Ethische Führung in der Finanzdienstleistung

Benjamin Ruppert, Foto: Kirsten Wagenbrenner

Ob ein Unternehmen Erfolg hat, steht und fällt mit den Mitarbeitern. Mit Blick auf den demografischen Wandel und den Fachkräftemangel müssen Unternehmen heute aber meist um qualifizierte Bewerber mit anderen Wettbewerbern am Arbeitsmarkt in Konkurrenz treten, was die Interessen der Arbeitnehmer in den Fokus rückt. Gerade die jüngere Genera tion, die neu in den Arbeitsmarkt eintritt, hat hier andere Vorstellungen und Erwartungen - sowohl an das Unternehmen als auch an die Führungskraft selbst, so der Autor. So legen jene beispielsweise mehr Wert auf flache Hierarchien. Damit diese Mitarbeiter aber nicht wieder gehen, ist es vor allem für die Führungskraft wichtig, auf derartige Bedürfnisse entsprechend einzugehen. Aufgrund dessen beeinflussen diese auch das Thema Führung beziehungsweise machen sie zu einem wichtigen Kern innerhalb der Führungsaufgabe. Die ethikorientierte Führung bietet hier einen Lösungsansatz für Führungskräfte, eine authentische, auf Vertrauen und Wertschätzung basierende Beziehung zu den Mitarbeitern aufzubauen. (Red.)

Seit den 1990er Jahren hat sich für die Beschreibung der modernen Arbeitswelt das englische Akronym VUCA etabliert. Es ist Ausdruck der charakteristischen Merkmale für die heutige Arbeitswelt und deren Herausforderungen: Unbeständigkeit, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit. An diesen Rahmenbedingungen hat sich bis heute grundsätzlich nichts verändert, jedoch werden durch gesellschaftliche Entwicklungen regelmäßig neue Komponenten wie zum Beispiel die Nachhaltigkeit hinzugefügt.

Das Führen von Unternehmen und insbesondere die Personalführung muss sich vor diesem Hintergrund ständig neu erfinden und sich den veränderten Ansprüchen anpassen. Die Frage nach der Konzeption der Führung hat dabei einen maßgeblichen Einfluss auf die Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeiter, die sich wiederum auf die Kundenzufriedenheit und schließlich auf Umsätze und Gewinne auswirken. So werden in der Führungspsychologie immer wieder neue Ansätze diskutiert und in den vergangenen Jahren haben sich daraus verschiedene Führungskonzepte entwickelt, die auf einer ethischen Grundlage aufbauen.

Jüngere empirische Untersuchungen konnten bereits zeigen, dass ein von Moral und Ethik geprägter Führungsstil zur wesentlichen Steigerung von Unternehmenserfolg führen kann. In diesem Beitrag werden verschiedene Ansätze ethischen Führungsverhaltens vorgestellt und mit empirischen Forschungsergebnissen aus der Praxis untermauert. Der Fokus liegt hierbei auf Führung in der Finanzdienstleistungsindustrie, die spätestens seit der Finanzkrise ab 2008 unter einer besonders strengen Beobachtung der Öffentlichkeit steht und viel von ihrem früheren Renommee hat einbüßen müssen.

Entwicklungslinien der Forschung Quelle: Steiger & Lippmann, Handbuch Angewandte Psychologie für Führungskräfte - Führungskompetenz und Führungswissen, 2003, S. 48

Entwicklung von Führungsansätzen im 20. Jahrhundert

Die Führungsforschung des 20. Jahrhunderts lässt sich im Wesentlichen in vier Entwicklungslinien gliedern, die für die jeweiligen Dekaden charakteristisch waren und ein Abbild der jeweiligen Gesellschaft widerspiegeln. Die verschiedenen theoretischen Führungsansätze entwickelten sich fortlaufend, indem die typische Perspektive, aus der sie kommen, systematisch erweitert wurde. So lag der Fokus der ersten theoretischen Ansätze wie bei der Great-Man-Theorie lediglich auf der Führungsperson selbst, die den Führungsstil kennzeichnete. Erst später ist in den verhaltenstheoretischen Ansätzen das Verhalten der Führungsperson in direkten Bezug auf die Mitarbeiter hinzugekommen. Ab den 1960er Jahren wurde dann mit dem situationsabhängigen Zusammenhang der Mitarbeiterführung eine dritte Dimension hinzugefügt.

