Wie die Corona-Pandemie den Blick fürs Wesentliche schärft

Frank M. Mühlbauer, Foto: TeamBank AG

Während viele Branchen durch die Corona-Krise vor neuen Herausforderungen stünden, sieht Mühlbauer die Banken vor den gleichen Fragestellungen wie zuvor: verändertes Kundenverhalten, harter Wettbewerb und Digitalisierung. Nur wirke die Krise hier wie ein Brandbeschleuniger. Die Hauptaufgabe eines Ratenkreditanbieters bleibe auch jetzt zu jeder Zeit und über alle Kanäle Liquidität bereitzustellen. Den Fokus legt der Autor dabei auf Customer Centricity, ohne die es nicht mehr möglich sei, Stammkunden zu gewinnnen. Dafür müssten Strukturen aufgebrochen werden und moderne Datenanalysemethoden genutzt werden. Auch sei es nötig, die digitalen Möglichkeiten zu nutzen, um jederzeit und an jeder Stelle für Kunden zugänglich zu sein. Daneben sollten Banken das Thema Nachhaltigkeit nicht vergessen und auf eigene Ökosysteme zu setzen, um die Produkte und Dienstleistungen besser an den Mann zu bringen. In der Genossenschaftlichen Finanzgruppe sieht Mühlbauer dafür ideale Voraussetzungen. (Red.)

Die Schlagzeilen der letzten Monate ließen wenig Interpretationsspielräume. Oft war zu lesen, dass die Pandemie die gesamte Welt verändere. Unbestritten sind die Auswirkungen für alle sowohl im privaten als auch im beruflichen Kontext spürbar - mit teils dramatischen Folgen auch für das eigene Leben. Neben den gesundheitlichen sind es vor allem die wirtschaftlichen Konsequenzen, deren Ausmaße erst langsam deutlicher werden. Ganze Branchen - exemplarisch sei nur der Tourismus genannt - stehen mit dem Rücken zur Wand. Man ist schnell geneigt zu resümieren, dass auch die Finanzindustrie durch die Corona-Pandemie vor neuen Herausforderungen stünde.

Doch im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen sehen sich die Banken und Finanzunternehmen mit vertrauten Fragestellungen konfrontiert. Denn Digitalisierung, verändertes Kundenverhalten sowie neue Mitbewerber - sogenannte non und near banks - sind nicht erst seit dem Ausbruch des Corona-Virus bekannt. Den Kunden zu jeder Zeit, überall und über alle Zugangswege Liquidität bereitzustellen, bleibt für alle Ratenkreditanbieter das Ziel. Die Herausforderungen, vor denen eine ganze Branche steht, haben sich nicht geändert, sind aber im Lichte der Erkenntnisse differenziert zu bewerten. Die Pandemie legt schonungslos bekannte Schmerzpunkte offen und wirkt zuletzt wie ein Brandbeschleuniger. Der Zukunftsforscher Matthias Horx beschreibt treffend, - zwar in einem anderen Zusammenhang - was die Corona-Krise bewirken könnte: "Sie legt offen, was vorher schon faul war, und sie hat das Zeug, uns zum Besseren zu verändern" (vgl. Horx 2020). Für die Finanzbranche und insbesondere für das Kreditgeschäft im Retail Banking bedeutet dies, jetzt endlich konsequent die bekannten Herausforderungen anzugehen, um auch morgen noch relevant für die Kunden sein zu können.

Customer Centricity als Grundlage positiver Kundenerlebnisse

Unternehmen, die Kunden nur "beliefern", werden es zukünftig schwer haben, die Kundenschnittstelle zu besetzen. Produkte und Dienstleistungen sind aufgrund des mobilen Internets jederzeit transparent. Verbraucher haben es heutzutage deshalb leichter, Angebote zu vergleichen und das passende für sie zu finden. Um sich von den Mitbewerbern entscheidend abzuheben, rückt das Kundenerlebnis in den Mittelpunkt. Deshalb darf die Erwartungshaltung der Konsumenten an ein Produkt oder eine Dienstleistung von Unternehmen schon lange nicht mehr unberücksichtigt bleiben, sondern muss gezielt an jedem Kundenkontaktpunkt bewiesen werden. Mit Design Thinking wird der Prozess des Customer Experience Managements strukturiert umgesetzt. Auf diese Weise können Unternehmen Innovationen und Problemlösungen finden, die die Sicht des Kunden einnehmen.

