Der chinesische Equity Case und das Renminbi-Rätsel

Didier Rabattu, Foto: Lombard Odier Investment Managers

Die chinesische Wirtschaft hat sich laut den Autoren stark erholt, nachdem sie weniger unter der Pandemie gelitten habe. Sie war demnach die einzige große Wirtschaftsmacht, die 2020 um fast 2,5 Prozent wuchs. Durch das "Dual Circulation"-Konzept, das von den chinesischen Behörden im Rahmen des 5-Jahres-Plans vorgestellt wurde und das die Binnennachfrage stärken soll, könnte sich der Aufwertungsdruck auf den Wechselkurs weiter beschleunigen, sofern der Handelsüberschuss und die Auslandsströme anhalten würden. Menges und Rabattu sehen eine "unmögliche Dreifaltigkeit" aus streng kontrollierten Devisenhandel, freiem Kapitalverkehr und unabhängiger Geldpolitik, dessen Kontrolle zu Ungleichgewichten führen könne. Dadurch könnte wiederum eine störende Dynamik ausgelöst werden. Die Autoren zeigen in der Folge anhand einiger historischer Beispiele auf, welche schwerwiegenden Folgen ein solches Vorgehen für die Wechselkursentwicklung und auch die Realwirtschaft haben kann. (Red.)

Die chinesische Währung tastet sich an Höchststände gegenüber dem US-Dollar heran, die es seit 2015 nicht mehr gegeben hat. Es könnte sich Druck für eine mögliche weitere Aufwertung aufbauen. Die jüngste Wertsteigerung des chinesischen Yuan hat zu den 10-Jahres-Spreads aufgeschlossen. Historisch gesehen war dieses Verhältnis ein guter Indikator für den Wechselkurs, brach aber 2019 mit dem Beginn des "Handelskriegs" etwas ein. Weiterer Aufwärtsdruck bleibt möglich. Der chinesische Außenhandelsüberschuss ist wieder auf einem historischen Höchststand (Abbildung 1). Mit der gestiegenen Beliebtheit von Investitionen in China, angesichts seines widerstandsfähigeren Wirtschaftswachstums während der Pandemie, seiner im Vergleich zu anderen Ländern höher verzinsten Anleihen und der zunehmenden Aufnahme seiner Aktien und Anleihen in internationale Referenzbenchmarks haben auch die ausländischen Investitionen und Portfolioströme zuletzt erheblich zugenommen.

Starke Daten in allen Wirtschaftssegmenten

Die Makroindikatoren für China im Jahr 2021 sind weiterhin solide, selbst wenn man die niedrige Vergleichsbasis berücksichtigt. Für das zweite Quartal wird ein BIP-Wachstum von 8,5 Prozent und ein ähnlicher Wert für das Gesamtjahr erwartet. Während sich die Konsumnachfrage im Februar kurzzeitig verlangsamte, bewegen sich die Umsätze der meisten von Lombard beobachteten Konsumunternehmen sehr nahe an oder über dem Niveau von 2019, was einen soliden Ausblick für die Nachfrage darstellt. Die Einzelhandelsumsätze stiegen im April um 17,7 Prozent (plus 34 Prozent im ersten Quartal 2021). Die Banken, eine weitere Säule der wirtschaftlichen Stabilität, zeigen eine gute Asset-Qualität und sinkende Abschreibungen im vierten Quartal. Die Einkaufsmanagerindizes haben in den ersten fünf Monaten des Jahres geschwankt, aber auf hohem Niveau, zwischen 50,6 und 52,0 für das verarbeitende Gewerbe und zwischen 51,5 und 56,3 für den Dienstleistungssektor. Die Exporte stiegen im März und im April um über 30 Prozent. Infolgedessen bleibt die Beschäftigung stark, wobei die Personalbeschaffung von zahlreichen führenden Industrieunternehmen nach wie vor als eine der größten Herausforderungen genannt wird.

