Frankfurt wird Zentrum für Nachhaltigkeit - globale Standards für die Transformation

Christian Heller, Foto: Value Balancing Alliance

Im Wettbewerb der Finanzplätze ist die Frage der Nachhaltigkeit ein zentrales Kriterium geworden. Davon zeigen sich die Autoren des vorliegenden Beitrags überzeugt. Daher habe Frankfurt in der möglichen Ansiedlung des International Sustainability Standards Board (ISSB) eine einmalige Gelegenheit, zum Wettbewerb aufzuschließen. Anfang November 2021 hat Frankfurt dann auch tatsächlich den Zuschlag für diese wichtige Institution bekommen. Ziel des ISSB sei es, einen unabhängigen, globalen Standard als Basis der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu schaffen. Die vorgeschlagenen Grundsätze orientierten sich dabei zunächst an den Bedürfnissen der Finanzmärkte. Insgesamt gehen Heller, Schwebel und Wiesheu davon aus, dass der ISSB eine Schlüsselrolle für die künftige Ausrichtung von Unternehmen und damit für die Weltwirtschaft insgesamt einnehmen werde. Für Frankfurt gelte es, die Strahlkraft der Institution zu nutzen. (Red.)

Spätestens mit dem EU Green Deal und der Klimakonferenz COP 26 in Glasgow vor ein paar Wochen ist Nachhaltigkeit als beherrschendes Zukunftsthema in aller Munde. Der Finanzwirtschaft kommt bei der Finanzierung der Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaft eine zentrale Rolle zu. Augenfällig ist dies mit der Diskussion innerhalb der Europäischen Union geworden, ob Atomkraft und Erdgas, zumindest temporär, als nachhaltig gelten sollen. Dieser Streit entzündete sich an der EU-Taxonomie, die Kriterien für die Finanzierung von Investitionen und für Finanzanlagen in nachhaltiges Wirtschaften festlegen soll.

ISSB als einmalige Chance für Frankfurt

Im Wettbewerb der Finanzplätze ist die Frage ihrer Nachhaltigkeit zu einem zentralen Kriterium geworden. Daher sah Frankfurt in der möglichen Ansiedlung der International Sustainability Standards Board (ISSB) die einmalige Chance, zum Wettbewerb aufzuschließen und zu einem globalen Zentrum für Sustainable Finance zu werden. Value Balancing Alliance, Frankfurt Main Finance und Wirtschaftsförderung Frankfurt hatten daher im vergangenen Jahr die deutsche Bewerbung koordiniert. Rund 180 Entscheidungsträger aus Deutschland, an der Spitze die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel und der heutige Bundeskanzler Olaf Scholz, sprachen sich darin für Frankfurt am Main als Sitz des ISSB aus. Mit Erfolg!

Anfang November 2021 auf der COP 26 in Glasgow wurde die Entscheidung bekannt gegeben: Der International Sustainability Standards Board wird seinen zentralen Sitz in Frankfurt am Main nehmen. Der Vorsitzende des Vorstandes, Emmanuel Faber, - berufen im Dezember 2021 - wird von Frankfurt aus die globalen Aktivitäten mit Niederlassungen in Nordamerika und Asien und in Abstimmung mit der IFRS-Stiftung in London steuern. Bis Ende 2022 sollen rund 80 Mitarbeitende in Frankfurt tätig sein.

Unter dem Dach der IFRS-Stiftung ist der ISSB als Pendant zum IASB, dem International Accounting Standards Board, angesiedelt. So wie der IASB die IFRS International Financial Reporting Standards verantwortet, soll der ISSB künftig die IFRS Sustainability Disclosure Standards festlegen. Für die Implementierung von Nachhaltigkeitskriterien ist dies ein entscheidender Startvorteil. Selbst wenn beide Institutionen rechtlich voneinander unabhängig bleiben, werden sie doch eng zusammenarbeiten und miteinander vernetzt sein. Gemeinsame Grundsätze und Konzepte werden den jeweiligen Standards zugrunde liegen. Trotz aller Unterschiede zwischen Finanz- und Nachhaltigkeitsberichterstattung sollen diese Regeln vergleichbare Informationen offen zugänglich machen.

