu übersehender Beweis für die auf Dauer existenzbedrohenden Auswirkungen des Klimawandels.

Und daher steht das Thema Umwelt auch ganz vorn, wenn Geld immer stärker nach ESG-Kriterien verwaltet wird. Denn neben der Umwelt (Environment) sind Arbeitsbedingungen und Gleichberechtigung (Social) sowie gute Unternehmensführung (Governance) entscheidend, um die so wichtigen Veränderungen zu einer besseren und vielleicht auch gerechteren Welt herbeizuführen. Der Finanzindustrie mit ihren Anlegern kommt dabei eine Schlüsselrolle zu, können zielgerichtete Anlagen doch dringend erforderliche Wandlungsprozesse anstoßen und in Gang setzen.

Ende 2019 waren laut Zahlen des Forums Nachhaltige Geldanlagen insgesamt 269,3 Milliarden Euro in Anlageprodukten investiert, die ESG-Kriterien berücksichtigen. Das bedeutete eine Steigerung um 23 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zwar halten institutionelle Investoren noch immer den größten Anteil an nachhaltigen Investments - auf sie entfielen 89 Prozent der Gesamtsumme - doch das Interesse von Privatanlegern an nachhaltigen Investmentprodukten steigt überproportional. 2019 haben sie ihre Investments in nachhaltige Geldanlagen von 9,4 Milliarden Euro auf 18,3 Milliarden Euro fast verdoppelt. Das Thema Nachhaltigkeit wird damit auch für die Anlageberatung immer wichtiger. Und es gibt noch viel Luft nach oben. So beträgt der Anteil nachhaltiger Fonds und Mandate am gesamten Fondsmarkt in Deutschland derzeit nur etwas mehr als 5 Prozent.

Zunehmende Bedeutung der Nachhaltigkeit

Nachhaltige Geldanlagen dürften in den kommenden Jahren aber noch mehr an Bedeutung gewinnen. Dies hängt unter anderem mit dem wachsenden gesellschaftlichen Druck zusammen. Seit mehrere Tausend Menschen auf die Straßen gegangen sind, um bei der Fridays-for-Future-Bewegung für umfassende, schnelle und effiziente Klimaschutzmaßnahmen zu protestieren, ist der Kampf gegen den Klimawandel stärker in den Fokus gerückt. Die Bewegung fordert die Einhaltung der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens und hier vor allem des 1,5-Grad-Ziels. Um die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, baut die Politik auch auf die Finanzbranche im Allgemeinen und auf die Anleger im Besonderen.

So hat die EU-Kommission im März 2018 auf Basis der Ziele des Pariser Abkommens sowie der Agenda 2030 einen Aktionsplan für ein nachhaltiges Finanzsystem veröffentlicht. Der Aktionsplan zielt darauf ab, die Kapitalflüsse hin zu nachhaltigen Investitionen umzulenken, um ein nachhaltiges und integratives Wachstum zu erreichen. Denn die bisherigen Investitionen reichen laut EU-Kommission nicht aus, um ein ökologisch und sozial nachhaltiges Wirtschaftssystem zu unterstützen. Die Kommission ging bei der Vorstellung des Aktionsplans davon aus, dass Europa einen jährlichen Investitionsrückstand von 180 Milliarden Euro aufholen müsste, um die EU-Klima- und Energieziele bis 2030 erreichen zu können. Die Ziele sind durchaus ambitioniert. Im September dieses Jahres schlug die Europäische Kommission vor, dass die Treibhausgasemissionen der EU bis 2030 gegenüber 1990 um mindestens 55 Prozent sinken sollten. Das bisherige Ziel lag bei 40 Prozent.

Um die Klimaziele zu erreichen, setzt die Politik auch auf Privatanleger. Der EU-Aktionsplan sieht vor, dass Berater und Vermögensverwalter ihre Kunden künftig fragen müssen, ob sie nachhaltige Anlagen präferieren. In dem Fall muss der Faktor Nachhaltigkeit bei jeder Anlageentscheidung und Empfehlung berücksichtigt werden. Regulatorisch umgesetzt wird dieser Ansatz über eine Änderung der Level-2-Verordnungen zur Finanzmarktrichtlinie MiFID II und der Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD. Das Thema Nachhaltigkeit wird also künftig auch die Beratung durch Banken und Sparkassen so stark bestimmen wie nie zuvor.

