Der steinige Weg aus der expansiven Geldpolitik

Abbildung 1: Passiver Abbau durch Halten der Wertpapiere bis zur Endfälligkeit würde mehr als zehn Jahre dauern Quelle: Macrobond

Dr. Frank Engels, Leiter Rentenfondsmanagement, Union Investment, Frankfurt am Main - Der in der Wirtschaft, der Wissenschaft und auch der Politik immer lauter geforderte Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik mit all seinen Nebenwirkungen stuft der Autor als ein hochkomplexes Langzeitprojekt ein. Ähnlich wie in den USA mit ihren schon günstigeren Voraussetzungen für einen "Exit" hält er es gerade auch in Europa für eine enorm wichtige Aufgabe der Staaten, durch eine expansive Fiskal- und gezielte Strukturpolitik nachhaltige konjunkturelle Impulse zu setzen und somit überhaupt erst die fundamentale Basis für ein langfristig höheres Zinsniveau zu schaffen. Die Notenbanken mit dem enormen Volumen ihrer Bilanzen sieht er weltweit noch auf lange Sicht als bedeutende Akteure am Rentenmarkt. (Red.)

Mit ihren umfangreichen Interventionen hatten die globalen Notenbanken einen entscheidenden Anteil an der Krisenbewältigung seit 2008. Doch die im Rückblick unausweichlichen Maßnahmen haben erhebliche Nebenwirkungen, weshalb der Ruf nach einem Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik immer lauter wird. Die Umsetzung dürfte allerdings zum Langzeitprojekt werden, bei dem neben den Notenbanken auch die Regierungen in der Verantwortung stehen.

Eine Reihe von Nebenwirkungen

Ein Blick auf die Zentralbanken zeigt: Der auf die Finanzkrise folgende weltweite Abschwung war ebenso wenig eine gewöhnliche Rezession wie der folgende Aufschwung eine idealtypische Erholung darstellte. Denn um die rasante Verschlechterung der Konjunkturdaten einzudämmen, nahmen die Währungshüter rund um den Globus fast simultan ihre Leitzinssätze zurück. Schon Mitte 2009 lagen sie bei den vier wichtigsten Notenbanken aus den USA, der Eurozone, Großbritannien und Japan nur noch bei maximal einem Prozent. Noch nie wurden die Zinsen so schnell auf ein so niedriges Niveau gesenkt. Und noch nie blieben sie so lange konstant. Denn noch heute bewegen sich die Zinssätze der genannten Zentralbanken zwischen minus 0,1 Prozent (Japan) und maximal 0,5 Prozent (USA).

Und weil diese konventionellen geldpolitischen Maßnahmen nicht ausreichten, um die Wirtschaft wieder zu beleben, wurden die Anstrengungen verstärkt und dabei auch vor unkonventionellen Mitteln nicht Halt gemacht. Doch die Anleiheankäufe durch die Notenbanken (Quantitative Easing, QE) hatten dies- und jenseits des Atlantiks nicht nur die gewünschten Effekte, die Konjunktur zu stabilisieren und ein Abrutschen in die Deflation zu verhindern. Es gab und gibt auch eine Reihe von Nebenwirkungen, die den Ausstieg aus dieser ultralockeren Geldpolitik immer dringender erfordern, ihn gleichzeitig aber auch erheblich erschweren:

1) Banken schwimmen im Geld: Durch die enorme Überschussliquidität im Kreislauf verliert der traditionelle Leitzins seine Funktion.

2) Notenbanken machen Märkte: Allein die Ankündigung von neuen Anleiheankaufprogrammen verzerrt die Bewertung ganzer Kapitalmarktsegmente.

3) Lang, länger, Zentralbankbilanz: Seit 2007 hat sich die Bilanzsumme der US-amerikanischen Federal Reserve (Fed) vervierfacht, die der Europäischen Zentralbank (EZB) verdoppelt. Ein Abbau hingegen dürfte ein Generationenprojekt werden.