Ziel des ISSB ist es, einen unabhängigen, globalen Standard als Basis der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu schaffen, so wie es dem IASB bei der Rechnungslegung erfolgreich gelungen ist. Immerhin ist die Bilanzierung nach IFRS gemäß Zahlen von 2018 in über 140 Ländern der Erde verpflichtend - seit 2005 innerhalb der Europäischen Union für kapitalmarktorientierte Unternehmen. Über 27 000 Unternehmen, die an 88 Wertpapierbörsen weltweit notiert sind, bilanzieren nach IFRS. Im Grunde beharren nur die USA, China, Indien und Indonesien auf eigenen Rechnungslegungsstandards.

Schnittpunkt für Konsolidierung und Expansion

Der ISSB ist also prädestiniert, im Bereich der Nachhaltigkeit einerseits die Konsolidierung einer Vielzahl vorhandener Ideen, Konzepte, Rahmenwerke und Standards voranzutreiben, andererseits die jeweiligen Regeln und Vorschläge global auszurollen und verpflichtend zu machen. Schließlich erachten selbst wohlmeinende Beobachter die Vielzahl internationaler und nationaler Initiativen, die Kriterien für Nachhaltigkeit entwickelt haben, als "Buchstabensuppe" und die Verfolgung von Nachhaltigkeitszielen aufgrund mangelnder Verfügbarkeit und Qualität von Daten als "undurchdringlichen Dschungel".

Die IFRS-Stiftung wird von einem Vorstand aus 22 Treuhändern (IFRS Foundation Trustees) geführt, der von einem Überwachungsgremium (IFRS Foundation Monitoring Board) beaufsichtigt wird, dem die Internationale Vereinigung der Wertpapieraufsichtsbehörden (IOSCO), die Europäische Union, die Wertpapieraufsichtsbehörden der USA, Japans, Brasiliens und Südkoreas sowie das chinesische Finanzministerium angehören. Unter dem Vorstand sind nunmehr die beiden Boards - IASB für die Rechnungslegung und ISSB für die Nachhaltigkeitsberichterstattung - angesiedelt.

Zugleich gehen im ISSB bis Ende Juni dieses Jahres zwei führende gemeinnützige, internationale Institutionen auf, die bislang Nachhaltigkeitsziele aus der Anlegersicht verfolgen - der Climate Disclosure Standards Board (CDSB) in London, eine Initiative des Carbon Disclosure Projects (CDP), sowie die Value Reporting Foundation in London und San Francisco, unter deren Dach wiederum das Integrated Reporting Framework (IRF) und der Sustainability Accounting Standards Board (SASB) angesiedelt waren.

Nicht nur eine Idee, sondern ein konkretes Projekt

Der ISSB ist zudem nicht als Idee, sondern als konkretes Projekt gestartet. Die IFRS-Stiftung hatte - mit dem Ziel, "to provide a running start for the new board" - im Vorfeld bereits eine Technical Readiness Working Group (TRWG) mandatiert, die zwei "Prototypen" für Offenlegungsstandards zu den Themen allgemeine Nachhaltigkeit und Klima vorlegte. Der TRWG gehören neben IASB, CDSB und Value Reporting Foundation das Weltwirtschaftsforum (WEF), IOSCO und nicht zuletzt die Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) an, die wiederum vom Financial Stability Board (FSB), dem Gremium der G-20-Staaten zur Überwachung des globalen Finanzsystems, ins Leben gerufen worden war.

Neben den beiden "Prototypen" stehen weitere sechs Berichte zu Fragen zur Konzeption der Grundsätze, der Architektur der Standards, zur Gestaltung von Vorgehensweisen, Abläufen und Digitalisierung sowie zur Vernetzung zwischen IASB und ISSB auf dem Arbeitsplan der TRWG.

Orientierung an der Wesentlichkeit für die Adressaten

Die vorgeschlagenen Grundsätze für die künftige Nachhaltigkeitsberichterstattung sind bereits klar erkennbar: Die Standards orientieren sich zunächst an den Bedürfnissen der Finanzmärkte. Der IFRS-Vorsitzende Erkki Liikanen formulierte es so: "The ISSB will focus on meeting the sustainability information needs of investors for assessing enterprise value and making investment decisions. Its standards will help investors understand how companies are responding to ESG issues, like climate, to inform capital allocation decisions."

