Digitale Transformation - mit viel Freiraum zur strukturierten Marktreife

Daniel Kapffer, Foto: DekaBank

Die Digitalisierung habe nun nach den Absatzkanälen auch die Assets erreicht. Neben dem Einsatz im Zahlungsverkehr folgen laut Autor nun auch der Handel sowie die Verwahrung von Wertpapieren. Das Potenzial des Marktes sei riesig, laut Schätzungen könnte der Markt für digitale Assets bis 2024 auf das siebenfache Volumen steigen. Allerdings weist Kapffer darauf hin, dass Deutschland regulatorisch noch Aufholbedarf habe, auch wenn mit dem Gesetz über elektronische Wertpapiere schon erste Weichen gestellt worden seien. Er ist überzeugt, dass es einen Siegeszug der digitalen Assets geben werde, da mit einer de zentralen Marktinfrastruktur die Geschwindigkeit steigen und gleichzeitig die Kosten sinken würden. Die Deka sei demnach schon seit 2016 in diesem Bereich aktiv und habe mit Finledger auch bereits eine Anwendung zur Marktreife gebracht. Die Chancen würden für die Kunden die Risiken überwiegen und das größte Risiko bestehe darin, die Entwicklung zu verpassen. (Red.)

Im Finanzmarkt hat die Digitalisierung nach den Absatzkanälen nun auch das Asset erreicht. Gerade Dienstleistungen und Produkte auf Basis der Blockchain gehören die Zukunft. Neben dem Einsatz im Zahlungsverkehr folgen nun auch der Handel sowie die Verwahrung von Wertpapieren. Infolgedessen wird sich die gesamte Finanzbranche künftig verstärkt mit digitalen Wertpapieren und der Tokenisierung von Real Assets beschäftigen (müssen). Digitale Assets - dazu zählen Währungen, Finanzinstrumente, aber auch andere tokenisierte Vermögensgegenstände - können eine sinnvolle Erweiterung des Investitionsspektrums für institutionelle sowie auch für Retail-Kunden sein. Das Potenzial ist riesig: Experten gehen davon aus, dass der Markt für digitale Assets allein in Deutschland bis 2024 um mehr als 600 Prozent wachsen wird.

Und nicht wenige Experten rechnen damit, dass in Zukunft fast nur noch digitale Assets emittiert werden. Aus gutem Grund: Die zugrunde liegende Blockchain-Technologie kann die Effizienz der Marktinfrastruktur deutlich erhöhen. Dadurch wird die Profitabilität der Anbieter verbessert und dem Kunden können attraktivere Konditionen geboten werden.

Gerade für private Investoren ergeben sich darüber hinaus weitere Vorteile: Sie erhalten Zugang zu Assetklassen und Märkten, die ihnen bisher größtenteils nicht zur Verfügung standen. Denn über tokenisierte Wertpapiere können Teile von großvolumigen Geschäften in kleinere Mindestgrößen aufgeteilt werden. Aber auch bislang nicht teilbare Assets wie Immobilien können so gestückelt werden.

Andere europäische Länder wie die Schweiz haben die Chancen bei E-Wertpapieren frühzeitig erkannt. In diesen Ländern ist das Wertpapier schon länger keine Sache mehr ("entmaterialisiert") und mit entsprechenden Regulierungen wurde der rechtliche Rahmen für die innerstaatliche Nutzung der Krypto- und Blockchain-Technologie geschaffen. Des Weiteren wurde die Entwicklung über die Bereitstellung einer nationalen Blockchain gefördert. Da hinkt Deutschland noch hinterher. Hierzulande hat der Gesetzgeber erst Anfang Mai mit dem Gesetz über elektronische Wertpapiere, kurz eWpG, erste Weichen für eine Digitalisierung des Wertpapierrechts in Deutschland gestellt. Und die zögerliche Haltung der Europäischen Zentralbank zum digitalen Euro zeigt, dass der Wert einer europäischen Infrastruktur noch unterschätzt wird.

