Schuldenerleichterungen für Griechenland de facto ein viertes Hilfsprogramm

Prof. Dr. Dirk Meyer Foto: Helmut-Schmidt-Universität

Ende Juni dieses Jahres haben sich die Finanzminister der Eurogruppe auf die Auszahlung der ausstehenden Tranche des dritten Hilfsprogramms für Griechenland geeinigt. Verbunden sind die jüngsten Beschlüsse mit weiteren Schuldenerleichterungen durch eine Aufstockung des Finanzpolsters sowie eine weitere Laufzeitverlängerung beim Schuldendienst. Auf Basis dieser Vereinbarungen berechnet der Autor die Gesamtbelastungen der griechischen Schuldenkrise und bewertet die künftige Tragfähigkeit der Belastungen durch das Land selbst. So optimistisch wie das von den verantwortlichen Politikern gesehen wird, stuft er die jüngsten Beschlüsse keineswegs ein. Er bewertet sie faktisch als ein weiteres Hilfspaket und hegt unabhängig von der weiteren Reformbereitschaft gleichwohl Zweifel, ob die Schuldentragfähigkeit Griechenlands auf lange Sicht ohne weitere Schuldenerleichterungen möglich sein wird. (Red.)

Im Rahmen der Rettungshilfen hat Griechenland in drei Hilfsprogrammen (erstes Hilfsprogramm 2010: 73,0 Milliarden Euro; zweites Hilfsprogramm 2012: 153,8 Milliarden Euro; drittes Hilfsprogramm 2015: 61,9 Milliarden Euro) insgesamt 288,7 Milliarden Euro an Krediten erhalten.1) Das dritte Hilfsprogramm endete am 20. August 2018. Bereits im Juni beschloss die Eurogruppe weitere Schuldenerleichterungen für Griechenland. Diese waren schon mit dem Beginn des dritten Hilfsprogramms in Aussicht gestellt worden, um eine Beteiligung des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu ermöglichen.2) Der Bundestag hat diese Luxemburger Vereinbarungen mit großer Mehrheit angenommen. Die aktuelle Abschlusszahlung von 15 Milliarden Euro wurde mit nur 5,5 Milliarden Euro für den Schuldendienst verwendet. Die restlichen 9,5 Milliarden Euro dienten dem Aufbau einer Liquiditätsreserve, die insgesamt zirka 24 Milliarden Euro umfasst.

Finanzierungsbedarf für fast zwei Jahre gedeckt

Damit ist der vorausgeplante staatliche Finanzierungsbedarf für 22 Monate gedeckt - ohne dass Wahlversprechen der im nächsten Jahr anstehenden Parlamentswahl berücksichtigt sind. Damit soll Griechenland Zugang zum Kapitalmarkt bekommen, den es jetzt aber frühestens in knapp zwei Jahren braucht. Der Beitrag umfasst eine Berechnung der Schuldenerleichterungen, die aus den aktuellen Vereinbarungen resultieren. Rückblickend beginnen die Ausführungen mit einer Übersicht bereits erfolgter Schuldenreduktionen.

Schuldenerleichterungen aus der Zeit 2012 bis 2017: Von 2012 bis 2017 hat Griechenland immer wieder Schuldenerleichterungen beziehungsweise Finanzierungsvorteile auf der Basis von Nachverhandlungen erhalten.3) Ein Schuldenschnitt privater und öffentlicher Gläubiger (2012), ein Schuldenrückkauf-Programm (2012), die Verlängerung der Kreditlaufzeiten, eine Absenkung des Kreditzinses und ein geändertes Schuldenmanagement der Rettungsfonds (2017) summieren die Vorteile auf bislang 274 bis 290 Milliarden Euro (siehe Abbildung).

Jedoch sind nicht alle Vorteile für Griechenland zugleich Lasten für die Gläubiger. So werden beispielsweise Finanzierungsvorteile eines effizienteren Schuldenmanagements vom Rettungsfonds weitergegeben, ohne dass diese mit Kosten für die Gläubiger einhergehen. Die Belastungen der Gläubiger betragen seit 2012 mindestens 199 bis 216 Milliarden Euro. Bis zu 45 Milliarden Euro könnten hinzukommen, doch machen die Vielfalt der Maßnahmen des EFSF/ESM (2017) und fehlende Differenzierungen genauere Angaben unmöglich.

