SPAC IPOs - Notausgang Regulierungsarbitrage?

Prof. Mark Mietzner, Foto: Kirsten Nijhof

Die Zahl der Börsengänge nimmt laut dem vorliegenden Beitrag in den vergangenen 20 Jahren an den bedeutenden westlichen Finanzplätzen dramatisch ab. Einen wichtigen Grund dafür sehen die Autoren in den immer höheren regulatorischen Kosten für börsennotierte Aktiengesellschaften beziehungsweise an die Börse gehende Gesellschaften. Eine Ausweichreaktion der Börsenbetreiber sehen Mietzner und Schiereck in der Schaffung von Einstiegssegmenten mit weniger strengen Vorschriften. Doch seien diese Segmente von wenig Erfolg gekrönt. Ein weiterer Ausweg wären SPACs, die regulatorische Vorgaben bewusst umgehen würden. Diese leeren Börsenhüllen zur Übernahme von Unternehmen geben jedoch vor allem in der heutigen Version kritische Anreize, die sich auch in einer langfristig schlechteren Performance niederschlagen würde. Mietzner und Schiereck sehen eine ganze Reihe von Argumenten, warum SPACs nicht ganz unkritisch sein könnten und fordern dazu auf, vor allem die Verbindung von Performance und Anreizstrukturen weiter zu untersuchen. (Red.)

Die Zahl der börsennotierten Aktiengesellschaften nimmt seit 20 Jahren an allen bedeutenden westlichen Finanzplätzen dramatisch ab (Doidge et al., 2017; Gaar et al., 2019; Gao et al., 2014), und damit verbunden sinkt nicht nur die Einkommensperspektive für zahllose Berufsfelder in den Finanzzentren, sondern es gibt auch eine intensive wissenschaftliche Diskussion über die Zukunftsfähigkeit der börsennotierten Kapitalgesellschaft als Kernbaustein kapitalistisch orientierter Finanzsysteme (Kahle und Stulz, 2017). In einem solchen Umfeld erscheint es nur konsequent, alle Instrumente zu überdenken, mit denen eine Trendumkehr und ein signifikantes Wachstum der Notierungszahlen an den Wertpapierbörsen erreicht werden kann.

Wenn die Entscheidung des privat gehaltenen Unternehmens zum Börsengang und der börsennotierten Gesellschaft zum Börsenrückzug und zur Notierungseinstellung auf einem Abwägen von Kosten und Nutzen erfolgt, geraten schnell regulierungsbedingte direkte und indirekte Kosten in den Blickpunkt der Überlegungen. Die empirische Evidenz aus den Studien von Berninger et al. (2018) sowie Thomas und Vinten (2014) dokumentieren eindrucksvoll, dass Verschärfungen in den regulatorischen Vorgaben für notierte Unternehmen sich signifikant auf die Entscheidung zum Börsenrückzug auswirken.

Als Konsequenz haben die großen Börsenplatzbetreiber mit einer Senkung der regulatorischen Vorgaben durch Auslagerung aus den Haupthandelssegmenten reagiert und neue Einstiegssegmente gegründet. Die London Stock Exchange etablierte schon in den 1990er Jahren den Alternative Investment Market (AIM), der zwar in den vergangenen Jahren ebenfalls knapp 500 Notierungen verloren hat, sich aber dennoch selbstbewusst als Erfolgsgeschichte vermarktet. Auch jüngere Finanzplätze wie die Warschauer Börse haben diesen Weg gewählt, und New Connect hat in Polen zwischenzeitlich für einen IPO-Boom gesorgt, der aber nach verschiedenen Skandalen deutlich abgeebbt ist (Gaar et al., 2020).

Die deutschen Erfahrungen mit Einstiegssegmenten sind weniger euphorisch. Frühe Erfahrungen wie etwa der Aufbau des Prädikatmarktes an der Bayerischen Wertpapierbörse München waren rückblickend sicherlich kein Erfolg (Helmis et al., 2002), und Scale, das noch junge Segment an der Frankfurter Wertpapierbörse, konnte bislang ebenfalls eher bescheidene Erfolge verzeichnen.