Abbildung 1: Marktentwicklung digitale Assets in Deutschland* (in Milliarden Euro) Quelle: ZEB Marktstudie Digitale Assets

Eintragung in Register statt Globalurkunde

Emittenten von Anleihen und Fondsanteilen sollen künftig auswählen dürfen, ob sie diese konventionell verbriefen oder als elektronisches Wertpapier beziehungsweise elektronischen Anteilsschein begeben wollen. An die Stelle der Globalurkunde - aktuell ist das Wertpapier juristisch und in der Dokumentation in Deutschland noch eine Sache - tritt künftig die Eintragung in ein Register, das rein digital von einem Zentralverwahrer (Zentralregister-Wertpapier) geführt wird. Aber auch die dezentrale Eintragung in ein Register auf Basis der Blockchain-Technologie ist künftig möglich (Kryptowertpapier).

Das eWpG ermöglicht somit eine vollkommen neue, dezentrale und effiziente Wertpapier-Infrastruktur auf Grundlage der Blockchain-Technologie. Und auch Altbestände können in die digitale Form überführt werden. Gleichzeitig muss der Eindruck eines unregulierten Marktes wie beim Bitcoin vermieden werden. Dafür hat der europäische Regulator mit der Markets-in-Crypto-Assets-Verordnung (MiCa) einen Rahmen geschaffen. Elektronische Wertpapiere fallen ohnehin im Sinne des Level Playing Field und die MiFID. Für Investoren besteht daher das gleiche Maß an Eigentumsschutz und Rechtssicherheit wie bei verbrieften Wertpapieren.

Diese Entwicklung ist zu begrüßen. Schließlich führt die zukünftige dezentrale Marktinfrastruktur zu einer höheren Geschwindigkeit und geringeren Kosten. Die Transaktionen werden deutlich vereinfacht, die Kosten des Zentralverwahrers fallen weg. Und nicht zuletzt erfolgt die Abwicklung von Transaktionen in Echtzeit ohne lange Settlement-Zyklen und Settlement-Fails. Und dabei macht es keinen Unterschied mehr, ob es sich um eine Transaktion im Inland oder mit einer ausländischen Gegenpartei handelt.

Doch Deutschland ist noch nicht so weit, wie gedacht beziehungsweise wie es wünschenswert wäre. Fonds sind nur als Zentralregister-Wertpapier möglich. An einem regulierten Markt zugelassene Anleihen können nur als Zentralregister-Wertpapier begeben werden und müssen weiterhin durch einen Zentralverwahrer verwahrt werden.

Verwahrung sowohl klassischer als auch digitaler Assets

Ungeachtet dessen steigt das Interesse der institutionellen wie auch privaten Marktteilnehmer an elektronischen Wertpapieren spürbar. Diese Nachfrage dürfte auch zu konkreten Investitionsentscheidungen führen. Dabei können Blockchain-basierte Anwendungen auf drei Ebenen ansetzen. Die Deka hat das Potenzial früh erkannt und ist mit Blick auf die Sparkassen und deren Leistungsportfolio vorn mit dabei, um deren Wettbewerbsfähigkeit im Online-Wertpapiergeschäft weiter zu stärken.

Die Deka ist bereits seit 2016 mit umfangreichen Aktivitäten in digitalen Assets und Vernetzung im Sektor aktiv. Erste konkrete Lösungen sind produktiv am Markt, ständig werden neue Ideen entwickelt und umgesetzt. Damit setzt die Deka neue Standards für die Branche und kann mittelfristig auch neue Produktwelten für die Sparkassen schaffen. Ziel ist es, auch das digitale Wertpapierhaus zu sein. Auch deshalb wird bei der Deka seit Längerem an Blockchain-basierten Lösungen gearbeitet.

Selbstverständlich haben digitale Assets auch eine große Auswirkung auf die Verwahrung von Wertpapieren. Als Verwahrstelle verwahrt die Deka heute Assets im Wert von 240 Milliarden Euro, von denen in Zukunft ein Großteil digitalisiert sein könnte.

Die Deka wird daher zukünftig sowohl klassische als auch digitale Assets verwahren müssen. Der Kundenbedarf ist da: Sowohl institutionelle als auch Retail-Kunden werden für digitale Assets eine sichere Verwahrlösung benötigen. Ein echter Mehrwert kann in diesem Zusammenhang die Bereitstellung einer neuen digitalen Infrastruktur sein. Die Sparkassen können sich hier ihren Kunden als verlässlicher Partner beim Handeln von digitalen Assets positionieren.

