Fördern, was die Wirtschaft am Laufen hält

Dr. Jürgen Allerkamp, Foto: IBB

Laut dem Vorstandsvorsitzenden der Investitionsbank Berlin sind die Förderbanken, die sonst eher weniger Beachtung fänden, derzeit im Fokus bei der Stützung der Wirtschaft in der Corona-Krise. Wichtig findet er dabei auch, dass das bundesweite Angebot der KfW durch einen regional unterschiedlichen Mix an Hilfsangeboten ergänzt wird, da auch die Struktur der Wirtschaft von Bundesland zu Bundesland große Unterschiede aufweise. Berlin zeichne sich beispielsweise durch seine lebendige Kultur- und Medienszene aus, aber auch durch die Start-up-Szene. Laut Allerkamp ist Berlin die führende Start-up-Stadt in Deutschland und solle es auch bleiben. So entfallen 100 Millionen Euro aus dem bundesweiten Start-up-Hilfsprogramm auf Berlin. Die IBB ergänzt demnach diesen Betrag um weitere 40 Millionen Euro, die vom Land Berlin verbürgt werden. Allerkamp fordert zum Schluss weitere Hilfsmaßnahmen von der Politik, falls diese nötig würden. (Red.)

In der Corona-Krise gelten die Banken, anders als noch 2008 während der Finanzkrise, nicht als Teil des Problems, sondern als Teil der Lösung - um das Positive gleich vorwegzunehmen. Vor allem die Bankengruppe, der vorher eher weniger Beachtung geschenkt wurde, steht nun im Fokus und spielt die zentrale Rolle, um die Wirtschaft zu stützen: die Förderbanken des Bundes und der Länder (LFI).

Deutschland hat schnell und entschieden auf die Covid-19-Krise reagiert und für die Unternehmen in dieser wirtschaftlich schwierigen Lage diverse Unterstützungsangebote und Hilfsprogramme auf den Weg gebracht. Bei deren Umsetzung wird auf die bewährte Zusammenarbeit zwischen KfW und Landesförderinstituten unter Einbeziehung der Hausbanken gesetzt - ein System, das eingespielt ist und seit jeher gut funktioniert.

Rolle der Förderbanken in der Corona-Krise

Am Anfang der Krise galt es natürlich zunächst, den Förderbedarf zu ermitteln und passende Hilfen für die kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU), Soloselbstständigen und Freiberufler zur Verfügung zu stellen. Mit vollem Einsatz und binnen kürzester Zeit hat der Bund über die KfW ein Milliarden-Hilfspaket auf die Beine gestellt, das von den Ländern je nach Gegebenheit noch ergänzt wurde. Es entstand so ein regional unterschiedlicher Mix aus Hilfsangeboten, der genauso vielfältig ist, wie das lokal unterschiedliche Infektionsgeschehen und die entsprechenden Corona-Schutzmaßnahmen. Und das ist auch gut so. Denn auch die Wirtschaftsstruktur weist von Land zu Land große Unterschiede auf. So spielen die landwirtschaftlichen Betriebe beispielsweise in Berlin eine eher untergeordnete Rolle, während Kleinstbetriebe, Existenzgründer und Soloselbstständige eine vergleichsweise große Bedeutung haben.

Als ersten Schritt hat das Land Berlin, noch bevor der Bund agieren konnte, den Liquiditätsfonds bei der IBB kurzfristig für die zu diesem Zeitpunkt noch vorrangig betroffenen Branchen des Gastgewerbes und des Tourismus geöffnet (Soforthilfe I). Über den Liquiditätsfonds konnten Berliner KMU-Darlehen bis zu 500 000 Euro erhalten, die für sechs Monate zinsfrei vergeben werden konnten. Die Rettungsbeihilfe Corona war bundesweit eines der ersten Hilfsangebote im Rahmen der Covid-19-Krise. Hier hat die IBB in kurzer Zeit 1 029 Darlehen über 106 Millionen Euro bewilligt. Rund 11 200 Arbeitsplätze konnten in den begünstigten Unternehmen so erhalten werden.

Mitte März folgte dann die sogenannte Soforthilfe II für Soloselbstständige, Freiberufler und Unternehmen bis zu fünf Beschäftigten. Die Betroffenen konnten bei der IBB Zuschüsse bis zu 5 000 Euro zur Schließung akuter Liquiditätslücken beantragen. Zusätzlich zu den Landesmitteln konnten auch Bundesmittel beantragt werden. Für Soloselbstständige, Freiberufler und Kleinstunternehmen mit maximal fünf Beschäftigten bis zu 9 000 Euro, was in Kombination mit den Landesmitteln einen Höchstbetrag von 14 000 Euro ergab. Im Unterschied zum Landesprogramm konnten im Bundesprogramm auch Kleinunternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten gefördert werden.

Schnell und unbürokratisch als Credo

Insgesamt hat die IBB von den rund 246 000 Anträgen auf Soforthilfe II 213 462 mit einem Volumen von 1 805 Millionen Euro ausgezahlt. Damit wurden circa 356 300 Arbeitsplätze gesichert. Rund 29 300 Anträge, das entspricht 14,3 Prozent, wurden abgelehnt. Die Antragsfrist für das Programm endete am 31. Mai 2020.