Investorenschutz bei asymmetrischen Informationsstrukturen

All diesen Bemühungen liegt der Gedanke zugrunde, dass durch die Reduzierung von Berichtspflichten, Qualitätsuntergrenzen und Aktionärsschutzmechanismen Unternehmen zum Börsengang motiviert werden, die nach positiven Erfahrungen in den Einstiegssegmenten in die streng regulierten Hauptsegmente der Börsenplatzbetreiber migrieren. Diese Migration hat an keinem Börsenplatz in großem Stil funktioniert. Für die Mehrzahl der Börsenneulinge galt, dass die Notierungsdauer entweder recht kurz war oder das Einstiegssegment zur Dauerlösung wurde.

Das ruft allerdings die sehr grundsätzliche Frage auf, was durch Regulierung erreicht werden soll, denn Regulierung ist - entgegen manchmal geäußerter Vermutung - kein Selbstzweck, sondern soll in einem Umfeld asymmetrischer Informationsstrukturen dem Schutz der Investoren dienen und damit die Institution des öffentlichen Börsenhandels selbst sichern. Die Etablierung von Einstiegssegmenten ist nun der meist verunglückte Versuch, den Schutz durch Regulierung abzubauen, um die Kosten der Regulierung zu senken. Hier könnte die Diskussion nun sehr grundsätzlich werden, aber das würde dem Anlass wohl nicht gerecht. Aber diese Überlegungen haben viel mit SPACs (Special Purpose Acquisition Companies) zu tun.

Regulierungsarbitrage im Hauptsegment

Während die Reduktion regulatorischer Hürden durch die Schaffung von Markteinstiegssegmenten einer Auslagerung der schwach regulierten Gesellschaften entspricht, zielt die Etablierung von SPACs auf die gezielte, bewusste Umgehung regulatorischer Auflagen im Haupthandelssegment der Wertpapierbörsen ab. Die Erlaubnis weitgehend informationsbefreiter leerer Hüllen zum Börsengang ermöglicht nun den Börsengang von SPACs. Zwar müssen auch diese Entitäten einen Börsenzulassungsprospekt erstellen, aber ohne eigenes operatives Geschäft und ohne Firmenhistorie bleibt dieser sehr schlank. Und wenn der spätere Erwerb einer Zielgesellschaft (Business Combination, De-SPAC) als reiner Barkauf abgewickelt wird, entsteht keine weitere Prospektpflicht.

Als Mantelgesellschaften dienen SPACs einzig dem Zweck, mit dem aus dem SPAC-Börsengang erzielten Erlös ein nicht börsennotiertes Unternehmen ganz oder in Teilen zu erwerben. Dazu emittieren die SPAC-Initiatoren sogenannte Units, die sich aus einer Stammaktie und einem Optionsschein, der zum Kauf einer weiteren vollen (beziehungsweise anteiligen) Stammaktie berechtigt, zusammensetzen. Der Erlös aus dem Verkauf der Units wird auf einem Treuhandkonto bis zur Übernahme eines geeigneten Unternehmens verwahrt. Die SPAC-Initiatoren haben danach typischerweise 24 Monate, um der Hauptversammlung ein passendes Übernahmeunternehmen zu präsentieren. Wird während dieser Zeit kein Zielunternehmen gefunden oder die vorgeschlagene Akquisition mehrheitlich von den Investoren abgelehnt, wird der SPAC liquidiert und der Emissionserlös an die Aktionäre zurückgezahlt. Anleger können aber auch ganz individuell entscheiden, ihre SPAC-Anteile gegen Rückerstattung ihres Anteils am Treuhandwert zurückzugeben. Bis zur Business Combination mit einem Zielunternehmen eliminiert die Treuhandkontenstruktur das Risiko eines Kapitalverlustes für SPAC-Investoren fast vollständig und kommt im Wesentlichen dem Zahlungsprofil einer weitgehend risikolosen Nullkuponanleihe mit einer Option auf eine noch unbekannte Unternehmensübernahme gleich (Cumming et al., 2014).