Die erste Blockchain-basierte Anwendung mit Marktreife war Finledger, ein Gemeinschaftsprojekt mehrerer Banken, an dem die Deka wesentlich beteiligt ist. Als Abwicklungsstruktur für Schuldscheindarlehen ist Finledger ein gutes Beispiel, wie Digitalisierung Effizienzvorteile über ganze Prozessketten hinweg heben und gleichzeitig die Attraktivität eines Produkts verbessern kann. Die bisher überwiegend manuellen Prozesse werden mit der Blockchain-basierten Plattform vollständig digitalisiert - von der Geschäftsbestätigung bis zur Echtheitsprüfung. Zeitaufwändige manuelle Tätigkeiten und papiergebundene Dokumentation entfallen komplett. Die einzelnen Schritte sind so in wenigen Sekunden möglich und benötigen nicht wie zuvor Stunden, Tage oder gar Wochen.

Weiter gedacht für die Abwicklung und Verwahrung von digitalen Assets hat die Deka das "Digital Collateral Protocol" (DCP) entwickelt und möchte dies gemeinsam mit anderen Verwahrstellen erproben und weiterentwickeln. Durch die Verwendung der Blockchain ist eine Plattform entstanden, auf der die ursprüngliche Verwahrstelle alle buchmäßig erfassten Positionen dokumentieren kann, sodass Abrechnungen zwischen Hauptverwahrstellen ohne die gesamte Unterverwahrungsebene durchgeführt werden können. Dadurch lassen sich die Effizienz des Abwicklungsprozesses signifikant steigern und die Kosten mehr als halbieren.

Somit hat die Deka mit Finledger und DCP auf der Blockchain bereits zwei produktive Anwendungen entwickelt. Beides sind standardisierte Lösungen, über die bereits Transaktionen abgebildet wurden. Dies ist auch beispielsweise für Sparkassen von großer Bedeutung. Denn wenn sie künftig digitale Assets handeln wollen, brauchen sie dafür eine geeignete Plattform.

Abbildung 2: Auswirkungen der Nutzung von Digital Assets auf drei Ebenen Quelle: DekaBank Deutsche Girozentrale

Gemeinsames Ökosystem wichtig für den Erfolg

Klar ist: Je stärker digitale Assets an Bedeutung gewinnen, desto wichtiger wird ein gemeinsames und standardisiertes Ökosystem für den Erfolg aller Finanzmarktakteure. Das Digital Collateral Protocol ist ein entscheidender Schritt beim Bau eines gemeinsamen Fundaments. Denn wenn die neue Welt der digitalen Assets ohne gemeinsame Fundamente gestaltet wird, besteht die Gefahr, dass Nachteile wie Fragmentierung und fehlende Standardisierung weiterhin bestehen bleiben.

In den Startlöchern steht außerdem eine deutliche Weiterentwicklung des DCP, der Secure Worldwide Interbank Asset Transfer, kurz SWIAT. Dahinter verbirgt sich ein globales Netzwerk für digitale Assets, traditionelle Wertpapiere sowie digitale Services. SWIAT hat das Ziel, Marktstandards in der Abwicklung zu setzen und als branchenweites Netzwerk für Transaktionen auf der Blockchain genutzt zu werden. Es kann zudem als Ausgangspunkt dazu dienen, digitale Assets zu begeben - wichtig für das Produktportfolio der Sparkassen.

Nutzen des Kunden im Mittelpunkt jeder Innovation

Die Aktivitäten rund um Digitalisierung und speziell die Blockchain-basierten Technologien sind wichtige Bausteine der Digitalisierungsstrategie der Deka. Innerhalb der Deka werden diese Themen mithilfe eines strukturierten Innovationsprozesses vorangetrieben. Das ist zum einen wichtig, weil auf diese Weise Freiräume und Kapazitäten für die Umsetzung geschaffen werden. Zum anderen zeigt die Erfahrung, dass klare Ziele wichtig sind, an denen sich die digitalen Anwendungen beziehungsweise deren wirtschaftlicher Nutzen orientieren. Der Nutzen für den Kunden - das können die Sparkassen oder deren Kunden sein - steht bei der Deka Bank im Mittelpunkt jeder Innovation. Dank dieser klaren Rahmenbedingungen kann das Innovationspotenzial innerhalb des Hauses effizient genutzt werden.