Die Informationen sollen laut Liikanen "the same rigour, assurance of quality and global comparability as financial information" aufweisen. Finanzielle Daten innerhalb der Nachhaltigkeitsberichterstattung müssen mit den entsprechenden Daten und Annahmen im Finanzteil des Jahresabschlusses übereinstimmen. Obwohl noch keine offizielle Festlegung erfolgt ist, kann man davon ausgehen, dass die Nachhaltigkeitsberichterstattung im Lagebericht erfolgen wird, also unmittelbar Teil der Finanzberichterstattung sein wird.

Voraussetzung für die Darstellung soll sein, dass die Informationen wesentlich für Investoren und Kapitalgeber sind, so wie es bereits in den Regeln zur IFRS-Finanzberichterstattung festgelegt ist. Die Unternehmen müssen also alle Informationen offenlegen, die die Adressaten der Berichte bei ihren Entscheidungen und Urteilen beeinflussen können. Die beiden Prototypen legen keine quantitativen Schwellen fest oder bestimmen, welche konkreten Informationen ein Unternehmen in einer bestimmten Situation offenzulegen hat.

Die Berichterstattung gründet auf zwei unterschiedlichen Fundamenten. Thematisch muss sie zuerst die wichtigen Chancen und Risiken von Nachhaltigkeit für das Unternehmen allgemein darstellen. Zu behandeln sind dann vorgegebene Themen - entsprechend dem gegenwärtigen Prototypen zunächst Klimaaspekte -, die für den individuellen Unternehmenswert relevant sind, um schließlich branchenspezifische Themen zur Vergleichbarkeit mit anderen Unternehmen der gleichen Branche offenzulegen.

Die jeweilige Darstellung basiert dabei auf vier Säulen (siehe Abbildung):

  • Governance: Kontrollen und Verfahren zur Überwachung von Nachhaltigkeit;
  • Strategie: Ausrichtung und Geschäftsmodelle in Bezug auf Chancen und Risiken von Nachhaltigkeit;
  • Risikomanagement: Identifizierung, Bewertung und Steuerung der Risiken von Nachhaltigkeit;
  • Kennzahlen und Ziele: Informationen zur Steuerung und Überwachung der Leistung des Unternehmens.

Nachhaltigkeitsstrategie der Europäischen Union

Trotz starker internationaler Unterstützung ist der ISSB nicht allein in der Welt. Selbst der IFRS sieht die künftige Nachhaltigkeitsberichterstattung als Basis, die entweder für sich allein steht, aber ebenso durch zusätzliche regionale und nationale Anforderungen ergänzt werden kann, um die Interessen zusätzlicher Stake holder besser zu berücksichtigen oder zusätzliche Vorschriften staatlicher Stellen zu erfüllen.

Während in Asien das Thema Nachhaltigkeit eher noch in den Kinderschuhen steckt und in Amerika erst nach dem Amtsantritt der Biden-Administration - wieder - an Fahrt gewonnen hat, ist es in Europa bereits zu einem Topthema geworden. Das zeigt sich auch am Global Green Finance Index. Im Oktober 2021 rangierten acht europäische Städte unter den Top 10 weltweit.

Die Europäische Union hat 2018 Eckpfeiler mit dem "Sustainable Finance Action Plan" und 2019 mit dem "European Green Deal" gesetzt. Ziel der Europäischen Union ist es, "bei der Festlegung von Standards für ein nachhaltiges Finanzwesen eine globale Führungsrolle" zu übernehmen. Im Juni 2020 beschloss die EU die Taxonomie-Verordnung, die Kriterien zur Bestimmung, ob eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig einzustufen ist, enthält. Im März 2021 folgte die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) mit Offenlegungspflichten für Finanzdienstleister, zum Beispiel Fondsgesellschaften. Im April 2021 folgte der Entwurf für eine Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) zur Nachhaltigkeitsberichtserstattung der Unternehmen. Die CSRD entspricht am ehesten der Zielrichtung der ISSB-Standards, geht aber darüber hinaus, indem neben Investoren die Informationsinteressen aller Stakeholdergruppen berücksichtigt werden sollen.