Die Regularien aktueller SPACs erlauben - im Gegensatz zu Strukturen in den frühen 2000er Jahren - ihren Anlegern aber nicht nur bei einer Ablehnung des Übernahmevorschlags die Rückgabe der Anteile, sondern auch bei einer Zustimmung zur Transaktion. Mit dieser Neuerung wird die Interessenkongruenz zwischen SPAC-Management und Investoren an der Übernahme qualitativ hochwertiger Unternehmen deutlich unterminiert, da die Aktionäre die Folgen ihrer Zustimmung zu einer unrentablen oder riskanten Übernahme nicht mehr tragen müssen. Die Genehmigungspflicht durch die Hauptversammlung sollte einen Anreiz für das SPAC-Management darstellen, nur qualitativ hochwertige Zielunternehmen beziehungsweise profitable Übernahmen vorzuschlagen. Wenn Aktionäre allerdings auch bei der Zustimmung zu einer Transaktion ihre Anteile zurückgeben dürfen, sinkt der Druck für das Management, das "beste" Zielunternehmen finden zu müssen. Zugleich reduziert sich auch das ökonomische Risiko der SPAC-Gründer, das sich angesichts der vorgegebenen SPAC-Laufzeit im Wesentlichen aus dem Liquidationsrisiko und dem finanziellen Engagement der SPAC-Initiatoren ergibt. Der faktische Wegfall dieses wichtigen Checksand-Balances-Instruments, der Genehmigung einer Transaktion durch die Hauptversammlung, dürfte sich daher - neben den weiteren Anreizen zur Regulierungsarbitrage - zusätzlich negativ auf die SPAC-Performance auswirken und legt für empirische Studien die Vermutung einer negativen Risikoauslese (Market for Lemons) nahe.

Empirische Evidenz zur SPAC-Performance

Wenn eine leere Mantelgesellschaft und eine Business Combination zur Börsennotierung genutzt werden und die rechtliche Ausgestaltung der SPACs kritische Anreizwirkungen entfalten kann, erscheint eine nähere Betrachtung ihrer bisherigen Kapitalmarktperformance naheliegend, die zu einem weitgehenden Verschwinden dieses Instruments vor 10 Jahren geführt haben. An der Euronext wurde der erste SPAC, Germany 1, am 21. Juli 2008 mit einem Volumen von 250 Millionen Euro emittiert. Knapp ein Jahr nach seinem IPO übernahm er am 10. September 2009 für rund 392 Millionen Euro das auf den Bereich der Leistungselektronik spezialisierte Unternehmen AEG Power Solutions vom Private-Equity-Investor Ripplewood. Rund 10 Jahre nach dem IPO, am 9. Mai 2018, erfolgte im Rahmen eines umfangreichen Restrukturierungskonzepts und der vollständigen Herabsetzung des Grundkapitals auf 0 Euro die Einstellung des Aktienhandels im regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse. Auch für den im Oktober 2010 emittierten SPAC, European Cleantech 1, endete die Börsennotierung 2018 mit einer Insolvenz. Und wie entwickelte sich der dritte zu dieser Zeit aufgelegte SPAC? Helikos feierte sein Börsendebüt im Februar 2010 und übernahm im Juli 2011 die Exceet Group für 10 Euro je Anteilsschein. Seither hat sich der Kurs allerdings enttäuschend entwickelt und liegt aktuell mit etwas mehr als vier Euro pro Aktie deutlich unter dem damals für das Unternehmen gezahlten Kaufpreis.