Im populären situativen Reifegradmodell von Paul Hersey und Ken Blanchard beispielsweise wurde je nach Reifegrad des Mitarbeiters ein unterschiedliches aufgaben- oder personenbezogenes Führungsverhalten empfohlen. Schließlich wird seit den 1980er Jahren das mitarbeiter- und situationsabhängige Führungsverhalten in einen komplexen organisationalen Kontext gestellt und somit auch der systemabhängigen Ebene des Unternehmens Rechnung getragen. Die im Laufe des vergangenen Jahrhunderts evolvierten eigenschafts-, verhaltens-, situations- und systemorientierten Theorieansätze sind Basis der modernen Führungsforschung und existieren bis heute in unterschiedlicher und wechselhafter Bedeutung interdependent weiter. Die Abbildung 1 bietet einen Überblick der gezeigten Entwicklungslinien der Führungsforschung und stellt Beispiele für die unterschiedlichen Theorienansätze zur Verfügung.

Techniken zur Motivation der Mitarbeiter

Die transaktionale Führung beschreibt ein klassisches eigenschaftsorientiertes Führungs- beziehungsweise Managementverhalten, das ein Anreizsystem von Belohnung und Leistung bereitstellt durch das Mitarbeiter motiviert werden. Das Konzept beruht auf dem lerntheoretischen Prinzip der Verstärkung, nach dem Mitarbeiter bei Zielerreichung belohnt und bei Zielverfehlung bestraft werden. Der Vorgesetzte kontrolliert dabei regelmäßig, ob der Mitarbeiter auf dem vereinbarten Weg zur Zielerreichung bleibt und greift erst im Fall einer Abweichung ein. Somit ist sichergestellt, dass Mitarbeiter im Rahmen der Vereinbarung bleiben und die Führungskraft möglichst verlässlich planen kann.

Die transformationale Führung setzt nun an dem gegebenen Anreizsystem an und versucht die Motivation der Mitarbeiter über diesen Zustand hinaus zu erhöhen. Diese "Extra-Anstrengung" wird jedoch nur durch eine Veränderung beziehungsweise Transformation in der Haltung der Mitarbeiter selbst erreicht. Vier Techniken transformationaler Führung haben sich hierbei herausgebildet:

  1. Idealisierter Einfluss (Charisma): Die Führungskraft zeigt Respekt und Vertrauen, vermittelt Werte sowie Ideale, die sie selbst lebt, und entwickelt sich zu einer bewunderten Vorbildfigur.
  2. Inspirierende Motivierung: Durch die Verknüpfung der Ziele mit attraktiven und bedeutungsvollen Visionen wird die intrinsische Motivation der Mitarbeiter erhöht.
  3. Intellektuelle Stimulierung: Kreative und innovative Mitarbeiter werden im positiven Sinne herausgefordert, Unternehmensprozesse zu hinterfragen und zu optimieren. Neue Ideen und Denkweisen werden bewusst stimuliert.
  4. Individualisierte Behandlung: Indem auf die individuellen Bedürfnisse des Mitarbeiters gezielt eingegangen wird, werden Fähigkeiten sowie Stärken entwickelt und Selbstvertrauen geweckt. Führungskräfte sehen sich in der Rolle eines Coaches.

Humanistisches Umdenken in der Theorie

Der transformative Führungsstil setzt somit verstärkt auf langfristige, übergeordnete Werte und Ideale, die anstelle kurzfristiger, egoistischer Ziele treten.

