Fondsstandortgesetz - gut gemeint, aber auch eine vertane Chance

Ludger Wibbeke, Foto: Hansainvest

Mit dem Fondsstandortgesetz, das Ende Mai dieses Jahres verabschiedet wurde, legt der Gesetzgeber eine ganze Reihe von Maßnahmen vor, um die Attraktivität Deutschlands als Fondsstandort zu erhöhen. Im Wesentlichen ging es darum, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Fondsindustrie zu steigern und das Agieren der Anbieter durch den Abbau von Bürokratie zu erleichtern. Das ist aus Sicht des Autors nur zum Teil gelungen. Positiv zu bewerten sind seiner Meinung nach die Erweiterung der Produktpalette, gesteigerte Flexibilität in der Produktgestaltung bei Spezial-AIF sowie offenen Immobilienfonds und die Abschaffung zahlreicher Schriftformerfordernisse. Allerdings überwiegen entstehende Nachteile vor allem durch das Pre-Marketing und weiterhin bestehende Wettbewerbsnachteile die noch zu wenig spürbaren Vorteile. (Red.)

Dass Deutschland anderen Fondsstandorten hinterhinkt, ist bekannt. Und es zeigt sich immer wieder in den Bewertungen der Fondsrating-Agentur Morningstar, in denen Deutschland im europäischen Vergleich regelmäßig nur im Mittelfeld landet. Insofern stellte das Fondsstandortgesetz (FoStoG), dessen Entwurf im April dieses Jahres vom Bundesrat verabschiedet wurde und mit dem eine EU-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt wird, die Chance dar, zu Luxemburg oder Irland aufzuschließen. Schließlich war es das erklärte Ziel des neuen Gesetzes, mit dem das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) überarbeitet wurde, den Fondsstandort Deutschland zu stärken und Bürokratie abzubauen.

Doch aus Sicht eines Immobilienfondsmanagers wurden diese Ziele nur in Teilen erreicht. Positiv zu bewerten ist beispielsweise die Einführung neuer Fondstypen wie Infrastruktur-Sondervermögen. Denn dadurch werden gerade im aktuellen Niedrigzinsumfeld zusammen mit dem dringend benötigten Ausbau der Infrastruktur in vielen Bereichen verstärkt Anreize gesetzt, in diesen Sektor zu investieren. Insbesondere erschließt sich damit auch Privatanlegern, die nun in Infrastruktur-Projektgesellschaften investieren können, eine neue Anlageklasse.

Zwar gibt es aufgrund der Illiquidität dieser Assets Einschränkungen. So ist die Rücknahme der Fondsanteile auf bestimmte Termine beschränkt, wobei die Mindestfrequenz jährlich und die Höchstfrequenz halbjährlich ist, und auch die Ein- und Ausstiegskosten sind vergleichsweise hoch. Dennoch ist die Implementierung von Infrastruktur-Sondervermögen ein wichtiger Schritt, den Fondsstandort Deutschland attraktiver zu machen.

Mehr Flexibilität bei Spezial-AiF

Positiv einzuschätzen ist ebenfalls, dass Spezial-AIF, die es bislang nur als Investment-KG oder als Investment-AG mit fixem Kapital gibt, nun auch als geschlossene Spezialsondervermögen aufgelegt werden können. Dies bringt verschiedene Vorteile mit sich. So ist das Kapitalanlageuniversum jetzt unbeschränkt, die Bewertbarkeit der Vermögensgegenstände ist das einzige Kriterium für deren Erwerbbarkeit, die Leverage ist nicht beschränkt und es ist keine Risikodiversifikation notwendig.

