Nachhaltiger Wandel - ein gesellschaftlicher Auftrag

Dominik Lamminger, Foto: VÖB

Bei der Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft in Richtung Nachhaltigkeit spielen öffentliche Banken eine zentrale Rolle - dies ist Teil ihres gesellschaftlichen Auftrags. Dabei kommt es nach Meinung der Autoren ganz besonders auf die Beschäftigten der Finanzinstitute an: Sie müssten befähigt werden, den nachhaltigen Wandel aktiv zu gestalten. Denn nur durch ihr Engagement können die Institute ihren Auftrag erfüllen. Dafür haben die öffentlichen Banken laut Artikel gemeinsam mit den Gewerkschaften Verdi und Deutscher Bankangestellten Verband (DBV) im August 2021 einen Nachwuchskräftetarifvertrag abgeschlossen, in dem der Anspruch auf Weiterbildung zum Thema Nachhaltigkeit integriert ist. Darin sehen Lamminger und Weissbrodt auch eine Möglichkeit, die Bindung junger Fachkräfte an das eigene Unternehmen zu erhöhen. Auch an den Universitäten werde das Thema Nachhaltigkeit immer stärker in die Ausbildung integriert. (Red.)

Das Thema Nachhaltigkeit spielt seit Jahren eine zentrale Rolle in gesellschaftlichen Debatten. Insbesondere das Jahr 2019 mit dem Erstarken der Fridays-For-Future-Bewegung hat das Bewusstsein für Nachhaltigkeit extrem geschärft. Ende September 2019 erreichte die Bewegung ihren vorläufigen Höhepunkt, als allein in Deutschland 1,4 Millionen Menschen für mehr Klimaschutz demonstrierten. Im Jahr 2020 kamen die Demonstrationen auf den Straßen zu einem abrupten Halt. Die Corona-Pandemie brachte das öffentliche Leben weitestgehend zum Stillstand.

Nur scheinbar verdrängt

Die Menschen sorgten sich um die eigene Gesundheit und das Wohlergehen von Freunden und Familie. Viele hatten Angst um ihr Unternehmen, ihren Arbeitsplatz und ihr Einkommen. Die Debatten über den Ursprung des Virus und die zukünftige Vermeidung derartiger Pandemien führte immer wieder zu der Frage: Wie nachhaltig ist unsere Art zu leben und zu wirtschaften? Somit hatte Corona das Thema Nachhaltigkeit nicht verdrängt, sondern vielmehr ins Zentrum der öffentlichen Diskussion gerückt.

Auch wenn die Frage nach einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Lebensweise uns alle umtreibt, so ist sie doch insbesondere für die junge Generation von zentraler Bedeutung. Eine Befragung der Unternehmensberatung Price Waterhouse Coopers aus dem Frühjahr dieses Jahres zeigt deutlich, welch hohe Bedeutung junge Menschen dem Thema Nachhaltigkeit beimessen: Gefragt nach ihren Topinteressen antworten 52 Prozent der Befragten mit "Umwelt und Klima". Danach folgen Themen wie "Schule und Ausbildung" (45 Prozent) und "Gesundheit" (42 Prozent). Bei jungen Menschen scheint die sonst so übliche Diskrepanz zwischen dem Bewusstsein für das Thema und der Bereitschaft, das eigene Verhalten entsprechend zu ändern, weit weniger stark ausgeprägt als in anderen Altersgruppen. Sprich: Junge Menschen reden nicht nur über Nachhaltigkeit, sie leben auch stärker danach und treffen auf dieser Grundlage Entscheidungen.

Der Handlungsdruck beim Thema Nachhaltigkeit hatte die Politik bereits vor Corona erreicht. 2019 präsentierte die EU-Kommission unter Ursula von der Leyen den EU Green Deal, mit dem Europa nachhaltiger und wettbewerbsfähiger werden soll. Seit der Vorstellung des ehrgeizigen Projekts wurden zahlreiche konkrete Teilinitiativen angestoßen - vom Klimagesetz über die Wasserstoff-Allianz bis zum Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft. Stück für Stück wird das ambitionierte Programm in konkrete Formen und Vorhaben gegossen.

