Genossenschaftliches Asset Management und die Zukunft des Sparens

Hans Joachim Reinke Foto: Union Investment

Der Autor sieht die Union Investment als Asset Manager mit genossenschaftlichen Grundwerten in einer besonderen engen Beziehung zum Kunden. Bei diesen beobachtet er in den letzten Jahren eine deutliche Wandlung in der Art des Sparens, jedoch ohne den Sparwillen der Deutschen abnehmen zu lassen. Mittlerweile sparen Menschen, wenn sie etwas übrig haben und kümmern sich wenig darum, was langfristig sinnvoll und notwendig wäre. Um in dieser Wandlung des Sparens nicht abgehängt zu werden benennt der Autor drei Bedürfnisse des Sparers der Zukunft: Dieser wird zum einen auch künftig wollen, dass sich Sparen lohnt. Als zweites müsste die Beschäftigung mit Gelddingen einfacher und auch spannender werden und der Sparer will drittens mehr über die Geldanlage wissen und verstehen. Er sieht diese Entwicklung jedoch nicht als Selbstläufer. Es braucht Impulse, um Sparer bei ihrer Entwicklung zu unterstützen. (Red.)

Zu Beginn eine Vorbemerkung: Wenn im Folgenden über genossenschaftliches Asset Management gesprochen wird, so wird sich in erster Linie auf die Geschäftsbeziehungen zu den mehr als vier Millionen Privatkunden der Union Investment bezogen. Selbstverständlich spielen die VR Banken mit ihrem Depot A-Geschäft eine gewichtige Rolle, sie bilden einen großen Teil der 1 600 institutionellen Kunden ab. Das institutionelle Geschäft hat aber immer auch eine internationale Dimension gehabt, während das Privatkundengeschäft auf dem deutschen Heimatmarkt und erst seit relativ kurzer Zeit auch in Österreich betrieben wird.

Engeres Kundenverhältnis

Als Teil der genossenschaftlichen Finanzgruppe sind die genossenschaftlichen Grundwerte wie Professionalität, Partnerschaftlichkeit, Fairness, Transparenz und Vertrauen in der Unternehmenskultur von Union Investment fest verankert. Hier unterscheidet sich das Institut von anderen Asset Managern, denn die meisten Kunden der VR Banken sind zugleich deren Anteilsinhaber. Deshalb ist das Verhältnis zu den Kunden enger als bei anderen Banken beziehungsweise Asset Managern. Und diese Kunden kommen, wie die Union Investment selbst, aus der Mitte der Gesellschaft.

Sie sind häufig einfache Angestellte oder Facharbeiter. Das durchschnittliche Haushaltsnettoeinkommen der Union-Kunden liegt mit 3 510 Euro sehr nah am deutschen Mittelwert von 3 132 Euro. Knapp die Hälfte der Sparer verdient weniger als 3 000 Euro netto monatlich. Für diese Menschen ist Sparen meist eine ganz pragmatische Angelegenheit in ihrer Bank um die Ecke. Geldanlage funktioniert für sie durch Vertrauen und über persönliche Beratung. Gleichwohl stehen sie vor der Herausforderung, das Umfeld niedriger Zinsen zu meistern. Hier braucht es eine Evolution des Sparens, die aber nicht direkt vom Sparbuch in die Aktie führen kann. Es ist ein schrittweiser Umstieg aus klassischen zinsbasierten Anlagen in moderne, ausgewogenere Sparformen. Daher sind für die Geldanlage der Zukunft Anlagelösungen gefragt, die noch stärker vom Kunden her gedacht werden und seinen Bedürfnissen Rechnung tragen.

Evolution des Sparens

Die Kunden der Volksbanken Raiffeisenbanken können bei ihren Geldanlagen in Fonds auf Union Investment vertrauen. Der Antrieb der Gründungsväter vor über 60 Jahren war es, dass auch einfache Sparer bereits mit kleinen Beiträgen in den Jahren des Wirtschaftswunders eine Chance haben, am wirtschaftlichen Aufschwung teilzuhaben. So war Union Investment das erste Haus in Deutschland, das Fondssparpläne ab 50 DM ermöglichte und damit zur Demokratisierung der Geldanlage durch offene Investmentfonds beitrug.