Vereinbarungen der Eurogruppe zu weiteren Schuldenerleichterungen: Die im Juni 2018 vereinbarten Schuldenerleichterungen umfassen drei Maßnahmen.4)

- Kredite der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) des zweiten Hilfsprogramms im Umfang von 96,4 Milliarden Euro bekommen folgende Entlastungen: die durchschnittliche Laufzeit wird um zehn Jahre verlängert und Zinsen und Tilgung werden um weitere zehn Jahre bis Ende 2032 gestundet;

- der Zinsaufschlag auf EFSF-Kredite aus dem zweiten Programm entfällt;

- Zinsgewinne, die die Europäische Zentralbank (EZB) aus ihrem Anleihekaufprogramm für finanzschwache Eurostaaten (Securities Market Programme, SMP) erwirtschaftet hat, werden überwiesen.

Gegenleistungen und Kontrolle der Auflagen

Als eine Art Konditionierung hat sich Griechenland zu zwei Gegenleistungen verpflichtet. 5)

- Fiskalische Vorgaben: Bis 2022 muss Griechenland im Haushalt einen jährlichen Primärüberschuss (Haushaltssaldo ohne Zinsendienst) von 3,5 Prozent des BIP erwirtschaften; anschließend bis 2060 jährliche Primärüberschüsse von durchschnittlich 2,2 Prozent.

- Reformen: Griechenland muss die vereinbarten Reformen vollständig umsetzen. Dazu gehören Privatisierungen, Rentenkürzungen, die Fertigstellung eines landesweiten Katasters, Verwaltungs- und Steuerreformen.

Weiterhin werden die Auflagen kontrolliert, allerdings weniger scharf wie während des Programms selbst. Alle drei Monate soll eine Überprüfung der Entwicklungen durch den ESM, die EZB und den IWF stattfinden. Diese Kontrolle ist restriktiver als in anderen Programmländern wie Portugal oder Irland und wird mit der Schwere und Länge der Krise begründet. Im Jahr 2032 soll dann eine erneute Überprüfung der Vereinbarung und deren Wirkungen stattfinden, nach der gegebenenfalls weitere Maßnahmen zur Schuldenerleichterung durchgeführt werden.

Modellrechnung mit langem Planungshorizont

Berechnung des Barwertes des Schuldennachlasses: Nachfolgend wird der Versuch unternommen, den monetären Wert der Schuldenerleichterungen in einer Modellrechnung auf der Basis der Barwertmethode zu berechnen. Einschränkend sei angemerkt, dass der Inhalt der Luxemburger Erklärung wenig detailliert und sehr unübersichtlich ist. Zudem ist der Planungshorizont ungewöhnlich lang, sodass einige offene Fragen bleiben:

- Es wird lediglich eine durchschnittliche Laufzeitverlängerung von zehn Jahren genannt, ohne diese für die einzelnen Kredite zu spezifizieren.

- Die Verteilung der Zins- und Tilgungszahlungen über die Kreditlaufzeit bleibt unklar, deshalb wird von einer Gleichverteilung während der Tilgungsdauer ausgegangen.

- Die Kreditlaufzeiten reichen bis ins Jahr 2066. Der angenommene Referenzzins, der geplante Primärüberschuss sowie die weiteren Annahmen hinsichtlich "normal-niedriger" Inflationsraten, unveränderter Anleihebedingungen und eines Fortbestandes der Währungsunion sind für diesen Zeitraum kaum zulässig. Insbesondere die Annahme eines Primärüberschusses von durchschnittlich 2,2 Prozent über zirka 40 Jahre erscheint als unrealistisch.

- Der angenommene Referenzzins von 4,9 Prozent beziehungsweise 4,0 Prozent per annum - respektive das relativ hohe Rating - beruhen auf einer weiterhin bestehenden EU-Rettungsleine für Griechenland. Insbesondere die erneute Überprüfung im Jahr 2032 und die dann in Aussicht gestellten weiteren Schuldenerleichterungen lassen keine freie Bildung des Referenzzinses zu. Anderenfalls dürfte dieser tendenziell höher liegen, was eine noch umfängliche Schuldenerleichterung zur Folge hätte.

