Königsdisziplin integriertes Reporting

Univ.-Prof. Dr. Arnd Wiedemann, Foto: N. Sommer

Die Zeichen stehen auf Integration. Nachdem die Kreditwirtschaft erhebliche Anstrengungen unternimmt, einen integrierten Datenhaushalt zu schaffen, könne hierauf aufbauend auch die systematische Vernetzung des Berichtswesens in Angriff genommen werden, so die Autoren des vorliegenden Beitrags. Das Nahziel sei die Integration des finanziellen, das Fernziel die zusätzliche Integration des nichtfinanziellen Berichtswesens. Die Autoren zeigen auf, wo in der Banksteuerung Abhängigkeiten zwischen den Bereichen Rechnungslegung, Ökonomie und Aufsicht bestehen und warum sich deswegen eine ganzheitliche, integrierte Betrachtung des Steuerungsmodells lohnt. Effekte seien eine Reduzierung der Komplexität und des Aufwands, sowohl für das Berichtswesen der Bank als auch für die Aufsicht. (Red.)

Die Digitalisierung bietet auch und gerade Banken zahlreiche Chancen. Ihr wird ein großes Potenzial in Form von Kostenreduzierungen durch die Automatisierung von Prozessen und der Erschließung neuer Ertragsquellen zugesprochen. Die Digitalisierung der internen Prozesse und Daten(-bank-)strukturen kann ebenfalls genutzt werden, die vorhandenen Daten besser zu verknüpfen und auszuwerten, um daraus Wettbewerbsvorteile zu generieren.

Dabei werden auch die Bemühungen in Richtung eines integrierten Datenhaushalts unterstützt. Banken nutzen eine Vielzahl von Programmen und Datenbanken, um die Informationsbedürfnisse der vielfältigen Adressaten, sei es intern (Management, Vertrieb, Treasury, Revision et cetera) oder extern (Eigen- und Fremdkapitalgeber, Kunden, Öffentlichkeit, Staat, Aufsichtsbehörden et cetera) zu erfüllen. Die unterschiedlichen Adressaten haben unterschiedliche Informationsbedürfnisse und -anforderungen, die in eine dreidimensionale Steuerungsumgebung münden. Die internen Informationsbedürfnisse erfüllt der ökonomische Steuerungskreis, die externen Informationsbedürfnisse der Eigen- und Fremdkapitalgeber sowie allgemein der Öffentlichkeit der Rechnungslegungssteuerungskreis und die Informationsbedürfnisse der Bankenaufsicht der regulatorische Steuerungskreis. In allen Steuerungskreisen werden Daten benötigt. Eine gemeinsame Nutzung aller Datenbestände bietet nicht nur Kostenvorteile, sondern auch Effizienzvorteile.

Informationsbedürfnisse

Auch die regulatorischen Vorgaben zur Sicherstellung einer angemessenen Datenqualität (BCBS 239, MaRisk 6.0) treiben eine intensive Auseinandersetzung mit den Datenbeständen und Datenbanken voran. Hinzu kommt eine immer weiter steigende Berichtsvielfalt. Neben der finanziellen Berichterstattung ist in den letzten Jahren auch die nichtfinanzielle Berichterstattung in Gestalt von CSR- und Nachhaltigkeitsberichten immer stärker in den Fokus gerückt. Seit dem 1. Janauar 2017 ist die nichtfinanzielle Erklärung für große Kapitalmarktgesellschaften und haftungsbeschränkte Personengesellschaften sowie große Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern verpflichtend.

Abbildung 1: Zielbild eines integrierten Reportings Quelle: Wiedemann, Hille, Wiechers

All diese Treiber führen zu einer vermehrten Auseinandersetzung mit der technischen Umsetzung von integrierten Datenhaushalten in Banken. Ein integrierter Datenhaushalt bildet das Fundament für ein integriertes Reporting, in dessen Mittelpunkt die Vernetzung der Informationen steht, um ein Bild von der langfristigen Wertschöpfungsfähigkeit eines Unternehmens zeichnen zu können. Hierzu sollen auch bislang isolierte oder fehlende Informationen genutzt und miteinander in Beziehung gesetzt werden, um ein ganzheitliches Unternehmensbild zu erzeugen. Der Fokus liegt auf einer Verbesserung der Informationsqualität.

