Regulierung

Hedgefonds gemeint - Spezialfonds getroffen

Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer, Deutscher Fondsverband BVI, Frankfurt am Main - An den Zahlen gemessen haben die regulatorischen Verschärfungen seit der Finanzkrise dem Erfolg des Spezialfonds nichts anhaben können. Nach einer Delle im Jahre 2008 konnten die verwalteten Mittel noch einmal verdoppelt werden. Dennoch muss die hiesige Branche die Positionen der verschiedensten Regulatoren gut im Auge haben, solange das Produkt zusammen mit Hedgefonds unter ein Regime fällt. Der Autor weiß um die Anfälligkeit seiner Branche für "regulatorische Kollateralschäden" zeigt sich aber nicht sicher, inwieweit es gelingen wird, die Sonderstellung des deutschen Spezialfonds international zu verteidigen. (Red.)

Der Spezialfonds ist eine deutsche Besonderheit. In keinem anderen Land wird die Fondshülle so erfolgreich für die Anlage institutioneller Gelder genutzt. Versicherungen, Altersvorsorgeeinrichtungen und Kreditinstitute schätzen die flexiblen Anlagemöglichkeiten in einem regulierten Sondervermögen. Master-Feeder-Fonds und die Synergie-Vorteile von Master-KVGs tragen zusätzlich dazu bei, dass Spezialfonds seit Jahren zunehmend Neugeschäft anziehen. 70 Milliarden Euro waren es per saldo allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres.

Anfällig für regulatorische Kollateralschäden

Die Besonderheit des deutschen Spezialfonds im internationalen Fondsmarkt birgt aber auch ein Risiko. Er ist anfällig für regulatorische Kollateralschäden, weil er aus dem Raster der EU-Regulatoren fällt. Prägnantestes Beispiel dafür ist die EU-Richtlinie für Manager alternativer Investmentfonds (AIFM-Richtlinie), die in Deutschland in das KAGB mündete. In ihr steckt ein Urfehler, der bis heute immer neue Probleme verursacht. Ursprünglich wollte der EU-Gesetzgeber lediglich Vorschriften für die bis dahin kaum regulierten Hedgefonds und Private-Equity-Fonds schaffen. Dabei definierte er alle Fonds als "alternative Investmentfonds" (AIFs), die keine OGAW sind.

In den meisten EU-Staaten passt dieses Profil. Hierzulande gingen damit aber die Spezialfonds und offenen Immobilienfonds als Beifang ins Netz. Deutschland wurde mit einem Mal zum größten Markt für alternative Investmentfonds in Europa. Mit gravierenden Folgen. Immer wenn in Brüssel Regeln für unregulierte Fonds entworfen werden, denkt man dort an Hedgefonds, schreibt aber AIFs und trifft damit die Assets von derzeit 1 400 Milliarden Euro, die in deutschen Spezialfonds und offenen Immobilien-Publikumsfonds verwaltet werden. Noch bedenklicher ist es, wenn deutsche Behörden, die es eigentlich besser wissen müssten, die AIF-Schublade ziehen und diese verfehlte Definition einfach übernehmen.

Ein Beispiel für solche Kollateralschäden ist die Trennbankenverordnung. Sie wirft AIFs mit Hedgefonds in einen Topf und das, obwohl Fonds gar nicht im Fokus der Verordnung stehen. Ihr eigentliches Ziel ist es, zu verhindern, dass Banken das Eigenhandelsverbot umgehen, indem sie ihre Handelsaktivitäten in Hedgefonds auslagern. Der Entwurf der EU-Kommission verbietet daher systemrelevanten Banken jegliche Anlagen in Fonds, die keine OGAW oder keine "guten" AIFs sind. Zu letzteren zählen beispielsweise Europäische Fonds für soziales Unternehmertum (EuSEFs) oder Europäische Risikokapitalfonds (EuVECAs). Spezialfonds und offene Immobilienfonds gehören nicht dazu. Sollten die Vorschläge Realität werden, könnten diese Fonds im schlimmsten Falle Kreditinstitute als wichtige Anlegergruppe verlieren. Derzeit hängt die Verordnung im EU-Parlament fest, Ausgang offen.

Debatte um Schattenbanken als weiteres Beispiel

Ein weiteres Beispiel für Folgefehler der AIF-Fehldefinition ist die Debatte um Schattenbanken. Gleich mehrere Institutionen weltweit leuchten den Sektor derzeit aus; neben dem FSB und der IOSCO auch die europäische Bankenaufsicht EBA. Hier schließt sich der Kreis zwischen AIFM-Richtlinie und Schattenbanken, denn die EBA definiert alle AIFs - und damit alle Spezialfonds - als Schattenbanken. Damit wäre ein großer Teil des Altersvorsorgekapitals in Deutschland in Schattenbanken investiert, obwohl es in gesetzlich regulierten Produkten liegt. Das ist absurd. Und es zeigt, wie schnell nach den aktuell gehandelten Definitionen regulierte Investmentfonds getroffen werden, obwohl eigentlich auf unregulierte Vehikel gezielt wurde. Unbestritten haben auch regulierte Investmentfonds Hebel-, Liquiditäts- und Run-Risiken. Die bestehenden Vorschriften begrenzen jedoch das Risiko. Deutsche Spezialfonds sind ähnlich reguliert wie Publikumsfonds nach der OGAW-Richtlinie, sieht man von einigen Schutzvorschriften für OGAW-Anleger ab, die für institutionelle Investoren nicht erforderlich sind. Diese Produkte mit Schattenbanken gleichzusetzen, ist daher nicht nachvollziehbar.

Urfehler der AIF-Definition

FSB und IOSCO gehen mittlerweile schon etwas differenzierter vor als die EBA. Sie empfehlen, Marktteilnehmer nicht pauschal aufgrund ihrer Rechtsform als Schattenbank einzuordnen, sondern andere Kriterien zu berücksichtigen. Dazu zählen beispielsweise die Aktivitäten des Marktteilnehmers und deren potenzielle systemische Risiken.

Trotz solcher positiven Signale bleibt der Urfehler der AIF-Definition ein Risiko für Spezialfonds. Das Beste wäre deshalb, die AIF-Definition bei einer Evaluation der Post-2008-Regulierung schlicht zu korrigieren. Denn ob es immer gelingen wird, die Sonderstellung des deutschen Spezialfonds international zu verteidigen und die regulatorischen Auswüchse einzudämmen, ist nicht sicher. Deutsche Besonderheiten haben es in Brüssel nicht leicht.

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