Impact Investing - mit Aktien einen positiven Beitrag leisten

Victoria Leggett Foto: UBP

Das Konzept des "Impact Investing", wirkungsorientiertes Investieren auf Deutsch, erfreut sich wachsender Beliebtheit. Dabei fließen Gelder ausschließlich in Unternehmen, die den Zweck haben, soziale, gesellschaftliche oder Umweltprobleme zu lösen. Die Aussicht, mit einer Anlage nicht nur attraktive Renditen zu erzielen, sondern auch einen positiven und nachhaltigen Beitrag zu leisten, lockt laut der Autorin zunehmend auch die Anleger an die Börsen. Jedoch betont sie, in Bezug auf das Impact Investing gilt es zu beachten, dass es sich um eine langfristige Strategie handelt, bei der Geduld gefragt ist. Ein Grundpfeiler der Strategie besteht in der Kombination aus der Betrachtung der nicht finanzbezogenen Entwicklung und der Renditeanalyse. Sie sieht in dieser Form des Investierens ein großes Potenzial, besonders mit zunehmender Verbesserung der Berichtspflichten und damit größerer Vergleichbarkeit von Unternehmen und Produkten. (Red.)

Wir alle sind gefragt, wenn es darum geht, Lösungen für die drängenden Fragen unserer Zeit rund um Themen wie Artenschutz, Klimawandel, Umweltverschmutzung oder Gesundheitsrisiken zu finden. Impact Investing (wirkungsorientiertes Investieren) bietet Anlegern die Möglichkeit, auf Basis einer langfristigen Strategie Gesellschaft und/oder Umwelt positiv zu beeinflussen und gleichzeitig Renditen zu generieren.

Bedeutung und Abgrenzung

Impact Investments gibt es in verschiedenen Anlageklassen und Regionen. Bei einer sorgfältigen Auswahl lässt sich Impact Investing auch auf börsennotierte Titel anwenden. Vieles spricht dafür, dass die Erweiterung des Konzepts auf liquidere Vermögenswerte die Entwicklung dieser Anlagestrategie maßgeblich beeinflussen wird, wird Anlegern so doch der Zugang erleichtert und die Möglichkeit eingeräumt, Kapital sinnvoll anzulegen und einen wichtigen Beitrag zur Rettung des Planeten und zu mehr sozialer Gerechtigkeit zu leisten.

An der Börse herrscht jedoch noch immer viel Unsicherheit über die genaue Bedeutung von Impact Investing - auch über die Abgrenzung zu anderen Strategien nachhaltigen Investierens, etwa die Integration der Kriterien Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (Environmental, Social and Governance, ESG) in den Anlageprozess. Bei ESG-orientierten Anlagen geht es darum, durch Analyse ökologischer, sozialer und auf die Unternehmensführung bezogener Aspekte und gleichzeitige Berücksichtigung finanzieller Kennzahlen eines Unternehmens überdurchschnittliche risikobereinigte Renditen zu erzielen. Kerngedanke ist hierbei, dass nichtfinanzielle Sachverhalte häufig finanzielle Konsequenzen haben, sei es in positiver oder in negativer Hinsicht. Auf diese Weise erhalten Anleger ein umfassenderes Bild von einem Unternehmen und können so besser beurteilen, wo dessen Stärken und Schwächen liegen.

ESG-Faktoren sind - wie Fundamentaldaten und Bewertungen auch - beim Impact Investing zwar wichtig, jedoch ist das ESG-Profil für die Anlageentscheidungen nicht ausschlaggebend. ESG richtet den Fokus in der Regel auf operative Aspekte wie Sozialleistungen, Transparenz in der Lieferkette und Vorstandsstrukturen, während Impact Investing vor allem die Produkte eines Unternehmens (und so ihre Umsatzentwicklung) unter die Lupe nimmt. Im Vordergrund steht dabei die Frage, ob das Unternehmen seine Umsätze mit einer Geschäftstätigkeit erzielt, die dazu beiträgt, die ökologischen und sozialen Probleme in der Welt anzugehen.