Der Schweizer Ökonom und Gründer des Lehrstuhls für Wirtschaftsethik an der Universität St. Gallen, Peter Ulrich, plädierte 1998 für einen grundrechteorientierten Ansatz in der Führung und forderte eine zeitgemäße Führungsethik, die Ausdruck der modernen und liberalen Gesellschaft sein sollte. Er stellte die tradierte, führungstechnische Perspektive der Mitarbeiterführung infrage, die den Mitarbeiter als Mittel zum Zweck und die Führung als effiziente Erreichung der Unternehmensziele instrumentalisiere. Nach seinem Vorschlag sollte eine führungsethische Perspektive eingenommen werden, die den Mitarbeiter als Person betrachtet und den Subjektcharakter des Menschen in den Mittelpunkt rückt. In den folgenden Abschnitten werden beispielhaft drei Führungsstile vorgestellt, die dieser Forderung entsprechen, wenngleich erste Ansätze ethischen Führungsverhaltens auch bereits in klassischen Führungsstilen wie der transformationalen Führung zu finden sind.

Unterschiedliche Verhaltensdimensionen

Authentische Führung ist ein an ethischen Grundsätzen orientierter Führungsstil, der im Wesentlichen durch vier Verhaltensdimensionen gekennzeichnet ist:

  1. Selbsterkenntnis (self-awareness)
  2. Glaubwürdigkeit (internalized moral perspective)
  3. Offenheit (relational transparency)
  4. Ausgewogenheit (balanced processing of information)

Die Beziehungen dieses Führungsverhaltens sind charakterisiert durch Transparenz, Offenheit und Vertrauen im Umgang miteinander, von Leitlinien nach ethischen Grundsätzen und durch einen ausgeprägten Fokus auf die Weiterentwicklung der geführten Mitarbeiter. Die Kommunikation authentischer Führungskräfte drückt sich nicht nur über die Sprache, also Worte aus, sondern spiegelt sich auch anhand der entsprechenden Taten mit Blick auf moralische Standards wider. Darüber hinaus verfügen die Führungspersonen über eine positive psychologische Strahlkraft, die sie auf ihre Mitarbeiter übertragen können. Die Führenden selbst sind in der Regel mit einem gesunden Selbstbewusstsein ausgestattet, optimistisch, hoffnungsvoll sowie resilient und befinden sich überwiegend in einem psychisch gesunden Zustand.

Starker Fokus auf unternehmerische Gesellschaftsverantwortung

Der erste Ansatz dienender Führung wurde bereits 1970 von Robert Greenleaf in einem Aufsatz vorgestellt und richtet den Führungsstil ohne jegliche Einschränkung auf den Geführten und dessen Bedürfnisse aus. Im Laufe der Jahre wurde das Konzept regelmäßig von weiteren Führungsexperten aufgenommen und teilweise weiterentwickelt, 2011 hat van Dierendonck schließlich acht Dimensionen dienender Führung zusammengefasst: Ermächtigung, Rechenschaft, Bescheidenheit, Demut, Authentizität, Mut, Versöhnlichkeit und Verantwortung.

Die Beziehung zwischen der Führungskraft und ihren Mitarbeitern ist bei der dienenden Führung stark von Vertrauen und Fairness geprägt, von Ermutigung zur Selbstverwirklichung, von einer positiven Grundhaltung zu Leistung sowie einem starken Fokus auf Nachhaltigkeit und unternehmerischer Gesellschaftsverantwortung (im Gesamtunternehmenskontext: Corporate Social Responsibility - CSR). Geteilte Führung ist eine neue Auslegung von Führung und Abbild eines gesellschaftlichen Wandels, der mit der Generation Y in die Unternehmen getragen worden ist. Für die junge Generation sind Hierarchien und kontrollierte Abläufe überholt, sie fordert eine Demokratisierung von unternehmerischen Entscheidungsprozessen und stellt darüber hinaus ethische und emotionale Werte in den Fokus ihres Denkens und Handelns. Der Vorgesetzte wird bei der geteilten Führung daher als annähernd gleichberechtigt angesehen und agiert überwiegend in der Rolle des Motivators und weniger in der Rolle des Entscheiders. Der Vorgesetzte ist zumindest kein Alleinentscheider und führt nicht durch die simple Weitergabe von Arbeitsanweisungen, sondern hat die Aufgabe, in der Organisation die Motivation und die Leistung der Mitarbeiter zu optimieren.

