Mezzanine in der Immobilienfinanzierung

Tim Schymik, Foto: Corestate

Steigende Eigenkapitalanforderungen an Kreditnehmer bereiten dem Siegeszug der Mezzanine-Finanzierungen den Weg. Als eine Mischform aus Eigenkapital und Fremdkapital bietet diese Finanzierungsform nach Meinung des Autors viele Vorteile für Investoren, auch für Immobilieninvestoren. Der Hauptvorteil bestehe dabei in der großen Flexibilität der Instrumente für den Investor in Bezug auf Laufzeit, aber auch Preise und Konditionen, die auf die individuellen Bedürfnisse und Rechtsform des Kunden zugeschnitten werden könnten. Der Autor sieht einen Grund für die gestiegene Nachfrage nach Mezzanine-Finanzierungen in der aktuellen Entwicklung des Immobilienmarktes, wo immer weniger Objekte zur Verfügung stehen, die den Risikokriterien der Banken entsprechen. Schymik sieht einen weiter steigenden Anteil von Mezzanine-Finanzierungen in Deutschland und erwartet, dass dadurch auch verstärkt internationale Anbieter angelockt werden. (Red.)

Steigende Eigenkapitalquoten machen es vielen investierenden Unternehmen derzeit schwer, ihre Vorhaben zu verwirklichen: Aufgrund der rechtlichen und regulatorischen Vorgaben fordern Banken bei der Kreditvergabe eine hohe Eigenkapitalbeteiligung ihrer Kreditnehmer - bei Immobilienprojekten beispielsweise 30 bis 40 Prozent der Investitionssumme. Abzusehen ist, dass diese Anforderungen zukünftig sogar noch steigen werden, denn die Eigenkapital und Liquiditätsregeln für Kreditinstitute werden sich in den kommenden Jahren weiter verschärfen.

Hierzu wird insbesondere der Abschluss des Kapitalregelwerks Basel III beitragen, der aufgrund seiner zahlreichen Maßnahmen von vielen Marktteilnehmern bereits Basel IV genannt wird. Die neuen Regeln sehen diverse Veränderungen auf Ebene der risikogewichteten Aktiva vor, die mit einer Erhöhung der Mindestkapitalanforderungen insbesondere europäischer Banken einhergehen.

Eine vom Bundesverband deutscher Banken durchgeführte Studie im April 2019 kommt zum Schluss, dass diese Veränderungen die Kreditvergabe gerade im Bereich der Immobilienfinanzierung zukünftig weiter erschweren und verteuern werden. Geplant ist, dass das Reformpaket zum 1. Januar 2022 zur Anwendung kommt. Für den Investor stellt der von ihm zu leistende höhere Eigenkapitalanteil eine Herausforderung dar; denn das von ihm investierte Kapital bleibt über einen längeren Zeitraum fest mit dem Investitionsprojekt verbunden. So kann er trotz aussichtsreicher Investitionsvorhaben nur vergleichsweise wenige Projekte realisieren.

Mezzanine Finanzierungen bieten einen Ausweg aus dieser Situation: Sie entlasten das Eigenkapital des Investors, verbessern seine Bilanzstruktur und damit seine Bonität und sorgen gleichzeitig für eine hohe Flexibilität. Daher erfreut sich diese Finanzierungsform in Deutschland einer steigenden Beliebtheit. In der Finanzierung von Wohn und Geschäftsimmobilien hat sie sich bereits fest etabliert. Doch was zeichnet eine Mezzanine Finanzierung aus? Wo liegen ihre Vorteile? Und worauf ist bei ihrer Gestaltung zu achten?

Ein Mix aus Eigen- und Fremdkapitalmerkmalen

Der Begriff "Mezzanine" hat seinen Ursprung in der italienischen Architektur und bedeutet "Zwischengeschoss". Wie dieser Begriff schon andeutet, handelt es sich bei einer Mezzanine Finanzierung um eine Zwischen oder Mischform von Eigen und Fremdkapitalfinanzierung. Sie ist dadurch geprägt, dass sie sowohl Eigenschaften der Eigen als auch der Fremdkapitalfinanzierung miteinander verbindet.

