Prävention 4.0 - Arbeitsorganisation im Fokus

Carsten Rogge-Strang Foto: AGV Banken

Bei wissensbasierten Dienstleistungen wirft die fortschreitende Digitalisierung neue Fragen in der Prävention auf: Wie lässt sich Arbeit, die immer stärker digitale Technologien einsetzt und in vielen Bereichen zunehmend mobil-flexibel wird, gesundheitsförderlich gestalten? Eine erste Bestandsaufnahme im privaten Bankgewerbe zeigt: Die Arbeitsorganisation rückt stärker in den Fokus, Prävention wird komplexer und kleinteiliger. Gefragt ist eine differenziertere Betrachtung von Arbeitsumfeld und Leistungsfähigkeit. (Red.)

Die Digitalisierung unserer Lebens- und Arbeitswelt ist in aller Munde. In diesem Zusammenhang ist vor allem die Rede von "Industrie 4.0", in der sich Arbeitsprozesse zunehmend vollautomatisiert vollziehen und die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine neu definiert wird. Unerwähnt bleibt, dass die Digitalisierung bei wissensbasierten Dienstleistungen schon deutlich weiter vorangeschritten ist - etwa bei Kommunikations-, Transaktions- und Abwicklungsprozessen.

Hier entfaltet "Arbeit 4.0", wie der Oberbegriff zutreffend lautet, zurzeit eine besondere Dynamik an zwei Stellen: Zum einen erleben wir eine zunehmende Virtualisierung des Kundenkontakts, die sich inzwischen auch auf persönliche Gespräche (etwa per Video-Chat) erstreckt. Zum anderen erlauben digitale Technologien eine immer höhere räumliche und zeitliche Flexibilität der Arbeit, "work where you want" ist für viele Beschäftigte zumindest an einigen Tagen in der Woche bereits Realität.

Beispielhaft für diesen Wandel ist das private Bankgewerbe. Es zählt nicht nur traditionell zu den Wirtschaftszweigen mit den flexibelsten Arbeitszeiten undformen; mehr als drei Viertel der Beschäftigten haben flexible Arbeitszeitmodelle, davon fast die Hälfte ohne Kernarbeitszeit, also mit hoher Zeitautonomie.1) Die Digitalisierung betrifft auch immer häufiger Tätigkeiten an der Schnittstelle zu den Kunden, etwa durch Instrumente wie Videoberatung und -legitimation. Und schließlich zählen die privaten Banken seit vielen Jahren zu den aktivsten Branchen im betrieblichen Gesundheitsschutz, insbesondere mit Fokus auf die Vermeidung psychischer Belastungen. So arbeiten neun von zehn Beschäftigten in Unternehmen, die Gefährdungsbeurteilungen (größtenteils auch zu psychischen Belastungen) eingeführt haben; das ist im Branchenvergleich ein sehr hoher Wert.

Daraus ergibt sich insgesamt ein hoher Standard und ein großer Erfahrungsschatz in der präventiven Arbeitsgestaltung bei Büro- und Wissensarbeit. Zugleich verändert die fortschreitende Digitalisierung auch im Bankgewerbe Tätigkeitsprofile und Arbeitsprozesse in einem Ausmaß, das neue Fragen in der Prävention aufwirft. Antworten darauf geben zwei Projekte, an denen sich der Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes (AGV Banken) beteiligt: das Forschungsprojekt "Prävention 4.0" und die Initiative "Mitdenken 4.0 - Neue Präventionsansätze für Arbeitsprozesse in der Büro- und Wissensarbeit". Ziel ist es, auf Basis neuester arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse und unter Beteiligung der Sozialpartner Trends und Hinweise aufzuspüren, wie sich Arbeit bei zunehmendem Einsatz digitaler Technologien gesundheitsförderlich gestalten lässt.

Eine erste Bestandsaufnahme für die Bankenbranche zeigt drei wesentliche Veränderungen:

Einfache Tätigkeiten entfallen: Vieles, was früher Sachbearbeiter, teilweise aber auch Berater erledigt haben, übernehmen heute Computer. Und über verschiedenste digitale Kanäle informieren sich Bankkunden zunehmend eigenständig über Finanzprodukte und treffen - zumindest bei einfachen Produkten - immer häufiger selbst Anlage- oder Kreditentscheidungen. Zwar werden viele dieser Geschäfte weiter über Banken abgewickelt, doch dafür wird weniger Personal benötigt als früher.