Der heutige Anspruch ist es, einen langfristigen Nutzen zu stiften. Das vorrangige Ziel besteht darin, die Kunden bestmöglich dabei zu unterstützen, Vermögen aufzubauen beziehungsweise ihren hart erarbeiteten Wohlstand nachhaltig zu sichern und zu mehren. Hierbei wird stets nach festen Prinzipien und in der Zusammenarbeit mit Kunden und Partnern mit einer großen Verlässlichkeit agiert. Es geht der Union Investment um eine verantwortungsvolle Haltung gegenüber Mensch und Umwelt, die heutigen und vor allem zukünftigen Generationen möglichst wenige Lasten aufbürdet. Insofern gehören nicht nur ökologische Aspekte, sondern auch sozial verantwortungsvolles und vorausschauendes Handeln dazu.

Der Zinseszins-Effekt ist Geschichte

Wie aber kann man nun diesem selbsternannten Anspruch als Asset Manager gerecht werden? Dazu muss man sich nicht nur mit den heutigen Problemen der Anleger beschäftigen, sondern auch einen Blick in die nähere Zukunft wagen, um stets handlungsfähig zu bleiben. Denn wenn man das Sparen, wie es bislang erfolgt, betrachtet und dann nach vorne schaut, ist interessant, was davon geht, was davon bleibt und was Neues hinzukommt.

Was geht beziehungsweise bereits gegangen ist: Das Sparen mit viel Zinseszins! Ob null oder 45 Basispunkte bei der zehnjährigen Bundesanleihe, der Zinseszins wird keine auskömmlichen Erträge mehr erwirtschaften. Hinzu kommt, dass sich die Realzinsprognosen weiter im negativen Bereich bewegen. Die Folge ist, dass mittlerweile eine ganze Generation den Nutzen von Zins und Zinseszinses verlernt. Man muss kein Prophet sein, um daraus abzuleiten, dass klassisches Zinssparen an Bedeutung verlieren wird.

Aber wenn Zins und Zinseszins Geschichte sind, was bleibt dann? Der Sparwille! Und das ist ein echt deutsches Phänomen. Die Sparbemühungen der Deutschen sind trotz Niedrigzins ungebrochen. Die Sparquote liegt beinahe konstant bei etwa zehn Prozent - und das wird auch so bleiben. Denn die Anlagenotwendigkeiten sind immer noch die Gleichen: Demografie, weniger Leistungen vom Staat in Altersvorsorge, Gesundheit, Bildung und die unverändert hohe Sicherheitsliebe der Deutschen. Kurzum: Die Notwendigkeit, zu sparen, wird nicht kleiner, sondern größer.

Und was kommt Neues hinzu? Es wird eine neue, andere Generation von Sparern sein. Früher haben die Menschen Geld beiseitegelegt, weil das Sparen an sich eine Tugend war. Es ging darum, für Notfälle vorzusorgen, langfristig Wohlstand aufzubauen und so den Lebensstandard auch im Alter zu sichern. Die heutige Generation spart zwar auch, aber sie spart anders.

Die Erkenntnisse sagen, junge Menschen sparen heute auf Sicht. Das heißt, sie wollen flexibel bleiben und ihre Wünsche hier und jetzt erfüllen. Studien zum Sparen zufolge fällt ihnen Konsumverzicht schwer. Es ist wichtiger, heute Dinge kaufen zu können, als das Geld für die Zukunft zu sparen. Die Menschen sparen, wenn sie etwas übrig haben und kümmern sich wenig darum, was langfristig sinnvoll und notwendig wäre.

Dazu passt, dass das klassische Notgroschensparen bei jungen Menschen nicht mehr ganz so wichtig ist. Dafür spielt der Vermögensaufbau mit dem eher allgemeinen Ziel finanzielle Unabhängigkeit bei ihnen eine größere Rolle. Handlung und Bedarf gehen auseinander. Viele Sparer agieren kurzfristig, obwohl die langfristigen Notwendigkeiten bleiben.

Eine neue Generation von Sparern

Der Sparer der Zukunft will drei Dinge:

1. Der Sparer will auch künftig, dass sich Sparen lohnt. Das Ziel ist das gleiche wie früher, nur der Weg dahin ist ein anderer. Wenn klassisches Zinssparen ohne Mehrwert bleibt, sind neue Antworten gefragt. Welche Anlageform welchem Sparer Nutzen stiftet, lässt sich nur individuell in der Beratung klären. Fest steht, Zinsanlagen müssen um renditestärkere Instrumente ergänzt werden. Ein probates Mittel hierfür ist der Fondssparplan. Mit Sparplänen gelingt es am ehesten, Menschen für renditeorientiertes Sparen zu gewinnen, besonders die jüngere Generation. Die meisten Neukunden konnte die Union Investment mit Sparplänen in der Altersgruppe der 18- bis 27-jährigen gewinnen. Darunter sind viele Menschen, die sich bislang mit dem Thema noch nicht beschäftigt haben.