Orientierung soll dabei die sogenannte Taxonomie-Verordnung der Europäischen Kommission geben, die das Europäische Parlament im Juni angenommen hat. Mit der Verordnung wird die weltweit erste "grüne Liste" für nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten geschaffen - ein neues Klassifizierungssystem mit einheitlichen Begrifflichkeiten, das Anleger verwenden können, wenn sie in Projekte und Wirtschaftstätigkeiten investieren möchten, die einen positiven Effekt für das Klima und die Umwelt haben. Die Taxonomie soll es Anlegern erleichtern, ihre Investitionen stärker auf nachhaltigere Technologien auszurichten - und damit entscheidend dazu beizutragen, dass die EU bis 2050 klimaneutral wird.

Standards durch CO2-Benchmarks

Neue Standards hat die EU-Kommission auch durch CO2-Benchmarks gesetzt. Im Jahr 2019 präsentierte sie Vorschläge für zwei Benchmarks, mit deren Hilfe Kapitalströme in CO2-ärmere Anlagen gelenkt werden sollen: die EU Climate Transition Benchmarks (CTB) und die EU Paris-Aligned Benchmarks (PAB). Die CTB-Indizes sollen Anlegern dabei helfen, ihre Portfolios zu dekarbonisieren, um zu einem Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft beitragen zu können. Die PAB-Indizes zielen indessen auf eine höhere Reduzierung der Emissionsintensität ab - in Übereinstimmung mit den langfristigen Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens. Die CTB-Indizes streben eine sofortige 30-prozentige Reduzierung der Kohlenstoffintensität ab, während die PAB-Indizes eine 50-prozentige Reduzierung aufweisen müssen. PAB-Indizes schließen zudem Unternehmen aus, die stark in bestimmten Bereichen wie der Erdöl-, Kohle- und Erdgasförderung tätig sind. CTB-Benchmarks hingegen können weiterhin den Energiesektor berücksichtigen.

Schon heute gibt es Exchange Traded Funds, kurz ETFs, mit denen Anleger so investieren können, wie es den PAB-Benchmarks entspricht. Die ETFs sind so konzipiert, dass die Mindestanforderungen der EU-Klimaziele und des Pariser Klimaschutzabkommens erfüllt oder sogar übertroffen werden. Dazu stehen die ETFs im Einklang mit dem ehrgeizigsten Szenario des Weltklimarates IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change): die Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es wichtig, dass die Portfolios einen absoluten Dekarbonisierungsgrad von sieben Prozent im Jahresvergleich erreichen. Anleger sind zudem gut beraten, darauf zu achten, dass die zugrunde liegenden Indizes eine sofortige Reduzierung der Kohlenstoffintensität um 50 Prozent bewirken.

Zudem sollten die ETFs die Treibhausgasemissionen der gesamten Wertschöpfungskette eines Unternehmens einbeziehen und das physische Risiko für die Geschäftstätigkeit berücksichtigen, das sich aus extremen Klimaereignissen ergibt. So zusammengesetzt bieten Klimaschutz-ETFs Anlegern die Möglichkeit, ihre Bestrebungen in puncto Dekarbonisierung auf die nächste Stufe zu heben und durch den Ausschluss fossiler Brennstoffe einen noch grüneren Ansatz zu verfolgen.

ESG-ETFs mit Rekordzuflüssen im September

So vielfältig die Facetten der ESG-Kriterien sind, so vielfältig ist auch das Angebot an nachhaltigen ETFs. Das Spektrum fokussiert sich nicht allein auf den Klimaschutz. Heute lassen sich fast alle Anlagestrategien einfach, kosteneffizient und flexibel mit ESG ETFs umsetzen: Angefangen bei Ausschlussprüfungen über wertebasierte Investitionen bis hin zur Auswahl auf Grundlage globaler ESG- oder Kohlenstoff-Ratings und der Ausrichtung an Zielen der Vereinten Nationen für eine nachhaltige Entwicklung (SDG - Sustainable Development Goals). Das wachsende Angebot stößt auf eine steigende Nachfrage. ESG-ETFs verzeichneten im September einen weiteren Rekordmonat bei den Nettozuflüssen mit 3,9 Milliarden Euro. Das zeigen Zahlen des Lyxor ETF Money Monitor.

Anleger, die in nachhaltige ETFs investieren möchten, haben mittlerweile die Qual der Wahl. Für welchen ETF sollen sie sich entscheiden? Für Anleger, die eine klare Vorstellung davon haben, in welchen Bereichen sie investieren wollen, können Themenfonds interessant sein. Investoren können sich damit gezielt auf bestimmte Bereiche fokussieren und beispielsweise auf Unternehmen setzen, deren Geschäft auf der Wasserversorgung, -infrastruktur und -aufbereitung basiert, die den Großteil ihrer Einnahmen mit erneuerbaren Energien, dezentraler Stromversorgung und Energieeffizienz erzielen oder die die Prinzipien der Gleichstellung der Geschlechter konsequent umsetzen.

