Die Provisionserlöse im Händlergeschäft steigern

Carlos Gómez-Sáez, Foto: VR Payment GmbH

Über lange Jahre galt das Girokonto für die Banken als wichtiger Schlüssel zum Kunden, nicht zuletzt, weil sie damit auch die Möglichkeiten zum Cross Selling ausschöpfen konnten. In Zeiten des modernen Zahlungsverkehrs mit den Bigtechs als indirekten Mitbewerber um die Kundenbeziehung klingt das beim Autor nicht sehr viel anders. Seine These: Wer den Zahlungsverkehr beherrscht, beherrscht auch schnell die anderen Leistungen, die daran geknüpft sind oder geknüpft werden können. Zwar richtet sich seine Botschaft damit weniger an die einzelne Bank, denn an die genossenschaftliche Gruppe insgesamt, aber sie erneuert die alte These, mit einer vertrauensvollen Kundenverbindung auch neue Felder für Provisionserlöse erschließen zu können. Dass die genossenschaftliche Gruppe die Kontrolle über ihren eigenen Paymentdienstleister bislang bewahrt hat, hält er für eine kluge Entscheidung, auch wenn er durchaus um den harten Wettbewerb und die Skaleneffekte weiß. (Red.)

In den vergangenen Jahren ist das Payment - wie der Zahlungsverkehr am Point of Sale (PoS) heute genannt wird - verstärkt in die Aufmerksamkeit der Entscheider der Banken und ihrer Gremien getreten. Ein wesentlicher Grund dafür ist seine Rolle als Ertragsbringer für die Institute. In dem Maße, in dem die Marge aus zinstragenden Geschäften rückläufig ist, in dem Maße wächst die Relevanz der Provisionserlöse aus dem Transaktionsgeschäft. Der Zahlungsverkehr ist dabei die zentrale Ertragssäule auf der Provisionsseite der Volksbanken Raiffeisenbanken. Rund 44,5 Prozent der Provisionen kommen aus der Kontoführung und dem Zahlungsverkehr inklusive Händler- und Kreditkartengeschäft.

Händlerseite besonders im Fokus

Die Händlerseite steht hier in letzter Zeit besonders im Fokus. Das liegt daran, dass der PoS auch aus Sicht der Bank eine entscheidende Schnittstelle zum Konsumenten darstellt. Dort zahlt er auf Rechnung, mit Karte oder Smartphone, dort erhält er Bargeld und dort schließt er für größere Anschaffungen auch schon mal direkt einen Ratenkauf- oder Kreditvertrag ab.

Für die Institute steckt darin ein Problem: Ist durch das Vordringen von Self-Service und Zahlungsmedien der direkte persönliche Kontakt zum Kunden schon deutlich seltener geworden, rückt nun auch das von der Bank ausgegebene Zahlungsmedium - Stichwort Smartphone und Wallet - in den Hintergrund. Der Kontakt zum Kunden findet vermehrt am PoS statt. Und der gehört im Unterschied zum Konto nicht der Bank. Das führt zwangsläufig zu einer weiteren Reduktion der Kontaktpunkte mit dem Kunden und einer reduzierten Sichtbarkeit der Bank im Bezahlvorgang selbst.

Zugang zum Kunden am PoS hat vonseiten des Zahlungsverkehrs vor allem der Paymentdienstleister, der das Handelsunternehmen mit einem Zahlungsterminal, der Kartenakzeptanz und weiteren Services bedient. Am PoS entscheidet sich, wohin die Wertschöpfung des Zahlungsverkehrs und der damit verbundenen Dienstleistungen geht.

Um diese Wertschöpfung ist ein dynamischer Wett bewerb im Gange. Insbesondere Finanzinvestoren treiben mit ungeheurem Kapitaleinsatz die Konsolidierung voran. Auch strategische Investoren erweitern durch Zukäufe und Beteiligungen ihren Wirkungskreis. Und der technische Fortschritt spült neue Marktteilnehmer nach oben, die sich erfolgreich lukrative Segmente dieses Marktes herauszuschneiden versuchen.

