Schritt für Schritt zur neuen Banksteuerung

Dr. Markus Bock Foto: FI

Wie lässt sich für Banken ein Datenpool aufbauen, aus dem sich sowohl die einschlägigen Anforderungen an das Meldewesen der Bankenaufsicht wie auch der bankwirtschaftlichen Steuerung gleichermaßen und möglichst ohne allzu aufwendige Anpassungsschritte erfüllen lassen? Mit dieser Frage beschäftigen sich insbesondere seit der jüngsten Finanzkrise Institute aus allen Bankengruppen. Das von den Autoren erläuterte Konzept der deutschen Sparkassenorganisation stellt beim Aufbau einer neuen Banksteuerung auf die Kriterien Datenkonsistenz, Datenqualität und einen hohen Automatisierungsgrad ab und formuliert als erklärtes Zielbild den integrierte Datenhaushalt als Basis für die neue Banksteuerung. (Red.)

Die Nachwirkungen der globalen Finanzkrise sind in der Bankenwelt nach wie vor auf verschiedenen Ebenen deutlich spürbar. So stellt auch das in der Folge vom Baseler Komitee veröffentlichte Regelwerk "Grundsätze für die effektive Aggregation von Risikodaten und die Risikoberichterstattung" (BCBS 239) Banken und Sparkassen bis heute vor große Herausforderungen, insbesondere hinsichtlich ihres Risiko-Reportings. Zentrale Forderung: eine Datenarchitektur und IT-Infrastruktur, die eine vollumfängliche Risikodatenaggregation und Risikoberichterstattung ermöglicht, und das innerhalb deutlich verkürzter Fristen.

Anpassung der Banksteuerung

Über die 5. MaRisk-Novelle vom 27. Oktober 2017 sind die Anforderungen des Baseler Komitees nahezu unverändert in das nationale regulatorische Regelwerk eingegangen. Damit ist BCBS 239 über MaRisk implizit auch für die Sparkassen-Finanzgruppe von höchster Relevanz. Weitere gesetzliche und aufsichtsrechtliche Anforderungen wie "Basel IV" bringen ebenfalls neue Herausforderungen für Banken und Sparkassen mit sich. Höchste Zeit also, die Banksteuerung auf diese Anforderungen hin abzustimmen. Die Sparkassen-Finanzgruppe hat sich deshalb für den Aufbau einer neuen Banksteuerung entschieden.

Klar ist: Banken und Sparkassen stehen vor großen organisatorischen und technischen Aufgaben. Auch betriebswirtschaftlich werden die Herausforderungen größer, denn die Kosten, die durch die Anpassung der Banksteuerung an die neuen Anforderungen entstehen, sind nicht zu unterschätzen. Abseits der Regulatorik (und deren Kosten) stellen auch die anhaltende Niedrigzinsphase sowie das geänderte Kundenverhalten die Institute vor große strategische Herausforderungen. Doch bei der Aufgabe, Prozesse aufsichtsrechtskonform zu gestalten, kommt der Sparkassen-Finanzgruppe ein Vorteil zugute: Einmal konzipierte und umgesetzte standardisierte IT-Lösungen stehen allen rund 390 Instituten über die Gesamtbanklösung OS-Plus zur Verfügung.

Über diese standardisierten Lösungen wird einerseits die Erfüllung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben unter anderem zum Meldewesen sichergestellt sowie eine risikogerechte Banksteuerung in regulatorischem Sinne ermöglicht. Andererseits sorgen Skaleneffekte dafür, dass die Institute die Kosten im Griff behalten. Standardisierte Prozesse entlasten zudem Mitarbeiter und Führungskräfte. Somit entstehen Freiräume, die dafür genutzt werden können, das Geschäftsmodell an die sich fortlaufend ändernden Gegebenheiten anzupassen.

Die Sparkassen Rating und Risikosysteme (SR) entwickelt gemeinsam mit den Regionalverbänden und Projektsparkassen das fachliche Konzept für die neue Banksteuerung. Die Finanz Informatik als IT-Dienstleister der Sparkassen-Finanzgruppe setzt diese technisch in der Gesamtbanklösung OS-Plus um. Ein zentrales Momentum dabei: der Aufbau eines "Integrierten Datenhaushalts" (IDH). Ein Vorhaben, das alles andere als trivial ist.

Die Forderungen der Aufsicht nach einer vollumfänglich automatisierten Risikodatenaggregation und Risikoberichterstattung stößt zuerst einmal auf historisch gewachsene Herausforderungen. Denn das Meldewesen und das Risikomanagement waren nicht zuletzt auch im Hinblick auf die Datenhaltung einem stark ausgeprägten Silo-Denken verhaftet. Der Grund dafür ist simpel: Während das Meldewesen die gesetzlichen Anzeigepflichten gegenüber der Bankenaufsicht erfüllt, fokussieren Banksteuerung und Risikomanagement die Steuerung der Risiken in regulatorischem Sinne.