Derweil blieb der Verbraucherpreisindex im April unter 1,0 Prozent. Obwohl der Erzeugerpreisindex 6,8 Prozent erreichte, ist die Wertschöpfungskette zwischen Erzeuger- und Verbraucherpreisindex lang und stellt keinen Grund zur Sorge dar. Wichtig ist, dass diese starken Daten in allen Wirtschaftssegmenten trotz der Straffung der Geldpolitik durch die Chinesische Volksbank (PBOC) Anfang des Jahres erreicht wurden. Die PBOC hat signalisiert, dass sie den Leitzins und die Marktliquidität in Zukunft wahrscheinlich weitgehend stabil halten wird. Dies deutet auf ein unterstützendes makroökonomisches Umfeld für chinesische Unternehmen und Aktien im zweiten Halbjahr 2021 hin.

In einem solch günstigen Makrokontext für China erscheint die jüngste Korrektur des chinesischen Aktienmarktes übertrieben. Seit 2015 und der Umstellung der von China überwachten Devisenpolitik auf die Verwendung eines Währungskorbs anstelle des US-Dollar korrelieren die Ausverkäufe an den Aktienmärkten tendenziell mit Phasen der Devisenschwäche und spezifischer chinesischer Wirtschaftsschwäche. Diese jüngste Entwicklung ist darauf zurückzuführen, dass sich die Anleger auf die Erschließung neuer Chancen in den entwickelten Märkten konzentrieren. Investoren werden sich jedoch wieder auf die wesentlichen Chancen konzentrieren, die mit dem Übergang Chinas zu einer von der Inlandsnachfrage angetriebenen Wirtschaft mit höherem Einkommen verbunden sind, sobald sich die Dynamik dieser neuen Opportunitäten beruhigt hat.

Chinas Handelsüberschuss weiter zunehmend

Das ausländische Eigentum an chinesischen Aktien hat sich in den vergangenen drei Jahren auf circa 6 Prozent verdreifacht, da mehrere Beschränkungen aufgehoben wurden. Im internationalen Vergleich ist der ausländische Anteilsbesitz immer noch sehr niedrig und könnte weiter erheblich ansteigen, da internationale Portfolios in China diversifiziert werden. Da der Handelsüberschuss und die ausländischen Investitionen in China weiter zunehmen, stellt sich die Frage, wie die chinesischen Behörden mit diesem Druck umgehen würden. Bei einem straff geführten Devisenmarkt kann beispielsweise das Risiko wachsender Ungleichgewichte die Notwendigkeit verstärken, die chinesische Währung schneller freizugeben und die bestehenden Kapitalkontrollen aufzuheben.

Die Geschichte ist voll von Beispielen von Ländern, die versucht haben, ihre Währung zu kontrollieren und dabei erhebliche Ungleichgewichte und Druckpunkte geschaffen haben, die letztendlich in brutale Währungsanpassungen nach unten oder oben und/oder materielle wirtschaftliche Konsequenzen mündeten. Dazu gehören folgende historische Ereignisse: Die Große Depression von 1929 und der Goldstandard, das Ende von Bretton Woods, die Asienkrise in den 90er Jahren und der Schwarze Mittwoch von 1992 in Großbritannien. Interessanterweise war die Schweiz in jüngerer Zeit mit einer entgegengesetzten Situation konfrontiert. Im Jahr 2011 versuchte die Schweizerische Nationalbank (SNB), die Aufwertung ihrer Währung zu begrenzen. Dies führte zu einer massiven Aufblähung der Aktiva in der SNB-Bilanz, was schließlich zu einer "brutalen" Aufwertung des Franken (CHF) im Jahr 2015 führte.

Abbildung 1: Chinas Handelsbilanz (in Milliarden US-Dollar) Quelle: SAFE, April 2021

Überwachung der Währung

Taiwan, ein aktuelles Beispiel, könnte China dazu veranlassen, bei der Öffnung seiner Währung zurückhaltend zu sein. Taiwan überwacht seine frei schwankenden Wechselkurse immer noch sehr streng. Nach Berechnungen des US-Finanzministeriums trugen inländische Portfolioabflüsse (inländische Ersparnisse, die in auf Devisen lautende Vermögenswerte investieren) dazu bei, 80 Prozent der kumulativen Auswirkungen der von 2007 bis 2020 erzielten Leistungsbilanzüberschüsse auszugleichen. Diese Situation könnte für Taiwans Lebensversicherer und inländische Ersparnisse, die im Laufe der Zeit ein Wechselkursrisiko angehäuft haben, eine große Herausforderung darstellen.