Grund dafür ist die Attraktivität des Marktes. Die Bedeutung des Bezahlvorgangs sowohl im stationären als auch im E-Commerce steigt kontinuierlich an. Dabei gibt es eine deutliche Verschiebung von den realen zu den elektronischen Marktplätzen. Der Markt für bargeldloses beziehungsweise digitales Zahlen wächst dynamisch und die Digitalisierung schafft neue Möglichkeiten, den Komfort für die Verbraucher zu erhöhen und die Prozesseffizienz für den Handel zu steigern. Die erwarteten großen Wachstumsraten resultieren also nicht nur aus der zunehmenden Verdrängung von Bargeld, sondern auch aus der von den Konsumenten präferierten Einfachheit des Bezahlvorgangs, der nun mal digital deutlich komfortabler, schneller und sicherer vonstatten geht. Diese Entwicklungen erweitern die Möglichkeiten der Wertschöpfung der Paymentdienstleister und erhöhen deren Bedeutung für die Gestaltung des Geschäftes am PoS.

Kontrollposition aufgegeben

Was den deutschen Markt betrifft, haben diese Paymentdienstleister eines gemeinsam: Mit Ausnahme von VR Payment sind sie alle nicht mehr in der Kontrolle der deutschen Kreditwirtschaft, die sich mit Ausnahme der Genossenschaftlichen Finanzgruppe aus diesem Markt zurückgezogen oder - wie die Sparkassen - ihre KontrollPosition aufgegeben hat. Die Genossenschaftliche Finanzgruppe hat hier bewusst eine andere strategische Entscheidung getroffen. In Anbetracht der erwartbaren Entwicklungen wurde entschieden, am Point-of-Sale eine eigene Position aufzubauen, das Kartenakzeptanzgeschäft und den PoS-Netzbetrieb zusammenzuführen und dies in einem einzigen Unternehmen zu bündeln - der VR Payment.

Der Auftrag ist, das Händlergeschäft für die Volksbanken und Raiffeisenbanken weiterzuentwickeln und auszubauen und damit die Provisionserträge in diesem Geschäft für die Institute zu steigern. VR Payment unterstützt die Volksbanken und Raiffeisenbanken individuell in ihrem Händlerkundengeschäft, damit sie Freiräume für ihre primären Aufgaben und für ihr Kerngeschäft haben. Dazu zählen auch die Bündelung von Know-how und personellem Einsatz sowie die Intensivierung der Marktbearbeitung, die beispielsweise durch die Weiterentwicklung der Kooperationsmodelle noch attraktiver wird. Die VR Banken profitieren von der Verfügbarkeit zentraler Ansprechpartner zur Koordination von Kommunikations- und Vertriebsmaßnahmen sowie bei Rückfragen zu Serviceleistungen oder Produktentwicklungen.

Ein unternehmerisches Umfeld ist eine zentrale Bedingung, um unter den gegebenen Umständen Erfolg im Payment-Markt gewährleisten zu können. Denn es bedarf einer starken Fokussierung auf dieses Geschäft, das durch den technischen Fortschritt und das sich wandelnde Konsumentenverhalten selbstständigen Veränderungen unterliegt. Der Point of Sale entwickelt sich zunehmend zum Point of Interaction (PoI), bei der das Payment eine wichtige Rolle in der Gestaltung der Kundenbeziehung spielt. Zwar will der Kunde beim Einkauf kaufen und nicht zahlen, aber der Bezahlprozess nimmt wesentlichen Einfluss auf den Komfort und den Spaß am Kaufprozess.