Hinsichtlich der Festlegung konkreter Standards ähneln sich die Vorgehensweisen von IFRS und EU: Die EU-Kommission hat zur Entwicklung der Standards die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG), die die Kommission seit 2001 bei der Übernahme der IFRS-Bilanzierungsstandards berät, mandatiert. Innerhalb der EFRAG hat eine Project Task Force on European Sustainability Reporting Standards (PTF-ESRS) die Aufgabe übernommen, mittlerweile in Kooperation mit der Global Reporting Initiative (GRI), die wiederum 1997 in Boston als gemeinnützige Organisation in Partnerschaft mit dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen gegründet wurde. Zudem könnte sich die EFRAG gemäß einem Vorschlag ihres Präsidenten zufolge in einen "Financial Reporting Board" und einen "Non-financial Reporting Board" aufgliedern. Indem sich der Gegenstand von PTF-ESRS und ISSB ähneln, besteht hier die Gefahr einer möglichen Doppelarbeit und sich unterscheidender Standards, falls sich beide Organisationen nicht eng miteinander abstimmen.

Die vier Säulen der Darstellung Quelle: IFRS, Deloitte

Notwendigkeit der Zusammenarbeit

Erfreulicherweise haben IFRS und Europäische Union bereits ihre Absicht zur Kooperation bekundet. Gleichwohl fehlt es bisher an konkreten Diskussionen auf Expertenebene. Eine solche Abstimmung ist dringlich, sollen nach heutigem Zeitplan die jeweiligen Standards doch im Jahresverlauf 2022 veröffentlicht und innerhalb der Europäischen Union bereits zum Finanzjahr 2023 angewandt werden.

Beobachter empfehlen der Europäischen Union, sich zunächst "in den Wettstreit um globale Standards einzubringen, anstatt auf eine einseitige Vertiefung innereuropäischer Lösungen zu setzen". Europa könne es sich nicht erlauben, sich von den Entwicklungen in den USA und Asien abzukoppeln, wolle es seine nachhaltige Transformation selbstbestimmt und gewinnbringend in eine globale Führungsrolle ummünzen.

Sechzig Unternehmen und Institutionen mit fünf Millionen Beschäftigten und 8,5 Billionen Euro Bilanzvolumen plädierten im Oktober 2021 in einem offenen Brief - unter anderem auf Initiative der Value Balancing Alliance und des Weltwirtschaftsforums (WEF) - dafür, dass die Anforderungen der EU an die Nachhaltigkeitsberichterstattung "need to be supported by globally consistent and comparable performance metrics and disclosures, to enhance decision-making, trust and accountability". Sie sprachen sich dafür aus, dass sich die EU gemeinsam mit der EF-RAG aktiv in die Arbeit des ISSB einbringt und dabei auch das Baukastenprinzip, den so genannten "Building Block Approach" übernimmt, auf den sich die G7- und G20-Finanzminister, also auch die Europäische Union, geeinigt haben.

Dieses Baukastenprinzip erlaubte eine Arbeitsteilung zwischen ISSB und EFRAG und hätte so einen doppelten Vorteil: Einerseits würde es das Risiko von Abweichungen und Widersprüchen - im Ergebnis ei nen Mangel an Vergleichbarkeit - vermeiden, was wiederum die Allokation von Kapital an den internationalen Finanzmärkten und so die Transformation zur Nachhaltigkeit beeinträchtigen müsste. Andererseits würde es der Europäischen Union und den nationalen Regierungen die Möglichkeit einräumen, auf dieser Basis weitergehende Anforderungen an die Unternehmen zur Forcierung der Transformation und Sicherung der Führungsrolle zu formulieren. So könnte die EU auch die Perspektive auf Stakeholder jenseits der Finanz- und Kapitalmärkte erweitern, auf die sich der ISSB mit seinen "Prototypen" gegenwärtig fokussiert.

Erfahrung und Know-how internationaler Unternehmen

Die 60 Unterzeichner fürchten insbesondere eine Mehrfachbelastung. Sollten zum Beispiel multinationale Unternehmen nach den Bestimmungen der ISSB-Standards den Regelungen der CSRD-Direktive und nationalen Gesetzen, in Deutschland etwa dem neuen Lieferkettengesetz, verpflichtet sein, müssten sie unterschiedliche Berichtssysteme aufbauen und möglicherweise in unterschiedlicher Weise Informationen offenlegen. Es könnte zu widersprüchlichen Darstellungen in der externen Nachhaltigkeitsberichterstattung kommen, die für Verwirrung bei den Nutzern sorgen.