Auch China überwacht seine Währung ebenfalls mit Argusaugen. Obwohl der Renminbi (RMB) einen Internationalisierungsprozess durchlaufen hat, ist dieser Prozess seit den massiven Abflussproblemen von 2015 bis 2017 auf Eis gelegt. Mit der gestiegenen Popularität Chinas, den ausländischen Investitionen, den Portfolioströmen und seinem Handelsüberschuss ist eine potenzielle materielle Aufwertung des RMB wahrscheinlich. Derzeit wird der internationale Druck teilweise durch wachsende Devisenabflüsse aus China ausgeglichen - insbesondere durch ein verstärktes Engagement chinesischer Staatsbanken, das Horten von US-Dollar durch Unternehmen und die Abwanderung einiger Privatvermögen ins Ausland. Die chinesischen Behörden verfügen immer noch über viele Instrumente, um die Kapitalflüsse zu begrenzen. So könnten sie beispielsweise den massiven inländischen Ersparnissen Chinas den Zugang zu den internationalen Märkten eröffnen, um ein Gegengewicht zu den ausländischen Investitionsströmen nach China zu schaffen (zum Beispiel eine Lösung nach taiwanesischem Vorbild).

Dieser Balanceakt zwischen ausländischen Zuflüssen, Devisenauf- und -abwertung und inländischen Abflüssen scheint ein recht heikles Unterfangen zu sein, das eine Lockerung vieler Quoten, Beschränkungen oder Richtlinien erfordert. In diesem Zusammenhang müssen Anleger bei Investitionen in chinesische Aktien bedenken, dass die Devisenvolatilität für den RMB wahrscheinlich in einer Weise zunehmen wird, an die die Märkte nicht gewöhnt sind, da die chinesischen Behörden ständig die Schrauben lockern oder anziehen können. Es besteht in der Tat eine starke Notwendigkeit für die Behörden, die Exporte wettbewerbsfähig und die exportbezogene Beschäftigung stabil zu halten, was wiederum eine Säule der sozialen Stabilität darstellt. Insbesondere soll eine schnelle Abwertung oder Aufwertung verhindert werden.

Historische Beispiele für Trilemmas und ihre Folgen

Der "Goldstandard" war eine Periode, in der Länder den Wert ihrer Währungen an ihre Goldreserven koppelten. Während des Crashs von 1929 entwickelte sich das, was nur eine begrenzte Margenanforderung war (nur 10 Prozent), zu einem Bank Run, massiven Bankzusammenbrüchen, Horten von Gold, sinkender Geldmenge und einer "Großen Depression". In der Anfangsphase der Depression wurden die Zinssätze zunächst gesenkt, bis die US-Zentralbank sie deutlich anhob, um den Goldabfluss zu begrenzen. Zu dieser Zeit war die US-Zentralbank in ihrer Fähigkeit, Geld zu schaffen, durch die Golddeckung, die sie aufrechterhalten musste, eingeschränkt. Die weltweite Verbreitung des "Goldstandards" war auch der Hauptgrund für die internationale Ausbreitung dieser US-Depression. Aufgrund der Kapitalströme mussten Länder, die den Goldstandard beibehalten und den Goldabfluss begrenzen wollten, deflationäre Maßnahmen wie Kürzungen bei den öffentlichen Ausgaben und Löhnen ergreifen. Der wirtschaftliche Druck wurde für viele Länder zu stark. Im Jahr 1931 zog sich Großbritannien aus dem Goldstandard zurück. Im Jahr 1933 setzte die Roosevelt-Regierung den Goldstandard in den USA aus.

Die Asienkrise in den späten 90er Jahren ist ein weiteres Beispiel für einen gescheiterten Versuch, die "unmögliche Dreifaltigkeit" zu kontrollieren. Viele Länder in Asien hatten ihre Währungen an den US-Dollar gekoppelt, darunter Thailand, Indonesien, Südkorea und die Philippinen. Nach einer Periode des starken Wirtschaftswachstums und der Kapitalflüsse nach Asien begann sich die Situation umzukehren. Die US-Notenbank unter Alan Greenspan begann, die Zinssätze zu erhöhen, während sich die US-Wirtschaft von der Rezession der frühen 1990er Jahre erholte. Die gestiegene Attraktivität des US-Dollar führte zu Kapitalabflüssen aus diesen asiatischen Ländern. Ihre Fähigkeit, die Bindung an den US-Dollar aufrechtzuerhalten, hing vom Verkauf ihrer Devisenreserven ab, um ihre eigenen Währungen zu stützen. Als die Reserven versiegten, waren diese Länder gezwungen, ihre Währung in den freien Umlauf zu bringen. Die Korrekturen waren schwierig.

