Übernahmen und Fusionen legen an Bedeutsamkeit weiter zu

Frank Thole, Foto: Wepex

Der europäische Bankenmarkt ist ebenso wie der deutsche stark fragmentiert. Entsprechend fordern Experten seit vielen Jahren eine Marktbereinigung. Auch wenn die Konsolidierung bereits seit geraumer Zeit läuft, ist davon auszugehen, dass sie sich in naher Zukunft spürbar beschleunigen wird. Gründe dafür gibt es genug: Regulatorische Vorgaben nehmen zu, der Kostendruck steigt und zudem verlangen die EZB-Niedrigzinspolitik, der Wettbewerbsdruck, die Aufwand-Ertrag-Relation (Cost Income Ratio) sowie die weiter fortschreitende Digitalisierung entsprechendes Handeln. Aber was gut gemeint ist, ist nicht immer gut gemacht. Häufig bringen Übernahmen mittel- bis langfristig nicht den gewünschten Erfolg, stellt der Autor fest. Damit dieser eintreten kann, müssen mehrere Voraussetzungen gegeben sein. Akteure müssen relevante Hindernisse überwinden, Einflussgrößen für den Erfolg wahrnehmen und Übernahmen mit Bedachtsamkeit gestalten. Ein wichtiger Aspekt, der dabei gerne vergessen wird, ist die bewusst gestaltete Post-Merger Integration. (Red.)

Die Konsolidierung in der Finanzindustrie stellt nicht nur ein vielbeachtetes strategisches Thema dar - stattdessen erkennen darin viele einen Megatrend: Zwar sind die Fusionsgespräche zwischen der Deutschen Bank und der Commerzbank vorerst ad acta gelegt. Dennoch werden Fantasien von verschiedenen Commerzbank-Übernahme-Gerüchten beflügelt. Zudem sind die Ambitionen der ING und Unicredit sowie zahlreicher anderer ausländischer Investoren (zum Beispiel die französische Privatbank Oddo & Cie., Investoren aus China wie Fosun, aus den USA wie C. C. Flowers, Apollo und so weiter) deutlich zu vernehmen.

Ausländische Investoren haben bereits traditionsreiche Privatbanken wie Hauck & Aufhäuser, BHF und das Bankhaus Lampe aufgekauft. Der US-amerikanische Finanzinvestor Apollo Global Management hat zudem die Bremer Kreditbank und die Oldenburgische Landesbank AG gekauft und sie mit dem Bankhaus Neelmeyer und der Wüstenrot Bank zusammengeführt.

Außerdem nimmt die Konsolidierung in der genossenschaftlichen Bankengruppe eine weitere wichtige (vornehmlich nationale) Dynamik: Die Fusion der WGZ und der DZ Bank sowie Hunderter von Volksund Raiffeisenbanken. Dasselbe betrifft die Sparkassen-Finanzgruppe mit der Fusion zahlreicher Sparkassen, der Integration der LBB in die Deka, Verhandlungen um eine Zusammenführung von Deka und Landesbank Hessen-Thüringen. Vor wenigen Jahren fand die Integration der verbleibenden Bereiche der West-LB in die Landesbank Hessen-Thüringen statt.

Mit der HSH Nordbank wurde erstmals eine Landesbank an private Investoren verkauft, was unter Führung der Firma Cerberus und des Investors Christopher C. Flowers geschah; die "alte" Landesbank erhielt den neuen Namen Hamburg Commercial Bank (HCB) und eine Revitalisierung. Seit 1998 ist zudem die Frankfurter Volksbank eG, die fünftgrößte Gewerkschaftsbank hinter der DZ Bank, der Deutschen Ärzte- und Apothekerbank, der Sparda Bank und der Berliner Volksbank, an fünfzehn M&A-Transaktionen mit anderen Genossenschaftsbanken beteiligt.

Konsolidierung nimmt Fahrt auf

Es ließen sich weitere Beispiele dazu anführen. Tatsächlich sind es nicht nur Medienberichte oder die Gerüchteküche, sondern eindeutige Fakten: Hat es beispielsweise im Jahr 2016 gemäß dem Bankstellenbericht der Deutschen Bundesbank noch rund 2 000 Banken gegeben (Börsen, Clearinghäuser, Asset Manager und sonstige Financial Services Provider nicht einberechnet), so stellt sich dies im internationalen Vergleich als "over-banked" und bemerkenswert fragmentiert heraus, gleich wenn es im Laufe der Jahrzehnte bereits ein gewisses Maß an Konsolidierung auch in Deutschland gegeben hat. Für das Jahr 2025 erwartet die Bain Banking-Studie eine Anzahl von lediglich noch 1 200 Banken.