Zumindest für den deutschsprachigen Raum fällt damit die historische Bilanz der SPACs eher ernüchternd aus. Aber auch für den internationalen Querschnitt zeigen mehrere Untersuchungen, wie beispielsweise Kolb und Tykvová (2016) oder Dimitrova (2017), dass die langfristige Renditeentwicklung von SPAC-Firmen im Schnitt signifikant hinter dem Markt, der Branche sowie ihren unmittelbaren Peers deutlich zurückbleibt. Angekündigt war aber doch das Gegenteil gewesen: nämlich, dass SPACs überdurchschnittlich abschneiden. Immerhin sollen namhafte, erfahrene und in der Industrie gut vernetzte SPAC-Initiatoren mögliche Hidden Champions identifizieren und damit qualitativ hochwertigen Firmen einen Zugang zum öffentlichen Kapitalmarkt ermöglichen.

Warum schneiden SPAC-Firmen häufig signifikant schlechter ab als andere IPO-Firmen beziehungsweise der Markt? Die Divergenz zwischen angekündigter und tatsächlich beobachtbarer Performance lässt sich insbesondere durch die starken impliziten Anreize in den SPAC-Strukturen und-Verträgen erklären. Zu dieser Erkenntnis kommen zumindest zahlreiche Studien, die herausfinden, dass sich SPAC-Akquisitionen aufgrund der vertraglichen Merkmale eines SPAC negativ auf den Shareholder Value auswirken (Jenkinson und Sousa, 2011; Kolb und Tykvová, 2016; Dimitrova, 2017). Investoren sollten daher vor einer Beteiligung die Merkmale und Besonderheiten der SPAC-Struktur im Emissionsprospekt genau analysieren, denn wie oben gezeigt wurde, können die aus den Strukturen resultierenden Anreize in Verbindung mit asymmetrischen Informationsstrukturen zu einer Negativauslese und zu einer nachteiligen langfristigen Kapitalmarktperformance führen.

Eine Hold-up-Problematik?

Eine weitere Hypothek für die zukünftige SPAC-Performance kann sich auch aus der Mindestanforderung an die Größe eines Zielunternehmens ergeben. Börsenzulassungsprospekten zufolge darf der Marktwert des Zielunternehmens 80 Prozent des Guthabens auf dem Treuhandkonto nicht unterschreiten. Diese Regelung stellt sicher, dass die Emissionserlöse für die Transaktion vorgehalten und nicht für zum Beispiel den allgemeinen Geschäftsbetrieb aufgewandt werden.

Der Wettbewerb mit Finanzinvestoren und Strategen um lukrative Zielunternehmen oder zur Vermeidung einer drohenden SPAC-Liquidation könnte SPAC-Manager allerdings auch dazu verleiten, zu viel für das Zielunternehmen zu zahlen. Ein Indikator für diese Holdup-Problematik liefert insbesondere auch die bisherige langfristige Kapitalmarktperformance von SPACs. Konsistent dazu sind entsprechende Befunde von Dimitrova (2017), die eine unterdurchschnittliche Kapitalmarktperformance für SPAC-Akquisitionen nahe an der 80-Prozent-Schwelle ermittelt. Dies setzt einen Impuls für Investoren, die Akquisitions- und Selektionsstrategie des SPAC-Managements kritisch zu hinterfragen.

Eigentümerstrukturen bei SPACs und IPOs

Gerade kleine und fremdfinanzierte Unternehmen sowie Firmen mit einer vergleichsweise wenig attraktiven Equity-Story oder geringen Wachstumschancen scheinen SPACs in der Vergangenheit als geeignetes Instrument für eine Kapitalmarktnotierung gewählt zu haben (vgl. dazu Kolb und Tykvová, 2016).* Allerdings sehen sich in diesen Fällen die Gesellschaften sowie ihre privaten Eigentümer der Frage gegenüber, ob sie auch ohne SPACs verkauft hätten oder kapitalmarktfähig gewesen wären. Zumindest aus Sicht der SPAC-Investoren ist zu befürchten, dass in einer Zeit, in der alle großen Private-Equity-Investoren hohe Summen an investierbaren Mitteln halten, sie nach der Akquisition entweder an einem Unternehmen von vergleichsweise unterdurchschnittlicher Qualität beteiligt oder einem Winner's-Curse-Problem aussetzt sind und zu teuer gekauft haben.