Zu geringes Zinsniveau

Daneben spricht noch ein weiterer, ganz wesentlicher Punkt für die Notwendigkeit einer baldigen Abkehr von der ultralockeren Geldpolitik: Das Zinsniveau ist auch mit Blick auf die propagierten Notenbankziele Inflation (EZB) beziehungsweise Inflation und Vollbeschäftigung (Fed) zu gering. In vielen der wichtigen Wirtschaftsräume müsste der Leitzins nach der klassischen Taylor-Regel 1) teilweise um mehrere Prozentpunkte über dem aktuellen Niveau liegen. Zwar stellt das starre Lehrbuchkonzept nur eine Momentaufnahme dar: Im Modell bleibt etwa unberücksichtigt, dass nach einer Phase einer deutlichen Unterschreitung der Notenbankziele möglicherweise auch ein Überschießen etwa der Inflationsraten toleriert werden kann. Dennoch belegt auch die weiterhin hohe Popularität dieser und ähnlicher Konzepte die grundsätzlich kritische Haltung gegenüber der aktuell extrem ausgeprägten Niedrigzinspolitik.

Der "Exit" aus der ultralockeren Geldpolitik ist zumindest mittelfristig unvermeidbar. Die Art seiner Umsetzung wird aber über die damit einhergehenden Effekte für die Kapitalmärkte und die volkswirtschaftliche Wohlfahrt entscheiden. Dabei kommt auch der Frage nach den verantwortlichen Akteuren eine große Bedeutung zu: In einer Welt, in der die Wirksamkeit der Geldpolitik an ihre Grenzen stößt, sind vor allem die Staaten gefordert, mit fiskal- und strukturpolitischen Impulsen die Konjunktur anzuregen und die Zentralbanken aus dem Dilemma der Liquiditätsfalle zu befreien. Diese Notwendigkeit ergibt sich auch beim Blick auf die Fed, die mit der Bekämpfung vieler Nebenwirkungen ihrer Niedrigzinspolitik schon einige Schritte weiter ist als die Europäer.

Vorreiter Federal Reserve?

Während die Eurozone durch die Staatsschuldenkrise in ihrer Erholung nach dem Rezessionsjahr 2009 deutlich ausgebremst wurde, wiesen die Vereinigten Staaten eine deutlich robustere Entwicklung auf. Schon 2010 lag das Wirtschaftswachstum wieder bei 2,5 Prozent und auch die Arbeitslosigkeit sank in der Folge rapide. So war es wenig verwunderlich, dass der damalige US-Notenbank-Chef Ben Bernanke im Mai 2013 das Zurückfahren der Anleiheankäufe (Tapering) durch die Fed ankündigte. Nachdem diese über rund zehn Monate schrittweise reduziert wurden, lief das QE- Programm im Oktober 2014 aus. Die Fed hatte bis dahin Assets in einem Volumen von rund 4,5 Billionen US-Dollar auf ihre Bilanz genommen.

Die aktive Ausweitung der Bilanz war dank des Taperings zwar gestoppt. Doch bis heute werden Zinserträge und Fälligkeiten aus dem umfangreichen Anleihe-Portfolio der Notenbank am Kapitalmarkt reinvestiert. Eine wirkliche Beendigung des Ankaufs von Anleihen ist also bis dato nicht erfolgt. Dafür ist es der Fed gelungen, eine der oben beschriebenen "Nebenwirkungen" ihrer Politik zu beseitigen: die Überschussliquidität.

Geholfen hat dabei die Umstellung ihres Konzepts zur Geldmarktsteuerung, weg vom Ausleih- hin zum Einlagenzins. Da sich die US-amerikanischen Geschäftsbanken aufgrund der enormen Liquidität nur noch wenig Geld von der Fed leihen mussten, verlor der traditionelle Leitzins (Target Rate) zunehmend an Wirkung. Mit anderen Worten: Eine Erhöhung der Target Rate wäre quasi wirkungslos verpufft, da sich die Banken aufgrund der angehäuften Überschussliquidität untereinander zu günstigeren Zinssätzen Liquidität hätten leihen können. Aus diesem Grund beschloss die US-Notenbank 2014, mit der Zahlung von Zinsen auf Überschussreserven (Interest On Excess Reserves, IOER) sowie dem "Reverse Repurchase Program" (RRP), ihre Geldpolitik vielmehr über die Einlagenseite zu steuern. Mit dieser Methode hatte und hat die Fed durchaus Erfolg: Bis heute bewegt sich der angepeilte Leitzinskorridor exakt zwischen dem RRP (0,25 Prozent) und dem IOER (aktuell 0,5 Prozent). Ein Beleg dafür, dass es die aktuelle Geldpolitik schafft, wieder mehr Wirkung zu entfalten.