Damit die generierten Daten den erhofften Mehrwert erzeugen, müssen diese miteinander verknüpft und ausgewertet werden. Gerade klassisch strukturierte Unternehmen geraten hier schnell an Grenzen. Denn die neue Herangehensweise bedingt, dass Strukturen aufgebrochen werden. Nur so lässt sich fernab von bekanntem Ressort- und Silodenken die gewollte Kundenzentrierung neu etablieren. Die Teambank hat bereits vor vielen Jahren damit begonnen, systematisch die Stimmen der Kunden einzuholen. Mit der Kundenkonferenz hat der Ratenkreditexperte eine Plattform für den Dialog zwischen Bestandskunden und Mitarbeitern etabliert. Hier findet sich Raum, um Erfahrungen, Erlebnisse und Verbesserungsideen auszutauschen. Diese wertvollen Rückmeldungen nutzt das Kreditinstitut, um Prozesse, Services und Produkte zu optimieren - ganz aus Kundensicht.

Ein praktisches Beispiel: Die Kunden sind von der Finanzreserve überzeugt - einem flexiblen Finanzpuffer. Die Kunden haben darauf hingewiesen, dass die Finanzreserve aber nur in der Kombination mit einem Easycredit zu bestellen sei. Warum werde dieses Produkt nicht auch ohne Ratenkredit angeboten? Diesen Verbesserungsvorschlag hat die Teambank aufgenommen und bietet nunmehr seit wenigen Wochen die Finanzreserve auch unabhängig vom Easycredit an. So konnte mit einer kleinen Ergänzung am Produktportfolio ein Mehrwert für die Kunden geschaffen werden. Um dieses Ziel ohne große Aufwände erreichen zu können, ist eine vollautomatisierte technische Infrastruktur notwendig. Auf diese Weise gehen Konzeption und Umsetzung Hand in Hand.

Generation Z hat wenig Erfahrung mit Finanzthemen

Bei der Analyse von Kundenstimmen zeigt sich sehr deutlich, wie unterschiedlich das Verhalten der einzelnen Generationen gerade im Hinblick auf die eigenen Finanzen ist. Wichtige Erkenntnisse hierzu lieferte eine Online-Community, die die Teambank bereits Anfang des Jahres und erneut im September veranstaltete. Die aktuell in vielen Publikationen und Studien untersuchte Generation Z, zeichnet sich durch eine geringe Erfahrung im Umgang mit Geld aus. Andererseits sind es Vertreter gerade dieser Generation oftmals gewohnt, dass ihre Wünsche schnell erfüllt werden und sie dabei möglichst keine Kompromisse eingehen müssen. Für sie ist ein Kredit eine Möglichkeit, Chancen wahrzunehmen, wenn sie sich bieten. Aus diesen Erkenntnissen ergeben sich wichtige Impulse für die zukünftige Produktgestaltung im Ratenkreditmarkt. Denn wer als Anbieter auch morgen noch die Bedürfnisse dieser potenziellen Kunden befriedigen möchte, muss sie nicht nur kennen, sondern die Denkweise und Lebensphilosophie einer ganzen Generation verstehen. Nur so kann aus "vom Kunden her gedacht" auch "für den Kunden gemacht" werden.