Entscheidende Rolle der Finanzindustrie

Um die von der EU-Kommission vorgegebenen Ziele zu erreichen, muss die europäische Wirtschaft die Transformation in Richtung Nachhaltigkeit entschlossen und zügig vorantreiben. Nachhaltigkeit wird dabei für Unternehmen zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor und für die Wirtschaft zu einem expansiven Wachstumsfeld. Dabei erschöpft sich das ökonomische Potenzial von Nachhaltigkeit nicht in der Transformation bestehender Unternehmen. Vielmehr bietet der Trend Raum für von Grund auf neue Geschäftsmodelle mit enormem Wachstums- und Beschäftigungspotenzial.

Bei der Erschließung und Nutzung dieser Möglichkeiten kommt der Finanzindustrie eine zentrale Rolle zu. Ihre Fähigkeit, Finanzströme in nachhaltige Projekte und Protagonisten zu leiten, ist ein entscheidender Faktor. Insbesondere öffentliche Banken treiben durch speziell ausgerichtete Förder- und Kreditprogramme sowie ihr umfassendes Know-how den nachhaltigen Umbau von Unternehmen und Kommunen zielstrebig voran. Gleichzeitig sind öffentliche Banken selbst Akteure im Wirtschaftskreislauf und leisten durch die nachhaltige Ausrichtung der eigenen Organisation einen weiteren wichtigen Beitrag zur Transformation.

Strategische Entscheidungen einer Organisation für mehr Nachhaltigkeit nach innen wie nach außen sind richtig und wichtig. Doch beim Umbau der Wirtschaft und der eigenen Organisation in Richtung Nachhaltigkeit sind die öffentlichen Banken vor allem auch auf die Fähigkeiten und das Engagement ihrer Beschäftigten angewiesen. Entsprechend müssen diese dazu befähigt werden, das Thema Nachhaltigkeit aktiv zu gestalten. Nur so können die Herausforderungen, die sich aus der Transformation ergeben, bewältigt werden.

Gleichzeitig geht es nicht nur um den Bedarf der Institute an Beschäftigten, die sich im Bereich Nachhaltigkeit auskennen. Vielmehr fordern die Mitarbeiter in den Banken ebenso wie in anderen Branchen selbstbewusst ein größeres Engagement in diesem Bereich von ihren Arbeitgebern. Das gemeinsame Bedürfnis und Bekenntnis von öffentlichen Banken und ihren Beschäftigten zum Thema Nachhaltigkeit hat dabei positive Auswirkungen nicht nur auf Wirtschaft und Gesellschaft, sondern auch auf die Beziehung zwischen den Instituten und ihren Beschäftigten, insbesondere bei der jüngeren Generation. Eine länderübergreifende Umfrage der Unternehmensberatung Deloitte aus dem Jahr 2020 unter Millennials und Mitgliedern der Generation Z zeigt, dass die Bindung zum eigenen Arbeitgeber und die Bereitschaft, längerfristig für diesen tätig zu sein, mit dessen Engagement im Bereich Nachhaltigkeit wächst.

Damit die Beschäftigten der öffentlichen Banken den Umbau der Wirtschaft und des eigenen Instituts aktiv gestalten können, müssen sie mit den notwendigen Kenntnissen und Methoden ausgerüstet werden. Hier sind auch die Institute in der Pflicht und öffentliche Banken nehmen diese Verantwortung sehr ernst. Entsprechend bietet ein großer Teil der öffentlichen Banken ihren Mitarbeitern die Möglichkeit, sich weiterzubilden und wertvolle Fähigkeiten zu erlernen, um Zukunftsthemen voranzutreiben.

