Warum Förderung nicht nur Finanzierung bedeutet

Edith Weymayr, Foto: L-Bank (Wagenhahn)

Zu Beginn ihres Beitrags hält die Vorstandsvorsitzende der L-Bank ein flammendes Plädoyer für das Unternehmertum. Durch seinen Beitrag zum Fortschritt führe es nicht nur zu individuellen Gewinnen, sondern sei gleichzeitig auch ein Wert für die Gesellschaft als Ganzes. Darin sieht Weymayr eine ganzheitliche Förderung des Unternehmertums durch die L-Bank begründet. Die Ausgangslage in Baden-Württemberg sei dabei eigentlich optimal, da es viele hervorragend aufgestellte Unternehmen gebe, die durch einen hohen Innovationsgrad hervorstechen. Daher sieht es die L-Bank neben der reinen Finanzierung auch die Förderung von Innovations-Clustern als ihre Aufgabe an. Derzeit werde die eigentlich gute Lage durch die Corona-Krise überlagert. Daher gelte es, dafür zu sorgen, dass die unverschuldet in Schwierigkeiten gekommenen Unternehmen diese Phase überstehen. In der Pandemie sieht Weymayr aber nicht nur die Krise, sondern auch einen "Veränderungsbeschleuniger". (Red.)

Unternehmer müssen Trends identifizieren und in Gestaltungschancen umsetzen, sie müssen Stärken gezielt entwickeln und einsetzen, um Wettbewerbsvorsprünge zu erzielen, sie müssen sich mit ihren Leistungen so positionieren, dass Kunden den Mehrwert, den sie schaffen, erkennen und diesen im Erwerb der Leistung für sich in Anspruch nehmen. Bereits dieser kleine Ausschnitt aus den Aufgaben eines Unternehmers zeigt, wie anspruchsvoll unternehmerisches Handeln ist. Sie beschränken sich nicht auf ein reines Verwalten und Erhalten der bestehenden Beziehungen, sondern sie suchen neue Lösungen. Indem sie für den anonymen Markt produzieren, gehen sie ein Risiko ein. Keiner weiß, wie Angebot und Nachfrage zukünftig beschaffen sein werden. Treffen ihre Erwartungen nicht ein, droht den Unternehmern ein finanzieller Verlust, im schlimmsten Fall die Insolvenz.

Unternehmertum für den gesellschaftlichen Fortschritt

Gefordert sind Mut, Weitsicht und Innovationsfähigkeit. Aber auch ein verantwortungsvolles Abwägen und Handeln. Das Suchen neuer Wege, das schöpferische Unternehmertum bietet Chancen für einen individuellen Gewinn - durch seinen Beitrag zum Fortschritt ist es aber gleichzeitig ein Wert für die Gesellschaft als Ganzes. Es ist die ökonomische Grundlage für die Weiterentwicklung unserer Lebenswelt. Für die L-Bank als Förderbank begründet dies die ganzheitliche Förderung des Unternehmertums.

Abbildung 1: Innovationsausgaben im internationalen Vergleich Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg

Die Ausgangslage passt: In Baden-Württemberg gibt es viele hervorragend aufgestellte Unternehmen. Vor allem die mittelständisch geprägten Unternehmen tragen mit Innovationskraft, Einsatz und Kreativität dazu bei, dass der Südwesten nicht nur in Deutschland eine wirtschaftliche Spitzenposition einnimmt.

In Europa ist Baden-Württemberg das Innovationsland Nummer eins. Keine andere europäische Region investiert einen höheren Anteil der Wirtschaftsleistung in Forschung und Entwicklung. Nirgendwo ist der Anteil der Erwerbstätigen in forschungsintensiven Industriezweigen höher und in Relation zur Bevölkerungszahl ist die Zahl der Patentanmeldungen im Südwesten unerreicht. Innovative Unternehmen gibt es nicht nur in den großen Städten oder den Universitätsstandorten. In Baden-Württemberg werden überall innovative Lösungen gesucht. Mit über 300 heimlichen Weltmarktführern ist der Südwesten weltweit spitze - und diese Hidden Champions sind häufig in den ländlich geprägten Regionen zu finden.