Problem der hohen Anleihebestände in der Fed-Bilanz

Weitgehend unangetastet blieb hingegen das Problem der hohen Anleihebestände in der Fed-Bilanz. Ein Abbau kam aus verschiedenen Gründen zunächst nicht infrage: Der aktive Verkauf der Papiere hätte das allgemeine Zinsniveau deutlich ansteigen lassen und den Markt destabilisiert (siehe unten). Und auch ein passives Abschmelzen der Bestände, also das Halten der Anleihen bis zur Endfälligkeit ohne Wiederanlage, war aufgrund der teilweise erheblichen Restlaufzeiten (Abbildung 1) keine realistische Option. Verschiedene weitere Aspekte wecken zudem Zweifel, ob der Schritt einer aktiven Bilanzverkürzung überhaupt notwendig und umsetzbar ist:

- Der Verkauf von Anleihen aus dem Zen tralbank-Bestand hätte erhebliche Marktimplikationen: Jeder größere Verkauf von Anleihen sorgt im Laufzeitsegment der veräußerten Papiere für fallende Kurse und steigende Zinsen. Zentralbanken müssten ihren Fokus auf das aktive Management der Zinsstrukturkurve legen, um Verzerrungen zu verhindern. Bei entsprechender Steuerung dürfte sich die Zinsstrukturkurve vom langen Ende her aufsteilen. Das kurze Ende könnte, über eine Variation der klassischen Leitzinsen, parallel nachziehen. Des Weiteren würden steigende Zinsen entsprechende Anlagen relativ zu anderen Assets attraktiver machen. Und auch die Inflation beziehungsweise die Inflationserwartungen und damit letztlich auch die Realwirtschaft wären betroffen.

- Steigende Zinsen und damit verbundene fallende Anleihekurse würden allerdings für die noch in der Zentralbankbilanz befindlichen Papiere Verluste bedeuten. Auch wenn den Notenbanken hier verschiedene buchhalterische Möglichkeiten offen stünden, könnten die Verluste in letzter Konsequenz auf die Staatshaushalte durchschlagen.

- Eine große Zentralbankbilanz hat auch Vorteile, denn sie kann für eine gesteigerte Finanzmarkstabilität sorgen. Die Tatsache, dass die kurzfristigen Zinsen deutlich unter den langfristigen liegen, zeigt, dass ein großer Bedarf an einem kurzfristigen, sicheren Asset besteht. Mit steigenden regulatorischen Anforderungen, etwa in Bezug auf die Reservehaltung, dürfte dieser sogar noch zunehmen. Ein solches sicheres Asset stellt die Fed aktuell über Reserven und das RRP bereit. Wäre dies nicht mehr der Fall, könnte die Finanzstabilität leiden.

Der gesunkene langfristige Gleichgewichtszins

Und noch ein weiterer Punkt spricht gegen eine Kurskorrektur der US-Notenbank in der kurzen bis mittleren Frist: der gesunkene langfristige Gleichgewichtszins - jener Satz, der Wachstum und Inflation ins Gleichgewicht bringt. Die geringere allgemeine Wirtschaftsdynamik, das schwächere Investitionsumfeld, aber auch demografische Effekte sorgen für einen starken Rückgang dieser Rate. Nach Simulationen mit dem von der Fed häufig als Datengrundlage verwendeten FRB/US-Modell führt etwa das Absinken des jährlichen, durchschnittlichen US-Wachstums auf 1,75 Prozent (gegenüber rund drei Prozent zwischen 1990 und 2005) zu einem Rückgang des Gleichgewichtszinses um bis zu 1,2 Prozentpunkte.