Im Jahr 1997 brachen der thailändische Bhat und der koreanische Won um über 50 Prozent und die indonesische Rupiah um 80 Prozent ein. Die Übertragung auf die Realwirtschaft erfolgte über die Verschuldung. Damals gab es noch keine Anleihemärkte in lokaler Währung, sodass sich die Unternehmen in US-Dollar verschuldeten. Plötzlich wurden diese Unternehmen mit Einnahmen, die überwiegend in lokaler Währung denominiert waren (zum Beispiel Immobilien), zahlungsunfähig, da sie nicht mehr in der Lage waren, ihre in US-Dollar denominierten Schulden zu bedienen, was zu einer Reihe von Konkursen führte.

Entgegengesetzte Dynamik

Es gab auch Fälle, in denen der Versuch, diese "unmögliche Dreifaltigkeit" zu kontrollieren, zu einer entgegengesetzten "positiven" Dynamik in Bezug auf die Währungsbewegung führte, aber dennoch mit einigen negativen wirtschaftlichen Auswirkungen. Dies ist der Fall des Schweizer Frankens. Seit der globalen Finanzkrise ist dieser kontinuierlich unter Druck geraten. 2011 beschloss die Schweizerische Nationalbank (SNB) eine Untergrenze bei 1,2 Schweizer Franken/Euro einzuführen, um die Aufwertung des Frankens zu begrenzen. Dies funktionierte bis 2014, bis die EZB ihre Zinssätze senkte und die SNB zwang, massiv in den Devisenmarkt einzugreifen, indem sie Franken emittierte und auf ausländische Währungen lautende Vermögenswerte zu Zwecken der Sterilisierung kaufte. Dies führte zu einer massiven Aufblähung der Aktiva in der SNB-Bilanz.

Infolgedessen kehrte die SNB 2015 zum freien Floating zurück, was zu einer vorübergehenden massiven Aufwertung des Franken in Richtung Parität zum Euro führte. Dieser Schritt hat zu einem deflationären Druck und zu Herausforderungen im Wettbewerb für die im Inland ansässigen Schweizer Exporteure, aber auch für den Schweizer Tourismus geführt. Es gab auch mehrere andere Beispiele für solche Trilemmas. Der "Nixon-Schock" am 15. August 1971 beendete die Konvertierbarkeit des US-Dollar in Gold, da die schwindenden US-Goldreserven die Aufrechterhaltung des Bretton-Woods-Systems infrage stellten. Der "Schwarze Mittwoch" (16. September 1992) markierte den Austritt des britischen Pfunds aus dem Europäischen Wechselkursmechanismus (ERM), da die britischen Behörden nicht in der Lage waren, das Pfund über der vom ERM festgelegten Untergrenze zu halten.

Aktuelle Beispiele für Trilemmas und ihre möglichen Folgen

Saudi-Arabien zum Beispiel koppelt seine Währung immer noch an den US-Dollar. Dies geht auf eine Vereinbarung mit der Nixon-Regierung aus dem Jahr 1974 zurück, in der sich die Saudis im Gegenzug für die militärische Unterstützung der USA bereit erklärten, ihre Petrodollars in US-Staatsanleihen zu investieren. In einer Welt mit niedrigeren Ölpreisen wie zwischen 2010 und 2014 hat diese Bindung dazu geführt, dass Saudi-Arabien seine Devisenreserven beträchtlich aufgestockt hat, bis zu dem Punkt, an dem seine Deckung von M1 nun sehr niedrig ist. In Zeiten schwacher Ölpreise neigt Saudi-Arabien dazu, Sparmaßnahmen zu ergreifen, während es, wenn es von der Bindung befreit wäre, antizyklischer handeln und, wie Russland eventuell von einer schwächeren Währung profitieren könnte. Abgesehen vom saudischen Inflationsproblem könnte eine Aufhebung der Bindung Saudi-Arabiens jedoch auch erhebliche Auswirkungen auf den globalen Ölmarkt haben, da das saudische Angebot dadurch wettbewerbsfähiger würde. Taiwan hat seit den späten 70er Jahren keine Anbindung an den US-Dollar mehr, sondern einen straff überwachten flexiblen Wechselkurs gegenüber dem US-Dollar. Die Aufrechterhaltung dieser Bindung bei gleichzeitiger Öffnung der Kapitalverkehrskontrollen wurde hauptsächlich durch zwei Mechanismen erreicht: inländische Kapitalabflüsse und starke Interventionen der taiwanesischen Zentralbank auf dem Devisenmarkt.

