Financial Services: Revolution des datenbasierten Reportings prägt die Finanzfunktionen

Jana Behr, Foto: KPMG

Steigende Datenanforderungen setzen den Finance-Bereich von Finanzdienstleistern laut der Autorin unter Druck. Die Institute sind vielfältig reguliert - es gelte, die Grundlage für das Reporting zu optimieren. Dabei dürfen andere technische Innovationen und vor allem die Befähigung der Belegschaft nicht aus dem Blickfeld geraten. Die Frage laute dabei, wie die nächste sinnvolle Stufe einer Finanzarchitektur aussehen könnte, damit die Daten der einzelnen Disziplinen Accounting, Controlling, Meldewesen und Steuern effizient abgestimmt und ineinander übergeleitet werden können. Um die Herausforderung einer Optimierung des Reporting bewältigen zu können, sollten die Institute laut Behr in der Planungsphase die Herausforderung nicht unterschätzen und die angemessenen Ressourcen dafür einplanen. Auch die richtige Motivation der damit betrauten Mitarbeiter sei wichtig, damit am Ende alle an einem Strang ziehen können. (Red.)

Im Finance-Bereich von Finanzdienstleistern nehmen Digitalisierung und Automatisierung zu. Treiber dieses Wandels ist, dass nach zahlreichen Regulierungsinitiativen, etwa die Anwendung des internationalen Rechnungslegungsstandards IFRS 9 für Kreditinstitute und gegebenenfalls Asset Manager oder IFRS 17 für Versicherungsunternehmen, nun Optimierungs- und Effizienzsteigerungsprojekte anstehen.

Ein weiteres Beispiel sind diverse Vorgaben an das Meldewesen der Finanzinstitute. Damit verfolgen die verschiedenen Aufsichtsbehörden das Ziel, das Meldewesen zukunftsfähig zu gestalten. Sowohl für die Marktteilnehmer als auch für die jeweiligen Aufsichtsbehörden sollen effiziente und effektive Prozesse geschaffen werden. Denn es besteht Einigkeit darin, dass redundante Datenabfragen und inkonsistente Definitionen bei den Kreditinstituten zu hohen Kosten im Meldewesen führen. Dieses Phänomen der Kostenineffizienz aufgrund redundanter Daten ist jedoch auch in anderen Fachdisziplinen des Finance-Bereichs zu finden.

Die Institute müssen sich in diesem Kontext grundlegende Fragen stellen: Existieren die geforderten Daten bereits? Wie lassen sie sich erzeugen, übermitteln, anreichern, qualitätssichern und in ein Reporting überführen? Und wie gelingt die Überleitung der einzelnen Reportings - die durch die jeweilige Sichtweise und Datenverfügbarkeiten der verschiedenen Einheiten einer Finanzfunktion geprägt sind? Oft liegen unterschiedliche Interpretationen zugrunde. Der Regulator entdeckt dann Inkonsistenzen in den zur Verfügung gestellten Informationen, die es eigentlich nicht geben sollte.

Die Finanzdienstleister waren in der Vergangenheit gezwungen, die jeweiligen Anforderungen im dafür anberaumten Zeitrahmen zu erfüllen. Erneuerungsmaßnahmen etwa für die IT-Infrastruktur oder die Weiterentwicklung des Mitarbeiter-Know-hows mussten zurückstehen. Das muss nun nachgeholt werden - zahlreiche Modernisierungsprojekte stehen an, oft mit dem Fokus, IT-Systeme zusammenzuführen und den Datenfluss für die Reportings zu optimieren und sinnvoll zu integrieren.

Die Frage lautet: Wie kann das sinnvolle nächste Level der Finanzarchitektur aussehen, sodass die Daten unter den einzelnen Disziplinen Accounting, Controlling, Meldewesen und Tax effizient abgestimmt und ineinander überleitbar sind? Denn nicht alles lässt sich mit einem System abbilden. Entsprechend ist ein Markttrend, neue Architekturen für diese Teile der Gesamtbanksteuerung zu bauen, in die sich die verschiedenen Softwareanbieter und deren Erzeugnisse integrieren lassen. Ein Beispiel ist die SAP S/4HANA-Umstellung. Während SAP die Anforderungen für die Disziplinen Accounting, Controlling und Tax abdecken kann, braucht es für das Meldewesen eine andere Software - in weiten Teilen für dieselbe Datengrundlage.

Integrierte Daten gefragt

Um integrierte Daten zur Verfügung zu stellen, sind inzwischen viele Projekte an den Start gegangen. Oft haben die Finanzdienstleister große Data Warehouses implementiert, um daraus die Banksteuerung in weiten Teilen zu bestücken. Doch es mussten Abstriche bei der Datenintegration gemacht werden. Einige Institute haben im Zeitverlauf die Prioritäten verlagert und sich auf Weiterentwicklungen nahe an der Kundenschnittstelle konzentriert, nicht im sogenannten Backoffice.

Andere haben bei der Ausführung ihrer Transformationsprojekte mit der Komplexität zu kämpfen. Wieder andere stellen fest, dass die Softwareanbieter in absehbarer Zeit neue zukunftsfähige Technologien auf den Markt bringen, sodass sich Investitionen in bestehende Initiativen nicht mehr lohnen.