All dies sind jedoch Faktoren, auf welche die Fed, wenn überhaupt, nur einen mittelbaren Einfluss hat. Um den Gleichgewichtszins wieder zu erhöhen, ist vielmehr vor allem die Struktur- und Fiskalpolitik gefragt. Nach der genannten Modellrechnung würde eine anhaltende Steigerung der Staatsausgaben um ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) den Gleichgewichtszins um 0,5 Prozentpunkte erhöhen. Und auch Steuererleichterungen sowie die Schaffung eines verlässlicheren Umfelds für private Investitionen würden konjunkturelle Impulse und somit positive Effekte auf den Gleichgewichtszins nach sich ziehen (Abbildung 2).2) Einen Teil des Weges in Richtung einer wieder strafferen Geldpolitik - inklusive des ersten Zinsschrittes im Dezember 2015 - ist die Fed also schon gegangen, ein Großteil liegt allerdings noch vor ihr. Dennoch ist die Fed schon deutlich weiter als so manch andere große Notenbank, etwa die EZB. Was können also die Europäer aus den US-Erfahrungen lernen?

EZB: die Fed als Blaupause?

Zunächst einmal fällt ein Vergleich schwer. Die USA sind ein homogener Wirtschaftsraum mit einer Notenbank, einer einzigen Regierung und einem einheitlichen Sozialsystem. Die Eurozone hingegen ist ein heterogenes Konstrukt aus 19 Einzelstaaten, die sich in ihrer Wirtschaftskraft zum Teil erheblich voneinander unterscheiden und zudem in Bezug auf die Fiskal- und Strukturpolitik wenig koordiniert agieren. Allein dies führt zu einer gesteigerten Komplexität, da die EZB die verschiedenen volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen in ihrer geldpolitischen Linie berücksichtigen muss. Doch auch aufgrund der schwächeren konjunkturellen Dynamik und der im Durchschnitt höheren Überalterung der Bevölkerung hängt die Eurozone den USA in der geldpolitischen Agenda deutlich hinterher.

Während die US-Notenbank ihre aktiven Anleiheankäufe bereits vor zwei Jahren gestoppt hat, wird von der EZB eher eine Verlängerung beziehungsweise Ausweitung des nach aktuellen Planungen noch bis März 2017 laufenden Programms erwartet. Auch beim Zinsniveau entwickeln sich die Wirtschaftsräume in unterschiedliche Richtungen: Der europäische Hauptrefinanzierungssatz ist seit März 2016 bei null Prozent verankert, in den USA wird seit der Anhebung im Dezember 2015 über zumindest einen weiteren Zinsschritt diskutiert. Und auch der Grad der Zielerreichung differiert stark. Arbeitsmarkt und Inflation haben sich in den USA in den letzten Monaten robust entwickelt, der konjunkturelle Motor der Eurozone kommt dagegen erst langsam in Gang - und das bei deutlich geringerer Kern- und Headline-Inflation.

Der größte Unterschied findet sich aber mit Blick auf eine mögliche Bilanzverkürzung: Die EZB hält aktuell Papiere aus 19 verschiedenen Euroländern. Bei einem aktiven Verkauf wären also 19 Zinsstrukturkurven und damit Anleihemärkte betroffen, die potenziell unterschiedliche volkswirtschaftliche Effekte in den Mitgliedsstaaten nach sich zögen. Schon in der Vergangenheit führte die einheitliche Geldpolitik der EZB aufgrund der großen Heterogenität der Eurozone zu Verwerfungen zwischen den Mitgliedsländern. Diese würden noch verstärkt, wenn die Veräußerung (wie aktuell der Ankauf) der im Bestand gehaltenen Wertpapiere nach dem bestehenden Kapitalschlüssel erfolgen würde. Die Auswirkungen wären kaum zu kontrollieren. Aus diesem Grund scheint - ähnlich wie in den USA - ein kurz- bis mittelfristiger Abbau der EZB-Bilanz eher unrealistisch.