Die perfekte Customer Journey endet nicht mit dem Kaufabschluss. Zum ganzen Bild gehört es, dass Unternehmen ihren Kunden auch danach zuhören und so verstehen, wo ihnen eventuell der Schuh drückt. Somit ist es bereits heute und potenziert in der Zukunft für den Erfolg entscheidend, mit dem Kunden auch nach seinem Kauf im engen Austausch zu bleiben. Denn gerade dann entscheidet sich, ob ein Kunde erneut auf die Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens vertrauen wird, also zum Stammkunden wird. Doch dies kann nur erreicht werden, wenn die Kundenzufriedenheit auch nach dem Kauf hoch bleibt. Im besten Fall wird der Kunde dann nicht nur zum "Wiederholungstäter", sondern teilt seine positiven Erfahrungen in der eigenen Peergroup und darüber hinaus, zum Beispiel über Social Media. Der Net Promoter Score (NPS) der Teambank liefert hier ebenfalls wertvolle Daten, um dem Ziel nahe zu kommen, aus zufriedenen Kunden Markenbotschafter für das eigene Unternehmen zu generieren.

Auf die Finanzbranche und speziell den Bereich Finanzierung im Retail Banking heruntergebrochen, bedeutet dies, dass Banken gegenüber neuen Marktteilnehmern, wie Google, Amazon, Facebook und Apple, aber auch Vergleichsportalen und Fintechs, nicht den Anschluss verlieren dürfen. Die Verbraucher haben oft mit den großen Tech-Unternehmen positive Erfahrungen in Sachen Customer Centricity erleben dürfen. Die Pandemie hat auch diese Entwicklung beschleunigt. Während in vielen Ländern stationäre Geschäfte für viele Wochen geschlossen waren, profitierte vor allem Amazon von der Einfachheit und Schnelligkeit im Bestellprozess. Das gewünschte Produkt wird in der App mit nur einem Klick bestellt und spätestens nach wenigen Stunden versandt. Per Tracking kann der Kunde den Weg seines Pakets vom Logistikzentrum bis zur eigenen Haustüre stets nachverfolgen. Aufgrund dieser einfachen, schnellen und aus Kundensicht entwickelten Prozesskette bescherte die Pandemie Amazon ein zweites Weihnachtsgeschäft.

Aus Neukunden werden Stammkunden

Wenn der Kunde für jedes erdenkliche Produkt nicht mehr das Haus verlassen muss, dann wird er das erst recht nicht für eine Bankdienstleistung machen. Folglich werden in Zukunft Banken nur dann erfolgreich sein können, wenn sie dieses geänderte Kundenverhalten, welches in den vergangenen Wochen und Monaten an Intensität und Verbreitung deutlich an Fahrt aufgenommen hat, für das eigene Geschäftsmodell adaptieren.

Die Corona-Krise ist aber nicht nur ein Katalysator der Digitalisierung. Mindestens genauso deutlich hat sie gezeigt, wie wichtig persönliche, nichtvirtuelle Interaktionen sind. Eine "totale Digitalisierung" ist sicherlich kein erstrebenswertes Modell - weder für die stark in ihren Regionen verankerten Genossenschaftsbanken noch für die Gesellschaft als Ganzes. Vielmehr gilt es, eine kundenadäquate Balance im Sinne eines jeweils individuellen persönlich-digitalen Ansatzes zu finden, den die Genossenschaftliche Finanzgruppe erfolgreich für sich in Anspruch nimmt. Für das aufgrund der Pandemie eingeschränkte (nichtvirtuelle) Leben und Wirtschaften prägte The Economist bereits Ende April den Begriff der "90-percent-economy", in der die fehlenden zehn Prozent einen höheren qualitativen Verlust ausmachen, als es ihr bloßer Anteil vermuten lässt: "In a world where the office is open but the pub is not, qualitative differences in the way life feels will be at least as significant as the drop in output" (vgl. Economist 2020).

Den Kunden dort abzuholen, wo er gerade ist und eine Finanzierung in Anspruch nehmen will, das ist die Philosophie, die die Teambank bereits vor sechs Jahren bei der Entwicklung von Ratenkauf by Easycredit angetrieben hat. Mit der Ratenkauf-Lösung für den E-Commerce als auch den stationären sowie den Cross-Channel-Handel bietet das Institut dem Kunden bereits im Einkaufserlebnis direkt am Produkt die Option an, in Raten zu zahlen. Denn Payment ist heute längst mehr als nur die reine Bezahlung. Payment ist ein wichtiger Teil der gesamten Customer Journey und entscheidet am Ende darüber, ob der Kunde zufrieden mit seinem Einkauf den (Online-)Shop verlässt oder schlimmstenfalls seinen prallgefüllten Warenkorb einfach an der Kasse stehen lässt und zum Mitbewerber geht. 41 Prozent der Online-Shopper ärgern sich darüber, wenn ihnen ihre bevorzugte Zahlart nicht angeboten wird (vgl. TeamBank AG 2017). Im schlimmsten Fall verliert ein Händler diese Kunden an der Kasse.

