Nachhaltigkeit als Erfolgsfaktor in einer Post-Corona-Zeit

Scott Berg, Foto: T. Rowe Price

Es gibt viele positive Argumente dafür, warum sich Nachhaltigkeit für Unternehmen lohnt. Zum Beispiel können das Unternehmensimage positiv gestärkt oder durch einen sparsameren Ressourcenumgang Kosten gesenkt werden. Unternehmen, die die ESG-Kriterien berücksichtigen, stellen sich angesichts der Corona-Pandemie aber oft auch als besonders zukunftsfähig dar. Daher ist es für Unternehmen essenziell, ESG-Themen in ihre langfristigen Strategien einzubinden, so der Autor. Die Pandemie habe die Akzeptanz von Nachhaltigkeitsthemen um Jahre beschleunigt. Das beeinflusse auch die Investitionslandschaft. Unternehmen müssten sich also ihren Handlungen und den dadurch entstehenden Konsequenzen für den Planeten bewusst werden, ein Umdenken finde aber zu großen Teilen schon statt. Um langfristig wirtschaftliche Stabilität sowie Erfolg aufrechterhalten zu können, sei allerdings das Zusammenspiel zwischen Gesellschaft, Unternehmen, Regierungen sowie Investoren erforderlich. (Red.)

Krisen bedeuten Veränderung. Die globale Finanzkrise 2007/2008 hat dazu geführt, dass mit der Art und Weise abgerechnet wurde, wie Unternehmen gelenkt wurden. Dies galt insbesondere für den Finanzsektor. Die globale Finanzkrise hatte treuhänderische Verantwortungen neu definiert und den Kunden sowie Aktionären mehr Gewicht verliehen. Angetrieben von staatlichen Rettungsaktionen, neuen Regelungen und stärkeren Beteiligungen von Aktionären führte die Krise zu einer zunehmenden Transparenz und einer grundlegenden Veränderung der Finanzwelt.

Die Jahre nach der globalen Finanzkrise zeigten eine seismische Verschiebung in der globalen Wirtschaftslandschaft. Insbesondere der technologische Fortschritt hat sämtliche Sektoren und Industrien durchdrungen und auch zu Disruptionen geführt. Die erhöhte Effizienz führte zu Arbeitsplatzreduzierungen. Einige Industrien sind komplett von der Bildfläche verschwunden. Dieses Umfeld hat klare Gewinner und Verlierer hervorgebracht, was zu sozialen und politischen Spannungen führte.

Aktuell beschleunigt die Corona-Pandemie viele disruptive Trends. E-Commerce und moderne Kommunikationsformen haben durch die soziale Distanzierung und die Schließung des konventionellen Einzelhandels einen enormen Schub verliehen bekommen, der ansonsten noch Jahre in Anspruch genommen hätte. Unternehmen vertrauen derweil auf Technologien, die den Mitarbeitern die Arbeit von zu Hause ermöglichen. Diese Umstellung dürfte auch nach der Corona-Pandemie weiter anhalten. Die weltweiten Bemühungen der Regierungen, die mit beispiellosen geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen Arbeitsplätze erhalten wollten, konnten den wachsenden sozialen Druck nicht abfedern. In der Corona-Krise entstand eine intensive Debatte darüber, wie sozialer und wirtschaftlicher Ungleichheit begegnet werden sollte.

Aktuelle Gesundheitskrise als Weckruf für den Tech-Sektor

In diesem Umfeld ist es für Unternehmen unabdingbar, das Thema Nachhaltigkeit in ihre langfristigen Strategien zu integrieren. In erster Linie geht es dabei nicht um eine gute Unternehmensführung und soziales Engagement, sondern um eine solide Geschäftsstrategie, um den ökologischen und sozialen Herausforderungen zu trotzen. Nachhaltigkeit ist eng verknüpft mit visionärem Denken und disziplinierter Führung. Dies gilt vor allem in Krisenzeiten. Erst dann befinden sich Unternehmen auf der richtigen Seite des Wandels.

So wie die globale Finanzkrise ein Weckruf für Unternehmen aus dem Finanzsektor war, ist die aktuelle Gesundheitskrise einer für den Technologiesektor. Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance - Umwelt, Soziales, Unternehmensführung) sind großen Technologieunternehmen wie Apple, Amazon und Netflix nicht fremd. Denn ihre Geschäftsmodelle haben nicht nur vom gesellschaftlichen Wandel profitiert, sondern ihn förmlich angetrieben. Dementsprechend haben sie die Art und Weise beeinflusst, wie Menschen kommunizieren, einkaufen und fernsehen.

Diese gesellschaftlichen Veränderungen haben zwar das Unternehmenswachstum vorangetrieben, aber auch die operationellen Risiken verstärkt. Viele Technologieunternehmen haben wesentliche Schritte unternommen, um ihr Humankapitalmanagement und ihre Ethik zu verbessern und so beispielsweise verstärkt auf die Zahlung internationaler Steuern gesetzt.

Amazon-Chef Jeff Bezos stellte in seinem Aktionärsbrief nicht nur die besondere Rolle heraus, die das Unternehmen im Leben vieler Kunden spielt, sondern kündigte auch Investitionen im großen Stil an. Ziel ist dabei, dass die Logistik auf die Kundenwünsche ausgerichtet ist, die Sicherheit der Mitarbeiter gegeben ist, der Verpackungsmüll reduziert wird und die Diversität und die Fähigkeiten künftiger Generationen gestärkt wird. Diese Kernaufgaben dienen dazu, Unternehmen nachhaltiger aufzustellen. Dass einer der erfolgreichsten Geschäftsführer das Thema Nachhaltigkeit in den Fokus rückt, demonstriert, welche Bedeutung dieses Thema in der Unternehmensstrategie einnimmt.