In den vergangenen beiden Dekaden brachten Führungsforschung und -praxis einige neue ethische Führungsansätze hervor, die sich teilweise auch in hybriden Formen entwickelten; für eine weitere Vertiefung mit Führungsstilen unter Berücksichtigung der ethischen Dimension sind beispielsweise zu nennen: gewählte Führung, authentisch-transformationale Führung, sozialcharismatische Führung oder spirituelle Führung.

Einfluss auf die Leistung

Charles Schwepker untersuchte Führungsverhalten von Sales Managern in den USA und stellte fest, dass ein ethischer Führungsstil direkten sowie indirekten Einfluss auf die Leistung von Vertriebsmitarbeitern hat. Es zeigte sich, dass ethische Führungskräfte einen unmittelbar positiven Einfluss auf die Leistung der Mitarbeiter ausüben und daneben auch ein indirekter Wirkungskanal über die Sozialisierung der Mitarbeiter besteht, der eine Übereinstimmung ethischer Grundwerte von Organisation und Mitarbeiter zur Folge hat, die sich positiv auf die Leistung auswirkt. Außerdem ist der ethische Führungsstil förderlich für die Sozialisierung in Teams, die vor allem für Außendienstmitarbeiter von großer Bedeutung ist, da diese hauptsächlich untereinander lernen, welches soziale Verhalten innerhalb der Organisation gepflegt wird.

Die Sozialisierung hat darüber hinaus positive Effekte auf die Mitarbeiterzufriedenheit, auf die persönliche Identifikation mit dem Unternehmen und schließlich auch auf die Leistung der Mitarbeiter. Weiter lieferte die Untersuchung Hinweise darauf, dass die Komponenten ethische Führung, Gruppensozialisierung und ethische Ausbildung zusammen dazu führen, dass die Werte des Unternehmens mit den Werten der Mitarbeiter stärker übereinstimmen. Schwepker empfiehlt daher Mentoring-Programme in der Belegschaft zu implementieren, in denen erfahrene Vertriebsmitarbeiter nicht nur Vertriebswissen, -taktiken und -strategien an jüngere Kollegen weitergeben, sondern auch die ethische Dimension berücksichtigen und somit die ethische Sozialisation vorantreiben sollten, um positiv auf den Unternehmenserfolg zu wirken.

Ähnliche Ergebnisse wie Schwepker lieferten auch die Untersuchungen von De-Coninck sowie Badrinarayanan und Kollegen: Ethisches Führungsverhalten wirkte sich auch hier direkt und indirekt positiv auf die Leistung des Vertriebspersonals und darüber hinaus auf das Wohlbefinden der Mitarbeiter aus. Badrinarayanan et al. stellten darüber hinaus fest, dass die fachliche Kompetenz der Führungskraft keinen signifikanten Einfluss auf die Leistung der Mitarbeiter hat und De-Coninck erkannte in Übereinstimmung mit Schwepker, dass ethische Führungskräfte einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass die Werte und Ideale von Mitarbeiter und Unternehmen eine größere Schnittmenge finden und die Mitarbeiter sich daher stärker mit ihren Arbeitgebern identifizieren. Ebenso bestätigen die Untersuchungen von Milind und Kollegen die zuvor genannten Erkenntnisse für eine branchenübergreifende Befragung von Vertriebspersonal für den indischen Arbeitsmarkt.

In dieser Studie ist allerdings auch verstärkt die Beziehung von Vorgesetzten und Geführten in Bezug auf ein Vertrauensverhältnis untersucht worden. So spielt das Vertrauen des Mitarbeiters in seine Führungskraft eine tragende Rolle und verstärkt den Einfluss des ethischen Führungsstils auf die Leistung des Mitarbeiters signifikant.

Vertrauen der Mitarbeiter in Vorgesetzten entscheidend

Der Vertrieb von Finanzdienstleistungen ist von erhöhter Sensibilität in der Kundenberatung geprägt und steht im Kontext moralischer und ethischer Werte vor allem seit der Finanzkrise ab 2008 in besonderem Fokus. Einige empirische Untersuchungen befassen sich daher insbesondere mit ethischer Führung im Finanzsektor. Jüngst befragten Lai et al. etwa 750 vertriebliche Vollzeitangestellte von Lebensversicherern.