Anspruch auf Weiterbildung

Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der jungen Generation, denn hier sind das Bewusstsein und der Handlungswille in Bezug auf Nachhaltigkeit besonders stark ausgeprägt. So bieten öffentliche Banken den Nachwuchskräften eine sinnstiftende Tätigkeit und erhöhen gleichsam ihre Attraktivität als Ausbilder und Arbeitgeber.

Vor diesem Hintergrund haben die öffentlichen Banken gemeinsam mit den Gewerkschaften Verdi und DBV im August dieses Jahres einen Nachwuchskräftetarifvertrag abgeschlossen, der einen klaren Schwerpunkt auf das Thema Nachhaltigkeit legt. Für die jungen Menschen, die sich für eine Karriere bei einer öffentlichen Bank entscheiden, etabliert der Tarifvertrag einen festen Anspruch auf Weiterbildung zum Thema Nachhaltigkeit.

Darüber hinaus wird auch der Karriereweg der jungen Menschen durch den Tarifvertrag nachhaltig gestaltet. Während aufgrund der wirtschaftlichen Eintrübung durch die Corona-Krise die Zahl der geschlossenen Ausbildungsverträge im vergangenen Jahr um fast 10 Prozent gesunken ist, bilden die öffentlichen Banken in gewohnt hohem Maße aus. Dabei sollen die jungen Talente zu Fach- und Führungskräften ausgebildet werden, die langfristig im Institut verbleiben und dort ihr volles Potenzial entdecken und entfalten können. Deshalb enthält der Nachwuchskräftetarifvertrag Regelungen zur Übernahme in unbefristete Arbeitsverhältnisse. Bei entsprechender Leistung erhalten 60 Prozent der Nachwuchskräfte in unmittelbarem Anschluss an die Ausbildung ein Angebot für ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Weiteren 20 Prozent wird unter denselben Voraussetzungen ein auf zwölf Monate befristeter Arbeitsvertrag angeboten.

Schwerpunkt Nachhaltigkeit in der Ausbildung

Auch außerhalb der Institute muss das Thema Nachhaltigkeit bereits in der Ausbildung der zukünftigen Finanz- und Wirtschaftsexperten einen zentralen Stellenwert einnehmen. Denn hier werden die jungen Menschen maßgeblich auf das Berufsleben vorbereitet, fachlich ebenso wie persönlich. Deshalb setzen sich die öffentlichen Banken dafür ein, dass junge Menschen, die einen Karriereweg in der Finanzindustrie einschlagen, frühzeitig für das Thema sensibilisiert werden. An Universitäten und Hochschulen wird bereits das Thema Nachhaltigkeit zunehmend als wichtiger Baustein in der Ausbildung und Lehre forciert. Jedoch zeigt die Praxis, dass Nachhaltigkeit zukünftig auch in Studium, Aus- und Fortbildung noch eine weitaus größere Rolle spielen muss.

Nachhaltigkeit ist kein Zukunftsthema - vielmehr ist es ein Thema der Gegenwart. Die öffentlichen Banken treiben die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft aktiv voran. Dabei sind sie auf die Fähigkeiten und das Engagement ihrer Beschäftigten angewiesen. Deshalb machen die öffentlichen Banken Nachhaltigkeit zu einem Schwerpunkt in der Weiter- und Ausbildung ihrer Mitarbeiter, beginnend beim Nachwuchs. Sie müssen befähigt werden, den notwendigen Wandel aktiv mitzugestalten, innerhalb und außerhalb der Institute. Nur so können Institute und Beschäftigte gemeinsam den gesellschaftlichen Auftrag der öffentlichen Banken erfüllen.

Dominik Lamminger Mitglied der Geschäftsleitung, Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands, VÖB, e.V., Berlin
Siegbert Weissbrodt Vorsitzender der VÖB-Tarifkommission, Frankfurt am Main
Dominik Lamminger , Mitglied der Geschäftsleitung , Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands e.V. (VÖB), Berlin
Siegbert Weissbrodt , Vorsitzender der VÖB-Tarifkommission, Frankfurt am Main

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