Grundlage: Mut zum Unternehmertum

Hinter diesen Erfolgen stehen Unternehmerpersönlichkeiten, die mit Herz, Verstand und Tatkraft aus ihren Ideen innovative Produkte und Dienstleistungen entwickeln, "Macher", die die Entwicklung vorantreiben. Persönlichkeiten, die nach wirtschaftlichem Erfolg streben, aber auch einen Beitrag zu einer zukunftsfähigen Gesellschaft leisten, die sich sozial engagieren und nachhaltig ressourcenschonend wirtschaften. Oder ganz kurz zusammengefasst: Vorbilder!

Keine Spur von Gründungsmüdigkeit

Die gesellschaftliche Anerkennung dieser Vorbilder stärkt das Unternehmertum. Zu dieser Anerkennung will die L-Bank als Förderbank einen Beitrag leisten. Vorbilder entfalten ihre Wirkung erst durch eine entsprechende Publizität. Mit der Beteiligung an ausgewählten Wettbewerben trägt die L-Bank dazu bei, dass spannende Unternehmen ins Blickfeld kommen und der dahinter stehende Unternehmergeist gewürdigt wird. Mit dem Landespreis für junge Unternehmen, den die L-Bank gemeinsam mit der Landesregierung im zweijährlichen Turnus ausschreibt, wird ein herausragender Rahmen geschaffen, der die Möglichkeiten der Selbstständigkeit, die Chancen der unternehmerischen Tätigkeit ins Schaufenster stellt.

So zeigt die Förderbank, was Selbstständigkeit ausmacht, welche Chancen sich durch eigenverantwortliches Handeln ergeben und verdeutlicht die Attraktivität des Unternehmertums. Mit dem Ziel, die Werte des Unternehmertums im Bewusstsein der Gesellschaft zu stärken. Das beste Beispiel für die Wirkung eines solchen gesellschaftlichen Commitments ist der "amerikanische Traum": Jeder kann den Aufstieg - vom Tellerwäscher zum Millionär oder wie Artur Fischer vom Schlosser mit Ein-Mann-Werkstattbetrieb zur Unternehmensgruppe Fischer Befestigungstechnik im baden-württembergischen Waldachtal mit über 5 000 Mitarbeitern - schaffen. Wenn es so gelingt, den Unternehmergeist im gemeinsamen Gedächtnis der Gesellschaft zu verankern, wird eine Ökonomie erreicht, die von der Dynamik der Partizipation aller vorangetrieben wird.

Im laufenden Wettbewerb, die Preisverleihung erfolgt im November 2020, hat die L-Bank festgestellt, dass in Baden-Württemberg von Gründungsmüdigkeit oder schwindendem Unternehmergeist keine Rede sein kann! Mitten in die Pandemie hinein wurde mit 620 teilnehmenden Unternehmen ein neuer Teilnehmerrekord aufgestellt.

Bemerkenswert ist aber nicht nur die Teilnehmerzahl. Die Qualität der Bewerbungen ist enorm hoch und die Vielfalt und der Ideenreichtum haben wieder positiv überrascht. Vergleicht man die Bewerbungsstruktur mit der von 2010, so ist ein Trend zum weiblichen Unternehmertum erkennbar. Während 2010 knapp 30 Prozent Bewerbungen mit weiblicher Beteiligung registriert wurden, sind es in der laufenden Wettbewerbsrunde rund 35 Prozent. Und was zusätzlich auffällt: Die Unternehmen der Endrunde sind echte Mutmacherinnen und Mutmacher - unbeirrt von Corona verfolgen sie ihren Weg, schauen optimistisch und mit Tatendrang nach vorn.

Förderung von Innovations-Clustern durch die L-Bank

Nicht nur unternehmerische Vorbilder haben eine wichtige Anreizfunktion, gerade bei Hightech-Gründungen befruchten wissenschaftliche Netzwerke die Ideenentwicklung und eine entsprechende Infrastruktur fördert die Umsetzung der Ideen. Mit den L-Bank-Technologieparks bietet die L-Bank ein Umfeld, das den dort angesiedelten Betrieben die Konzentration auf ihre Unternehmensziele erleichtert.

Die bewusst gewählte Nähe der Parks zu den Universitäten unterstützt den Knowhow-Transfer von der Wissenschaft in die Wirtschaft, die technische Ausstattung ist vom Büro bis zum Reinraum ganz auf die Anforderungen von Forschung, Entwicklung und Verwaltung zugeschnitten.

Mit dem Spatenstich für das Freiburger Innovationszentrum FRIZ im Juli 2020 setzt die L-Bank ihr Campus-Konzept der Standortentwicklung fort. Jeder Park hat dabei einen unterschiedlichen Schwerpunkt und nutzt die jeweiligen Stärken der Region. Inzwischen sind an den verschiedenen Standorten mehr als 11 000 Menschen in rund 300 Unternehmen beschäftigt.