Dank der hohen inländischen Ersparnisse (39 Prozent des BIP) profitiert Taiwan von einer der größten Asset-Management-Industrien (166 Prozent des BIP) der Welt im Verhältnis zur Größe des Landes. Ein erhöhtes Engagement in ausländischen Vermögenswerten oder inländische Portfolioabflüsse waren der Schlüssel, um den Aufwärtsdruck auszugleichen, der vom Überschuss in der Leistungsbilanz ausging. Dieser wurde hauptsächlich durch den Export von Halbleitern und anderen technischen Geräten generiert. Nach Angaben des US-Finanzministeriums trugen inländische Portfolioabflüsse dazu bei, 80 Prozent der kumulativen Auswirkungen der Überschüsse in der Leistungsbilanz, die von 2007 bis 2020 erzielt wurden, auszugleichen. Insbesondere die Schaffung des Formosa-Bond-Marktes (Emission von Fremdwährungsanleihen durch nicht taiwanesische Unternehmen in Taiwan) hat den taiwanesischen Lebensversicherern geholfen, ihre 45-Prozent-Grenze für den Besitz ausländischer Vermögenswerte zu überschreiten.

Darüber hinaus war die taiwanesische Zentralbank sehr aktiv. So kauften die taiwanesischen Behörden im zweiten Halbjahr 2020 Devisen in Höhe von 35 Milliarden US-Dollar, was 5,3 Prozent des BIP des Landes entspricht und die Devisenreserven auf 80 Prozent des BIP ansteigen ließ. Die Situation wird für die taiwanesischen Behörden immer schwieriger. Die Lebensversicherer sind aufgrund ihrer großen ausländischen Bestände nun einem erheblichen Makrorisiko ausgesetzt. Die inländischen Portfolioabflüsse haben sich in letzter Zeit verlangsamt, während sich gleichzeitig der Exportüberschuss aufgrund des Preisanstiegs bei Halbleitern vergrößert hat und ausländische Investoren begonnen haben, sich mit taiwanesischen Aktien zu versorgen.

Folglich haben die taiwanesischen Behörden gewarnt, dass sie trotz ihrer jüngsten Interventionen nicht in der Lage sein werden, die wahrscheinliche Aufwertung des taiwanesischen Dollars (TWD) einzudämmen. Sollte es zu einer solch drastischen Anpassung kommen, stellt dies ein erhebliches FX-Risiko für den Pool an Ersparnissen in Taiwan dar, aber auch für die Kapitalstruktur der taiwanesischen Lebensversicherer, falls sie FX-Verluste erleiden sollten. Nach Angaben des Council on Foreign Relations (CFR) halten die taiwanesischen Lebensversicherer 600 Milliarden US-Dollar in ausländischen Anleihen (entspricht dem taiwanesischen BIP) und sind damit die zweitgrößten Eigner nach den japanischen Lebensversicherern (900 Milliarden US-Dollar). Darüber hinaus würde eine starke Aufwertung des TWD die Wettbewerbsfähigkeit dieser exportorientierten Wirtschaft infrage stellen.

Abbildung 2: Chinas Devisenreserven und der Wechselkurs zum US-Dollar Quelle: Bloomberg and People Bank of China, April 2021

Die chinesische Art der Devisen- und Kapitalflusssteuerung

Seit seinem Beitritt zur Welthandelsorganisation (WTO) im Jahr 2001 ist China ein integraler Bestandteil der Weltwirtschaft geworden. Um diese Integration zu begleiten, haben die chinesischen Behörden schrittweise Reformen durchgeführt, um seit 2005 von einem festen Wechselkurssystem gegenüber dem US-Dollar wegzukommen, hin zu einem kontrollierten Floating gegenüber einem Korb internationaler Währungen. Obwohl der Wechselkurs nun flexibler ist, überwachen die chinesischen Behörden ihn immer noch sehr sorgfältig.