Mit Verknüpfungsmöglichkeit von Daten

Wie Händler das nutzen zeigt aktuell das Beispiel eines großen Modehändlers, der den aus dem stationären Handel gewohnten Kundenkomfort - also die Möglichkeit Kleidung unverbindlich anzuprobieren und nur mit den Teilen zur Kasse zu gehen, die er auch erstehen will - auf den E-Commerce überträgt. Mit der "Try now - pay later"-Option trennt der E-Commerce-Händler den Kaufprozess vom Bezahlprozess. Bezahlt wird erst dann, wenn der Kunde entschieden hat, was er behalten will. Das wirft natürlich Bonitäts- und Sicherheitsfragen auf und schafft damit neue Möglichkeiten für an den Bezahlprozess gekoppelte Dienstleistungen.

Mit der fortschreitenden Digitalisierung eröffnen sich immer mehr Nutzungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten von Daten als Basis neuer Geschäftsmodelle, während gleichzeitig bisherige Medien- und Technologiebrüche und damit verbundene Tätigkeiten der Datenerfassung und -transformation entfallen. Eine wichtige Rolle in diesem Zusammenhang spielen digitale Identifikationssysteme zum Beispiel bei der Inanspruchnahme kostenpflichtiger Services. Derzeit laufen bereits die ersten Praxistests für einen neuen Login-Service, der unter anderem die Zugänge zu den Onlineangeboten der Unternehmen der Genossenschaftlichen Finanzgruppe schritt weise bündeln wird. Später soll dieser zentrale Authentifizierungsdienst auch für den Drittmarkt geöffnet werden. Im Wettbewerb mit den Internetriesen sind die genossenschaftlichen Banken so einen entscheidenden Schritt voraus - sie können hochwertige, digitale Kundenidentitäten zu rechtsverbindlichen Onlinetransaktionen legitimieren.

Die Beispiele zeigen, welche Relevanz der Zahlungsvorgang und die daran knüpfbaren vor- oder nachgelagerten Dienstleistungen in der Gestaltung der Kundenbeziehung auf der Handelsseite besitzen. An dieser Schnittstelle erfolgreich operieren heißt, den Handels- und Dienstleistungsunternehmen zu helfen, die Bedürfnisse ihrer Kunden zu befriedigen und den Ausbau ihres Geschäfts zu unterstützen. Das ist der Ansatz, dem VR Payment folgt, um möglichst viele Handels- und Dienstleistungsunternehmen davon zu überzeugen, dass seine Volksbank oder Raiffeisenbank für ihn der richtige Partner auch für den Zahlungsverkehr am PoS ist.

Leistungsschnittstelle zum Kunden

Die Gesellschaft aktiviert dabei alle Assets, die das genossenschaftliche Ökosystem bietet. So kann ein Händler heute bereits am PoS seinen Kunden nicht nur viele bargeldlose Bezahlmöglichkeiten anbieten. Er kann dem Kunden auch gleich einen Ratenkaufvertrag offerieren oder einen Versicherungsschutz für seinen hochwertigen Einkauf gewähren. Die Leistungen kommen hierbei von der Teambank beziehungsweise der R+V. Als Leistungsschnittstelle zum Kunden fungiert VR Payment mit dem PoS-Terminal. Dass diese Angebote von den Konsumenten angenommen werden, zeigt, wie der PoS sich zum Point of Interaction wandelt.

Der PoS ist der Ort der Interaktion mit dem Kunden. VR Payment bekennt sich zu den genossenschaftlichen Grundwerten und zu dem einzigartigen Potenzial, das die Genossenschaftliche Finanzgruppe in sich vereint. Das Experten-Know-how für weitere Produkte oder Leistungen steht innerhalb der Genossenschaftlichen Finanzgruppe zur Verfügung. Mit den Kooperationspartnern identifiziert VR Payment kontinuierlich Effizienzpotenziale und Kostensynergien, um diese in die Projekte einzubringen. Die Genossenschaftliche Finanzgruppe ist also hervorragend aufgestellt, um diese Interaktionen mitzugestalten.