Wie in den Steuerungskonzepten der Risk Governance oder des Enterprise Risk Management soll auch in der Berichterstattung nicht mehr isoliert informiert (Integrated Reporting) respektive gedacht (Integrated Thinking) werden, sondern ganzheitlich und verknüpft. Hierbei soll auch die Zukunft mit einbezogen und nicht nur der Fokus auf die Vergangenheit gelegt werden. Gleichzeitig sollen im Sinne einer Informationsaskese die Informationen für den Berichtsempfänger in ihrer Komplexität reduziert werden und gleichzeitig prägnant und wesentlich sein. Das Zielbild eines integrierten Reportings zeigt Abbildung 1. Der integrierte Datenhaushalt speist die drei Steuerungskreise und beliefert die jeweiligen Adressaten mit den geforderten (extern) beziehungsweise gewünschten (intern) Informationen in Form adressatenspezifischer Berichte.

Integrationsbestrebungen

Auf dem Weg zu einem integrierten Reporting im Sinne des aufgezeigten Zielbildes lassen sich schon jetzt verschiedene Entwicklungslinien identifizieren, die als Teilschritte auf dem Weg zu einem wirklich ganzheitlichen Ansatz gewertet werden können. Eines der ersten Konzepte, das sich mit der integrierten Berichterstattung im Rahmen des externen Reportings beschäftigt, ist das des International Integrated Reporting Council. Das Ziel ist eine prägnante Berichterstattung über alle relevanten Aspekte der Wertschöpfung eines Unternehmens. Dabei steht vor allem die Verbindung zwischen finanziellen und nichtfinanziellen Informationen in der externen Berichterstattung im Vordergrund. Ziel ist es, den Kapitalgebern zu erklären, wie das Unternehmen im Zeitablauf einen Mehrwert schafft.

Der International Integrated Reporting Council hat zu diesem Zweck die folgenden Leitsätze aufgestellt:

- Strategische Ausrichtung und Zukunftsorientierung

- Beziehungen zwischen den Stakeholdern

- Konnektivität der Informationen

- Materialität

- Prägnanz

- Zuverlässigkeit und Vollständigkeit

- Konsistenz und Vergleichbarkeit

Mit einer derartigen Integration wird nicht nur eine Weiterentwicklung der Berichterstattung angestrebt, sondern es sollen auch Impulse für einen integrierten Managementansatz gesendet werden, der ökonomische, soziale, ökologische und Governance-Aspekte gleichermaßen in die Unternehmenssteuerung mit einbezieht.

Auch in der aufsichtsrechtlichen Perspektive finden sich Integrationsbestrebungen. Banken müssen zahlreiche aufsichtsrechtliche Vorgaben einhalten und im Rahmen des Meldewesens eine Vielzahl von statistischen Daten und Kennzahlen liefern. Die Berichte werden an die nationalen Zentralbanken (in Deutschland: Bundesbank) und die zuständigen nationalen (Aufsichts-)Behörden (in Deutschland: BaFin) mit unterschiedlichen Übertragungsfrequenzen und -zeiten sowie unterschiedlichen Aggregationsebenen übermittelt. Dies führt zu komplexen Berichtsplänen und -prozessen, die nicht harmonisiert sind und damit Redundanzen und Überschneidungen aufweisen. Grenzüberschreitend tätige Banken müssen den nationalen Behörden in allen Ländern, in denen sie aktiv sind, nach unterschiedlichen Anforderungen Bericht erstatten. Umgekehrt profitiert auch die Aufsicht von einer Integration und Harmonisierung, denn die Vielzahl von Daten und Berichten ist auch für die Aufsicht mit einem erhöhten Aufwand verbunden.

Perspektivisch zielen das Europäische System der Zentralbanken und der Statistikausschuss daher bei der Datenerfassung darauf ab, die bestehenden statistischen Rahmenbedingungen so weit wie möglich bereichs- und länderübergreifend zu standardisieren, zu harmonisieren und zu integrieren, um die Effizienz der Berichterstattung zu erhöhen und die Belastungen für die Banken zu reduzieren, ohne die Datenqualität zu vermindern. Ein integriertes Berichtssystem soll zudem die statistischen Berichtsanforderungen der Banken zusammenführen. Und drittens soll ein Integrated Reporting Dictionary den berichtspflichtigen Banken dabei helfen, die in ihren internen Systemen gespeicherten Informationen effizient zu organisieren. Eine wesentliche Voraussetzung hierfür sind qualitativ hochwertige Daten und gute Datenbankstrukturen in den berichtspflichtigen Instituten.