Am 21. Juli 2005 ging China von der Fixierung des Yuan-Kurses gegenüber dem US-Dollar zu einem System des gesteuerten freien Wechselkurses über. Anfangs durfte der RMB/USD-Kurs in einer täglichen Bandbreite von plus/minus 0,3 Prozent um die zentrale Parität schwanken, die dem Schlusskurs des Vortags entsprach. Im Laufe der Zeit weiteten die chinesischen Behörden dieses Band aus und erreichten im März 2014 plus/minus 2 Prozent. Nach Ansicht des IWF handelte es sich bei diesem überwachten System nicht wirklich um ein echtes Floating-Regime. China intervenierte in dieser Zeit stark am Devisenmarkt, um die "kontrollierte" Währungsaufwertung zu dämpfen. Die Devisenreserven stiegen von 733 Milliarden US-Dollar im Juli 2005 auf einen Höchststand von 3,99 Billionen US-Dollar im Juni 2014, da der chinesische Handelsüberschuss in diesem Zeitraum stark anstieg.

Im Jahr 2014 drehte sich die Marktstimmung. Der RMB wurde nicht mehr als unterbewertet, sondern als überbewertet wahrgenommen. Zu dieser Zeit wurde die Schwächung der wirtschaftlichen Fundamentaldaten Chinas, die durch die Antikorruptionskampagne von Präsident Xi akzentuiert wurde, mit der Ankündigung der USA kombiniert, ihre quantitativen Lockerungsmaßnahmen nach der globalen Finanzkrise zu reduzieren (zum Beispiel 2013, Taper Tantrum). Diese veränderte Dynamik führte zu einer raschen Auflösung des damals bestehenden Carry Trade, bei dem chinesische Unternehmen laut der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) ihre in US-Dollar denominierten Schulden abbauten. Außerdem kam es zu allgemeineren Kapitalabflüssen. Infolgedessen fielen die Devisenreserven von ihrem Höchststand von 4 Billionen US-Dollar auf einen Tiefstand von 3 Billionen US-Dollar im Januar 2017 (Abbildung 2). Um den Rückgang der Devisenreserven zu verlangsamen, erhöhten die chinesischen Behörden im August 2015 zunächst die Handelsspanne des RMB gegenüber dem US-Dollar und gingen schließlich im Dezember 2015 dazu über, die Devisenpolitik auf einen Währungskorb zu konzentrieren. In Umkehrung ihres Öffnungsprozesses führten die chinesischen Behörden 2016 und 2017 zahlreiche Kapitalkontrollmaßnahmen ein. Die makroökonomische Situation stabilisierte sich 2017, ebenso wie die chinesischen Devisenreserven.

Im Jahr 2018 verstärkte sich der Abwertungsdruck auf den RMB Mitte Juni aufgrund zunehmender Handelsspannungen und erster Anzeichen einer Verlangsamung der Wirtschaft. Das Tempo der Abwertung des RMB war schneller als in jedem vorangegangenen Zeitraum. Anders als in ähnlichen Zeiträumen gab es jedoch weder nennenswerte Kapitalabflüsse noch sichtbare aktive Interventionen am Devisenmarkt.

Die größere Flexibilität des RMB-Floating-Regimes scheint in letzter Zeit seine Fähigkeit verbessert zu haben, sich an makroökonomische Bedingungen anzupassen, ohne größere zusätzliche Ungleichgewichte zu schaffen. Der IWF hat jedoch auf die Herausforderung durch die "unmögliche Dreifaltigkeit" hingewiesen: "Wenn die Kapitalbilanz poröser wird und sich längerfristig öffnet, würde das Fehlen eines flexiblen Wechselkurses zu verstärkten Wirtschaftszyklen führen, da Kapital nach innen fließt, wenn die inländischen Zinssätze steigen, und umgekehrt. Somit behindert das Fehlen eines flexiblen Wechselkurses den Übergang zu einer marktbasierten Geldpolitik, bei der die Zinssätze die Kreditvergabe beeinflussen."* Doch nun gibt es Anzeichen dafür, dass China den Internationalisierungsprozess des Renminbi, der seit den großen Abflüssen im Jahr 2015 faktisch stagniert hat, wieder in Gang setzen sollte. Dank seiner wirtschaftlichen Outperformance während der Pandemie ist China zu einem beliebten Ziel für Portfolio- und langfristige Investitionen geworden. Ausländische Investoren haben ihre Bestände an Onshore-Anleihen und -Aktien erheblich aufgestockt, was auch durch die Aufnahme in Indizes und die Zinsprämie des Landes gegenüber seinen Konkurrenten begünstigt wird. Die Währung ist wieder im Aufwind, da sich die Biden-Administration als konstruktiver erweisen könnte als die vorherige.