Beratungstätigkeiten werden aufgewertet: Für komplexere Produkte und Strategien wird gute Bankberatung weiterhin gebraucht - nur wird sie tendenziell anders aussehen als früher. Neben das persönliche Gespräch, das in vielen Fällen unersetzbar bleiben wird, treten neue digitale Beratungs- und Kommunikationsformen. Zugleich sind angesichts der erheblich ausgeweiteten Bankenregulierung zunehmend Beschäftigte gefragt, die komplexere Zusammenhänge verstehen. Zugleich werden Kundenberater dank schlankerer Prozesse weniger Zeit mit internen Abläufen verbringen müssen, digitale Technologien entlasten sie von Routinetätigkeiten. Schon stellen sich einzelne Institute die Frage, ob die klassische Unterscheidung in Front- und Backoffice noch zeitgemäß ist, weil das Backoffice in manchen Geschäftsmodellen schon fast vollständig digitalisiert ist.

Neue flexible Arbeitsformen gewinnen an Bedeutung: Durch den hohen Anteil an Büro- und Wissensarbeit im privaten Bankgewerbe gewinnen bei fortschreitender Digitalisierung neue flexible Arbeitsformen an Bedeutung. Das gilt weniger für den stationären Filialvertrieb, aber schon heute in größerem Ausmaß für Zentraleinheiten und auch für die Beratung von Firmenkunden und vermögenden Privatkunden.

Hinzu kommen marktgetriebene Veränderungen und die Tatsache, dass externe Einflüsse heute eine sehr viel größere Rolle spielen als früher. Geschäftsmodelle verändern sich und sie erfordern und ermöglichen ihrerseits veränderte Tätigkeitsprofile und Arbeitsprozesse. Zugleich sehen sich Unternehmen und Beschäftigte permanenten Restrukturierungsprozessen gegenüber, die es zu bewältigen gilt. Daraus entstehen insgesamt neue Anforderungen an eine präventive Arbeitsgestaltung (siehe Abbildung 1).

Digitalisierung als Chance

Zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen kann der AGV Banken auf umfangreiches eigenes Datenmaterial zurückgreifen. Seit 2010 misst das Sozialforschungsinstitut Kantar TNS im Auftrag des Verbandes in jährlichen repräsentativen Befragungen die Gesundheit und Arbeitszufriedenheit der Beschäftigten im privaten Bankgewerbe. Dabei zeigt sich grundsätzlich, dass die Belegschaften auch im Zeitalter der fortschreitenden Digitalisierung und trotz anhaltend schwieriger Branchenlage überdurchschnittlich zufrieden und gesund sind.

Zugleich sehen die Beschäftigten die fortschreitende Digitalisierung ganz überwiegend als Chance und nicht als Bedrohung. Das zeigen Sonderauswertungen der AGV-Beschäftigtenbefragung zu den erwarteten Auswirkungen der Digitalisierung. Danach erwartet über die Hälfte der Beschäftigten, dass die Digitalisierung gut fürs Geschäft ist und sich interne Abläufe und Kommunikation verbessern. Dagegen rechnen nur rund zehn Prozent mit Verschlechterungen. Überwiegend positiv ist die Einschätzung auch mit Blick auf das eigene Arbeitsumfeld: Etwa ein Drittel der Beschäftigten geht davon aus, dass die Digitalisierung ihnen zu mehr Flexibilität und Freiräumen verhilft, insbesondere mit Blick auf eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben; negative Auswirkungen erwarten hier maximal 15 Prozent (siehe Abbildung 2).