Environmental-, Social- und Governance-Faktoren

Gute ESG-Werte sind in fast jedem Sektor möglich. Ein in der Erdölexploration tätiges Unternehmen, das strenge Sicherheitsstandards, solide Erhaltungsinvestitionen und umfangreiche Sozialleistungen vorweisen kann, läuft weniger Gefahr, durch Öl-Lecks, Unfälle und daraus resultierende Straf- und Entschädigungszahlungen (ganz zu schweigen von Umweltschäden) von sich reden zu machen. Aus ESG-Sicht wäre es durchaus berechtigt, dieses Unternehmen als erstklassig einzustufen und aufgrund der geringeren Risiken und der somit höheren Prognosesicherheit im Vergleich zu seinen Wettbewerbern als attraktivere Anlagechance anzusehen. Trotz des überzeugenden ESG-Profils wäre es jedoch sehr weit hergeholt, dem Unternehmen eine positive Wirkung zuzuschreiben, generiert es seine Umsätze doch mit der Gewinnung fossiler Brennstoffe.

Der Aktienmarkt hält in dieser Hinsicht eine Reihe von Juwelen bereit: High-Impact-Titel mit attraktivem Renditepotenzial. Interessante Unternehmen gibt es in vielen verschiedenen Sektoren, die meisten zeichnen sich jedoch vor allem durch ihre Innovationskraft aus.

Innovationskraft durch Clean Labelling

Gute Beispiele hierfür liefert die Lebensmittelindustrie. Die inzwischen weit verbreiteten Anforderungen hinsichtlich "Clean Labelling" (also Lebensmitteln, die frei von bestimmten Substanzen sind) und gesünderen Inhaltsstoffen in Nahrungsmitteln sind eine Herausforderung für traditionelle Hersteller. Unter dem Druck der Regulierungsbehörden und Verbraucher müssen Nahrungsmittelhersteller ihre Prozesse überdenken und ihre Rezepturen überarbeiten - und nicht alle damit verbundenen Kosten können an die Kunden weitergereicht werden. Diese Situation ist typisch für einen im Wandel begriffenen Sektor, in dem eine Riege etablierter Unternehmen mit neuen Gegebenheiten zu kämpfen hat, sich möglicherweise kleinere Wettbewerber dank ihrer höheren Flexibilität und Innovationskraft aber genau diese zunutze machen.

Im Falle der Agrar- und Lebensmittelindustrie haben mehrere Pionierunternehmen wie etwa Chr. Hansen in Dänemark, Kerry Group in Irland und Brain in Deutschland natürliche Alternativen zu Salz, Zucker und Fett entwickelt und zugleich den ursprünglichen Geschmack ihrer Produkte bewahrt. Solche Unternehmen erfreuen sich daher einer hohen Nachfrage und ihnen wird starkes Wachstumspotenzial zugeschrieben.

Kein Verzicht auf Gewinnchancen

Auch der Klimawandel ist ein sehr wichtiges Thema beim Impact Investing. Dabei geht es bei Weitem nicht nur um Unternehmen im Bereich erneuerbarer Energien. So entwickeln Hoffnungsträger wie beispielsweise Kingspan in Irland oder Sika in der Schweiz neue Materialien, mit denen die Baubranche ihren ökologischen Fußabdruck verbessern kann.

Natürlich überzeugen diese Unternehmen aus ethischer Sicht. Aber auch wirtschaftlich betrachtet spricht alles für eine entsprechende Anlage. Im Gegensatz zu philanthropischen oder einigen anderen Formen verantwortungsvoller Anlagestrategien misst das Impact Investing in börsennotierten Aktien Renditen genauso viel Bedeutung bei wie dem ökologischen oder sozialen Effekt. Für Anleger bedeutet die Entscheidung, mit ihrer Anlage bestimmte Ziele zu verfolgen, also keinen Verzicht auf Gewinnchancen.

Der Druck steigt, innovative Lösungen und Technologien zu entwickeln, die Mensch und Erde ein harmonisches Miteinander ermöglichen. Entsprechend sind jenen Unternehmen, die hier Pionierarbeit leisten, solide Kapitalzuflüsse sicher. Ein wesentliches Element des Impact Investing besteht darin, diese Unternehmen zu identifizieren und zu fördern, verfügen sie langfristig doch über beste Voraussetzungen für kontinuierliches Umsatzwachstum.

