Wie der Euro durch eine EU-Richtlinie in Deutschland zur Fremdwährung werden kann

Übersicht: Fremdwährungsdarlehen Immobiliar-Verbraucherdarlehen (IVD) in Fremdwährung

Dr. Stefan Schwab, Vorsitzender des Vorstands, DZ PRIVATBANK S.A., Luxembourg - Seit einem halben Jahr sorgt die Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie (WIKR) in deutsches Recht für lebhafte Diskussionen über die messbaren Auswirkungen auf dem hiesigen Markt der privaten Baufinanzierung. Zuletzt haben auch die Zahlen der Bundesbankstatistik auf eine geringere Kreditvergabe hingedeutet. Noch komplizierter wird die neue Regelung bei Immobilienfinanzierungen mit Auslandsbezug. Der Autor stellt dazu eine Lösung vor, die sein Haus zusammen mit dem genossenschaftlichen Rechenzentrum und anderen Partnern entwickelt hat. Beim Abschluss von Währungskrediten wird den Partnerbanken über die hauseigenen Vertriebsarbeitsplätze neben der Refinanzierung und der Abwicklung des gesamten Zahlungsverkehrs auch die Erstellung einer WIKR-konformen Kreditdokumentation im standardisierten Onlineverfahren angeboten. Zudem verweist er auf die Überarbeitung der Prozesse und Dokumentationen sowie auf ein Kreditüberwachungssystem. (Red.)

Mehr als neun Jahre nach dem Ausbruch der US-Immobilienkrise, die das globale Finanzsystem an den Rand des Zusammenbruchs führte, bekommen nun auch die an einer Immobilienfinanzierung interessierten Kunden in Deutschland deren Auswirkungen zu spüren. Seit dem 21. März 2016 ist das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/17/EU über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher (WIKR) in Kraft und schon treten erste Schwierigkeiten in der praktischen Anwendung zu Tage. Vor allem ältere Menschen, junge Familien und Kreditnehmer, deren Zinsbindung abläuft und die für den Restbetrag eine Anschlussfinanzierung benötigen, fühlen sich benachteiligt.

Betroffen von den neuen Vorgaben sind auch Immobilienfinanzierer mit "Auslandsbezug", sei es durch ihren EU-Wohnsitz in einem Nicht-Euroland oder durch Einkünfte in fremder Währung. Die kreditgebenden Institute werden in Bezug auf regulatorische Anforderungen wieder einmal vor große Herausforderungen gestellt. Als Kompetenzzentrum für Kredite in allen Währungen innerhalb der genossenschaftlichen Finanzgruppe berichtet im Folgenden die DZ Privatbank von ihrer Reise durch den Paragrafendschungel der Richtlinie 2014/17/EU, die nach Überwindung zahlreicher Hürden am Ende doch noch positive Erkenntnisse mit sich bringen sollte.

Risikobegrenzung bei Fremdwährungsdarlehen

Finanzierungen außerhalb der Heimatwährung waren in der Vergangenheit nicht nur für Grenzgänger mit Einkommen in fremder Währung zur Absicherung gegen Wechselkursrisiken interessant. Da mit jeder Währung ein eigenes Zinsniveau verbunden ist, stellten Finanzierungen in einer im Vergleich zur Landeswährung niedriger verzinsten fremden Währung auch aus wirtschaftlichen Aspekten für aufgeschlossene und aufgeklärte Kreditnehmer mit entsprechendem finanziellen Hintergrund zumindest partiell eine interessante Alternative dar. Die Mittel aus dem ersparten Zinsaufwand ließen sich beispielsweise in eine höhere und damit schnellere Tilgung investieren. Verbunden mit dieser Form der Finanzierung war zum einen die Chance, dass zukünftige Wechselkursveränderungen die Höhe der Darlehensschuld in der Landeswährung zusätzlich verringerten. Zugleich bestand jedoch unbestritten das Risiko einer für den Darlehensnehmer negativen Wechselkursentwicklung, die zu einer Erhöhung der Darlehensschuld in der Heimatwährung führen konnte.