Ein weiterer Vorteil gegenüber der bisher geltenden Regelung als Investment-KG ist, dass keine Gesellschaft gegründet und in das Handelsregister eingetragen werden muss. Damit ist das Sondervermögen schneller handlungsfähig. Dazu kommt, dass die Anteile an einem Spezial-AIF nun depotfähig sind und einfacher übertragen werden können. Und schließlich sind für das geschlossene Sondervermögen, wie beim offenen Sondervermögen, Immobilieninvestitionen möglich, bei denen das Eigentum an der Immobilie außerhalb des Fonds gehalten wird - wie Miteigentum an Immobilien oder treuhänderische Haltestrukturen.

Zu bedenken ist aber, dass es diese Spezial-AIFs zwar bereits gab, sie aber erst jetzt für Immobilienfonds zulässig sind. Damit hat der Gesetzgeber nur einen Fehler aus der ursprünglichen Gesetzgebung korrigiert. Außerdem ist offen, ob und inwieweit dieses neue Produkt überhaupt erfolgreich sein wird. In der Tat gibt es aktuell keine Initiative innerhalb der Branche oder des Marktes, die dieses Produkt erforderlich machen würde. Deshalb wäre es vermutlich sinnvoller, wenn die Finanzaufsicht im Dialog und der Zusammenarbeit mit der Branche neue Produkte schaffen würde.

Detailregelungen zu offenen Immobilienfonds

Weitere immobilienrelevante Regelungen betreffen offene Immobilienfonds. So dürfen Kreditfinanzierungen durch das neue Gesetz künftig nicht mehr nur bis zu 50 Prozent der Summe der Verkehrswerte der direkt und indirekt im Sondervermögen gehaltenen Immobilien betragen, sondern 60 Prozent. Zudem wird durch die neue Richtlinie die Innenfinanzierung von Immobiliengesellschaften durch Gesellschafterdarlehen erleichtert. Bei vollständig gehaltenen Tochtergesellschaften wird es künftig keine Deckelung mehr geben und das FoStoG schafft zudem mehr Klarheit hinsichtlich der Mehrstufigkeit von Beteiligungen.

All dies trägt dazu bei, den Fondsstandort Deutschland zu stärken. Jedoch betreffen die Änderungen eher Details. Hier wäre es vermutlich besser gewesen, ein unreguliertes Produkt zu schaffen, das letztlich über die Regulierung der Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) in vollem Umfang den gesetzlichen und aufsichtsrechtlichen Anforderungen entspricht. Damit wäre Bürokratie abgebaut worden und statt einer Vertriebsgenehmigung wäre künftig für den Vertrieb eines Fonds eine einfache Information an die Finanzaufsicht BaFin ausreichend gewesen.

Am kritischsten sind aber die Neuerungen zu beurteilen, die den Bereich des Pre-Marketing betreffen, also die Phase zwischen der Ansprache professioneller und semiprofessioneller Anleger durch den Fondsanbieter oder Asset Manager und der Vertriebsgenehmigung durch die Ba-Fin. Bislang wurden bei der Planung eines neuen Fonds Kurzbeschreibungen - sogenannte Fonds-Teaser - und Zeichnungsverträge im Entwurfsstatus ausgetauscht. Erst im Laufe dieses Prozesses hat sich in der Regel eine für beide Seiten passende finale Ausgestaltung eines Produktes ergeben. Pre-Marketing war bislang also unreguliert, solange die Fondsbedingungen nicht ausgehandelt waren.

Erst wenn alle relevanten Parameter feststanden, konnte der Fonds bei der BaFin angezeigt und aufgelegt werden. Eine Vertriebsanzeige wurde also erst notwendig, wenn zu einem späteren Zeitpunkt darüber hinaus weitere Anleger eingeworben werden sollten. Insgesamt war die bisherige Abstimmung mit der BaFin sehr effizient und für alle Seiten praktikabel und unbürokratisch. Das heißt, bei der bisherigen Praxis gab es keine Defizite und folglich auch keine Notwendigkeit einer Neuregulierung. Dennoch wird die bisherige Handhabe mit Inkrafttreten des FoStoG verboten sein und durch ein neues Pre-Marketing-Regime ersetzt.