In der Finanzindustrie kommt es im Zuge der wachsenden regulatorischen Vorgaben, des Kostendrucks und der Relation von Aufwand und Erträgen (Cost Income Ratio), der Niedrigzinspolitik der EZB und des damit eingehenden wachsenden Konkurrenzdrucks verstärkt zu Übernahmen und Fusionen. Nicht zuletzt spielt auch die zunehmende Digitalisierung eine gewichtige Rolle. Insbesondere die zunehmenden regulatorischen Vorgaben, die digitale Transformation und die aktuelle Marktsituation, geprägt durch Kosten- und Margendruck und die Niedrigzinsphase, verlangen von zahlreichen Kreditinstituten, sich durch gut durchdachte und durchgeführte Fusionen und Übernahmen langfristig gut aufzustellen, um wettbewerbs- und überlebensfähig zu bleiben.

Andreas Dombret, der mit einer Arbeit über M&A-Transaktionen promoviert hat, wies bei seiner Abschiedsrede als Bundesbank-Vorstandsmitglied darauf hin, dass er in den kommenden Jahren noch mehr Fusionen und Übernahmen im Bankensektor sehe; dies helfe der Branche, sich "gesundzuschrumpfen" und sich für die Zukunft zu formen.

In dieselbe Kerbe schlägt die Banken-Studie 2019 von Bain. So sei die Cost Income Ratio in Höhe von 73 Prozent im internationalen Vergleich höher als bei europäischen, asiatischen oder US-amerikanischen Wettbewerbern. Auf einem historisch niedrigen Stand sei die Eigenkapitalrendite. Demzufolge stellt die Banken-Studie die These auf, dass die deutschen Banken "ohne anorganische Maßnahmen" (sprich Übernahmen und Fusionen) nicht wieder zu wettbewerbsfähigen Renditen zurückgelangen.

M&A-Resultate erweisen sich in der Praxis häufig als nicht erfolgreich: Wachstum, neue Märkte, mehr Ertrag, bessere Cost Income Ratio, Stabilität, Kundenzufriedenheit sind keine Selbstläufer. Der klassischen M&A-Literatur sind unterschiedliche Motive für Übernahmen und Fusionen zu entnehmen, wobei die Realisierung von Synergien als besonders relevant angesehen werden darf. Es werden dabei Synergien unterschieden, um die Kosten zu reduzieren, den Umsatz zu steigern, die Rendite von Investments zu verbessern, die Marktstellung auszubauen und zum Beispiel auch um neue Technologien zu erforschen. Insbesondere letzteres, also die Nutzung neuer Technologien und die digitale Transformation, spielen eine immer wichtigere Rolle. Post-Merger-Integration-Bestrebungen in diesem Umfeld benötigen jedoch auch passende Vorgehensmodelle.

Phasen und Erfolgsfaktoren für M&A-Transaktionen, Übernahmen und Fusionen Quelle: F. Thole

Kein Selbstläufer

Ex-Bundesbanker Dombret mahnt an, dass bei der Konsolidierung "langfristig" stabile Institute zu etablieren seien. Er weist darauf hin, dass M&A-Ergebnisse in der Bankenbranche hinsichtlich Ertrag, Stabilität, Marktmacht und Kundenzufriedenheit "gemischt" seien: Positiven Skaleneffekten stünden auch negative Effekte gegenüber; mehr Konzentration und weniger Wettbewerb können höhere Preise und weniger Qualität als Folge haben.

Zu der Liste von gemischten Ergebnissen und negativen Auswirkungen kommen außerdem nicht realisierte mögliche Kaufpreise, Verlagerung von Kaufpreisanteilen in einen unsichereren variablen Kaufpreis ("Earn-out"), strengere Gewährleistungsauflagen bis hin zu abgebrochenen Deals oder nicht den Erwartungen entsprechende Synergierealisierungen und Geschäftsentwicklung hinzu. Dass Übernahmen und Fusionen gemessen an ihren verwirklichten Synergien und mittel- und langfristigen Ergebnissen häufig als nicht wirklich erfolgreich eingestuft werden können, wird durch zahlreiche Fachartikel und wissenschaftliche Studien bestätigt.

Es muss also gelten, verschiedene Hindernisse zu überwinden, Erfolgsfaktoren zu verstehen, vorausschauend und umsichtig zu planen. Dabei geht es unter anderem darum, wie Synergien in Übernahmen und Fusionen in der deutschen Finanzindustrie besser realisiert werden können. Am Anfang müssen dabei die Auswahl der richtigen Übernahme- und Fusionspartner, die Durchführung der eigentlichen Übernahme-/Fusionstransaktion, das Change Management im Hinblick auf die Mitarbeiter und Kultur sowie insbesondere die Post-Merger Integration stehen (Konsolidierung der Prozesse, Daten, Systeme und Methoden, Integration und Migration).

Erfolgsfaktoren

Infolge der zunehmenden Konsolidierung, auch der deutschen Finanzindustrie, und wissenschaftlich belegter eher mäßiger Erfolgsquoten haben entsprechende Studien hohe praktische Relevanz. So führt Wepex diese periodisch mit mehreren Tausend Adressaten aus dem Finanzsektor durch. Die Ergebnisse sollen Rückschlüsse darauf ermöglichen, wie bevorstehende Übernahmen und Fusionen gerade in der Finanzindustrie in Deutschland erfolgreicher gelingen können.