Laufzeitverlängerung sowie Stundung von Tilgung und Zinsen um je 10 Jahre: Die Laufzeit der EFSF-Kredite aus dem zweiten Hilfsprogramm wurde bereits 2012 gegenüber der ursprünglichen Vereinbarung um 15 Jahre verlängert und jetzt nochmals um weitere zehn Jahre. Die durchschnittliche Laufzeit beträgt damit 42,5 Jahre. Außerdem werden Zinsen und Tilgung um weitere zehn Jahre bis Ende 2032 gestundet. Damit werden alle Kredite erst in 15 Jahren zahlungswirksam. Griechenland muss diese Kredite in den Jahren von 2033 bis 2066 vollständig tilgen, wobei die Liquiditätsbelastung aus diesen Krediten bis etwa 2055 relativ gering bleibt.

Laufzeitverlängerung und Stundung

Kalkulation Barwertvorteil Laufzeitverlängerung 10 Jahre: Kredite des EFSF des zweiten Hilfsprogramms im Umfang von 96,4 Milliarden Euro wurden von 2056 auf 2066 verlängert. Aktuell muss Griechenland für die Zinsen der EFSF-Hilfskredite 1,37 Prozent per annum leisten; demgegenüber beträgt die Kapitalmarktrendite für 25-jährige griechische Staatsanleihen 4,9 Prozent per annum.6) Diese wird als Referenzzins zur Berechnung des Zinsvorteils als sinnvoll erachtet, da es sich bei den EFSF-Krediten auch um Langläufer handelt. Die Rendite einer zehnjährigen Griechenland-Anleihe liegt mit derzeit 4,0 Prozent etwas darunter.

Der Zinsvorteil in Prozentpunkten (ZV) beläuft sich dann auf

zf18090119.jpg

Zur Berechnung des Zinsvorteils ist dieser Barwert von dem Nominalwert des Kredites abzuziehen, da dieser den Rückzahlungswert ohne Zinsvorteil darstellt.7)

zf18090120.jpg

Vorteil: Der Wert des Zinsvorteils für die Laufzeitverlängerung von zehn Jahren beträgt 28,3 Milliarden Euro.

Kalkulation Barwertvorteil Stundung von Tilgung und Zinsen 10 Jahre: Die Zinszahlungen und Tilgung beginnen statt bislang 2023 erst 2033. Die EFSF-Kredite werden aktuell mit 1,37 Prozent per annum verzinst. Annahmegemäß wird die Rückzahlung über einen Zeitraum von 34 Jahren in gleichen Jahresraten vorgenommen (Annuitätendarlehen). Die jährlich zu leistende Annuität (ANN) beträgt

zf18090121.jpg

Die Annuität wird über zehn Jahre gestundet. Die durchschnittliche Höhe der gestundeten Annuität beträgt über die zehn Jahre in Näherung 50 Prozent des Gesamtbetrages, also 17,9 Milliarden Euro. Der Liquiditätsvorteil ist jedoch annahmegemäß mit dem EFSF-Kreditzins von 1,37 Prozent per annum zu verzinsen. Legt man den Referenzzins einer zehnjährigen Griechenland-Anleihe mit einer Rendite von derzeit 4,0 Prozent zugrunde, ergibt sich ein Zinsvorteil für die Annuitätenstundung von

zf18090122.jpg

In Anlehnung an (3) beträgt der Wert des Zinsvorteils

zf18090123.jpg

Vorteil: Der Wert des Zinsvorteils der Stundung von Zinsen und Tilgung für zehn Jahre beträgt 4,1 Milliarden Euro.

Kredite zum "Selbstkostenpreis"

Erlass des Zinsaufschlages auf die EFSF-Kredite: Zusätzlich entfällt ein Zinsaufschlag, den der Rettungsfonds bisher kalkuliert hatte. Der Rettungsfonds vergibt alle Kredite zum "Selbstkostenpreis".8) Auch werden keinerlei Risikoprämien für den als wahrscheinlich zu bezeichnenden Kreditausfall Griechenlands kalkuliert. Die Eurogruppe hatte eine Garantiegebühr für EFSF-Kredite in Höhe von 0,1 Prozentpunkten bereits mit den Beschlüssen von Ende November 2012 abgeschafft. Deshalb kann lediglich der EFSF-Kredit in Höhe von 11,3 Milliarden Euro zur Finanzierung des Schuldenrückkauf-Programms 2012 von der Vereinbarung betroffen sein, für den ursprünglich eine Zinsmarge von 200 Basispunkten vorgesehen war. Diese wurde bislang lediglich für 2017 auf null gesenkt.9) Dieser Kredit endet 2042, die Annuität beginnt 2023.10)