Betroffen sind von dieser Neuregelung insbesondere klassische deutsche Asset Manager, die mit einer Service-KVG zusammenarbeiten und ihren Vertrieb auf der rechtlichen Grundlage des § 34f Gewerbeverordnung vornehmen. Sie sind durch das FoStoG nun vom Pre-Marketing ausgeschlossen. Stattdessen darf es nur noch von gebundenen Vermittlern, Wertpapierdienstleistern, Kreditinstituten und zugelassenen KVGs durchgeführt werden. Der Haken daran ist aber, dass gerade die Gruppe der Asset Manager einen erheblichen Teil dieses Marktes ausmacht. Für sie gibt es zwar Alternativen. Zum Beispiel können sie eine Kooperation mit einem Partner eingehen, der Pre-Marketing machen darf, sie können eine reine Bewerbung ohne konkrete Fondsinformationen vornehmen oder die sogenannte Reverse Solicitation, bei der Investoren aus Bestandsfonds ihren Asset Manager oder ihre KVG hinsichtlich neuer Fonds ansprechen. Alternativ können sie sich über die KVG zu einem sehr frühen Zeitpunkt bei der BaFin eine Vertriebsgenehmigung einholen.

Bürokratischer Mehraufwand zulasten der Rendite

Doch sind alle diese Wege mit erheblichem bürokratischen Mehraufwand verbunden. Bei der zuletzt genannten Option zum Beispiel werden mit großer Sicherheit zu einem späteren Zeitpunkt deutliche Anpassungen notwendig sein. Damit wird diese Vorgehensweise Nachträge und Doppelarbeit nach sich ziehen, während zugleich die BaFin stärker gefordert ist. Bei der Reverse Solicitation müsste jeder Schritt sehr genau dokumentiert werden. Das heißt, alle alternativen Wege sind - im Vergleich zur bisherigen Praxis - umständlich und die erhöhten Kosten, die damit verbunden sind, gehen am Ende zulasten der Rendite und damit der Anleger.

Es dürfte bezüglich der Neuregelung im Bereich Pre-Marketing in der ersten Phase - ab Anfang August - zu einer erheblichen Unsicherheit kommen. Angesichts der immens hohen Nachfrage von Investoren nach neuen Immobilienfonds werden sich zwar vermutlich zeitnah praxistaugliche Lösungen für den Vertrieb finden - notfalls in Form einer Mischung aus allen gesetzlichen Möglichkeiten. Allerdings wurde gerade hier die Chance verpasst, Bürokratie abzubauen und den Fondsstandort Deutschland zu stärken.

Trotz aller guten Ansätze, wie beispielsweise auch im Bereich der Tokenisierung, lässt sich deshalb für das FoStoG insgesamt festhalten, dass die Chance nicht genutzt wurde, gegenüber anderen Fondsstandorten aufzuholen. So wurden zwar letztlich auch zahlreiche Schriftformerfordernisse abgeschafft und mittelfristig - ab 2023 - wird es sogar die Pflicht geben, ein elektronisches Kommunikationsverfahren zu nutzen. Besser wäre es zum Beispiel aber gewesen, elektronische Fondsanteilsscheine direkt einzuführen. Zugleich aber bleiben Wettbewerbshindernisse weiter bestehen, beispielsweise bei den Restriktionen der Anlageverordnung sowie den steuerlichen Anforderungen an Spezialinvestmentfonds. Unter dem Strich wurden mit dem FoStoG somit Vorteile zunichtegemacht - wie im Fall des Pre-Marketing - während die Vorteile nicht oder, wie beim Infrastrukturvermögen, noch nicht sichtbar sind. Damit überwiegt die Enttäuschung über die nicht genutzten Chancen.

Ludger Wibbeke , Geschäftsführer Real Assets , HANSAINVEST Hanseatische Investment-GmbH
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