Schluss mit dem Silo-Denken

Diese grundsätzlich unterschiedliche Ausrichtung hatte eine separate Datengrundlage für Meldewesen und Risikomanagement sowie unterschiedliche methodische Verfahren zur Folge. Aus dieser getrennten Datenhaltung resultierten Inkonsistenzen, die häufig zu manuellen Eingriffen in die Daten führten, die nicht nur arbeitsintensiv, sondern auch ihrerseits fehleranfällig sind. Demzufolge laufen Institute aufgrund dieses Silo-Denkens Gefahr, auf Basis inkonsistenter Daten zu steuern.

Eine Lösung für die Sparkassen-Finanzgruppe muss daher folgende Herausforderungen berücksichtigen. Sie soll

- die regulatorischen Anforderungen an die Sparkassen erfüllen,

- die enger werdenden Fristen der Aufsicht für die Berichterstattung erfüllen,

- eine konsistente Datenbasis für die gesamte Banksteuerung bieten,

- die Potenziale zur Kostensenkung durch IT-getriebene beziehungsweise -unterstützte Prozesse heben helfen und somit zur Effizienzsteigerung beitragen.

Aufbau einer zentralen Datenplattform

Daraus leiten sich folgende Schwerpunkte beim Aufbau einer neuen Banksteuerung ab: Datenkonsistenz, Datenqualität und ein hoher Automatisierungsgrad. Zielbild ist folgerichtig der Aufbau einer zentralen Datenplattform: der Integrierte Datenhaushalt (IDH). Im IDH sollen disziplinübergreifend Daten aus den Operativsystemen abgelegt werden (Rohdatenschicht). Diese Rohdaten werden harmonisiert (Kerndatenschicht). In der Folge können die Daten aus der Kerndatenschicht für alle Abnehmer zur Verfügung gestellt werden. Der IDH stellt somit die zentrale Informationsbasis für Sparkassen dar und ist der Aufsatzpunkt für die neue Banksteuerung.

Die methodischen beziehungsweise fachlichen Vorgaben für den Aufbau des zentralen Datenhaushalts sowie für die da rauf aufbauenden Methoden der Banksteuerung erstellt die SR. Die FI liefert auf Basis dieser fachlichen Vorgaben in enger Kooperation mit der SR die technische Grundlage für eine neue und zukunftsfähige Banksteuerung für Sparkassen. Das Ziel ist die Bereitstellung einer einheitlichen Datenbasis aus den unterschiedlichen Systemen und Anwendungen der Gesamtbanklösung OS-Plus. Dieser harmonisierte Datenhaushalt steht im ersten Schritt für das Meldewesen und in weiteren Ausbaustufen für das Risikomanagement und die Gesamtbanksteuerung zur Verfügung. Die Ergebnisdaten aus den methodischen Services werden in der Folge für weitere Methoden verwendet, das heißt, die unterschiedlichen regulatorischen Methoden bauen aufeinander auf.

Sukzessive zum Erfolg

Das skizzierte Vorgehen verdeutlicht ansatzweise, wie komplex der Aufbau einer neuen Banksteuerung und der damit einhergehende Aufbau einer zentralen Datenplattform ist. Dies ist ein wesentlicher Grund, weshalb die technische Umsetzung nicht in einem sogenannten "Big Bang", sondern Schritt für Schritt erfolgt.

Der Aufbau des Integrierten Datenhaushalts als zentrale Datenplattform hat bereits begonnen. Durch die großen Mengen der zu verarbeitenden Daten ist der Einsatz einer In-Memory-Datenbank ergänzt um leistungsstarke Rechenkerne sowie ein hoher Automatisierungsgrad wichtig. Die Daten werden vollautomatisch in den IDH überführt und aufbereitet.

Wenn der Aufbau des IDH abgeschlossen ist, wird die zentrale Datenplattform unterschiedliche Aufgaben erfüllen:

- Der IDH schafft die Voraussetzungen zur Erfüllung der regulatorischen Anforderungen, etwa nach BCBS 239.

- Ein konsistentes Reporting ist durch die zentrale Datenplattform ebenso möglich.

- Die automatisierte Überleitbarkeit von Daten unterschiedlicher Herkunft ist realisierbar.

- Manuelle Eingriffe in die Daten werden weitestgehend minimiert.

- Alle Anwendungen der Banksteuerung verwenden zentrale Daten aus dem IDH und spielen Ergebnisdaten wieder in den IDH zurück.