Da in den vergangenen Jahren Inhaber von Währungsfinanzierungen in ganz Europa durch eine deutliche Aufwertung bestimmter Fremdwährungen gegenüber ihrer Heimatwährung nachträglich eine höhere Restschuld in Landeswährung zu tragen hatten, hat die WIKR sich zum Ziel gesetzt, dieses Risiko zukünftig zu begrenzen. Bei der Umsetzung in nationales Recht wurde zu diesem Zwecke in Deutschland der neue Begriff des Immobiliar-Verbraucherdarlehens (IVD) in Fremdwährung, wenn auch nicht mit der gleichen Definition, wie sie die WIKR selbst gewählt hat, in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), § 503 Abs. 1 S.1 BGB, eingeführt.

Verbraucher, die seit dem 21. März 2016 ein IVD in Fremdwährung abschließen, erhalten das Recht, im Falle einer negativen Wechselkursentwicklung der Kreditwährung zur Landeswährung seit Vertragsschluss, die zu einer Wertveränderung des Restbetrages von mehr als 20 Prozent führt, die Umwandlung ihres Kreditvertrages in die Landeswährung zu verlangen. Der Umwandlungsanspruch besteht so lange, wie der Schwellenwert von 20 Prozent überschritten ist. Zugleich wurde für den Kreditgeber eine weitere Informationspflicht in § 493 Abs. 4 BGB hinterlegt. So muss der Kreditgeber bei Erreichen dieses Schwellenwertes von 20 Prozent die betroffenen Kreditnehmer unverzüglich darüber informieren und diese unter Angabe der Veränderung des Restbetrages auf ihr Wandlungsrecht hinweisen.

Stets eine Prüfung notwendig

Um dieser Informationspflicht nachkommen zu können, ist bei Abschluss eines IVD in Fremdwährung zwingend notwendig, das aktuelle Wechselkursverhältnis der Kreditwährung zur Landeswährung im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu historisieren, über die gesamte Vertragslaufzeit täglich mit den jeweils gültigen Kursen abzugleichen sowie die jeweilige Wertveränderung festzustellen.

Auch Euro-Darlehen können Fremdwährungsdarlehen sein. In welcher Situation zukünftig auch für ein Darlehen in Euro die Vorschriften zur Fremdwährung gelten, zeigt das folgende Beispiel. Ein Arbeitnehmer, der in Dänemark, Polen oder Tschechien (EU-Land ohne Euro als Landeswährung) wohnt und in Deutschland sein Gehalt in Euro bezieht, nimmt bei einer hiesigen Bank ein grundpfandrechtlich besichertes Darlehen in Euro zum Erwerb einer Immobilie auf. Aufgrund seines Wohnsitzes in einem EU-Land, das nicht den Euro und damit eine von der Kreditwährung abweichende Währung führt - hier Dänische Krone, Polnischer Zloty oder Tschechische Krone - handelt es sich unabhängig von der Einkommenswährung um einen IVD in Fremdwährung nach § 503 Abs. 1 BGB.

Auf diese Weise wird auch eine in Euro aufgenommene Finanzierung in Deutschland zu einem Fremdwährungskredit. Selbst wenn es sich dabei um Einzelfälle handeln kann, ist doch stets eine Prüfung notwendig, um etwaige weitergehende Pflichten auszuschließen oder bei Vorliegen der Voraussetzungen die korrekte Vorgehensweise zu wählen.

Neue Informationspflicht bei Darlehen in Fremdwährung und Euro

Die neue Informationspflicht nach § 493 Abs. 4 BGB besteht nicht nur gegenüber Verbrauchern mit einem IVD in Fremdwährung nach § 503 BGB. Sie wurde auf alle übrigen IVD ausgeweitet, bei denen Verbraucher mit Wohnsitz in der Europäischen Union einen Kreditvertrag in der Währung ihres Wohnsitzlandes abgeschlossen haben, aber überwiegend in einer anderen Währung ihr Einkommen beziehen oder Vermögenswerte halten, aus denen die Rückzahlung des Darlehens erfolgen soll.

Somit ist es unerlässlich, dass ein Kreditgeber stets bei Vertragsschluss - auch in der Währung Euro - prüft, ob die Währungen von Wohnsitz, Kreditvertrag und Einkommen oder Vermögenswerte (siehe Übersicht) voneinander abweichen. Denn auch ein Verbraucher mit Wohnsitz in Deutschland, der in der Währung Euro ein IVD und damit kein IVD in Fremdwährung abschließt, aber sein Einkommen überwiegend in fremder Währung bezieht, unterliegt dieser Informationspflicht.