Wertewandel in der Gesellschaft

Es ist daher sinnvoll, sich der Expertise eines erfahrenen Partners zu bedienen, der nicht nur eine lange Erfahrung in Finanzierungen hat, sondern auch die gleiche Customer Centricity in seiner Arbeit lebt. Schließlich vertraut der Händler seinen größten Unternehmenswert, seine Kunden, einem anderen Unternehmen an. Ärgert sich ein Kunde über den Finanzierungspartner, dann wird er seinen Unmut dem Händler gegenüber äußern und für ihn als Kunde verloren sein. Umgekehrt wird ein Kunde, der mit dem Service des Finanzierungspartners zufrieden ist, wieder bei diesem Händler einkaufen. Ratenkauf ist also mehr als eine weitere Bezahlart. Ratenkauf ist ein wesentlicher Service-Vorteil auf dem Weg zu begeisterten Stammkunden (vgl. ibi research an der Universität Regensburg GmbH 2018).

Kundenbegeisterung durch exzellenten Service ist aber heute nur noch die halbe Wahrheit, um auch morgen noch relevant für den Kunden bleiben zu können. Ein Megatrend ist vor allem für die jüngere Generation und zunehmend ebenso für alle anderen Altersgruppen (kauf-) entscheidend: Nachhaltigkeit.

Ein allgemeiner Wertewandel in der Gesellschaft hat Auswirkungen auf nahezu alle Bereiche des Lebens. Hiervon bleiben die Geschäftsmodelle der Banken nicht unberührt. Für eine wachsende Zahl von potenziellen Kunden ist die Frage, wie nachhaltig ein Produkt oder eine Dienstleistung ist, ausschlaggebend für die Wahl des Anbieters. Laut der aktuellen Studie "Nachhaltigkeit: Dos and Don'ts für Banken" von Heute und Morgen würden 38 Prozent der Deutschen zu einer nachhaltigen Bank wechseln, wenn die Kosten gleich blieben. Die tatsächliche Zahlungsbereitschaft für nachhaltige Bankprodukte ist dagegen mit sieben Prozent gering ausgeprägt. Eindrücklich bestätigt wird die Hypothese, dass vor allem junge Menschen mit höherem Bildungsstand und vergleichsweise noch geringem Einkommen aufgeschlossen gegenüber Nachhaltigkeit eingestellt sind. Die Macher der Studie sehen gerade in dieser Zielgruppe ein hohes Potenzial. Sie durch eine nachhaltige Ausrichtung frühzeitig ans eigene Haus zu binden stelle einen wichtigen strategischen Wettbewerbsvorteil dar (vgl. Heute und Morgen 2020).

Um das große Ganze erfolgreich bewerkstelligen zu können, ist es notwendig, viele kleine Schritte zu gehen und auf diesem Weg von innen heraus einen Prozess in Gang zu setzen, der alle Stakeholder einbezieht. Nur so kann der Gedanke der Nachhaltigkeit fest verankert werden, um am Ende tatsächlich zur Leitmaxime des Geschäftsmodells zu werden, das nicht als bloßes Feigenblatt ("Greenwashing") enttarnt wird.

Lösungen für verändertes Kundenverhalten gefragt

Dass gelebte Transparenz und Fairness gegenüber Kunden, Partnern, Mitarbeitern, Gesellschaft und Umwelt ein entscheidender Wettbewerbsvorteil ist, beweist die Teambank seit mehr als zehn Jahren. Mit der Förderung der 2007 gegründeten Stiftung "Deutschland im Plus" setzt sich das Nürnberger Unternehmen für die private Überschuldungsprävention und finanzielle Bildung ein. Gerade die Präventionsarbeit in Form von Bildungsangeboten für junge Menschen hat sich als zentraler Erfolgsfaktor der Stiftung etabliert.