Abbildung 2: Zusammenwirken der drei Steuerungskreise Quelle: in Anlehnung an Wiedemann/Hille/Wiechers (2021), S. 65

Die Harmonisierungsbestreben der Aufsicht beschränken sich zurzeit (noch) auf die finanziellen Aspekte. In der jüngsten Zeit ist jedoch auch das Themenfeld Nachhaltigkeit in den Fokus der Aufsicht gerückt. Verschiedene Aufsichtsinstanzen geben Vorgaben und Hinweise zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten. Mit dem zunehmenden Interesse auch an nichtfinanzieller Berichterstattung wird zwangsläufig auch der Wunsch respektive die Forderung nach dessen Berücksichtigung in einer integrierten aufsichtsrechtlichen Perspektive aufkommen.

Abhängigkeiten der Steuerungskreise auf der finanziellen Ebene

Die bisherigen Integrationsbemühungen sind gekennzeichnet beziehungsweise werden getrieben von Vertretern der externen Steuerungskreise. Sie führen zu ersten Teilintegrationen und sind damit wichtige Teilschritte auf dem Weg zu einer umfassenden Integration aller drei Steuerungskreise (internes Controlling, Rechnungslegung, Aufsicht). Erst diese führt zu einer umfassenden Informationsversorgung des Managements und nur diese bietet die Voraussetzung für eine effiziente Banksteuerung. Nur mit einem systemübergreifenden Gebilde an Steuerungsgrößen gelingt es, ein vollständiges Bild einer Bank zu zeichnen. Jeder Steuerungskreislauf soll für seinen Fokus geeignete Steuerungsimpulse liefern. Gleichzeitig sollen sich die Kreisläufe in der gemeinsamen Betrachtung so ergänzen, dass keine blinden Flecke bestehen und ein Institut über eine integrierte performanceorientierte Kapitalsteuerung und Risikotragfähigkeitsrechnung verfügt.

Jeder Steuerungskreis repräsentiert eine Zielperspektive (eine Innensicht und zwei Außensichten). Damit hat jede Perspektive im Rahmen einer gesamtheitlichen Unternehmensführung für sich ihre Berechtigung. Darüber hinaus sind die einzelnen Perspektiven jedoch vielfältig miteinander verwoben, sodass eine lediglich isolierte Betrachtung der einzelnen Steuerungskreise ihr Ziel verfehlen würde. Es ist vor allem die Aufsicht, die durch ihre immer weitergehende Reglementierung eine Verzahnung der Säulen vorantreibt, indem sie auch in den Accounting- und ökonomischen Steuerungskreis eingreift.

Nicht zuletzt durch die Vorgaben im ICAAP und ILAAP verschmelzen die einzelnen Kreise zunehmend miteinander. Das Rechnungswesen liefert die notwendigen Informationen zur Bewertung und Berechnung der Ergebnis- und Risikogrößen für das Risikocontrolling. Die Informationen aus dem Risikocontrolling, aber auch aus dem Rechnungswesen werden wiederum im Meldewesen benötigt, um den gesetzlichen Anzeige- und Meldepflichten nachzukommen. Es ist daher eine ganz wesentliche, gleichzeitig aber auch komplexe Herausforderung, eine konsistente Steuerung zwischen den verschiedenen Steuerungskreisen herzustellen und widersprüchliche Steuerungsimpulse zu vermeiden.

Abbildung 2 zeigt das Zusammenwirken der drei Steuerungskreise auf der finanziellen Ebene. Ziel ist, die Konsistenzansprüche, Abhängigkeiten und inhärenten Logiken aufzuzeigen. Innerhalb der Steuerungsumgebung der externen Rechnungslegung "R", der Innensicht ökonomischer Managementinformationssysteme "Ö" und der übergreifend aufgesetzten aufsichtsrechtlichen Betrachtung "A" sind die verschiedenen Steuerungskreise zum Zweck der Kapital- und Liquiditätssteuerung auszudifferenzieren und in Beziehung zueinander zu setzen.