Berlin zeichnet sich vor allem durch seine lebendige Kultur- und Medienszene aus. Mit der Soforthilfe IV wurde daher speziell ein Programm für die Berliner Kultur- und Medienunternehmen auf den Plan gerufen, die besonders hart von der aktuellen Krise betroffen sind. So konnten von Unternehmen mit mehr als zehn Beschäftigten bis Mitte Mai Zuschüsse in Höhe von bis zu 25 000 Euro, in begründeten Ausnahmefällen auch darüber, zur Überwindung der existenzbedrohenden Wirtschaftslage beantragt werden. Insgesamt wurden rund 10 Millionen Euro an diesen Berechtigungskreis ausgezahlt.

Aufgrund der anhaltenden Relevanz entschied der Berliner Senat das Soforthilfepaket IV fortzuführen und nochmals um weitere 30 Millionen Euro aufzustocken. Gleichzeitig wurde der Anwendungsbereich ausgeweitet, der sich nunmehr an Kultur- und Medienunternehmen mit mindestens zwei Mitarbeitenden richtet.

Seit dem 18. Mai 2020 können mittelständische Berliner Unternehmen mit zehn bis 100 Beschäftigen bei der IBB Zuschüsse im Zuge der Soforthilfe V beantragen. In erster Linie kann hier bis zu 20 Prozent der Darlehenssumme zum KfW-Schnellkredit 2020 oder einem Kredit aus dem KfW-Sonderprogramm 2020 über Tilgungszuschüsse abgedeckt werden. Kann der KfW-Kredit nicht in Anspruch genommen werden oder reicht dieser nachweislich nicht aus, besteht alternativ die Möglichkeit eines Zuschusses bis zu 25 000 Euro.

Die Soforthilfe V läuft noch bis zum Ende des Jahres 2020. Bisher bewilligte die IBB hier 275 Anträge mit einem Zuschussvolumen von 7 Millionen Euro. Rund 6 900 Arbeitsplätze konnten gesichert werden. Insgesamt sind 1 262 Anträge - 955 auf den Zuschuss, 307 auf den Tilgungszuschuss - eingegangen. Der durchschnittliche Zuschuss lag bei rund 30 000 Euro, wobei die 307 Anträge auf den Tilgungszuschuss hierbei noch nicht berücksichtigt sind.

Stabilisierung vor allem für den Mittelstand

Anfang Juli gab der Bund dann den Startschuss für die Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen. Mit dem Bundesprogramm will die Politik vor allem den wirtschaftlichen Mittelstand stabilisieren und Umsatzausfälle kompensieren. Das Hilfsprogramm ist mit insgesamt 25 Milliarden Euro dotiert, von denen circa 1,2 Milliarden Euro auf Berlin entfallen.

Die Antragstellung erfolgt ausschließlich über Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer und Rechtsanwälte, die die Anträge ihrer Mandanten über ein Bundesportal stellen und die Anträge gleichzeitig einer ersten Prüfung unterziehen. Anschließend bearbeitet die IBB die Anträge weiter, erstellt die Bewilligungsbescheide und zahlt entsprechend aus. Die Antragstellung kann bis Ende August erfolgen.

Start-ups wichtig für Berlin

Berlin ist Start-up City Nummer eins und soll es auch bleiben! Aus diesem Grund haben der Bund, das Land Berlin, die IBB und zahlreiche Intermediäre Hilfen für Berliner Start-ups, die durch Corona unverschuldet in einen Finanzierungsengpass geraten sind, initiiert.

So hat der Bund aus seinem 2-Milliarden-Hilfsprogramm für Start-ups der Säule II insgesamt rund 650 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, von denen rund 100 Millionen Euro auf Berlin entfallen. Die IBB ergänzt diese Mittel um weitere 40 Millionen Euro, die das Land Berlin verbürgt.

Die Corona-Hilfen für Start-ups von maximal 800 000 Euro je Unternehmen beziehungsweise Unternehmensgruppe werden über drei verschiedene Wege an die Start-ups weitergegeben. Zum einen erfolgt die Finanzierung über die von der IBB Beteiligungsgesellschaft mbH, einer Tochtergesellschaft der IBB, verwalteten VC Fonds Technologie Berlin GmbH (VCFT) und VC Fonds Kreativwirtschaft Berlin GmbH (VCFK). Zum anderen über private Risikokapitalgeber, wie VC Investoren, Business Angels oder Family Offices, die durch die dafür gegründete Tochter IBB Capital GmbH akkreditiert werden. Diese Intermediäre können den jungen Unternehmen die Mittel zur Verfügung stellen und sind dementsprechend ein wichtiger Baustein bei der Verteilung der Corona-Hilfen. Die Intermediäre werden nach einem Prüfverfahren mit der Auszahlung beauftragt und ergänzen diese Mittel mit einem 20-prozentigen Eigenanteil.