2. Die Beschäftigung mit Gelddingen muss einfacher werden. Finanzen sind kein Lieblingsthema der Deutschen und Sparen ist nur ein Mittel zum Zweck. Kann Sparen zu einem spannenden Thema werden, zu einem Thema, das "hip" wird? Wohl eher nicht - zumindest nicht in weiten Teilen der Bevölkerung. Wenn das aber nicht gelingt, dann müssen Anlagethemen wenigstens so einfach wie möglich aufbereitet sein, damit sie schnell und unkompliziert erledigt werden können. Hier hilft die Digitalisierung - wenn man es gut macht.

Der hohe Beratungsbedarf bleibt

Doch Vorsicht: Die einfachste ist nicht immer die beste Lösung. Es geht hier nicht um ein Paar Schuhe, das mit wenigen Klicks erworben wird, sondern um eine komplexe Entscheidung, die mit Bedacht entwickelt werden muss. Die Güte der Entscheidung erschließt sich dem Kunden erst lange nach dem Kauf. Bei der Altersvorsorge kann er nicht zigmal ausprobieren, ob sie funktioniert. Es gibt daher einen hohen Beratungsbedarf. Dabei ist es keine Frage, ob via Fintech oder Filiale entschieden wird. Der Kunde wählt in digitalen Zeiten eigenständig, welchen Kanal er nutzt. Es ist kein Entweder-Oder, es ist ein Mix aus analogen und digitalen Elementen - Hauptsache, es ist am Ende so einfach wie möglich.

3. Das ist neu: Der Sparer will mehr wissen und mehr von der Geldanlage verstehen. Sparer werden künftig Entscheidung bewusster und selbstbestimmter treffen und sie werden mehr hinterfragen. Das ist etwas, was nicht nur für die Geldanlage gilt. Der Trend zur Selbstoptimierung hat sich bereits in vielen Bereichen etabliert. Ernährung, Sport, Wellness, Bildung der Kinder - Menschen leben bewusster, wissen mehr und holen so in ihrem Alltag das Bestmögliche aus den für sie relevanten Themen heraus. Könnte dieser Funke der Selbstoptimierung auch auf das Thema Finanzen überspringen? Schließlich wird Finanzbildung inzwischen als wichtigster Bildungsbereich der Zukunft identifiziert - noch vor Gesundheit, Politik und Ernährung. Insgesamt wünschen sich 73 Prozent der Bevölkerung eine bessere Verankerung von Finanzbildung in der Schule, 61 Prozent fordern dafür sogar ein eigenständiges Schulfach. Dies kann ein wichtiges Vehikel sein, um zu mehr Beurteilungskompetenz zu gelangen. Denn aus Befragungen ergibt sich, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen Finanzwissen und Sparverhalten gibt. Je höher Menschen ihr Wissen in der Geldanlage einschätzen, desto regelmäßiger und motivierter sparen sie.

Allerdings ist diese Entwicklung kein reiner Selbstläufer. Es braucht Impulse, um Sparer bei ihrer Entwicklung zu unterstützen. Das langanhaltende Niedrigzinsumfeld hat die Haltung zum Sparen verändert, weil die Menschen merken, dass sie etwas verändern müssen, um ihren Wohlstand zu sichern und auszubauen. Und damit wandelt sich auch der Stellenwert des Asset Managements.

Notwendige Impulse für Veränderungen im Sparverhalten

Gestern noch dachten viele Menschen, dass Asset Management nur für reiche Menschen da sei. Schon heute ist die Union Investment gemeinsam mit ihren Partnerbanken in der Geldanlage und im Vermögensaufbau der Anbieter mit erfolgversprechenden Antworten. Morgen will sie elementarer Bestandteil im Vermögensaufbau der Deutschen sein. Fonds werden im Niedrigzinsumfeld zunehmend als Alternative zum Zinssparen wahrgenommen, wodurch die Potenziale für den genossenschaftlichen Asset Manager aber auch für die VR Banken steigen.

Gerade im Vermögensaufbau wird es zu einem Paradigmenwechsel kommen. Denn immerhin sind 80 Prozent aller VR-Bank-Kunden noch nicht in Fonds investiert und 800 Millionen Euro liegen renditelos auf Tagesgeldkonten und ähnlichen Anlageformen. Hier ist noch viel Beratungsbedarf gegeben.

Hans Joachim Reinke Vorsitzender des Vorstands, Union Asset Management Holding AG, Frankfurt am Main
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Hans Joachim Reinke , Vorsitzender des Vorstands , Union Investment, Frankfurt am Main
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