Kalkulation des Barwertvorteils der erlassenen Zinsmarge 2-Prozent-Punkte per annum: Da der Kredit annahmegemäß über 20 Jahre in gleichen Jahresraten getilgt wird, beträgt die durchschnittliche Höhe des Kredites in Näherung 50 Prozent des Ausgangsbetrages, also etwa 5,7 Milliarden Euro.

zf18090124.jpg

Ein Vergleich der Barwerte mit/ohne Zinsmarge ergibt den Wert der erlassenen Zinsmarge.

zf18090125.jpg

Vorteil: Der Vorteil der erlassenen Zinsmarge beträgt 1,4 Milliarden Euro.

SMP-Gewinne: Schließlich betrifft die Einigung die Überweisung von Gewinnen, die die EZB und die Notenbanken des Eurosystems aus dem Anleihekaufprogramm für finanzschwache Eurostaaten (SMP) erwirtschaftet haben. Sie entstehen aus der Differenz des Ankaufs griechischer Staatsanleihen zu den in Krisenzeiten relativ niedrigen Marktwerten und einer Einlösung zum Nennwert. Damit werden die Risikoprämien für drohende Kreditausfälle dieser ehemals frei gehandelten Anleihen, die durch das zweite und dritte Hilfsprogramm verhindert wurden, an den Krisenstaat zurückgegeben. Zur Interpretation: Man hilft durch ein weiteres Programm, weil man sonst Ausfallkosten hätte tragen müssen und schreibt die Ersparnisse dem Hilfenehmer gut.

Gewinne an Griechenland zurück

Nach Angaben der Bundesregierung sind im Zeitraum 2010 bis 2017 bei der Bundesbank entsprechend des Kapitalschlüssels der EZB 3,423 Milliarden Euro an Erträgen angefallen, die letztendlich an den Bundeshaushalt abgeführt werden.11) Nach einem Beschluss der Euro-Finanzminister vom November 2012 sollten diese Gewinne an Griechenland zurückgeführt werden. 2013 wurden rund 527 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt an Griechenland überwiesen. 2014 erfolgte eine Überweisung von 387 Millionen Euro auf ein Sperrkonto des ESM, da es Probleme in der Umsetzung des zweiten Hilfsprogramms gab. Der entsprechend des Kapitalschlüssels für Deutschland (25,6 Prozent) hochgerechnete Gewinn des Eurosystems beträgt 13,4 Milliarden Euro, wo von 2,0 Milliarden Euro an Griechenland überwiesen wurden. Für den Zeitraum 2018 bis 2037 werden nochmals Erlöse von 0,423 Milliarden Euro für die Bundesbank erwartet, entsprechend 1,7 Milliarden Euro für das Eurosystem. Damit summieren sich die Gewinne auf insgesamt 15,1 Milliarden Euro.

Kalkulation der SMP-Gewinne: Von den hochgerechnet 15,1 Milliarden Euro SMP-Gewinnen des Eurosystems sind 2013 bereits 2 Milliarden Euro an Griechenland überwiesen worden.

zf18090126.jpg

Vorteil: Der Verzicht auf SMP-Gewinne zugunsten Griechenlands beträgt 13,1 Milliarden Euro.

Fünf Unterschiede zu den bisherigen Hilfsprogrammen

Die aktuell vereinbarten Schuldenerleichterungen zum Ende des dritten Hilfsprogramms für Griechenland betragen 46,9 Milliarden Euro (siehe Abbildung). Auf Deutschland entfallen 12,0 Milliarden Euro. Zusammen mit den von 2012 bis 2017 bereits erfolgten Schuldenreduzierungen ergeben sich Vorteile für Griechenland in Höhe von insgesamt 320,8 bis 337,3 Milliarden Euro. Davon entfallen auf Deutschland 52,2 Milliarden Euro. Bezogen auf das BIP Griechenlands von aktuell 180,5 Milliarden Euro entsprechen die Schuldenerleichterungen insgesamt 177,7 Prozent der Jahresproduktion und erreichen somit die Höhe der derzeitigen Staatsverschuldung von 324,5 Milliarden Euro.