Höheres Indexgewicht für ESG-Aktien

Mit ESG-ETFs können man sich zudem auf Unternehmen konzentrieren, die ein besonders gutes ESG-Rating aufweisen. Ein Beispiel: Anhand von über 1 000 Datenpunkten aus einem breiten Spektrum öffentlicher Quellen analysiert das ESG-Team von MSCI, einem der führenden Unternehmen für ESG-Bewertungen, mehr als 6 500 Firmen und weist jeder Firma ein Rating zu. Auf Basis dieser Daten berechnet MSCI Indizes, die sich ausschließlich auf die besten ESG-Aktien konzentrieren. Diese erhalten dann ein höheres Indexgewicht als in traditionellen Indizes. Von ESG-Indizes ausgeschlossen sind Unternehmen, deren Aktivitäten ein hohes Potenzial negativer Auswirkungen auf die Gesellschaft oder die Umwelt haben, wie zum Beispiel Alkohol, Tabak, Glücksspiel, Kernenergie oder Waffenproduktion. Ebenfalls ausgeschlossen sind hochkontroverse Unternehmen.

Wer mit seinen Investments etwas bewegen will, sollte sich bei seinen ETF-Investments für Anbieter entscheiden, die ihren Einfluss als Aktionär wahrnehmen. Mit der wachsenden Nachfrage nach passiven Investments ist auch der Anteil am Eigenkapital der Unternehmen gestiegen, die von ETF-Portfoliomanagern gehalten werden. Dies hat wiederum zu einer erhöhten Verantwortung der großen passiven Verwaltungsgesellschaften geführt, den Einfluss ihrer Aktienpositionen zur Förderung nachhaltiger Investitionspraktiken zu nutzen. Vereinfacht gesagt, müssen sich passive Vermögensverwalter nun aktiv mit den von ihnen gehaltenen Unternehmen befassen, insbesondere in Bereichen, die zur Beschleunigung des Übergangs zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft beitragen. Investoren können sich also bewusst für ETF-Anbieter entscheiden, die ihre Stimmrechte konsequent ausüben und dazu beitragen, die Entwicklung und das Verhalten der Unternehmen zu verbessern.

Erfolg mit guten Taten

Alle ESG-ETFs haben dabei eine Gemeinsamkeit: Sie geben institutionellen und privaten Anlegern nicht nur die Gewissheit, ihr Geld so anzulegen, dass sie zu einer besseren Welt beitragen, sondern haben im Hinblick auf das Portfolio auch einen ganz praktischen Nutzen: Nachhaltige Investments bieten die Chance, das Risiko-Rendite-Verhältnis der Kapitalanlagen zu verbessern. Denn Studien zeigen, dass nachhaltige Kapitalanlagen mindestens genauso gut performen wie konventionelle - häufig allerdings bei geringerem Risiko. Das ist gerade jetzt für viele professionelle Anleger interessant. Denn die Covid-19-Krise hat gezeigt, dass externe Faktoren immer wieder für Verwerfungen an den Aktienmärkten sorgen können. Gleichzeitig kommen Langfristanleger angesichts der Niedrig-, Null- beziehungsweise Negativzinsphase kaum an Aktieninvestments vorbei. Mit nachhaltigen Investments können sie dabei die Schwankungsbreite oft reduzieren. Erfolg mit guten Taten also.

Fußnoten

1) https://www.forum-ng.org/images/Marktbericht_2020/press/Marktbericht2020_PM_D.pdf

2) https://www.forum-ng.org/images/Marktbericht_2020/FNG_2020_PPT2020-06-08-ONLINEVERSION.pdf

3 )https://ec.europa.eu/germany/news/20200917-neues-klimaziel_de#:~:text=Wie%20von%20EU%2DKommissionspr%C3%A4sidentin%20Ursula,Ziel%20lag%20bei%2040%20Prozent.

4) https://www.der-bank-blog.de/sustainable-finance-regulierung/regulierung-aufsicht/37663310/

5)https://ec.europa.eu/germany/news/20200619-taxonomie-verordnung_de

6)https://www.lyxor.com/en/how-can-new-european-benchmarks-help-investors-fight-climate-change

Heike Fürpaß-Peter Head of Lyxor Deutschland, Frankfurt am Main
Heike Fürpaß-Peter , Head of Lyxor Deutschland, Frankfurt am Main
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