Auch bei der Belegschaft sind wichtige Kriterien noch nicht erfüllt. Gerade im Zuge der jüngsten Erfahrungen aus der Pandemie dürfte es zu kurz gegriffen sein, Digitalisierung als das nicht mehr Nutzen von Papier und das Bauen von schicken Apps zu verstehen. Der sich unter dem Begriff "New Work" vollziehende Wandel der Arbeitswelt betrifft auch die Finanzbereiche. Trends wie agile Teams und Vertrauenskultur gewinnen an Bedeutung. Der steigende Grad der Digitalisierung, Automatisierung und von künstlicher Intelligenz geprägten Routinen verlangen der Belegschaft neben den rein fachlichen auch verstärkt technisch-analytische Fähigkeiten ab.

Die Modernisierungsbestrebungen sollten auch dazu dienen, manuelle Eingriffe zu reduzieren und Kapazitäten für wertstiftende Aufgaben freizusetzen. Die Frage nach einer langfristigen Roadmap für die Zukunft der Finanzfunktion ist institutsspezifisch zu beantworten.

Neue Regulierungsmaßnahmen

Wohin das führt, lässt sich auf nahe Sicht absehen. Denn etwa mit IReF (Integrated Reporting Framework) stehen bereits neue regulatorische Initiativen im Raum. Auf der Grundlage einer Umfrage unter Marktteilnehmern hat die Europäische Zentralbank im Dezember 2021 eine Kosten-Nutzen-Analyse veröffentlicht. Das Dokument enthält konkrete Vorstellungen zur Umsetzung und zum Umsetzungszeitplan von IReF. Die Europäische Zentralbank geht davon aus, dass eine IReF-Verordnung 2024 veröffentlicht wird und IReF als neues Meldewesen im Jahr 2027 produktiv gehen wird.

In der vorliegenden Form wird IReF einen wesentlichen Beitrag zur Neuausrichtung des zukünftigen Meldewesens für Banken leisten. Die Grundlage stellt das "Banks Integrated Reporting Dictionary" (BIRD) dar. BIRD ist das Ergebnis aus einem Projekt der Europäische Zentralbank in Zusammenarbeit mit Bankvertretern und hat das Ziel, den Instituten einen einheitlichen Datenkatalog aller im Meldewesen relevanter Daten unterschiedlichster Granularitätsstufen als Hilfestellung an die Hand zu geben. Darüber hinaus umfasst es Transformations- und Validierungsregeln.

Technisch-analytische Fähigkeiten fördern

Doch wie sieht die Finanzfunktion der Zukunft aus? Maschinen und künstliche Intelligenz werden nicht alle Aufgaben übernehmen können. Nach wie vor muss der Mensch Anpassungen vornehmen. Beispielsweise lassen sich programmierte Roboter, die menschliche Tätigkeiten verrichten, nur begrenzt einsetzen. Sobald sich ein Faktor in der Wertschöpfungskette ändert, sind Robotics schon nicht mehr funktionsfähig und müssen von menschlicher Hand umgebaut werden. Gleiches gilt für Workflow-Lösungen, die momentan stark gefragt sind.

Zwar dienen sie dazu, viele Herausforderungen zu meistern, indem sie eine Art Netz über verschiedene Prozessschritte legen. Dennoch muss der Mensch vorhandene Systembrüche beheben. Ein vorläufiges Fazit lautet demnach: Es muss eine gesunde Kooperation zwischen Mensch und Maschine bestehen. Allerdings sind Mitarbeiter gefragt, die sich unabhängig von der fachlichen Disziplin die entsprechenden Fähigkeiten aneignen.

Das gilt für etablierte Finanzinstitute wie für Fintechs und Insurtechs. Denn sie müssen inzwischen je nach Entwicklung des eigenen Geschäftsmodells ebenfalls Compliance und Regulatorik im Griff haben. Für die klassischen Kreditinstitute und Versicherer bedeutet das, dass sie angesichts zahlreicher Vorschriften oft nur langsam reagieren. Bei den Fintechs und Insurtechs mag die Reaktionsgeschwindigkeit zwar kürzer sein. Sobald sie aber eine bestimmte Größe und Komplexität erreicht haben, ruft das ebenfalls die Regulatoren auf den Plan. Einige Fintechs stehen heute bereits vor der Herausforderung, dass ihre Systemlandschaften nicht optimal dokumentiert sind und nur in Teilen entsprechende Kontrollen und Prozesse aufweisen.

Zukunftsfähige Ergebnisse

Auch wenn die technische Erneuerung in der Finanzbranche nur in kleinen Schritten vorangeht: Es zählt, zukunftsfähige Ergebnisse zu erzielen - mit Blick auf die Technologie, Belegschaft und Ertragsfähigkeit. Zu den wichtigen Stellschrauben gehört, die Projekte bereits von der Planungsphase an nicht zu unterschätzen und einen angemessenen Zeit-, Finanz- und Ressourcenrahmen zu setzen. Dabei müssen nicht immer nur die fachbesten Mitarbeiter betraut werden - es zählen auch das richtige Mindset und die Motivation.

Förderlich ist es deshalb, den handelnden Personen von Beginn an Ziel und Zweck des Vorhabens zu vermitteln. Und schließlich kommt es darauf an, die unterschiedlichen Interessen der Entscheider aufeinander abzustimmen. So ist gewährleistet, dass alle an einem Strang ziehen.

Jana Behr , Partnerin, Financial Services , KPMG Deutschland, Frankfurt am Main
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