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass eine ethische Führungsweise das moralische Verhalten der Mitarbeiter und deren ethische Absichten in der eigenen Verkaufspraxis in den Kundenberatungen beeinflusst. Somit sind die Kunden von Versicherungen überwiegend ethisch fragwürdig beraten worden, wenn die betroffenen Mitarbeiter von unethischen Führungskräften geführt worden sind. Den Versicherern wird daher angeraten, in der Führungsauswahl und -entwicklung die ethische Dimension stärker zu berücksichtigen, um Reputationsverluste und Prozesskosten zu vermeiden. Des Weiteren wird auch hier empfohlen, verstärkt ethische Ausbildung im Vertriebspersonal insgesamt zu fördern, um künftigen Konflikten vorzubeugen. Vor allem im Finanzvertrieb ist moralisch und ethisch einwandfreier Führungsstil von besonderer Strahlkraft über die Mitarbeiter auf die Kunden gekennzeichnet.

In einer weiteren empirischen Studie von Oniku et al. wurde explizit die Rolle ethischer Führung im Zusammenspiel mit ethischen Verkaufspraktiken in der nigerianischen Finanzindustrie untersucht. Diese Fallstudie über den nigerianischen Markt, der von besonders häufigen Insolvenzen von Banken und Versicherern geprägt ist, reiht sich in die Ergebnisse der vergleichbaren vorgenannten Studien anderer Länder ein. So wird festgestellt, dass reflektiertes ethisches Führungsverhalten ethische Verkaufspraktiken der Mitarbeiter zur Folge hat und insgesamt ethisches Verhalten von Finanzdienstleistungsangestellten in Vertriebs- und Marketingabteilungen stärkt.

Yurtkoru et al. befragten in ihrer Untersuchung etwa 1 000 Bankangestellte, die je zur Hälfte etwa bei öffentlichen und privaten Banken in Istanbul arbeiteten. Sie fanden heraus, dass die unterschwellige Bereitschaft zum Wechsel des Arbeitgebers von Mitarbeitern signifikant reduziert werden kann, wenn das Vertrauen in die Führungskraft und das Gerechtigkeitsempfinden innerhalb der Organisation gesteigert werden. Das ethische Klima innerhalb eines Unternehmens hängt überwiegend von den ethischen Moralvorstellungen der Führungskräfte ab, die als Vorbilder in ethischen Fragen dienen und reduziert somit die Gefahr, dass Mitarbeiter das Unternehmen verlassen. Ebenso bestätigt auch diese Untersuchung die bereits bekannte Erkenntnis, dass das Vertrauen der Mitarbeiter in ihre Vorgesetzten von eminenter Bedeutung ist und die Wirkung ethischer Führung auf die Wechselbereitschaft der Mitarbeiter verstärkt.

Persönliche Werte und Ideale

Wie ethische Führung und CSR mit der betrieblichen Gesamtleistung zusammenhängen, analysierten Saha et al. in ihrer Metastudie aus 114 internationalen Forschungspapieren der Jahre 1958 bis 2016 und stellten sechs wesentliche Gemeinsamkeiten in den Studien fest:

  1. Persönliche Werte beeinflussen ethischen Führungsstil in Organisationen.
  2. Interne sowie externe Umweltbedingungen beeinflussen die CSR von Unternehmen.
  3. Hohe Kosten für CSR-Projekte schrecken vor der Implementierung von CSR ab.
  4. Ethische Führung hat einen direkten positiven Einfluss auf CSR-Implementierung.
  5. Ethische Führung hat direkten sowie indirekten Einfluss auf betriebliche Leistung.
  6. CSR hat direkten positiven Einfluss auf betriebliche Leistung.