Vor allem sieht die L-Bank ihre Aufgabe als Förderbank natürlich darin, mit interessanten Finanzierungsmöglichkeiten die finanziellen Grundlagen für den Gang in die Selbstständigkeit zu verbessern. Gerade zum Start ist ein vielfältiges Finanzierungsökosystem notwendig, das für alle Finanzierungskonstellationen adäquate Lösungen bereithält. Dies ist in den letzten Jahren sehr gut gelungen. Mit der Startfinanzierung 80 und der Gründungsfinanzierung ist die L-Bank im Darlehensbereich gut aufgestellt. Mit in Summe 644 Millionen Euro haben die Programme der Existenzgründungsförderung im Jahr 2019 wieder ein echtes Ausrufezeichen - auch im Vergleich zu anderen Landesförderinstituten - gesetzt. Selbst in hochgelobten Gründerhochburgen wie in Berlin wurde durch die Investitionsbank Berlin in den Existenzförderprogrammen lediglich rund 69 Millionen Euro ausgereicht. Das Erreichte macht auch ein Blick zurück deutlich: Vor zehn Jahren lag die jährliche Existenzgründungsförderung noch bei weniger als 365 Millionen Euro.

Gefährdung des Unternehmertums durch die Corona-Pandemie

Aber nicht nur die Zahlen überzeugen, Untersuchungen zeigen, dass die Gründerkultur in Baden-Württemberg seit Jahren geprägt ist durch den Drang etwas zu bewegen und nicht vom Mangel an Alternativen getrieben wird.

Die Corona-Pandemie hat viele Unternehmen in Baden-Württemberg in eine schwierige Situation gebracht. Der Erhalt zukunftsfähiger Unternehmen, Start-ups wie Mittelstand hatte für die L-Bank als Förderbank deshalb zunächst oberste Priorität. Die Betroffenheit war bei einigen Branchen besonders dramatisch. Dazu gehörten Betriebe aus dem Hotel- und Gaststättenbereich, Messedienstleister, der Reise- und Freizeitsektor oder Kulturschaffende. Aber auch die traditionell exportorientierte Industrie verzeichnete massive Einbrüche. Baden-Württemberg hatte deshalb als eines der ersten Bundesländer innerhalb kurzer Zeit ein Soforthilfeprogramm aufgesetzt, das dann mit dem später folgenden Bundesprogramm kombiniert wurde. Mit der Corona- Soforthilfe konnten rund 242 000 Unternehmen mit einem Gesamtvolumen von über 2,2 Milliarden Euro bei der Sicherung ihrer Existenz und der Überbrückung coronabedingter akuter Liquiditätsengpässe unterstützt werden.

Das Ausmaß der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie macht weitere Unterstützung notwendig. Die Einnahmen vieler Betriebe liegen weiterhin unter den laufenden Kosten. Zwar setzt sich nach Angaben des Statistischen Landesamts Baden- Württemberg der bereits im Mai 2020 eingeleitete Erholungsprozess in der Industrie fort, so liegen die Aufträge der Südwestindustrie im Juni 2020 preis- und arbeitstäglich bereinigt nur noch um 3,9 Prozent unter dem Wert des Vorjahresmonats. Die konjunkturell vorlaufende Auftragslage hat sich damit wieder deutlich dem Vorkrisenniveau angenähert. Der reale Umsatz der Südwestindustrie lag im Juni dieses Jahres allerdings noch mit 11,6 Prozent im Minus. Für eine Entwarnung ist es daher zu früh. Weitere Stützungsmaßnahmen sind notwendig.

Abbildung 2: Teilnehmer am Landespreis für junge Unternehmen Quelle: L-Bank
Abbildung 3: Anzahl der ausgezahlten Anträge auf Soforthilfe Quelle: L-Bank

Erhaltung der Handlungsfähigkeit der Unternehmen als Ziel

Gemeinsam mit Bund und Land wurden ergänzende Instrumente entwickelt, um von der Pandemie besonders betroffene mittelständische Unternehmen und Soloselbstständige aller Branchen zusätzlich finanziell zu unterstützen. Neben der Überbrückungshilfe Corona gibt es branchenbezogene Programme wie die Corona-Stabilisierungshilfe für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Baden-Württemberg oder den Rettungsschirm für die Reisebusunternehmen. Mit dem Förderprogramm Start-up BW Pro-Tect wird innovativen Nachwuchsunternehmen und Start-ups während der Corona-Krise unter die Arme gegriffen.