Doch nicht nur Unternehmen mit einer starken Marktkapitalisierung erkennen den Stellenwert nachhaltiger Themen und wie sie das Leben verbessern können. Auch kleinere Firmen haben seit der Pandemie erkannt, wie wichtig es ist, Menschen in herausfordernden Zeiten zu unterstützen. Beispielsweise spielen E-Commerce-Plattformen eine entscheidende Rolle, kleinen Unternehmen beim Übergang von offline zu online zu helfen. So hat sich in der Gesundheitsbranche gezeigt, dass einige kleinere Biotech-Firmen an vorderster Front stehen, um den Kampf gegen das Corona-Virus zu gewinnen. Denn sie besitzen die Möglichkeiten, akkurate Tests zu entwickeln, Serologie-Research zu betreiben und bei der Entwicklung des Impfstoffes behilflich zu sein.

Noch nie in der Geschichte zuvor gab es einen derartigen kollektiven Fokus auf ein Problem wie während der Corona-Pandemie. Die Hoffnung besteht, dass die Gesellschaft auch zukünftig mit einem stärkeren Sinn für gemeinsame Ziele aus dieser Zeit hervorgeht. Gute ESG-Praktiken bringen oftmals nachhaltigere und dauerhafter bestehende Unternehmen hervor. Ein Blick auf die Welt zeigt, dass etliche Sektoren fruchtbaren Boden für das Thema Nachhaltigkeit liefern und eine positive Stoßrichtung angeben.

Die letzten Jahre zählen zu den heißesten in der Geschichte. Katastrophale Wetterereignisse wie Waldbrände, Hurrikans oder Überschwemmungen veranschaulichen den Klimawandel. Besonders attraktiv wirken daher Unternehmen, die den Klimawandel angehen. Dies zeigt sich in der Abscheidung und Speicherung von Kohlenstoff, nachhaltigen Verpackungen, dem Anbieten von grünen Alternativen, um den CO2-Fußabdruck zu reduzieren. So sind beispielsweise Papier- und Verpackungsunternehmen gut positioniert, sofern sie von Kunststoffen auf nachhaltigere Materialien umstellen. Als attraktiv erweisen sich auch Unternehmen, die umweltfreundlichere Kraftstoffalternativen wie Industriegase herstellen.

Für die Verbesserung der ökologischen Nachhaltigkeit sind Versorgungsunternehmen von entscheidender Bedeutung. Denn sie verfügen über eine ausgebaute Infrastruktur und dauerhafte Einkommensstruktur, mithilfe derer sie in der Lage sind, in erneuerbare Energien zu investieren. So können sie die für die Gesellschaft relevante Energiewende vorantreiben. Interessant sind gut geführte und qualitativ hochwertige Versorgungsunternehmen, die erhebliche Ressourcen aufbringen, um die Infrastruktur für erneuerbare Energien zu verbessern.

Das Corona-Virus hat eine Zeit wachsender Nachfrage und Kosten für die Gesundheitsversorgung durchkreuzt und eine zweigeteilte Landschaft im Gesundheitswesen kreiert. Schon vor der Pandemie boten Biologika-Unternehmen aufgrund ihrer Innovationskraft Potenzial. Die Verbreitung des Corona-Virus hat nun aufgezeigt, wie essenziell diese Art von Unternehmen ist. Zudem hat die Corona-Pandemie die Telemedizin um Jahre vorangetrieben. Diese Dienstleistung wird von den Patienten schnell angenommen und hilft dabei, die sichere Kommunikation mit Ärzten aufrechtzuerhalten.

Massives und schnelles Wachstum verursacht in jedem Sektor zunehmende Schwierigkeiten. Dabei ist der Technologiesektor keine Ausnahme. Vielmehr war er von negativen Nachrichten geprägt, da er versuchte, wirtschaftliche Gewinne mit den Verpflichtungen gegenüber Arbeitnehmern und der Gesellschaft zu vereinen. Angesichts politischer und gesellschaftlicher Kontrollen stellen sich Technologieunternehmen ihrer Verantwortung, um als Vorreiter im Sinne der Nachhaltigkeit zu handeln, selbst wenn dies zulasten kurzfristiger Renditen geht.

ESG verändert Investitionslandschaft

Amazons Neueinstellungen und Investitionen sollen sowohl die deutlich gestiegene Nachfrage bedienen als auch die Mitarbeiter schützen. Damit legt Amazon den Fokus auf langfristige Nachhaltigkeit und den potenziellen Schutz des Kerngeschäfts, das auf gesellschaftlicher Akzeptanz und Reputation fußt.

Eine sich verändernde Wirtschaftslandschaft, die von der Technologie befeuert wird, hat Gesellschaften weltweit erheblich verändert. Ein erweitertes Zusammenspiel zwischen Gesellschaft, Unternehmen, Regierungen und Investoren ist essenziell, um wirtschaftliche Stabilität und Erfolg aufrechtzuerhalten. Die Corona- Pandemie hat die Akzeptanz von Nachhaltigkeitsthemen um Jahre beschleunigt. Daher ist es wichtig zu verstehen, wie diese Themen die Investitionslandschaft verändert. ESG ist ein dauerhafter Bestandteil dieser neuen Ordnung. Unternehmen müssen sich daher den Auswirkungen ihres Handelns auf die Industrien, die Gesellschaft und den Planeten bewusst sein. Unternehmen, die dieses Zusammenspiel verstehen, sind häufig Innovationsführer und positionieren sich erfolgreich für zukünftiges Wachstum.

Scott Berg Portfoliomanager, T. Rowe Price Global Growth Equity Strategy, Baltimore, Maryland (USA)
Scott Berg , Portfoliomanager, T. Rowe Price Global Growth Equity Strategy, Baltimore, Maryland (USA)
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