Ebenso stetig, wie die Frage nach der Nachhaltigkeit des eigenen Geschäftsmodells, entwickelt sich die Idee, Kunden die bankspezifischen Produkte und Dienstleistungen in eigenen Ökosystemen anzubieten. Vor wenigen Jahren war die Bedeutung von Ökosystemen im Finanzdienstleistungsbereich noch eher gering ausgeprägt. Inzwischen hat sich allerdings die Welt entschieden verändert. Und die Corona-Pandemie wirkt auch in diesem Zusammenhang nicht als Auslöser, sondern als ein Verstärker.

Das Beispiel Amazon ist hinlänglich bekannt. Das US-amerikanische Unternehmen versteht es seit jeher, seine Kunden im eigenen Universum zu bedienen, indem es geschickt die Kundenschnittstelle im Online-Handel besetzt und auf diese Weise täglich aufs Neue relevant für den Kunden bleibt. Ergänzt durch exklusive Zusatzleistungen, wie beispielsweise Video-Streaming und die hauseigene Zahlart Amazon Payments, bleibt der Kunde stets im Ökosystem des Tech-Giganten.

Als in Deutschland und vielen anderen Ländern im Frühjahr 2020 infolge der Corona-Pandemie der Großteil aller stationären Geschäfte wochenlang geschlossen blieb, konnte der Online-Handel dieses Geschäft anfangs nicht kompensieren. So gingen im März 2020 die Umsätze deutlich zurück. Dies änderte sich dann zwar im weiteren Verlaufe der Pandemie, sodass der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh) für das zweite Quartal 2020 ein E-Commerce-Wachstum von 16,5 Prozent, nach einer Corona-bedingten Stagnation von 1,5 Prozent im ersten Quartal 2020, vermelden konnte (vgl. bevh 2020). Bei näherer Betrachtung der Zahlen lassen sich aber auch hier Gewinner und Verlierer identifizieren. Während beispielsweise die Lebensmittelbranche in den ersten Wochen enorm profitierte und die Menschen Fast Moving Consumer Goods plötzlich online bestellten, brachen die Umsätze bei Reiseportalen oder in Fashion-Shops nahezu komplett weg. Ein Krisengewinner ist sicherlich Amazon, der auch dank des Marketplace nahezu alles nur einen Klick entfernt anbietet, was der Kunde möchte.

Dieses über die Jahre hinweg erlernte und in der Corona-Pandemie verstärkt praktizierte Verhalten der Kunden strahlt auf andere Branchen aus. Für die Banken bedeutet dies, dass zukünftig nur noch diejenigen erfolgreich sein werden, die passende Lösungen für dieses veränderte Kundenverhalten anbieten.

Beyond-Banking-Ökosystem kann Mehrwert für Kunden schaffen

Gerade die Genossenschaftliche Finanzgruppe mit ihren über 18 Millionen Mitgliedern hat die besten Voraussetzungen, Mehrwerte zu generieren, die exklusiv nur den eigenen Kunden zugänglich sind. Dabei gilt es, Banking weiterzudenken und gezielt Services und Dienstleistungen punktuell in das eigene Ökosystem zu integrieren oder geschickte Anknüpfungen und Brücken zu diesen zu bauen. Durch White Labeling oder Co-Branding können Banken als Marktplatz-Orchestratoren agieren und auch bankfremde Produkte und Dienstleistungen anbieten. Dies kann rund um bestimmte Momente im Leben der Kunden und Mitglieder geschehen, wie zum Beispiel dem Haus- oder Autokauf. Die Möglichkeiten und Ideen sind vielfältig. Wichtig ist, dass es passende und exklusive Mehrwerte sind, um auf diese Weise hohe Kundenrelevanz zu schaffen (vgl. Accenture 2019).