Nachrangdarlehen für Start-ups und KMU

Als dritter Finanzierungsweg steht seit Mitte August das neue Programm Berlin Mezzanine zur Verfügung, welches neben den Start-ups auch KMU mit Nachrangdarlehen bis zu 800 000 Euro unterstützt. Diese vergibt die IBB zu einem marktüblichen Zins an Unternehmen mit innovativen Geschäftsmodellen oder aus den Technologieclustern (Verkehr, Energietechnik, Optik, Gesundheit, IKT).

Am Ende werden vermutlich mehr als 150 Start-ups über die IBB beziehungsweise die Intermediäre im Zuge der Corona-Hilfen für Start-ups unterstützt, deren Finanzierungsrunden aufgrund der Covid- 19-Pandemie ausgefallen sind oder nicht im geplanten Umfang realisiert werden konnten.

90 Millionen Euro für die Soforthilfe Gewerbemieten

Im Rahmen eines Nachtragshaushaltes hat das Land Berlin Ende Juni, zusätzlich zu den Bundesmitteln, weitere Landeshilfen im Volumen von 525 Millionen Euro beschlossen. 90 Millionen Euro wurden davon für die Soforthilfe Gewerbemieten abgestellt.

Dieses Hilfsprogramm zielt darauf ab, existenzbedrohten Unternehmen, denen weiterhin die Liquidität fehlt, bei der Zahlung der Gewerbemieten mit bis zu 10 000 Euro zu unterstützen. Unternehmen mit mehreren Miet- beziehungsweise Pachtobjekten stehen maximal 30 000 Euro als Fördermittel zur Verfügung.

Das Land Berlin hat seit Beginn der Krise in großem Umfang Soforthilfen umgesetzt, mit denen vielen Wirtschaftsunternehmen in der Stadt geholfen wurde. Die IBB hat ihren Geschäftsbetrieb seit Mitte März voll und ganz den Corona-Hilfsprogrammen untergeordnet und sich deren Bearbeitung gewidmet. Rund 250 Beschäftigte waren in der Bearbeitung der verschiedenen Soforthilfeprogramme gebunden und konnten bis Mitte August Mittel von knapp zwei Milliarden Euro bewilligen. Damit konnten rund 376 000 Arbeitsplätze in Berlin gesichert werden, die durch die Corona-Pandemie stark gefährdet sind. Wird eine durchschnittliche Haushaltsgröße von 1,8 Personen unterstellt, erreichten die Corona-Hilfen mittelbar rund 650 000 Berlinerinnen und Berliner.

Wie geht es weiter?

Eine Ausnahmesituation wie diese gab es in der Form noch nie. Von einem auf den anderen Tag wurden ganze Branchen lahmgelegt und viele Unternehmen, Kulturstätten, Soloselbstständige, Freiberufler und Start-ups kämpfen und fürchten weiterhin um ihre Existenz.

Durch das beherzte Einschreiten von Bund und Ländern konnten bisher zahlreiche Unternehmen stabilisiert werden und im europäischen Vergleich sind Deutschland und auch Berlin bis jetzt noch relativ glimpflich durch die Krise gekommen. Dennoch werden die negativen Auswirkungen von Corona auf die Wirtschaft länger andauern. Diese Tatsache erfordert von der Politik nötigenfalls weitere Corona-Hilfsmaßnahmen, um die gebeutelte Wirtschaft und die in Schieflage geratenden KMU, Soloselbstständigen, Start-ups et cetera weiter zu unterstützen. Das Land Berlin hat daher weitere Soforthilfen geplant, die in den nächsten Monaten an den Start gehen und größtenteils von der IBB umgesetzt werden.

Auch wird die Welt nach Corona nicht mehr die gleiche sein, sodass gezielte Anpassungs- und Strukturhilfen in den Fokus rücken werden. Digitale Geschäftsmodelle werden weiter an Bedeutung gewinnen und Bund und Länder werden ihre Erfahrungen aus der Krise in strukturelle Maßnahmen übersetzen. Der boomende Tourismus und das bisher überaus starke Berliner Gastgewerbe haben sich in dieser Krise als überdurchschnittlich anfällig erwiesen. Vor allem das Beherbergungsgewerbe wird noch weiter leiden, solange die ausländischen Touristen ausbleiben.

Fördersystem hat standgehalten

Auch wenn der Tourismus wichtig für Berlin ist und für jährlich 12,8 Milliarden Euro Umsatz steht. Berlin ist nicht nur weltoffen und kreativ, sondern auch innovativ. Rund 16 Prozent der deutschen Start-ups haben ihren Hauptsitz an der Spree. Vor allem der Bereich Informations- und Kommunikationstechnologien erweist sich seit zehn Jahren bei einem Umsatz von inzwischen 13,8 Milliarden Euro und bei überdurchschnittlichen Wachstums raten von jährlich 7,4 Prozent als der entscheidende Wachstumstreiber und Jobmotor in Berlin und wird diese Funktion auch in Zukunft erfolgreich wahrnehmen. Insgesamt hat das deutsche Fördersystem den Herausforderungen standgehalten. Es bleibt zu hoffen, dass dies auch nachhaltig sein wird.

Dr. Jürgen Allerkamp Vorsitzender des Vorstands, Investitionsbank Berlin

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