Auch für diese Gruppe von Kunden - zum Beispiel Grenzgänger aus Deutschland, die in der Schweiz arbeiten und in Deutschland in Euro finanzieren - ist ab Vertragsschluss eine Kursüberwachung erforderlich und muss eine unverzügliche Information im Falle einer negativen Wertentwicklung von über 20 Prozent erfolgen. Denn in diesem Fall würden dem Grenzgänger nach Umrechnung seines Gehalts in die Heimatwährung weniger Mittel zur Begleichung des Kapitaldienstes zur Verfügung stehen.

Kreditvergabe auf Basis der persönlichen Verhältnisse

Mit der Umsetzung der WIKR erfolgt zudem die Einführung der erstmalig zivilrechtlichen und nicht "nur" aufsichtsrechtlichen Pflicht zur Durchführung der Kreditwürdigkeitsprüfung in §§ 505a-d BGB. Seit dem 21. März 2016 ist der Schwerpunkt der Kreditwürdigkeitsprüfung auf die Fähigkeit und Neigung des Verbrauchers zur Rückzahlung seines Kredites und damit seiner Kapitaldienstfähigkeit zu legen und nicht mehr hauptsächlich auf den Wert der Immobilie. Als Lehre aus der Finanzmarktkrise soll verhindert werden, dass Kreditaufnahmen vornehmlich in Niedrigzinsphasen im Falle nachträglich steigender Zinsen zur Überschuldung des Verbrauchers führen. Ein Aspekt, dem gerade bei kurzen Sollzinsbindungen eine besondere Bedeutung zukommt.

Während bei Allgemein-Verbraucherdarlehen für ein positives Ergebnis der Kreditwürdigkeitsprüfung keine erheblichen Zweifel an der Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers bestehen dürfen (vgl. § 505a BGB), ist für die Vergabe von Immobiliar-Verbraucherdarlehen die positive Feststellung erforderlich, dass der Verbraucher seinen Verpflichtungen wahrscheinlich nachkommen wird. Da die Formulierung der Pflicht unter Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe erfolgt, bedarf es der Auslegung, um den maßgeblichen Inhalt zu bestimmen.

Die Konkretisierung, wann genau von dieser Wahrscheinlichkeit ausgegangen werden kann, ist weitestgehend in die Hand der Marktteilnehmer gelegt worden und wird letztlich durch die Rechtsprechung zu definieren sein. Denn wird dieser Pflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen, sind die Sanktionen weitreichend. So ermäßigt sich der Zinssatz auf einen marktüblichen Zins. Zusätzlich erhält der Kreditnehmer das Recht zur fristlosen Kündigung, ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung. Entscheidend ist daher, dass das Darlehen unter Zugrundelegung der aktuellen Auskünfte und Informationen über das zukünftige Einkommen und freie Vermögen des Kunden vollumfänglich zurückgezahlt werden kann. In diese Prüfung sind Risikofaktoren einzubeziehen, die zu einem verringerten Einkommen führen können, wie zum Beispiel der Eintritt in das Rentenalter, der Arbeitsplatzverlust aufgrund eines befristeten Arbeitsverhältnisses oder der Wegfall eines Einkommens aufgrund Erziehungsurlaubs.

Im Ergebnis führt dies dazu, dass bestimmten Verbrauchergruppen der Zugang zur Immobilienfinanzierung, so das Feedback vieler Genossenschaftsbanken, zumindest erschwert oder sogar verwehrt wird.

Persönlicher und virtueller Wissenstransport zu den Ortsbanken

Die Informationspflicht bei entsprechender Wechselkursentwicklung, das Wandlungsrecht des Darlehensnehmers sowie die neuen Regelungen zur Kreditwürdigkeitsprüfung - neben den vielen weiteren in diesem Betrag nicht näher ausgeführten neuen Vorschriften zur Dokumentation - haben bei deutschen Kreditinstituten im Rahmen der WIKR-Umsetzung für eine große Verunsicherung gesorgt. Mit der Folge, dass sich zahlreiche Anbieter aus dem Geschäftsfeld Fremdwährungsfinanzierungen zurückgezogen haben.