Damit stellen die Vereinbarungen der Eurogruppe de facto ein viertes Hilfsprogramm für Griechenland dar. Allerdings gibt es fünf Unterschiede zu den bisherigen drei Hilfsprogrammen: (1) Der Begriff des "Hilfsprogramms" wird vermieden; (2) die Auflagen für Griechenland bestehen lediglich in der Einhaltung bisheriger Zusagen; (3) die Aufsicht soll weniger streng sein als die bisherigen Kontrollen; (4) für das Jahr 2032 werden bereits weitere Schuldenreduktionen und damit ein fünftes Folgeprogramm in Aussicht gestellt und (5) keines der beschlussfassenden Organe auf EU- und deutscher Regierungs- und Parlamentsebene kannte die finanziellen Lasten. Für den haushaltspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Eckardt Rehberg, "ist entscheidend: Einen Schuldenerlass oder Schuldenschnitt wird es für Griechenland nicht geben."12)

Mit der aktuellen Vereinbarung haben die Eurogruppe und die deutsche Regierung mehrere Vorteile erkauft. Der als Erfolg der Hilfsprogramme vermeldete Kapitalmarktzutritt Griechenlands ("auf eigenen Füßen stehen") findet weitgehend gar nicht statt, da die aktuellen Schuldenvereinbarungen bei zukünftig solider griechischer Haushaltspolitik keine Nettoneuschulden benötigen. Die Belastung aus den laufenden Krediten wurde in die lange Zukunft verschoben. Da das Jahr 2032 als Überprüfungsdatum für weitere Maßnahmen festgeschrieben wurde, kann man nach Belieben nachsteuern. Es gilt der ökonomische Zusammenhang, dass ein Kreditpapier mit unendlicher Laufzeit ohne Tilgung bei Nullzins einen Barwert von null Euro hat. Dies trifft auf die heutigen Kredithilfen für Griechenland annähernd zu, da deren Liquiditätsbelastung durch Tilgung und Zinsen bis Ende 2032 ausgesetzt wurde und sie aktuell einen durchschnittlichen Kreditzins von 1,37 Prozent per annum haben.

Kredite weitgehend abschreiben

Die Vereinbarungen der Eurogruppe haben das Schuldenprofil aufgrund des Finanzpolsters und der Verlängerung der Kreditlaufzeiten zwar verbessert, weshalb Standard&Poor's (S & P) das Rating auf B+ hochgesetzt hat und auch andere Ratingagenturen einen positiven Ausblick geben. Dennoch ist das Land vier Stufen vom Investmentgrad entfernt. Bei einer Schuldenstandsquote von 179,9 Prozent (Juli 2018) sieht der IWF eine Schuldentragfähigkeit weiterhin als nicht gegeben an.

Selbst die Griechische Notenbank warnt in einem Bericht, dass nicht nur die Reformen fortgeführt werden müssten, sondern auch weitere Schuldenerleichterungen zur Stabilisierung notwendig wären.13) Insofern müsste ein vorsichtiger Kaufmann die Kredite weitgehend abschreiben. Dies betrifft vorrangig die öffentlichen Gläubiger (ESM/EFSF, EZB, nationale Notenbanken, nationale Haushalte und IWF), bei denen etwa 80 Prozent aller griechischen Staatsschulden liegen.

Literaturverzeichnis

Bundesministerium der Finanzen (2018), Antwort vom 23. Mai auf die Berichtsanforderung vom 8. Mai 2018 des Abgeordneten Sven-Christian Kindler: Griechenland - Verwendung von ANFA und SMP-Gewinnen, DOK 2018/0387908.

EFSF Rahmenvertrag vom 7. Juni 2010.

Eurogroup (2018a), Statement on Greece of 22 June 2018, www.consilium.europa.eu/de, Abrufdatum 27. Juni 2018.

Eurogroup (2018b), Specific commitments to ensure the continuity and completion of reforms adopted under the ESM programme, www.consilium.europa. eu, Abrufdatum 27. Juni 2018.

European Commission (2018), Compliance Report - ESM Stability Support Programme for Greece, Fourth Review, July 2018, https://ec.europa.eu, Abrufdatum 27. Juli 2018.

European Stability Mechanism (2018a), How much financial assistance has Greece received since 2010?, www.esm.europa.eu/content, Abrufdatum 6. Juli 2018.

European Stability Mechanism (2018b), EFSF programme for Greece (expired 30 June 2015), www. esm.europa.eu, Abrufdatum 06.07.2018.

European Stability Mechanism (2018c), Lending Rates, www.esm.europa.eu, Abrufdatum 6. Juli 2018.