Neben der Frage, welches Unternehmen erworben wird, ist auch zu beachten, wie groß der Anteil am erworbenen Unternehmen nach der Business Combination ist. Wenn junge wachstumsstarke Unternehmen an die Börse gehen, um Alteigentümern die Möglichkeit zum Exit zu geben und vor allem um zusätzliches Eigenkapital aufzunehmen, dann wird typischerweise die Eigentümerstruktur des Börsenneulings mehr oder weniger stark aufgeweicht, sie ist aber auch nach dem Börsengang in der Regel noch gut erkennbar. Denn beim Börsengang wandern typischerweise nicht mehr als 20 bis 40 Prozent der Aktien und Stimmrechte in die Depots der neuen Miteigentümer. Für Investoren ist dies durchaus sehr bedeutsam, denn mit dem Verbleib von Gründern und Schlüsselpersonen als Miteigentümer werden vertrauensbildende Signale an Investoren in einem Umfeld starker Informationsasymmetrien gesetzt, die auf Kontinuität und Fortschreibung historischer Erfolgspfade verweisen. In aller Regel wird diese Kontinuität nochmals institutionell unterstrichen, denn in kaum einem Börsenzulassungsprospekt findet sich keine Klausel zur Etablierung einer Lock-up-Periode, die die Veräußerung von weiteren Anteilen der Altaktionäre temporär unterbindet.

Der SPAC erwirbt häufig keine Minderheitsanteile, sondern kauft Mehrheitspositionen oder ganze Unternehmen. Die Schutzmechanismen für Investoren, die beim IPO-Alteigentümer auch über den Börsengang hinaus an das Unternehmen binden und Kontinuität garantieren, greifen dann beim SPAC also nicht. Ist das kritisch? Es erzeugt zumindest zusätzliche Unsicherheit gerade auch bei solchen SPACs, die sich auf Startups und junge Technologieunternehmen konzentrieren, deren Erfolg bis zum Verkauf an einen SPAC stark durch Gründer und kreative, motivierte Eigentümer getrieben war. Gründe, warum solche Personen ihr Unternehmen an einen SPAC verkaufen, liefern wieder die oben erwähnten theoretischen Modelle zur Finanzierung und Corporate Governance, die solche Entscheidungen als negative Signale interpretieren.

Außenstehenden Betrachtern aus der akademischen Welt wird ja gemeinhin ein etwas weltfremder Blick aus dem Elfenbeinturm und eine unangemessen überzogene Risikoaversion unterstellt, so dass sich die Frage aufdrängt, ob es denn jenseits der Argumentation mit theoretischen Modellen, Regulierungsüberlegungen und asymmetrischen Informationsstrukturen auch praktisch zu beobachtende Indikatoren gibt, die die Befürchtungen einer unheilvollen und wenig zukunftsweisenden Regulierungsarbitrage durch einen Boom von neu notierten SPACs unterlegen können. Die tatsächlich vorliegende Evidenz zum jüngsten Boom ist in der Tat gerade erst am Entstehen. Aber es lassen sich schon jetzt zwei Indikatoren nennen, die hier versprechen, zukünftig klaren Aufschluss zu geben.

Nicht als deutsche Aktiengesellschaft

Wenn das Instrument des SPAC gewählt wurde, um Informationen beim Börsengang nicht aufdecken zu müssen, dann wird diese Verpflichtung natürlich auf das Management des SPAC im Vorfeld des Kaufs übertragen. Sollte das kritisch sein, ist zu erwarten, dass die Zahl der Class Action Lawsuits bei SPACs deutlich höher liegt als bei traditionellen IPOs. Und wenn das Risiko, mit diesem Regulierungsumgehungsinstrument zu scheitern und dabei vielleicht schwere Fehler zu begehen, sehr hoch ist, dann gibt sicherlich die Zahl der SPACs, deren Management eine umfassende D&O-Versicherung (Directors-and-Officers-Versicherung) besitzt, einen guten Indikator. Anleger und Stimmrechtsberater sollten diese Frage sicherlich sehr weit oben auf ihrer Fragenliste zur nächsten Hauptversammlung haben. Was würde ein fehlender Versicherungsschutz aussagen? Sicherlich nicht, dass das Management in so risikofreien Gewässern segelt, dass ein solcher Schutz als überflüssig erachtet wird.