So positiv diese Befunde sind, so differenziert geben die Erhebungsdaten auch Hinweise darauf, an welchen Stellen der Wandel der Banken-Arbeitswelt besondere Aufmerksamkeit erfordert, um dauerhaft gute und gesunde Arbeit für die Beschäftigten und damit Erfolg für die Unternehmen zu sichern. Danach lassen sich folgende Aussagen treffen:

1. Führungs- und Teamqualität bleiben zentrale Erfolgsfaktoren: Aktuell bescheinigen 80 Prozent der Beschäftigten im privaten Bankgewerbe ihren direkten Vorgesetzten einen respektvollen Führungsstil - sehen das Thema aber mit Blick auf die Zukunft ambivalent: In den AGV-Befragungen halten sich positive und negative Erwartungen etwa die Waage. Denn der Blick in die Zukunft ist offenbar mit Unsicherheiten behaftet, zum Beispiel: Wie lassen sich zunehmend dezentral und zeitlich versetzt arbeitende Teams organisieren und führen? Gelingt es Vorgesetzten, in diesen Strukturen Verantwortung abzugeben, ohne an Autorität zu verlieren? Solange diese Fragen noch nicht durch die Praxis beantwortet werden, wird sich wohl auch die Unsicherheit in den Erwartungen zum Thema Führung halten.

Auch die Einschätzung, wie sich Teamgeist und Zusammenhalt unter den Kollegen verändern werden, fällt zwiespältig aus; hier überwiegen sogar insgesamt die negativen Erwartungen: 18 Prozent rechnen mit Verbesserungen, 29 Prozent gehen von Verschlechterungen aus, 35 Prozent sind unentschieden und 14 Prozent erwarten keine Auswirkungen. Wie beim Führungsverhalten deckt sich auch hier die Veränderungserwartung der Beschäftigten nicht mit der aktuellen Beurteilung dieses Aspekts: Während mit Teamgeist und Zusammenhalt die geringsten positiven Zukunftserwartungen verbunden sind, bewerten aktuell vier Fünftel der Beschäftigten diesen Aspekt positiv.

Zugleich belegen die Befragungen: Die Gruppe, die in der Zusammenarbeit mit Vorgesetzten und Kollegen durch die Digitalisierung Verbesserungen erwartet, hat die mit Abstand höchste Arbeitszufriedenheit. Damit kristallisiert sich eine Kernaussage heraus: Gute Führung und funktionierende Teams bleiben auch in der digitalen Arbeitswelt die zentralen Erfolgsfaktoren für Arbeitszufriedenheit und Motivation.

2. Arbeitszeitautonomie fördert die Gesundheit: In einer Sonderauswertung hat der AGV Banken darüber hinaus die Auswirkungen mobilflexibler Arbeit untersucht.2) Danach klagen Beschäftigte, die räumlich sehr mobil arbeiten, aber feste Arbeitszeiten haben (im privaten Bankgewerbe sind das weniger als 5 Prozent der Belegschaften), überdurchschnittlich häufig über gesundheitliche Probleme und Beschwerden, während die Kombination aus Mobilität und hoher Zeitautonomie eindeutig gesundheitsförderlich wirkt: Die Beschäftigten mit der höchsten Zeitautonomie (Vertrauensarbeitszeit, Gleitzeit ohne Kernarbeitszeit) sind weit überdurchschnittlich gesund. Mobilflexible Arbeit mit autonomer Zeiteinteilung verringert also insgesamt das Risiko, dass Beschäftigte ihre Belastungsgrenzen überschreiten und sich selbst gefährden. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch der jüngste Arbeitszeitreport der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA).3)

Einschränkend - für das Bankgewerbe ebenso wie für wissensbasierte Tätigkeiten in anderen Branchen - sei darauf hingewiesen, dass sich mobil-flexible Arbeit mit hoher Zeitautonomie nicht für jede Tätigkeit und nicht für jede Persönlichkeit eignet. Darüber hinaus benötigen mobil-flexible Arbeitsformen immer eine Vertrauenskultur im Unternehmen, mindestens aber zwischen Vorgesetzten und ihren Teams. Und alle Beteiligten müssen sich individuell über die Möglichkeiten und Grenzen neuer Arbeitsformen verständigen. Dann aber, das zeigen die aktuellen Untersuchungen, entsteht die Basis für gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen bei fortschreitender Digitalisierung.