European Stability Mechanism (2016), Next Steps for Greece, FAQ on decisions concerning Greece at Eurogroup meeting on 25 May 2016, www.esm.europa.eu, Abrufdatum 21. November 2017.

Ifo-Institut (2012), Die Rettung Griechenlands bedeutet Schuldenschnitt zu Lasten öffentlicher Gläubiger in Höhe von 47 Milliarden Euro, Pressemitteilung vom 30. November 2012, www.cesifo-group. de/de, Abrufdatum 22. März 2018.

Meyer, Dirk (2018), Schuldenerleichterungen für Griechenland - ein Überblick, in: Wirtschaftsdienst, 98. Jg. (2018), H. 6, S. 405-410, http://dx.doi.org und https://archiv.wirtschaftsdienst.eu.

Mussler, Werner (2018), Athen bekommt einen Schuldennachlass, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurt, 23. Juni 2018, S. 21.

Regling, Klaus (2018) at Eurogroup press conference, Press releases ESM 22.06.2018, www.esm.europa.eu/press-releases, Abrufdatum 27. Juni 2018.

Reuters (2018), Griechische Notenbank warnt, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurt, 3. Juli 2018, S. 18.

Spahn, Jens, Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs auf eine schriftliche Frage des Abgeordneten Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) vom 6. Juli 2017, Deutscher Bundestag, Drucksache 18/13113, S. 40.

Fußnoten

1) Siehe European Stability Mechanism (ESM) (2018a).

2) Der IWF macht seine Beteiligung an den Krediten von der Schuldentragfähigkeit abhängig, die er auch nach den neuesten Zugeständnissen als nicht erfüllt ansieht. Eine IWF-Beteiligung war eine wesentliche Voraussetzung für die Zustimmung des Bundestages im August 2015, die jedoch nie erfüllt wurde.

3) Vgl. ausführlich die Aufstellung bei Meyer (2018).

4) Siehe Eurogroup (2018a); Regling (2018) und Mussler (2018). Zu den Auswirkungen der Maßnahmen auf der Grundlage verschiedener Szenarien vgl. European Commission (2018).

5) Siehe Eurogroup (2018b).

6) Vgl. European Stability Mechanism (2018b); ders. (2018c) Stand 06.07.2018. Zu den Kapitalmarktrenditen siehe https://de.investing.com/rates-bonds/greece-government-bonds, Abrufdatum 06.07.2018.

7) Dies stellt eine Vereinfachung dar. Eine genaue Berechnung müsste die Zahlungsströme für jedes Jahr von 2018 bis 2066 berücksichtigen.

8) So heißt es in Abschnitt 13 Abs. 1 EFSF-Rahmenvertrag: "Die Betriebskosten und Barauslagen der EFSF werden von der EFSF aus ihren allgemeinen Einnahmen und Ressourcen gezahlt. Gebühren und Auslagen, die unmittelbar mit der Finanzierung verbunden sind, können (gegebenenfalls) dem jeweiligen Darlehensnehmer weiterberechnet werden."

9) Vgl. auch European Stability Mechanism (2016).

10) Siehe European Stability Mechanism (2018b).

11) Siehe Bundesministerium der Finanzen (2018) und Ifo-Institut (2012). Außerdem wurden von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) aus bilateralen Krediten an den Bundeshaushalt 2010 bis 2016 Erlöse von 0,397 Mrd. Euro überwiesen. Siehe Spahn (2017).

12) Die hier dargelegten Berechnungen bezeichnete Rehberg in der Bundestagsdebatte vom 29. Juni 2018 als "Unsinn" und "dummes Zeug", ohne dass er auf die ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen bislang geantwortet hat. In der Antwort auf eine im Nachhinein vom FDP-Bundestagsabgeordneten Otto Fricke gestellte schriftliche Anfrage an die Bundesregierung zum Wert der Schuldenerleichterungen hat das Finanzministerium die Zahlen des Verfassers nicht widerlegt. Siehe schriftliche Anfrage Nr. 230 für den Monat Juli 2018 (2018/0597404).

13) Vgl. Reuters (2018).

Prof. Dr. Dirk Meyer Institut für Volks wirtschaftslehre, Helmut-Schmidt-Universität, Universität der Bundeswehr Hamburg
Prof. Dr. Dirk Meyer , Institut für Volkswirtschaftslehre , Helmut-Schmidt-Universität

Weitere Artikelbilder

Noch keine Bewertungen vorhanden


X