Die Steuerungsumgebung "Rechnungslegung" bildet die Finanzsituation einer Unternehmung auf der Grundlage von verbindlichen Ansatz- und Bewertungsregeln ab. Die Bilanzierungsregeln sind dabei an den ökonomischen Geschäftszweck (Halten, Halten und Verkaufen, Handel) der Bank respektive des einzelnen Geschäfts gekoppelt. Die Steuerungsumgebung liefert insbesondere die Basis für den öffentlichen Ausweis über die Finanzsituation sowie über den Erfolg oder Misserfolg einer Bank. Differenziert nach einer Kapital-/Ergebnis- und Liquiditätsdimension leiten sich zwei Subkreise ab. Die Ziel- und Risikokennziffern für das bilanzielle Eigenkapital und das bilanzielle Jahresergebnis (periodisch) (R1) werden durch die Rahmenbedingung der Zahlungsfähigkeit und deren Zielkennziffern flankiert (R2).

Tiefere Verzahnung der Steuerungskreise

Die Steuerungsumgebung "Ökonomie" bildet auf der Grundlage rein betriebswirtschaftlicher Ansatz- und Bewertungsregeln die Finanzsituation der Bank ab. Sie ist nicht an öffentlich normierte, möglicherweise wertverzerrende Bewertungsregeln gebunden. Des Weiteren ist die betriebswirtschaftliche Bewertung nicht an abgegrenzte Perioden gebunden, sondern beurteilt die Vorteilhaftigkeit eines Geschäfts in bar- beziehungsweise marktwertbasierten Rechnungen über seine Gesamtlaufzeit. Die typischerweise rein betriebsinternen Steuerungskreise, die auf die substanzielle Rentabilität und die Risiken der Geschäftstätigkeit abstellen, differenzieren wiederum nach einer (ökonomischen) Kapital-/Ergebnis- (Ö1) und Liquiditätsdimension (Ö2).

Sachlogisch müssen nach Ablauf eines Geschäfts die ökonomische Perspektive und die bilanzielle Perspektive zu einem identischen Urteil hinsichtlich des Erfolgs oder Misserfolgs eines Geschäfts führen. In der Summe positive periodische Ergebnisse in der bilanziellen GuV führen bei einem Geschäft zwingend zu einen positiven Substanz- oder Reinvermögenswertausweis. Umgekehrt muss ein positiver Zeitwert in der ökonomischen Perspektive sich im Zeitablauf in positiven GuV-Realisationen der Rechnungslegung niederschlagen.

Unbestimmt und nicht zwingend synchron verläuft jedoch die zeitliche Realisation zwischen ökonomischer Performancerechnung und bilanzieller GuV-Realisation respektive Eigenkapitalwirkung. Beispielsweise kann ein insgesamt vorteilhaftes Geschäft in der bilanziellen Betrachtung zunächst Verluste auslösen und erst in späteren Perioden überschießende Gewinne und Liquidität beisteuern. Aufgrund der hohen Bedeutung der öffentlichen Rechnungslegung und der existenziellen Frage nach der Durchhaltefähigkeit bei periodischen Verlusten oder Liquiditätsbedarfen einer Bank sind eine simultane Betrachtung und Überleitung ökonomischer Gewinne und Risiken in ihre bilanzielle Realisation zwingend erforderlich (dargestellt durch rote Verbindungslinie Ö1 nach R1 in Abbildung 2).

Bankenspezifische Eigenschaften des Modells

In Banken kommt zu den beiden Steuerungskreisen, die sich typischerweise auch in Unternehmen finden, noch ein weiterer Steuerungskreis, der der Regulatorik, hinzu. Der aufsichtsrechtliche Prüfungs- und Überwachungsprozess, speziell die Überwachung der Risikotragfähigkeit, umfasst eine normative, an bilanzielle Kapitalgrößen angelehnte Perspektive und eine ökonomische Perspektive.19) Der Steuerungskreis "Aufsicht" gestaltet sich infolgedessen sehr differenziert und umfasst in Säule I und Säule II insgesamt sechs Subkreise.