Die konkrete Ausgestaltung der Mezzanine Finanzierung kann sehr unterschiedlich sein, daher dient "Mezzanine" als Oberbegriff für eine Vielzahl von hybriden Finanzierungsformen. Zur Anwendung kommen beispielsweise Genussscheine, Nachrangdarlehen, Wandel und Optionsanleihen, Going Public Optionsanleihen, Gesellschaftsdarlehen, Vorzugsaktien sowie stille Beteiligungen.

Ziel einer Mezzanine Finanzierung ist es, die Finanzierungslücke zwischen Eigen und Fremdkapital zu schließen. Sie kommt daher bevorzugt zum Einsatz, wenn ein Unternehmen trotz ausreichendem und stabilem Cashflow seine Kreditlinien ausgeschöpft hat beziehungsweise sein Eigenkapital schonen und/oder attraktivere Darlehenskonditionen erreichen will.

Traditionelle Anwendungsbereiche dieser Finanzierungsform sind Management Buy outs. Kleine und mittelständische Unternehmen setzen Mezzanine Kapital gerne zur Finanzierung von Wachstumsstrategien, zur Entwicklung neuer Geschäftsfelder, zur Akquisition von Unternehmen oder zur Refinanzierung eigener Verbindlichkeiten ein. Auch Crowdfinanzierungen setzen häufig auf Mezzanine und sorgen für eine steigende Bekanntheit dieser Finanzierungsform. Heraus ragende Bedeutung haben Mezzanine Finanzierungen allerdings auf dem Immobilienmarkt: Während diese in den USA bereits seit Jahrzehnten fest etabliert sind, steigt ihr Anteil in Deutschland derzeit mit hohen Zuwachsraten an.

Mezzanine Finanzierungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie individuell auf die Bedürfnisse des Investors und entsprechend der Rechtsform des Unternehmens zugeschnitten werden können. Dies betrifft die Preise und Konditionen genauso wie die Laufzeit. Gemeinsam ist ihnen, dass das Mezzanine Kapital nicht das stimmrechtsfähige Eigenkapital erhöht und sich somit keine Verschiebungen in den Mehrheitsverhältnissen der Gesellschafteranteile ergeben. Außerdem wird das Mezzanine Kapital nachrangig bedient:

Je nachdem, ob die Finanzierungsbausteine eher eigen oder fremdkapitalähnlich sind, wird zwischen Equity Mezzanine Capital und Debt Mezzanine Capital unterschieden. Während Equity Mezzanine Capital auch bilanziell ins Eigen kapital eingeht, bleibt Debt Mezzanine Capital bilanziell Fremdkapital, wird wirtschaftlich aber wie Eigenkapital behandelt.

Zahlreiche individuelle Ausgestaltungsmöglichkeiten

Als Anbieter von Mezzanine Finanzierungen treten insbesondere Mezzanine Fonds, Family Offices, Beteiligungsgesellschaften, Banken und Versicherungen auf. Sie profitieren von der Vergabe des Mezzanine Kapitals in aller Regel in Form von Zinseinkünften sowie einer Beteiligung am Unternehmenserfolg. Bei den Zinseinkünften kann es sich um einen Festzins, einen Floater, eine Nullkupon Konstruktion oder eine an den Unternehmenserfolg orientierte Zinszahlung handeln. Die Beteiligung am Unternehmenserfolg, auch Equity Kicker genannt, kann in Form von Bezugsrechten beziehungsweise Optionen auf Unternehmensanteile, von Wandlungsrechten des Mezzanine Darlehens in Eigenkapital, von Rechten auf die Teilnahme an zukünftigen Kapitalerhöhungen oder Prämienzahlungen bei Fälligkeit des Mezzanine Darlehens ausgestaltet sein.

Im Immobiliensektor treten Mezzanine Finanzierungen mittlerweile sehr häufig auf. Indem sie das wirtschaftliche Eigenkapital des Investors erweitern, kann dieser mehr Projekte umsetzen, als dies über eine reine Fremdkapitalfinanzierung möglich wäre. Dies gilt insbesondere für Immobilien und Bauprojekte sowie für Projektentwicklungen in B und C Lagen, bei denen Kreditgeber tendenziell höhere Eigenkapitalquoten beziehungsweise Sicherheiten verlangen. Mezzanine Finanzierungen können sowohl bei Bestandsimmobilien als auch bei Projektentwicklungen eingesetzt werden. Da Projektentwicklungen im Vergleich zu Buy and hold Strategien derzeit höhere Renditen versprechen, ist auch die Nachfrage nach Mezzanine Finanzierungen hierfür in den vergangenen Jahren gestiegen. Projektentwicklungen sind jedoch in aller Regel mit höheren Risiken verbunden.