Die Aufgaben für Banken - speziell für Anbieter von Finanzierungen - sind herausfordernd, aber seit längerer Zeit bekannt. Die Häuser beschäftigen sich bereits mit Lösungen. Die Pandemie hat grundsätzlich an den Rahmenbedingungen nicht viel geändert, sicherlich aber an deren Intensität. Stetig wachsende regulatorische Anforderungen, ein auf absehbare Zeit bleibendes Niedrigzinsumfeld sowie ein weiterhin hohes Veränderungsbedürfnis aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung und Nachhaltigkeit bleiben die Kernaufgaben, denen sich eine ganze Branche stellen muss.

Die Entwicklung des Marktes für Ratenkredite zeigt deutlich, dass dieses Feld des Retail Banking auch in Zukunft sehr attraktiv bleiben wird. Die jüngsten Zahlen des Bankenfachverbands, basierend auf der vierteljährlichen Kreditnehmerstatistik der Deutschen Bundesbank zum 30. Juni 2020, verdeutlichen zwar, dass die gesamten Bestände der Kredite an Privatpersonen im Vergleich zum Vorjahreszeitpunkt leicht um minus 0,1 Prozent auf 235,9 Milliarden Euro gesunken sind. Die darin enthaltenen Bestände an Ratenkrediten sind jedoch um plus 1,2 Prozent auf 176,9 Milliarden Euro gewachsen - trotz oder vielleicht gerade wegen der Corona-Pandemie (vgl. Bankenfachverband 2020).

Außerdem haben die vergangenen Monate sehr deutlich gemacht, dass die Kunden viel schneller auf relevante Services und Dienstleistungen umschwenken, wenn die Gegebenheiten dies erfordern. Es wird zukünftig noch wichtiger sein, die Kunden dauerhaft als Liquiditätsmanager zu begleiten, anstatt die Rolle des einmaligen Kreditgebers auszufüllen. Dabei werden Kunden gelernte Verhaltensmuster selbstverständlich auch auf ihr persönliches Banking übertragen: zu jeder Zeit, immer und überall Zugang zu finanziellen Mitteln zu ermöglichen, wird hier die neue Rolle sein, die Ratenkreditanbieter einnehmen müssen. Konsequent vom Kunden her zu denken und zu handeln, wird wichtiger denn je werden. Denn letztlich zeigt sich, dass Banking auch in Zukunft notwendig sein wird.

Literatur

Accenture (2019): Studie „Competing with Banking Ecosystems“. Accenture Consulting.

Bankenfachverband e.V. (2020): Kreditmarkt-Statistik II/2020 (Stand: 17. August 2020). Bankenfachverband e.V., Berlin.

Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (2020): E-Commerce-Plus von 9,2 Prozent im 1. Halbjahr 2020 – dauerhaft mehr E-Commerce beim „täglichen Bedarf“ (https://www.bevh.org/presse/pressemitteilungen/details/e-commerce-plus-von-92-prozent-im-1-halbjahr-2020-dauerhaft-mehr-e-commerce-beim-taeglichen-beda.html; abgerufen am 3. September 2020).

HEUTE UND MORGEN GmbH (2020): Studie „Nachhaltigkeit: Dos and Don’ts für Banken“. HEUTE UND MORGEN GmbH, Köln.

Horx, Matthias (2020): Die Welt nach Corona: Wie eine Krise die Gesellschaft, unser Denken und unser Handeln verändert. Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin.

ibi research an der Universität Regensburg GmbH (2018): Studie „Ratenkauf im deutschen Einzelhandel – Status quo und Ausblick aus Händlersicht“. TeamBank AG, Nürnberg.

TeamBank AG (2017): Studie „Einkaufswelten 2017“. TeamBank AG, Nürnberg.

The Economist (30. April 2020): The 90% economy that lockdowns will leave behind (https://www.economist.com/briefing/2020/04/30/the-90-economy-that-lockdowns-will-leave-behind; abgerufen am 2. September 2020).

Frank M. Mühlbauer Vorsitzender des Vorstands, TeamBank AG, Nürnberg
Frank M. Mühlbauer , Vorsitzender des Vorstands, TeamBank AG, Nürnberg
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