3. Erreichbarkeit kann eine Ressource sein: Erweiterte Erreichbarkeit außerhalb üblicher Arbeitszeiten und -orte beeinträchtigt die Gesundheit von Beschäftigten, wenn sie sich durch die Erreichbarkeit belastet fühlen - und sie stärkt die Gesundheit, wenn die Erreichbarkeit nicht als Belastung empfunden wird. Tatsächlich sind die Nichtbelasteten sogar gesünder als der Durchschnitt aller Beschäftigten. Die bislang häufig pauschal vertretene These, Erreichbarkeit habe grundsätzlich einen negativen Einfluss auf die Gesundheit und Zufriedenheit von Beschäftigten, muss damit deutlich relativiert werden. Vielmehr kann Erreichbarkeit auch eine Ressource sein, wenn die Umstände stimmen. Dabei erscheint es hilfreich, Anlässe, Häufigkeit, Dauer und Qualität von Kontakten außerhalb der üblichen Arbeitsdomäne auf den Prüfstand zu stellen, sie im jeweiligen Umfeld zu bewerten und daraus passende Lösungen zu entwickeln - im Idealfall mit ausreichend Gestaltungsspielraum für die Beschäftigten.

4. Schnelle und transparente Kommunikation nötig: Wer mobil-flexibel arbeitet, beurteilt die Team- und Führungsqualität überdurchschnittlich gut - ein durchaus überraschendes Ergebnis angesichts der Tatsache, dass diese Gruppe ihre Vorgesetzten und Kollegen häufig nicht täglich zu Gesicht bekommt und das Führen von stärker virtuellen Teams allgemein als Herausforderung angesehen wird. Tatsächlich aber scheinen die Arbeits- und Informationsprozesse im Großen und Ganzen so organisiert zu sein, dass der Austausch - trotz größerer Distanz als beim klassischen Bürojob - gut funktioniert.

Es gibt allerdings Ausnahmen bei einzelnen Aspekten. So beurteilen Beschäftigte in Vertrauensarbeitszeit die Zuständigkeits- und Verantwortungsregelungen im Unternehmen schlechter als der Durchschnitt und erheblich schlechter als Beschäftigte mit festen Arbeitszeiten. Da hinter könnten gewisse Informationsdefizite durch seltenere Anwesenheit zu den üblichen Arbeitszeiten stehen. Auch wenn diese offenbar nicht unmittelbar zu gesundheitlichen Belastungen führen, so spricht doch vieles dafür, dass einer schnellen und transparenten Kommunikation ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Prävention in zunehmend dezentral-vernetzten Strukturen zukommt.

Übergreifend lässt sich feststellen: Bisherige Präventionsansätze - vom technischen Arbeitsschutz bis zu Instrumenten zur Stressbewältigung - behalten ihre Berechtigung, aber die Gestaltung von Arbeitsprozessen gewinnt erheblich an Bedeutung.

Differenzierte Betrachtung nötig

Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung verändern sich Jobprofile, Führungsanforderungen, Teamstrukturen und Arbeitsformen in der Büro- und Wissensarbeit. Das private Bankgewerbe zählt zu den Branchen, in denen es bereits seit einigen Jahren empirisch gesicherte Befunde zu den Auswirkungen der (zunehmend digital unterstützten) Arbeit auf die Zufriedenheit und Gesundheit der Beschäftigten gibt. Auf Basis dieser Daten lassen sich mit Blick auf eine präventive Arbeitsgestaltung folgende erste Aussagen treffen:

Digitalkompetenz als Querschnittsqualifikation: Die Tätigkeiten im Bankgewerbe werden im Durchschnitt anspruchsvoller. Dabei geht es weniger um völlig neue digitale Kompetenzen, sondern eher um ganzheitliches Denken bei erweitertem Technikverständnis und breiterer Sozialkompetenz; Digitalkompetenz ist als Querschnittsqualifikation zu verstehen, die sich idealerweise von der Schulbank bis zum Arbeitsplatz sukzessive ausbildet. Das bedeutet zugleich: Weder in der Bankausbildung noch in der betrieblichen Weiterbildung muss das Rad komplett neu erfunden werden. Bei aller Dynamik vollziehen sich die Veränderungen in der Banken-Arbeitswelt aber weiterhin evolutionär, erweiterte Kompetenzen werden auch in Zukunft sinnvollerweise on the job und durch betriebliche Qualifizierung vermittelt und erworben.