Um die ausländischen Portfolio- und Investitionszuflüsse sowie den Handelsbilanzüberschuss auszugleichen, müssen die chinesischen Behörden chinesischen Investoren die Möglichkeit eröffnen, im Ausland zu investieren. Seit Kurzem gibt es eine alternative Quelle für Abflüsse, die unter der Zeile "Fehler und Auslassungen" der Zahlungsbilanz (BOP) "gemeldet" werden. Auf kumulierter Basis zeigt dieser Posten eine Anhäufung von fast 1,4 Billionen US-Dollar an Devisenvermögen, die sich in letzter Zeit beschleunigt hat. Dies spiegelt vermutlich einige nicht erfasste Ströme wider, wie das Horten von US-Dollar durch Unternehmen oder wohlhabende Haushalte sowie die Akkumulation von Devisen durch staatliche Banken, ohne dass diese an die Zentralbank weitergeleitet werden. Stateowned-Enterprises Banken scheinen nun mehr und mehr als antizyklische Stabilisatoren zu fungieren.

Die eher strukturelle Chance, die gleichzeitig eine große Herausforderung darstellt, ist die Öffnung ausländischer Investitionen für chinesische Haushalte. Es gibt einen beträchtlichen Pool an RMB-denominierten Ersparnissen, die von den Bürgern gehalten werden, wobei M2 bei etwa 200 Prozent des BIP liegt. Laut IWF gibt es nicht genügend inländisches Vermögen, in das investiert werden kann, was zum Beispiel Probleme für die Immobilienmärkte verursacht. Das Vermögen der chinesischen Haushalte wird auf fast 100 Billionen US-Dollar (einschließlich Immobilien) geschätzt, davon sind 40 bis 50 Billionen US-Dollar investierbares Vermögen, selbst ein Prozent davon ist eine riesige Zahl. Die Kontrolle des Tempos der inländischen Abflüsse ist ein mächtiges Instrument, um die Devisenakkumulation, die aus dem Handelsüberschuss und den ausländischen Zuflüssen stammt, zu bewältigen. Ohne inländische Abflüsse könnten die chinesischen Behörden zu starken Deviseninterventionen gezwungen sein.

Noch viele Hürden

Die chinesischen Behörden steuern mehrere Hebel. Innerhalb des aktuellen Rahmens können die Quoten für qualifizierte inländische institutionelle Investoren erhöht werden. Individuelle Devisenquoten könnten ebenfalls erhöht und/oder erweitert werden, um Investitionszwecke abzudecken. Es gibt auch Diskussionen über die Einführung eines Programms zur Vermögensverwaltung und eines Versicherungsprogramms, das es Inländern ermöglichen würde, in Vermögensprodukte zu investieren, die von Offshore-Banken oder Versicherern angeboten werden. Umgekehrt schränken die chinesischen Behörden weiterhin den Zufluss ausländischer Investitionen ein. Für RMB Qualified Foreign Institutional Investor oder Qualified Foreign Institutional Investor gilt eine Höchstgrenze von 10 Prozent für den individuellen Besitz und eine Gesamtgrenze von 30 Prozent für alle ausländischen Investoren. Allerdings sind die Quotenbeschränkungen seit 2020 aufgehoben, was den Antragsprozess verkürzt. Es gibt noch viele Hürden bei der Abwicklung, der Nutzung von Brokern und der Rückführung von Geldern und so weiter.

Fußnote

* Yi Gang, 2018, "Monetary Policy Retrospective and Outlook," China Finance, Issue 3

Didier Rabattu , Limited Partner, Leiter Aktien , Lombard Odier Investment Managers
Robert Schlichting , Leiter Business Development für Deutschland und Österreich , Lombard Odier Investment Managers

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