Abbildung 3: Überblick des rollierenden Innovationsprozesses Quelle: DekaBank Deutsche Girozentrale

Der Expertenkreis Digitalisierung, der sowohl Geschäftsopportunitäten als auch die technologische Perspektive im Blick hat, bewertet Ideen und empfiehlt diese weiter an das Innovationsboard - ein Kreis aus den digitalen Champions der Deka. Das Innovationsboard stellt dann kurzfristig Budget für die Prototyping-Phase zur Verfügung. Neben finanzieller Unterstützung können die Kollegen auch Know-how bekommen: Trainings zu agilen Arbeitsweisen und kreativen Entwicklungsprozessen, Mitarbeitende der digitalen Einheiten stehen sowohl im Prozess der Ideengenerierung als auch in der eigentlichen Entwicklungsphase des Produktes mit Methoden- und Fachwissen zur Seite. Die Open Digital Factory und Bevestor begleiten häufig die Umsetzung der Prototypen.

Mindestens genauso wichtig war aber das Schaffen eines motivierenden, produktiven Umfeldes für Innovationen. Denn diese entstehen in der Deka bei der täglichen Arbeit - seien es die Deka-Mitarbeiter, die hauseigene Prozesse verändern wollen, oder die Kollegen im Sparkassenkontakt, die dort auf Optimierungspotenziale stoßen. Innovation findet also nicht nur in einer kleinen spezialisierten Einheit statt.

Zwei Beispiele sollen die besondere Innovationskultur verdeutlichen: So wurden bei den Deka Innovation Days 2021 unter dem Motto "Transformation" vor Kurzem vier Tage lang Trends, Innovationen, Ideen, Inspirationen und New Work von Experten aus dem In- und Ausland vorgestellt. Dieses Jahr komplett digital veranstaltet erhielten die Mitarbeiter wichtige Impulse, welche digitalen und agilen Prozesse im Haus bereits etabliert sind oder in Kürze folgen werden. Des Weiteren konnten die Mitarbeiter in Workshop unmittelbar an ihren Ideen arbeiten.

Mehr Chancen als Risiken

Um die Fachbereiche und diese Expertise zusammenzubringen, wurde bei der Deka zudem die Open Digital Factory etabliert, in der interdisziplinäre, agile Teams aus IT und Fachabteilungen digitale Technologien und Lösungen entwickeln. Dabei sind agile Arbeitsweisen ebenso wichtig wie neue digitale Produkte. Schließlich kann die digitale Transformation nur dann funktionieren, wenn sie mit einem grundsätzlichen Wandel der Arbeitsweisen und der Zusammenarbeit einhergeht.

Der digitale Markt in der Finanzbranche reift und nimmt Formen an. Zunehmend werden digitale Assets auch zur Unternehmensfinanzierung eingesetzt. Anleger halten digitale Assets und wollen weiterhin die Allokation erhöhen, während gleichzeitig verschiedene Institutionen und Infrastrukturteilnehmer ihre Kapazitäten im Bereich der digitalen Assets ausbauen.

Je mehr also digitale Vermögenswerte an Bedeutung gewinnen, desto größer wird der Bedarf für ein Ökosystem, das auf die Bedürfnisse und Besonderheiten digitaler Welten spezialisiert ist. Für die Deka steht fest: Die Digitalisierung bringt Nutzen - für die Kunden und damit für die Sparkassen und die Deka. Und die Chancen überwiegen. Das größte Risiko besteht darin, die Entwicklung zu verpassen und damit in einem absehbar wesentlichen Teil des Marktes nicht präsent zu sein.

Daniel Kapffer , Mitglied des Vorstands , DekaBank Deutsche Girozentrale, Frankfurt am Main

Weitere Artikelbilder

Noch keine Bewertungen vorhanden


X