- Ein Datenqualitätsmanagement nach definierten Prüfregeln ist möglich (bereits seit Mai 2018 umgesetzt).

- Eine höhere Datenqualität ist erreicht und dies trägt zur Erfüllung der regulatorischen Anforderungen bei.

Das Ziel vor Augen

Die neue Banksteuerung bietet klare Mehrwerte für die Sparkassen. Da manuelle Eingriffsmöglichkeiten minimiert sind, sinken Fehleranzahl und damit auch Kosten. Das Reporting der neuen Banksteuerung ersetzt dabei die individuelle Aufbereitung von Daten mittels komplexer Abfragen aufseiten der Sparkassen. Manuelle Aufwände für Sparkassenmitarbeiter werden durch den harmonisierten Datenhaushalt und die vereinheitlichte Datenablage auf ein Minimum reduziert. Für individuelle Wünsche bei der Auswertung der Daten des IDH können einfach neue Schablonen angelegt, Abfragen erstellt und ausgeführt werden.

Die durch die Standardisierung und Automatisierung entlasteten Mitarbeiter und Führungskräfte können die gewonnenen Freiräume für andere Aufgaben nutzen. Insbesondere kann dann wieder stärker die inhaltliche Analyse der Daten im Vordergrund stehen und die Erfüllung zusätzlicher aufsichtsrechtlicher Anforderungen sichergestellt werden. Darüber hinaus werden auch die Anforderungen durch die immer stärker von der Digitalisierung geprägten Welt immer größer. So hilft der hohe Grad an Standardisierung und Automatisierung nicht nur Geschäftsfelder zu steuern und strategische Entscheidungen zu treffen, sondern aufgrund der geschaffenen Freiräume auch neue kundenorientierte Lösungen zu entwickeln.

Schrittweise Anbindung des Meldewesens

Das Ziel ist klar. Doch wie sieht der aktuelle Stand des Projektes aus? Ein guter Anfang ist gemacht. Mit dem Einsatz von OS-Plus-Release 18.0 steht allen Sparkassen seit Mai 2018 das neue Datenqualitätsmanagement (DQM) auf Basis des IDH zur Verfügung. Es ist dabei als leicht bedienbarer und effizienter Regelkreislauf vollständig in OS-Plus integriert. Der Nutzer navigiert wie in einer modernen Web-Anwendung durch das Programm. Der Kerngedanke war es, die DQM-Regeln im Hintergrund möglichst automatisiert ablaufen zu lassen.

Gleiches gilt für die schrittweise weitere Anbindung des Meldewesens. Aktuell umgesetzt sind bereits die Meldewesennachweislisten. In weiteren definierten Schritten wird auch das Risikomanagement angeschlossen, ebenso wie die Gesamtbanksimulation und die weiteren Anwendungen der Banksteuerung. Der Aufbau der Datenbasis im IDH befindet sich also in vollem Gange. Alte bestehende Lösungen werden sukzessive abgelöst. Bei der Umsetzung der Maßnahmen hat die FI die Fristen zur Umsetzung von BCBS 239 (2020) und Basel IV (2022) fest im Blick. Aber der IDH bietet auch die Möglichkeit, neue regulatorische Vorgaben zeitnah zu integrieren.

Darüber hinaus ist die Kapitalsteuerung dabei nicht nur mit Blick auf Basel IV ein wesentlicher Bestandteil der Banksteuerung und bildet damit zusätzlich den Ausgangspunkt für die Vertriebsplanung. Der IDH und seine Funktionalitäten können auch dafür genutzt werden, um Unternehmensabläufe zu optimieren und Vorteile gegenüber Mitbewerbern zu erzielen.

Das Stichwort hierbei lautet: Data Analytics. Die Sparkassen-Finanzgruppe wird mithilfe von Data Analytics die im IDH zentral vorgehaltenen Daten analysieren und damit noch stärker auf die Wünsche und Bedürfnisse ihrer Kunden eingehen. Es zeigt sich: Mit dem eingeschlagenen Weg ist die Sparkassen-Finanzgruppe für die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen gut gerüstet.

Dr. Markus Bock Geschäftsbereichsleiter, Banksteuerung, Meldewesen und Risikomanagement, Finanz Informatik, Frankfurt am Main
Dr. Thomas Bonke Senior-Fachberater, Geschäftsbereich Banksteuerung, Meldewesen und Risikomanagement, Finanz Informatik, Frankfurt am Main
Dr. Thomas Bonke , Seniorfachberater, Geschäftsbereich Banksteuerung, Risikomanagement und Meldewesen, Finanz Informatik GmbH & Co. KG, Frankfurt am Main

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