Aufsichtsbehörden, Aktionärsvertreter und Verbraucherschützer sollten viel sichtbarer herausstellen, wie wichtig es ist, für SPAC-Investitionen insbesondere die Verbindung zwischen Kapitalmarktperformance und Anreizstrukturen zu untersuchen. Es gibt zumindest eine ganze Reihe von theoretisch unterlegbaren Argumenten, warum Börsengänge durch die Hintertür nicht unkritisch sind. Und Börsenordnungen können Voraussetzungen definieren (zum Beispiel ein Mindestalter), die SPACs unterstützen oder eher behindern und so Hintertüren entstehen lassen oder nicht. Das deutsche Aktienrecht sorgt gegenwärtig dafür, dass SPACs nicht als deutsche Aktiengesellschaft, sondern unter niederländischem oder luxemburgischem Gesellschaftsrecht an die Börse kommen. Hier wird der Einsatz von SPACs nicht gefördert.

Die Zukunft wird zeigen, ob SPACs ein geeignetes Instrument zur Steigerung der Notierungszahlen an deutschen Wertpapierbörsen sein können oder eher eine Gefahr für den neuen Frühling in der Aktionärskultur darstellen.

Literaturverzeichnis

Berninger, M., Klug, M., & Schiereck, D. (2018). Börsenrückzüge infolge steigender Corporate-Governance-Anforderungen - Empirische Evidenz von 13 europäischen Kapitalmärkten. Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 70(4), 351-391.

Cumming, D., Haß, L. H. & Schweizer, D. (2014). The fast track IPO - Success factors for taking firms public with SPACs. Journal of Banking & Finance, 47(C), 198-213.

Dimitrova, L. (2017). Perverse incentives of special purpose acquisition companies, the poor man's private equity funds. Journal of Accounting and Economics, 63, 99-120.

Doidge, C., Karolyi, G. A., & Stulz, R. M. (2017). The U.S. listing gap. Journal of Financial Economics, 123(3), 464-487.

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Gaar, E., & Schiereck, D. (2013). Notierungsdynamik börsengehandelter Aktien in Deutschland seit 1950: Eine Note. Bankhistorisches Archiv, 39(2), 126-138.

Gao, X., Ritter, J. R., & Zhu, Z. (2013). Where have all the IPOs gone? Journal of Financial and Quantitative Analysis, 48(6), 1663-1692.

Helmis, S., Paix, A., & Schiereck, D. (2002). Der Prädikatsmarkt: Ein bayerischer Börsenflop? Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft, 14(3), 161-174.

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Kolb, J., & Tykvová, T. (2016). Going public via special purpose acquisition companies: Frogs do not turn into princes. Journal of Corporate Finance, 40, 80-96.

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Fußnote

* Hier gibt es in der Tat Unterschiede zur gegenwärtigen SPAC-Welle, die häufig junge Technologieunternehmen wie die Flugtaxis von Volocopter und Lilium oder Startups aus dem Bereich der Fintechs zum Ziel haben.

Prof. Mark Mietzner Rektor, Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) Leipzig
Prof. Dirk Schiereck Fachgebiet Unternehmensfinanzierung, Technische Universität (TU) Darmstadt
Prof. Mark Mietzner , Rektor, Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) Leipzig
Prof. Dr. Dirk Schiereck , Leiter des Fachgebiets Unternehmensfinan­zierung , Technische Universität Darmstadt

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