Persönliche Werte und Ideale, die ethische Führung ausmachen, haben somit eine direkte positive Wirkung auf die soziale und gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen sowie gleichzeitig direkte und indirekte Wirkung auf die gesamtbetriebliche Leistung der Unternehmen. Einschränkend wird zum einen bemerkt, dass die analysierten Studien überwiegend produzierende Unternehmen betrachten und Dienstleistungsunternehmen nur eine untergeordnete Rolle in den Studien einnehmen. Zum anderen wird festgestellt, dass ethisches Führungsverhalten und CSR-Aspekte vornehmlich in Großunternehmen etabliert wurde und daher wenig empirische Evidenz für kleinere Unternehmen vorliegt. Nichtsdestoweniger empfehlen die Autoren vorzugsweise in diesen Unternehmen den ethischen Führungsstil als treibenden Faktor in Unternehmen zu etablieren, um den Unternehmenserfolg zu steigern.

Individualität in der Führung

In diesem Beitrag wurde ein Überblick über die Entwicklung von Führungstheorien bis zu den neuen ethischen Führungsansätzen jüngerer Zeit gegeben. Anschließend ist anhand empirischer Untersuchungen aus wissenschaftlich anerkannten und öffentlich zugänglichen Quellen die Vorteile ethischer Führung insbesondere in der Finanzdienstleistung herausgearbeitet worden. Aufgrund des eingeschränkten Umfanges erfolgte keine Auseinandersetzung mit der Literatur, die empirische Hinweise auf negative Auswirkungen ethischer Führung liefert.

Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die unterschiedlichen Führungsstile in der Theorie zwar klar abgrenzbar, in der Praxis jedoch nicht eindeutig auf einzelne Führungskräfte ableitbar sind. In der praktischen Anwendung vereinen Führungskräfte mehrere Führungsstile in einer Person und wenden auch unterschiedliche Führungsstile mit deren unterschiedlichen Führungsinstrumenten bei verschiedenen Mitarbeitern nach Bedarf an.

Für eine tiefergehende Befassung mit Führungsansätzen und deren praktischer Anwendung wurden allerdings Literaturhinweise geliefert, die eine intensivere Auseinandersetzung mit der Thematik zulassen. Führungskräften ist somit ein Handbuch gegeben worden, das einige neue Führungsansätze mit ethischem Naturell aufzeigt und zur Hinterfragung des eigenen Führungsstils anregt. In der modernen Arbeits- und Organisationsumwelt ist ethisches Führungsverhalten überlegen, dies hat die jüngste Forschung gezeigt. Denn durch die Projektion ethischer Werte steigen unter anderem die Mitarbeitermotivation, die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen, das physische und psychische Wohlbefinden der Mitarbeiter, die wiederum auf die Kundenzufriedenheit ausstrahlen und sich schließlich in höheren Umsätzen und Gewinnsteigerungen manifestieren.

Arbeits- und Organisationsumwelt im Wandel

Der Definition von VUCA folgend, wird sich auch die zukünftige Arbeits- und Organisationsumwelt in einem ständigen Wandel befinden, woraufhin sich neue Führungsstile entwickeln werden. Die aktuellen Führungsstile gleichen bereits einem Flickenteppich und sind damit Ausdruck der personellen Individualität in der Führung von Mitarbeitern. Personalführung ist auch ein Abbild des Zeitgeistes der jungen Generation, die neu auf den Arbeitsmarkt hinzukommt. Denn für diese sind besonders strukturelle Aspekte wie flache Hierarchien wichtig. Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind zudem die wesentlichen Herausforderungen der heutigen Zeit und werden sicherlich auch noch stärker in zukünftigen Führungsansätzen Berücksichtigung finden.

Fußnoten

1) Vgl. Barber, Developing Strategic Leadership: The US Army War College Experience, Journal of Management Development, 11 (1992), 6, 4-12.

2) Vgl. Hersey & Blanchard, Management of Organizational Behavior, Academy of Management Journal, 12 (1969), 4, 526.

3) Vgl. Lang & Rybnikova, Aktuelle Führungstheorien und -konzepte, 2014, S. 101.

4) Vgl. Nerdinger, Führung von Mitarbeitern, in: Nerdinger, Blickle, Schaper (Hrsg.), Arbeits- und Organisationspsychologie, 2019, 103.