Ziel und Zweck all dieser (und einiger weiterer) Maßnahmen ist es, die Handlungsfähigkeit der Unternehmen aufrechtzuerhalten. Genau wie Arbeitnehmer, die unverschuldet von Arbeitslosigkeit betroffen sind, gilt es auch Unternehmer vor unverschuldeter Insolvenz zu schützen. Nicht nur, um die unmittelbare persönliche Betroffenheit aufzufangen, sondern auch um das Unternehmertum als eine der wesentlichen Quellen der Kreativität zu erhalten.

Strukturwandel und Nachhaltigkeit als Herausforderungen

Die Corona-Pandemie ist Krisenverursacher und Veränderungsbeschleuniger zugleich. Besonders die Einschätzung der Digitalisierung hat sich durch sie gravierend verändert, aber auch Themen wie die zukünftige Mobilität oder die Nachhaltigkeit des Wirtschaftens sind weiter aktuell. Gerade in Baden-Württemberg mit seiner starken Industriestruktur sind dabei Chancen und Risiken eng miteinander verbunden.

Baden-Württemberg ist mit den im Industriebereich beschäftigten 1,5 Millionen Arbeitnehmern der größte Industriestandort Deutschlands. Es gibt weltweit kein vergleichbares Automobil-Cluster, in dem alle wichtigen Akteure und Kernkompetenzen auf so engem Raum versammelt sind wie in Baden-Württemberg. In Hinblick auf die Mobilitätswende ist dies eine enorme Herausforderung für die Unternehmen - gleichzeitig ist der Fahrzeugbau im Südwesten einer der Motoren der Digitalisierung in der Industrie. Smarte Produktionshallen mit Maschinen, Prozessen und Produkten, die über die gesamte Liefer- und Produktionskette hinweg vernetzt sind, gehören in der Automobilbranche und ihren Zulieferern schon zum Standard und geben so spannende Impulse für die Prozesse der Industrie 4.0.

Für die kleinen und mittleren Unternehmen bedeutet dies, dass in den nächsten Jahren umfassende Investitionen notwendig sind. Damit vielversprechende Projekte nicht an der Finanzierung scheitern, unterstützt die L-Bank kleine und mittlere Unternehmen in Baden-Württemberg bei diesen Digitalisierungs- und Innovationsvorhaben. Dabei trifft das Angebot der L-Bank auch in der momentan schwierigen Situation auf handlungsfreudige Mittelständler: Besonders die im ersten Halbjahr 2020 intensive Nutzung der Innovationsfinanzierung 4.0 zeigt, dass viele Unternehmen sich in der aktuellen Flaute für den erwarteten Aufschwung neu aufstellen. Kleine und mittlere Unternehmen sowie größere Mittelständler mit bis zu 500 Millionen Euro Umsatz können mit der Innovationsfinanzierung 4.0 Projekte aus den vier Förderbausteinen Innovative Vorhaben, Digitalisierungsvorhaben, Innovative Geschäftsmodelle und Innovative Unternehmen finanzieren.

Verantwortungsbewusstes Unternehmertum ist schützenswert

Auf hohem Niveau hält sich auch die Gebäudevariante der Ressourceneffizienzfinanzierung. Mit den Investitionen in energieeffiziente Betriebsgebäude und Gebäudetechnik schaffen die Unternehmen einen dauerhaft ökologischen Mehrwert. Sie zeigen zudem, dass die Unternehmen im Südwesten das Klima nicht vergessen. Die Klimaschutzbemühungen laufen trotz der Corona-Krise weiter.

Das verantwortungsbewusste Unternehmertum ist es wert, geschützt und gestärkt zu werden. Kurzfristig, aber auch durch eine langfristige Gestaltung der Rahmenbedingungen und durch Finanzierungen, die gesellschaftlich wichtige Aspekte konditionell fördern. Die L-Bank steht für eine so ausgestaltete nachhaltige und effiziente Förderung der Unternehmen - als zuverlässiger Partner mit passgenauen Angeboten. Heute und auch in Zukunft!

Edith Weymayr Vorsitzende des Vorstands, L-Bank, Karlsruhe
 
Edith Weymayr , Vorsitzende des Vorstands , L-Bank, Karlsruhe

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