Die neuen Gremien sollten zudem die Erfahrung und das bereits vorhandene Know-how von Unternehmen nutzen. Schließlich ist Nachhaltigkeit für die meisten Unternehmen bereits ein Schlüsselfaktor für Risikomanagement, Effizienzsteigerung und Innovation. Tatsächlich zeigt sich, dass nachhaltig wirtschaftende Unternehmen rentabler und resilienter sind, eine stärkere Marke und einen besseren Zugang zu Kapital haben und darüber hinaus den steigenden Anforderungen und Erwartungen von Mitarbeitenden, Kundinnen und Kunden sowie der Gesellschaft besser entsprechen.

In Anbetracht dieser zunehmenden Bedeutung nichtfinanzieller Aspekte haben führende internationale Unternehmen, die in unterschiedlichen Branchen und Regionen tätig sind, in den vergangenen Jahren bereits Ansätze und Methoden entwickelt, auf Aussagekraft, Robustheit und Relevanz getestet und untereinander abgestimmt. Mithilfe dieser Methoden sind die Unternehmen bereits in der Lage, die Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit konkret zu bewerten, zu monetarisieren und vergleichbar zu machen. Dabei geht es sowohl um den Einfluss auf die Gesellschaft als auch den Einfluss auf das Unternehmen selbst. Die Übernahme dieser Erkenntnisse und dieses Wissens ermöglichten eine pragmatische, aussagekräftige und vor allem schnell umsetzbare Nachhaltigkeitsberichterstattung.

Um Daten und Informationen in konsistenter Weise für die interne Steuerung der Unternehmen als auch der externen Berichterstattung nutzen zu können, erweitern diese Unternehmen bereits ihre finanziellen Rechnungslegungssysteme um die Aspekte Natur-, Human- und Sozialkapital. Die Bedeutung einer integrativen Rechnungslegung für nachhaltige Unternehmensführung hat auch die G7 Impact Task Force deutlich herausgestellt. ISSB und EFRAG konzentrieren sich gegenwärtig auf Standards für Klimaschutz. Angesichts der öffentlichen Diskussion ist ein solcher Fokus nachvollziehbar. Trotzdem stellen sie klar, dass es sich hierbei nur um den ersten Schritt handeln kann: Nachhaltigkeit im Sinne von ESG bezieht sich neben "Environment" gleichwertig auf die Themenbereiche "Social" und "Governance". Die geplanten Klimastandards müssen bereits so angelegt sein, dass sie langfristig nicht mit den übrigen ESG-Elementen kollidieren.

Perspektiven für die Nachhaltigkeitsberichterstattung

Zugleich erfordert die angestrebte Transformation ein grundlegend neues Verständnis für Werttreiber und Wachstumskriterien bei Unternehmen. Es geht um nicht weniger als den Übergang vom unternehmerischen Ziel der Gewinnmaximierung für die Anteilseigner zum Ziel einer Wertoptimierung für alle Stakeholder.

Verglichen mit zahlreichen denkbaren qualitativen oder quantitativen Kennzahlen ist dabei die Umrechnung aller geschäftlichen Aktivitäten in Geldeinheiten der vielversprechendste Ansatz für jede sinnvolle Nachhaltigkeitsberichterstattung. Die monetäre Bewertung von Auswirkungen unternehmerischer Tätigkeiten ist die Sprache, mit der die Unternehmen bereits vertraut sind. Diese Umrechnung ermöglicht Vergleichbarkeit unmittelbar finanziell, kann örtliche und branchentypische Besonderheiten fassbar machen und lässt sich recht einfach in die traditionelle Finanzberichterstattung und damit auch in die gewohnte Strategie- und Entscheidungsfindung integrieren.

Vor diesem Hintergrund nimmt der International Sustainability Standards Board eine Schlüsselrolle ein für die künftige Ausrichtung von Unternehmen, und damit für die Weltwirtschaft insgesamt. Für Frankfurt am Main selbst gilt es, diese Strahlkraft zu nutzen, um sich als globales Zentrum für Nachhaltigkeit zu etablieren.

Christian Heller , Vorsitzender , Value Balancing Alliance e.V., Frankfurt am Main
Oliver Schwebel , Geschäftsführer , Wirtschaftsförderung Frankfurt GmbH
Gerhard Wiesheu , Präsident , Frankfurt Main Finance e.V., Frankfurt am Main

Weitere Artikelbilder

Noch keine Bewertungen vorhanden


X