5) Vgl. Felfe, Arbeits- und Organisationspsychologie 2 - Führung und Personalentwicklung, 2012, S. 88.

6) Vgl. Ulrich, Führungsethik - Ein grundrechteorientierter Ansatz, in: Institut für Wirtschaftsethik der Universität St. Gallen, Berichte des Instituts für Wirtschaftsethik, 1998.

7) Vgl. Walumbwa et al., Authentic Leadership: Development and Validation of a Theory-Based Measure, Journal of Management, 34 (2008), 1, 89-126.

8) Vgl. Gardner et al., "Can you see the real me?" A selfbased model of authentic leader and follower development, in: The Leadership Quarterly, 16 (2005), 3, 343-372.

9) Vgl. Greenleaf, The Servant as Leader, South Orange: The Robert K Greenleaf Center, Seton Hall University, 1970.

10) Vgl. Dierendonck, Servant Leadership: A Review and Synthesis, Journal of Management, 37 (2011), 4, 1228-1261.

11) Vgl. Lippold, Personalführung im digitalen Wandel, Berlin: de Gruyter, 2021.

12) Vgl. Kirkman et al., Managing a new collaborative entity in business organizations: Understanding organizational communities of practice effectiveness, Journal of Applied Psychology, 96 (2011), 6, 1234-1245.

13) Vgl. Bass & Steidlmeier, Ethics, character, and authentic transformational leadership behavior, The Leadership Quarterly, 10 (1999), 2, 181-217.

14) Vgl. Howell & Avolio, The ethics of charismatic leadership: Submission or liberation? The Executive, 6 (1992), 2, 43-54.

15) Vgl. Fry et al., Spiritual leadership and army transformation: Theory, measurement, and establishing a baseline, The Leadership Quarterly, 16 (2005), 5, 835-862.

16) Vgl. Schwepker, Influencing the salesforce through perceived ethical leadership: the role of salesforce socialization and person-organization fit on salesperson ethics and performance, Journal of Personal Selling & Sales Management, 35 (2015), 4, 292-313.

17) Vgl. Badrinarayanan et al., Mirroring the Boss: Ethical Leadership, Emulation Intentions, and Salesperson Performance, Journal of Business Ethics, 26 (2019), 159/3, 897-912; DeConinck, Outcomes of ethical leadership among salespeople, Journal of Business Research, 68 (2015), 5, 1086-1093.

18) Vgl. Milind et al., Ethical Leadership and Its Relationship with Sales Force Performance Mediated by Trust of Sales Employees on their Leaders, Annals of the University Dunarea de Jos of Galati Fascicle I, Economics & Applied Informatics, 25 (2019), 1, 120-131.

19) Vgl. Lai et al., The ethical decisions of life insurance salespeople: the effects of interest conflicts, ethical leadership and ethical training, Journal of Financial Regulation and Compliance, 29 (2021), 4, 371-386.

20) Vgl. Oniku et al. Ethical Selling, and Financial Services Performances: A Case of Nigerian Market, International Journal of Sustainable Economies Management, 6 (2017), 4, 21-34.

21) Vgl. Yurtkoru et al., To What Extent Trust in Leader and Ethical Climate Affect Turnover Intention? A Research on Private and Public Bank Employees, International Journal of Organizational Leadership, 7 (2018), 1, 12-26.

22) Vgl. Saha et al., Effect of ethical leadership and corporate social responsibility on firm performance: A systematic review, Corporate Social Responsibility and Environmental Management, 27 (2020), 2, 409-429.

23) Vgl. Lee & Huang, Can ethical leadership hinder sales performance? A limited resource perspective of job embeddedness, Chinese Management Studies, 13 (2019), 4, 985-1002; Alvesson & Einola, Warning for excessive positivity: Authentic leadership and other traps in leadership studies, The Leadership Quarterly, 30 (2019), 4, 383-395.

Benjamin Ruppert , Anlagemanager und stellv. Abteilungsdirektor im Wealth Management , Commerzbank AG, Stuttgart

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