Daher empfiehlt es sich für Investoren, mit Finanzierungspartnern zusammenzuarbeiten, die entsprechende Erfahrungen, spezifische Marktkenntnisse und ein belastbares Netzwerk in die Partnerschaft einbringen können. Der Finanzierungspartner sollte neben einem entsprechenden Track Record ähnlicher Finanzierungsprojekte darüber hinaus bewiesen haben, dass er mit Krisensituationen umzugehen weiß und umfassende Beratungsleistungen erbringen kann.

Steigende Nachfrage dank Immobilienboom

Dass sich Mezzanine Finanzierungen im deutschen Immobilienmarkt fest etabliert haben und sich steigender Beliebtheit erfreuen, zeigen diverse Studien und Marktberichte. Sie kommen unisono zu dem Schluss, dass gerade in den beiden letzten Jahren alternative Finanzierungsinstrumente im Vergleich zum klassischen Bankdarlehen immer stärker nachgefragt wurden. Den größten Anteil unter den alternativen Finanzierungsformen haben dabei Mezzanine Finanzierungen. Im Jahr 2018 - so die Schätzungen - wurden Immobilieninvestoren in Deutschland mehr als 6 Milliarden Euro in Form von Mezzanine Finanzierungen zur Verfügung gestellt.

Die steigende Nachfrage nach Mezzanine Finanzierungen ist nicht zuletzt den aktuellen Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt geschuldet: Je weniger Immobilienobjekte am Markt verfügbar sind, die den Risikokriterien der Banken genügen, desto mehr wird auf alternative Finanzierungsformen zurückgegriffen. Außerdem sind die Refinanzierungskosten der Banken zuletzt gestiegen, sodass ihre Margen auf niedrigem Niveau stagnieren und sie ihre Finanzierungsangebote zurückfahren. Dies gilt insbesondere auch für spezielle Finanzierungssituationen wie die Repositionierung. Für derartige Investitionsvorhaben ist eine klassische Bankfinanzierung nur schwer zu erhalten.

Hohe Wachstumsraten

Aufgrund ihrer zahlreichen Vorteile, der weiter zunehmenden Anforderungen bei der Fremdkapitalvergabe und der der zeitigen Immobilienmarktsituation ist zu erwarten, dass der Anteil an Mezzanine Finanzierungen in Deutschland in den kommenden Jahren weiter deutlich steigen wird. Marktteilnehmer äußern sich in Umfragen und Veröffentlichungen durchweg optimistisch. Daher interessieren sich auch immer mehr institutionelle Investoren dafür, in den Markt einzusteigen und Mezzanine Kapital anzubieten. Steigt die Nachfrage nach Mezzanine Finanzierungen weiterhin mit den gleichen Wachstumsraten an, werden außerdem internationale Anbieter verstärkt auf dem deutschen Markt auftreten. Sie sind bislang kaum in Deutschland vertreten.

Im Vergleich zu den USA ist der Mezzanine Markt in Deutschland noch sehr klein. In den USA haben sich Mezzanine Finanzierungen schon sehr früh etabliert und kamen bereits beim Bau der Eisenbahnlinien zum Einsatz. Hintergrund dieser frühen Entwicklung ist, dass US-amerikanische Banken immer schon einen deutlich höheren Eigenkapitalanteil ihrer Kreditnehmer erwarteten. Bis heute steuern US amerikanische Banken üblicherweise nur rund 40 Prozent des Gesamtkapitals einer Investition bei. Daher haben Mezzanine Finanzierungen in den USA eine lange Tradition, während sie in Europa - und insbesondere in Deutschland - erst in den 1980er Jahren bekannt wurden.

Tim Schymik Geschäftsführer, HFS Helvetic Financial Services AG, Wollerau, Schweiz
Tim Schymik , Geschäftsführer, HFS Helvetic Financial Services AG, Wollerau, Schweiz
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