Die in der Säule I definierten Eigenmittel und Liquiditätsgrößen lehnen sich eng an bilanzielle Finanzgrößen an, die in Relation zu normierten Risikokennziffern stehen. Subkreis A1 umfasst Eigenmittelzielkennzahlen, die auf der bilanziellen Eigenkapitalermittlung basieren. Subkreis A2 umfasst die Ziele der Liquiditätsausstattung, die sich ebenfalls aus der bilanziellen Sicht ergeben. Analog ist für die Säule II in der normativen Betrachtung eine enge Verschränkung mit der bilanziellen Finanzdimension und in der ökonomischen Betrachtung mit der betriebswirtschaftlichen Steuerung festzustellen. Im Subkreis A3 finden sich die Eigenmittelzielkennzahlen (Säule 2 ICAAP normativ), die auf den Kennzahlen des Steuerungskreises des ICAAP der Säule I aufsetzen, im Subkreis A4 die Liquiditätszielkennzahlen (Säule 2 ILAAP normativ), die auf den Kennzahlen des Steuerungskreises des ILAAP der Säule I aufsetzen.

Analog unterteilen sich auch die Ziele der ökonomischen Perspektive in zwei Subkreise. Subkreis A5 bildet die Kapitaladäquanzziele (Säule 2 ICAAP ökonomisch) ab, die in der ökonomischen Sicht ökonomischen Prämissen folgen (je nach Abstufung von reinen Unternehmenswertkonzepten bis zu Säule 1+). Korrespondierend spiegelt Subkreis A6 die Liquiditätsadäquanzziele (Säule 2 ILAAP ökonomisch) wider.

Geschäftsmodellkonsistente Gesamtbanksteuerung

Soweit die finanzielle Steuerung drei dimensional aufgebaut ist, stellt sich für die Operationalisierung der Risiko- und Kapitalsteuerung auch die Frage, welches Steuerungskalkül als primäres Hauptinstrument für die laufende Geschäfts- und Risikosteuerung ausgewählt werden soll. Für die Beantwortung dieser Frage bildet das Geschäftsmodell einer Bank den Ausgangspunkt. Grundsätzlich kann zwischen einem primär kapitalmarktfernen oder kapitalmarktnahen Geschäftsmodell unterschieden werden.

Im konzeptionell einfachen Fall der Eindimensionalität kann die Abstimmung der drei Perspektiven wie folgt beschrieben werden: Zur Steuerung kapitalmarktbasierter oder kapitalmarktnaher Geschäftstätigkeiten ist in Bezug auf ihre ökonomische Aussagekraft und Zielerreichung eine wertorientierte Gesamtbanksteuerung zielführend, die von den periodenorientierten und aufsichtsrechtlichen Steuerungskreisen flankiert wird. Demgegenüber erscheint für grundsätzlich bis zur Fälligkeit gehaltene kundengeschäftsbezogene und eher kapitalmarktferne Geschäftstätigkeiten eine rechnungslegungsorientierte, periodische Primärsteuerung zielführender. In diesem Fall würden der wertorientierte und aufsichtsrechtliche Steuerungskreis als strenge Nebenbedingungen fungieren.

Abstimmung der Perspektiven

Multidimensionale, nicht vollständig einem Steuerungskalkül zuordenbare Geschäftsmodelle stellen eine komplexere Aufgabenstellung und in der Praxis den Regelfall dar. Selbst Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die im Grundstock ihrer Geschäftstätigkeit eher als kapitalmarktfern zu klassifizieren sind, weisen im Rahmen ihrer Eigenanlagen beziehungsweise in der Gesamtbanksteuerung auch kapitalmarktnahe Aktivitäten auf. In einem solchen Fall fällt dem Risikomanagement die Aufgabe zu, die Perspektiven möglichst zielgerecht und widerspruchsarm aufeinander abzustimmen. Die Grundlage bildet ein umfassender Datenhaushalt in dem die Verknüpfungen transparent werden.