Staaten gefordert

Nichtsdestoweniger sind einzelne der in den USA umgesetzten Maßnahmen zum schrittweisen Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik auch in Europa denkbar. Zum einen, weil die EZB mit ganz ähnlichen Problemen zu kämpfen hat wie die Fed. Zum anderen, weil die US-Notenbank bei ihren Lösungen teilweise auf Mittel zurückgegriffen hat, die in Europa bereits fester Bestandteil der Geldpolitik sind. So operiert die EZB zur Liquiditätssteuerung schon seit ihrer Gründung mit einem Korridormodell aus unterschiedlichen Einlage- (Einlagenfazilität) und Ausleihzinsen (Spitzenrefinanzierungsfazilität). Zwar ist das System im Gegensatz zur Fed arbitragefrei (Ausleihzins > Einlagenzins). Dennoch hat die EZB mit den Langfristtendern (TLTRO) ebenfalls ein Instrument geschaffen, das Banken im Extremfall einen Zins für das Weiterverleihen von EZB-Geld garantiert. Eine mögliche Entscheidung der EZB, diese Instrumente nicht zu verlängern oder auch nur eine geringere Nachfrage von Banken-Seite würde die Überschussliquidität abschmelzen lassen - ein Vorteil gegenüber der Fed, welche erst ihr Konzept zur Geldmarktsteuerung ändern musste.

Diese Tatsache kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik primär mit solidem volkswirtschaftlichem Wachstum sowie "normaler" Inflation einhergehen sollte beziehungsweise muss. Besonders in Bezug auf die "gleichgewichtige Inflation" von nahe zwei Prozent ist die Eurozone derzeit aber ein gutes Stück davon entfernt. Denn mit einer Kernrate von 0,5 Prozent, einer Headline-Inflation von 0,8 Prozent und langfristigen Inflationserwartungen um die 1,3 bis 1,5 Prozent ist bis zum mittelfristigen Inflationsziel noch ein weiter Weg zu gehen - und das, obwohl die EZB in den vergangenen Jahren viele Pfeile aus den Köchern der konventionellen und unkonventionellen Geldpolitik verschossen hat und zunehmend an die Grenzen ihrer Handlungsfähigkeit stößt. Ähnlich wie in den USA ist es deshalb Aufgabe der Staaten, durch eine expansive Fiskal- und gezielte Strukturpolitik nachhaltige konjunkturelle Impulse zu setzen und somit überhaupt erst die fundamentale Basis für ein langfristig höheres Zinsniveau zu schaffen.

Ein Langzeitprojekt mit hoher Komplexität

Allein die Beispiele der US-amerikanischen Fed und der EZB machen deutlich: Der Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik ist aufgrund der hohen Komplexität und der damit einhergehenden Effekte für Kapitalmärkte und Volkswirtschaft ein Langzeitprojekt. Darüber hinaus zeigt sich, dass es mit einem einfachen Tapering oder einer Leitzinsanhebung nicht getan ist. Die größte Herausforderung stellen die Zentralbankbilanzen dar, die mit ihrem enormen Volumen dafür sorgen, dass die Notenbanken noch auf lange Sicht ein bedeutender Akteur am Rentenmarkt bleiben dürften - mit entsprechenden Auswirkungen auf das Zinsniveau und mögliche Marktverzerrungen.

Die Erfahrungen der Fed belegen auch, dass die Tapering-Diskussion in Europa noch zu früh kommen dürfte. Mit Blick auf die Inflation beziehungsweise Inflationserwartungen (die Zielgröße der EZB) ist die Eurozone noch nicht so weit, wie es die USA zu Beginn der Tapering-Ankündigung 2013 waren.

Insgesamt bleibt auf absehbare Zeit der Weg aus der ultralockeren Geldpolitik ein äußerst beschwerlicher - insbesondere dann, wenn den Notenbanken die dringend benötigte Unterstützung der Wirtschaftspolitik auch weiterhin verwehrt bleibt.

Fußnoten

1) Von US-Ökonom John Taylor 1993 postulierte Regel, die den "Taylor-Zins" (kurzfristiger Notenbank-Zins) als Gleichung des realen Gleichgewichtszinses plus (erwarteter) Inflationsrate plus Produktionslücke plus Inflationslücke definiert.

2) Erläuterungen und Modellannahmen in: Stanley Fisher - Why Are Interest Rates So Low? Causes and Implications, Rede vor dem Economic Club of New York, 17. Oktober 2016.

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