Die DZ Privatbank, die den Genossenschaftsbanken und ihren Kunden seit mehr als 20 Jahren Finanzierungen in allen handelsfähigen Währungen unter der Produktmarke Lux-Credit zur Verfügung stellt, hat die Herausforderung angenommen und mit der Unterstützung externer Partner, darunter die Rechenzentrale Fiducia & GAD IT AG, das Projekt "Wohnimmobilienkreditrichtlinie" fristgerecht zum 21. März 2016 umgesetzt. Seitdem bietet sie ihren Partnerbanken beim Abschluss von Währungskrediten neben der Refinanzierung und der Abwicklung des gesamten Zahlungsverkehrs auch die Erstellung einer WIKR-konformen Kreditdokumentation im standardisierten Onlineverfahren an - sicher, schnell und unbürokratisch über die Vertriebsarbeitsplätze der Genossenschaftsbanken vor Ort. Dazu hat sie ihre Prozesse und Dokumentationen aufwendig überarbeitet und ein intelligentes Kreditüberwachungssystem installiert.

In den Kreditabteilungen deutscher Kreditinstitute war die Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie in den Monaten vor dem 21. März 2016 eines der wichtigsten Gesprächsthemen. Entsprechend groß war das Interesse der Genossenschaftsbanken, als die DZ Privatbank bereits Anfang 2016 ihre ersten Ergebnisse auf sechs regionalen Veranstaltungen präsentierte. Diejenigen, die keine Möglichkeit zum Besuch der Lux-Credit-Infotage hatten, bot sich in den folgenden Wochen die Gelegenheit, die relevanten Aspekte komprimiert in einem virtuellen Schulungsraum aufzunehmen. Die erstmals durchgeführten Lux-Credit-Webinare bewiesen sich dabei als zeitgemäßes, zielgruppenfokussiertes und ressourcenschonendes Medium zum Transport wichtiger Informationen in die Partnerbanken vor Ort. Das Format soll zukünftig auch bei individuellen Lux-Credit-Schulungsmaßnahmen zum Einsatz kommen und die traditionellen Kommunikationskanäle sinnvoll ergänzen.

Eine praktikable Finanzierungslösung für alle

Keine Frage, die leichtfertige Kreditvergabe an Privatkunden in Zeiten verlockend niedriger Zinsen ist keine betriebswirtschaftlich sinnvolle Option für Kreditwachstum. Die Statistiken zeigen allerdings, dass diese Einsicht bei den deutschen Banken zum Schutz des Kunden und auch zum eigenen Schutz nicht erst seit Einführung der WIKR vorgelegen hat. Die DZ Privatbank hatte bereits vorher durch die Vorgabe hoher Qualitätsstandards sowie das Angebot kurzfristiger Zinsbindungen die Bonitätsprüfung, Aufklärung und Flexibilität der Kreditnehmer sehr ernst genommen. So bietet sie schon von jeher mit ihren Produktvarianten den Kunden die Möglichkeit an, die Währungsfinanzierung zu verlassen, und das nicht erst, wenn eine negative Wertveränderung von mehr als 20 Prozent besteht. Je nach Wahl der Sollzinsbindung kann der Kreditnehmer täglich oder zu jedem Sollzinsänderungstermin - alle ein, zwei oder drei Monate - die Finanzierung ohne Vorfälligkeitskosten beenden und diese gegebenenfalls in Euro oder einer anderen Währung weiterführen.

Nach der erfolgreichen Umsetzung der WIKR wird die DZ Privatbank mit ihren Kompetenzen noch stärker als bisher ihren genossenschaftlichen Auftrag weiterverfolgen: Den Partnerbanken und ihren Kunden mit Lux-Credit eine praktikable Finanzierungslösung anzubieten, die dem Kreditnehmer attraktive Konditionen und hohe Flexibilität sowie den Genossenschaftsbanken eine rechtskonforme Dokumentation und geringe Vertriebskosten bei effizienten Prozessen garantiert.

DZ Privatbank

Gründungsjahr:1978Bilanzsumme:17,512 Milliarden EuroGeschäftsvolumen Privatkunden:21,582 Milliarden EuroKunden:65000Mitarbeiter:1 100Standorte im Ausland:Luxembourg (Hauptsitz), Zürich, SingapurStandorte in Deutschland:Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Hannover, Leipzig, München, Nürnberg, Oldenburg, StuttgartGeschäftsfelder:Private Banking, Kredite in allen Währungen, Fondsdienstleistungenalle Angaben per 31.12.2015

Noch keine Bewertungen vorhanden


X