Die vielfältigen Verzahnungen zwischen den drei Steuerungsdimensionen, die bereits heute bestehen, machen es für eine adäquate Banksteuerung unerlässlich, ein integriertes Berichts- und Steuerungssystem anzustreben. Dabei sollten die beiden externen Perspektiven der internen Perspektive nachgelagert folgen, in der, aus dem Geschäftsmodell abgeleitet, sich das Zielbild des Vorstands für sein Institut konkretisiert. In diesem Beitrag steht die Integration der finanziellen Ebene im Vordergrund. Durch die Vorgaben der Aufsicht aber auch durch die Initiativen im Bereich der externen Rechnungslegung findet der Gedanke der Nachhaltigkeit immer stärker auch Einzug in die Kreditwirtschaft. Eine zusätzliche Integration der nichtfinanziellen Perspektive in einer weiteren Ausbaustufe ist daher die logische Konsequenz und dürfte in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen.

Literaturverzeichnis

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Fußnoten

1) Von dem BCBS-Papier sind zunächst nur die bedeutenden Institute (significant institutions = SIs) betroffen. Folgerichtig gilt MaRisk AT 4.3.4 (Datenmanagement, Datenqualität und Aggregation von Risikodaten) nur für SIs. Über die Anforderungen an die Risikoberichterstattung gemäß MaRisk BT 3 (Anforderung), die für alle Institute bindend sind, lässt sich jedoch auch für die weniger bedeutenden Institute (less significant institutions = LSIs) die Forderung, eine angemessene Datenqualität sicherzustellen, herleiten. Vgl. BCBS 239; MaRisk.

2) Vgl. Reuse / Frère (2017), S. 71.

3) Vgl. Velte / Stawinoga (2017), S. 275; Velte (2017), S. 112.

4) Vgl. Richtlinie 2014/95/EU zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU. Die Umsetzung in Deutschland erfolgte durch das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG).

5) Vgl. Kirchhoff (2018), S. 7; International Integrated Reporting Council (2013).

6) Vgl. Stein et al. (2019).

7) Vgl. Lundqvist (2015), S. 443.

8) Integrated Thinking zielt auf die aktive Berücksichtigung und Nutzung der Beziehungen zwischen den verschiedenen operativen und funktionalen Einheiten einer Organisation und der Kapitalströme ab. Angestrebt werden integrierte Entscheidungen und Handlungen, um die Wertschöpfung auf kurze, mittlere und lange Sicht zu steigern. Im Rahmen des integrierten Reportings soll die Unternehmensführung zu einem ganzheitlichen Ansatz weiterentwickelt werden, der finanzielle und nichtfinanzielle Aspekte der Wertschöpfung und deren Beziehungen und Abhängigkeiten in die Unternehmenssteuerung und die relevanten Entscheidungsprozesse integriert. Vgl. International Integrated Reporting Council (2013), S. 2; Freidank / Hinze (2015), S. 64.

9) Vgl. International Integrated Reporting Council (2013), S. 7.

10) Vgl. International Integrated Reporting Council (2013), S. 5.

11) Vgl. EZB (2019a), S. 1.

12) Vgl. EZB (2019b).

13) Siehe dazu beispielweise BaFin (2019).

14) Vgl. Wiedemann/Hille/Wiechers (2021).

15) Vgl. EZB (2018a).

16) Vgl. EZB (2018b).

17) Diese Klassifizierung basiert auf der IFRS 9 (IFRS 9.4.1.1 - 4.1.4). Im HGB lassen sich den Geschäftsmodellklassifikationen der IFRS in grober Analogie finden.

18) Vgl. Wiedemann et al. (2021).

19) Vgl. Deutsche Bundesbank / BaFin (2018); EZB (2018a).

20) Vgl. Wiedemann et al. (2020).

21) Vgl. ausführlich Wiedemann et al. (2021).

Univ.-Prof. Dr. Arnd Wiedemann Lehrstuhl für Finanz- und Bankmanagement, Universität Siegen
 
Vanessa Hille, M.Sc. Lehrstuhl für Finanz- und Bankmanagement, Universität Siegen
 
Dr. Sebastian Wiechers DZ Bank AG, Frankfurt am Main
Univ.-Prof. Dr. Arnd Wiedemann , Inhaber des Lehrstuhls für Finanz- und Bankmanagement , Universität Siegen
Vanessa Hille , Lehrstuhl für Finanz- und Bankmanagement, Universität Siegen
Dr. Sebastian Wiechers , DZ Bank AG, Frankfurt am Main

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