Position als Vertrauensinstanz stärken

Aus dem Verbund heraus lassen sich eine große Zahl werthaltige Dienstleistungen entwickeln, mit denen die Kunden im Ökosystem der Genossenschaftlichen Finanzgruppe gehalten werden können und zu einer Ausweitung der geschäftlichen Basis beitragen. Dies ist nicht nur im Hinblick auf die Provisionserträge der Institute interessant, sondern auch im Hinblick auf die Stärkung und mögliche Weiterentwicklung des gesamten Ökosystems.

Denn jede weitere Leistung, die der Endkunde über die Volksbanken Raiffeisenbanken aus der Genossenschaftlichen Finanzgruppe bezieht, stärkt die Bindung des Kunden zu seiner Bank und erhöht damit die positiven Netzwerkeffekte. Und mit Blick auf die Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 ist es nicht zuletzt wichtig, die Daten des Kunden in der Gruppe zu halten und die Position als Vertrauensinstanz weiter zu stärken, siehe beispielsweise den bereits erwähnten Authentifizierungsdienst.

Allerdings ist dies nicht ohne gemeinsame Anstrengung zu haben. Die Kundenschnittstelle PoS ist so attraktiv, dass sich Fintechs wie Bigtechs gleichermaßen darum bemühen. Längst versuchen die Technologieriesen auch die Kundenschnittstelle im Zahlungsverkehr zu besetzen und sorgen dafür, dass die eigentlichen Zahlungsanbieter und -instrumente (zumeist von Banken ausgegeben) in den Hintergrund rücken. Insbesondere Google, Apple, Facebook und Amazon gewinnen auf dieser Seite des Zahlungsverkehrs immer mehr Einfluss.

Die Relevanz dieses Angriffs wird deutlich, wenn man sich die Geschäftsmodelle dieser Unternehmen vor Augen führt: Der Zahlungsverkehr ist für diese Unternehmen deshalb relevant, weil sie an die Daten der Kunden wollen, um auf Basis dieser Daten, ihre datengetriebene Geschäftsmodelle zu betreiben.

Folglich sind viele der Dienste für den Kunden vermeintlich kostenfrei. Bezahlt wird jedoch mit der neuen Währung "Daten". Das macht sie für die Kunden attraktiv - und für den Finanzsektor doppelt gefährlich: Zum einen durch das Pricing, zum anderen durch die schnell wachsende Kundenkenntnis und die damit mögliche Eroberung der Kundenbeziehung.

Die Monopolisierungstendenz, die in dem Vorgehen der sogenannten Bigtechs steckt, wurde inzwischen jenseits und diesseits des Atlantiks erkannt. Ihr zu begegnen ist eine Frage des Level Playing Fields; es ist aber auch eine Frage der möglichen Gegenstrategien, die beispielsweise die Kreditwirtschaft gegen die Dominanz der amerikanischen Bigtechs entwickeln kann.

Zahlungsverkehr als Schlüssel

Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, dass die Genossenschaftliche Finanzgruppe Volksbanken und Raiffeisenbanken ihre Stärken bündelt und für den Ausbau des Geschäftes der Banken mit ihren Geschäftskunden einsetzt. Denn, wer den Zahlungsverkehr beherrscht, beherrscht auch schnell die anderen Leistungen, die daran geknüpft sind oder geknüpft werden können. Mit anderen Worten: Es gibt gute Gründe alle Anstrengungen darauf setzen, möglichst viele Handels- und Dienstleistungsunternehmen an das Payment der Genossenschaftlichen Finanzgruppe anzuschließen, um damit eine breite Distributionsbasis für weitere attraktive Leistungen zu schaffen.

Carlos Gómez-Sáez, Vorsitzender der Geschäftsführung, VR Payment GmbH, Frankfurt am Main
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Carlos Gómez-Sáez , Vorsitzender der Geschäftsführung , VR Payment GmbH
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