Die Erhebungsdaten des AGV Banken zeigen, dass die Beschäftigten hier bislang - jedenfalls aggregiert - keine erkennbaren Defizite verspüren: Die Frage, ob sie gemäß ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten eingesetzt werden, beantworten 85 Prozent der Beschäftigten im privaten Bankgewerbe positiv; dieser Wert ist seit Jahren stabil. Auch die naheliegende Vermutung, dass ältere Beschäftigte größere Probleme bei der Umstellung auf zunehmend digitale Arbeitsumgebungen haben könnten und deshalb stärker qualifiziert werden müssten, bestätigt sich in den Erhebungen nicht. Eine fehlende Passgenauigkeit von Kompetenzen, die unter Umständen belastend wirken könnte, ist damit derzeit insgesamt nicht erkennbar.

Chancen durch Zeitautonomie nutzen: Eine höhere räumliche und zeitliche Flexibilität - insbesondere eine höhere Zeitautonomie sowie gut gestaltete Erreichbarkeit - eröffnet Beschäftigten grundsätzlich bessere Möglichkeiten, ihre Arbeit und ihr Leben zu gestalten, und Unternehmen neue Chancen, von zufriedeneren und gesünderen Mitarbeitern zu profitieren. Hohe räumliche Flexibilität sollte mit hoher zeitlicher Flexibilität gekoppelt werden. Allerdings müssen mobilflexible Arbeitsformen nicht nur zum Unternehmen, zum Arbeitsumfeld und zur konkreten Tätigkeit passen, sondern auch zur Persönlichkeit der oder des Beschäftigten. Und nicht alle Beschäftigten, die gerne flexibler arbeiten möchten, können damit rechnen, dass sich dieser Wunsch mit den Möglichkeiten des Unternehmens deckt.

Führung neu denken, Vertrauenskultur etablieren: Für die zeitgemäße Gestaltung von Büro- und Wissensarbeit in zunehmend dezentralen Strukturen haben Führungs- und Teamqualität eine herausragende Bedeutung. Dafür sind tendenziell flachere Hierarchien notwendig, Führungskräfte müssen unter Umständen Verantwortung abgeben und zugleich ihre Autorität wahren, in jedem Fall aber neue Kommunikationswege und -routinen etablieren. Dabei gilt: Arbeit 4.0 bedeutet nicht unbegrenzte Freiheit für die Beschäftigten und nicht unbegrenzte Verfügbarkeit für die Unternehmen. Alle Beteiligten tun gut daran, Bedürfnisse und Erwartungen abzuwägen und in Einklang zu bringen. Das bedeutet: Vorgesetzte und Mitarbeiter müssen sich über die Möglichkeiten und Grenzen der neuen Arbeitsformen verständigen, und die Beschäftigten müssen stärker eigenverantwortlich ihre Arbeit strukturieren und wissen, wann es Zeit ist, den Aus-Knopf zu drücken.

Keine pauschalen Lösungen: Für welche Unternehmensbereiche, Tätigkeiten oder Personen sich neue flexible Arbeitsformen eignen, ist eine Frage, die sich nicht pauschal beantworten lässt. Hier sind Abwägungsprozesse nötig - mindestens für einzelne Unternehmen, eher sogar für bestimmte Arbeitsbereiche, womöglich sogar individuell. Personalarbeit und Führung werden dadurch ohne Frage kleinteiliger - doch der Aufwand lohnt sich, wenn Lösungen gefunden werden, die Gesundheit, Motivation und Mitarbeiter-Commitment steigern. Zugleich wird deutlich: Mobilflexible Arbeit vollzieht sich in unterschiedlichen Ausprägungen, für die auf das jeweilige Unternehmen zugeschnittene Lösungen nötig sind.

Fußnoten

1) Quelle: repräsentative Beschäftigtenbefragungen im privaten Bankgewerbe, Kantar TNS im Auftrag des AGV Banken, 2010-2018.

2) AGV Banken: "Autonomie macht den Unterschied", in: Bericht 2015/2016, Seite 22 ff.

3) Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: "Arbeitszeitreport Deutschland 2016", Seite 10.

Carsten Rogge-Strang Geschäftsführer Tarifpolitik, Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes (AGV Banken), Berlin
Carsten Rogge-Strang , Hauptgeschäftsführer , Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes e.V. (AGV Banken), Berlin

Weitere Artikelbilder

Noch keine Bewertungen vorhanden


X