Langfristige Strategie

In Bezug auf das Impact Investing gilt es zu beachten, dass es sich um eine langfristige Strategie handelt, bei der Geduld gefragt ist. Ein Grundpfeiler der Strategie besteht in der Kombination aus der Betrachtung der nicht finanzbezogenen Entwicklung und der Renditeanalyse. Dies verschafft den Endanlegern ein weitaus umfassenderes Bild von der Performance ihrer Anlagen.

Neben den traditionellen Kennzahlen wie Kursentwicklung, Tracking Error und Sharpe Ratio sollte ein Impact-Fonds beispielsweise auch Informationen zu bestimmten KPIs (Key Performance Indicator) veröffentlichen, die verdeutlichen, inwiefern sich der Fonds an den UN-Nachhaltigkeitszielen (oder vergleichbaren Vorgaben) orientiert. Denkbar sind zum Beispiel Angaben zur eingesparten Menge an CO2, der sauber erzeugten Energie und dem Volumen recycelter Materialien. Dabei kann es sich um Top-Down-Kenn zahlen (CO 2-Fußabdruck) oder aktienspezifische Kennzahlen, zum Beispiel die Menge der im industriellen Prozess wiederverwerteten Fischernetze in Tonnen, handeln.

Anleger müssen jedoch wachsam sein: Nicht alle dieser Ziele lassen sich durch direkte Anlagen erreichen (dies gilt insbesondere bei börsennotierten Wertpapieren). Zudem besteht reichlich Spielraum für sogenanntes Impact Washing von Konzernen, die ihr Nachhaltigkeitsprofil aufpolieren möchten. Um die Glaubwürdigkeit des Impact Investing und damit auch seine Wirksamkeit zu sichern, ist es daher unerlässlich, die Intentionalität genau zu hinterfragen.

Dialog ist essenziell

Auch die Vergleichbarkeit und Verfügbarkeit von Daten bereitet der Branche für Impact Investments Kopfzerbrechen. Viele externe Datenanbieter sind stark auf die Angaben der Unternehmen angewiesen. Im Ergebnis kann dies zu einem Konglomerat geschätzter und wenig verlässlicher Daten führen. Bei der Bewertung von Wirkung gibt es keine schnellen Lösungen. Es gilt, einen ganzen Bestand relevanter und aussagekräftiger KPIs aufzubauen, was in jedem Fall viel Zeit erfordert.

Auch der Dialog mit den Unternehmen ist essenziell, um eine bessere Offenlegung sicherzustellen. Eine intensive Kommunikation zwischen Kapitalgebern und Kapitalnehmern ist in jeder Phase des Anlageprozesses wichtig, von der ersten Prüfung einer Anlagemöglichkeit bis hin zur Bewertung der Wirkung eines Fondsportfolios. Der beste Weg, um sich Klarheit über die wahren Absichten eines Unternehmens zu verschaffen, besteht darin, ein festes Vertrauensverhältnis zu diesem Unternehmen aufzubauen. Darüber hinaus erhält das Unternehmen so die notwendige Unterstützung und Förderung, um Fortschritte bei der Bewertung und Offenlegung für den Anleger relevanter nichtfinanzieller KPIs zu machen.

Um die Wirksamkeit von Impact Investments zusätzlich zu verstärken und einen umfassenderen Wandel anzustoßen, sollte der Dialog jedoch über bilaterale Beziehungen hinausgehen und auch Wettbewerber innerhalb der Branche, staatliche Organisationen, Wissenschaftler und Experten einbeziehen. Impact Investing in börsennotierte Werte birgt enormes Potenzial, lässt sich auf diesem Wege doch viel mehr erreichen. Anleger, die auf Impact Investing setzen, müssen sich gegenseitig unterstützen, um einen praxistauglichen und glaubwürdigen Rahmen zu schaffen. Mit zunehmender Verbesserung der Berichtspflichten wird auch die Vergleichbarkeit größer, was wiederum dazu führt, dass immer mehr Anleger den Reiz des Impact Investing erkennen werden.

Victoria Leggett Head of Responsible Investment, Bereich Asset Management, Union Bancaire Privée (UBP), London
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