M&A-Vorhaben müssen gründlich und professionell ablaufen; außerdem müssen die "richtigen" Banken zusammengebracht werden. Daneben nehmen Business Plan, Unternehmensbewertung, Due Dilligence sowie Post-Merger Integration (PMI) gewichtige Rollen ein.

In der Literatur finden sich verschiedene Phasen und Erfolgsfaktoren, wie sich M&A-Transaktionen strukturieren und erfolgreich durchführen lassen. Einen Überblick gibt die Abbildung.

Durchführung

Die Erfahrung aus zahlreichen durchgeführten M&A-Transaktionen und PMI-Projekten gibt eine strukturierte und gewissenhafte Durchführung der folgenden Schritte vor:

Schritt 1: Festlegung der Strategie

- Festlegung der Motive und Ziele, die mit der Übernahme beziehungsweise Fusion verfolgt werden sollen, zum Beispiel Verwirklichung spezifischer umsatz-, kosten- oder investmentbasierter Synergien, Marktsynergien, Empire-Building-Konzept und so weiter.

- Berücksichtigung einer sinnvollen weitgehenden Übereinstimmung der strategischen Orientierung der in Rede stehenden Unternehmen inklusive Märkten, Produkten und Kundengruppen10) sowie ihrer Unternehmenskultur und Managementstile.

- Festlegung der Dealstruktur (zum Beispiel Asset Deal: Form der Unternehmensübernahme, bei der nicht das Unternehmen selbst, sondern nur die Aktiva den Besitzer wechseln; Share Deal: Übernahme beziehungsweise Zusammenschluss durch Übernahme von Aktien beziehungsweise Unternehmensanteilen im Gegensatz zum Asset Deal).

- Festlegung der Form der Transaktion basierend auf den Diversifikationskriterien (zum Beispiel vertikale Fusion, horizontale Fusion, hybride konzentrische/ generische Fusion, gemischte konglomerate Fusion oder ähnliche) und des Typs der Transaktion auf Basis der Integrationsambition (Erhaltung des Zielunternehmens, Symbiose, Absorption, Transformation und so weiter).

- Festlegung der Größe und des Ausmaßes der Transaktion.

- Festlegung von Kriterien und Leitplanken für das Target Screening auf Basis der obengenannten Festlegungen.

Schritt 2: Marktbeobachtung und Identifizierung potenzieller Kandidaten (Target Screening)

- Suche nach geeigneten Zielunternehmen gemäß den definierten Kriterien (Buy-Side: Übernahmekandidaten, Sell-Side: Identifikation von Investoren), wobei neben der betriebswirtschaftlichen Passung auch "weiche" Faktoren wie die gewachsene Firmenkultur, der Managementstil und so weiter von Bedeutung sind.

- Durchführung eines Scoring und Erstellung und Würdigung einer Target Short List.

Schritt 3: Due Diligence

- Kontaktaufnahme mit den Eigentümern des Zielunternehmens (Buy-Side) beziehungsweise Investoren (Sell-Side).

- Unterzeichnung einer Geheimhaltungsvereinbarung (Non-Disclosure-Agreement, NDA).

- Sammeln von Detailinformationen über identifizierte geeignete Unternehmen.

- Durchführung weitergehender Datenanalysen mit dem Ziel, alle möglichen Einflussfaktoren auf den tatsächlichen Wert des Unternehmens und auch Risiken wie versteckte Haftungen, latente Steuerlasten und so weiter zu identifizieren.

- Unternehmensbewertung als Grundlage für die Preisverhandlung und Kaufpreisfindung. Wichtigste Einflussfaktoren stellen der Ertrag, teilweise auch der Umsatz, des zu bewertenden Unternehmens, und schließlich der betriebliche Gewinn (zum Beispiel Earnings before Interest and Taxes, EBIT) dar. Klassischerweise werden eine Summe aus den erwarteten Gewinnen über mehrere Jahre hinweg gebildet mithilfe verschiedener Bewertungsverfahren (zum Beispiel Substanzwert-, Ertragswert- oder Discounted-Cashflow- Verfahren, Misch- und Vergleichsverfahren und so weiter) und der Unternehmenswert errechnet. Branchenspezifisch haben sich unterschiedliche Verfahren etabliert und es werden Mischformen beziehungsweise Bewertungen mit weiteren Einflussfaktoren herangezogen.

- Wer beabsichtigt, allein oder im Zusammenwirken mit anderen Personen oder Unternehmen eine bedeutende Beteiligung an einem Institut in Deutschland zu erwerben (interessierter Erwerber) oder eine bestehende bedeutende Beteiligung so zu erhöhen, dass die Schwellen von 20 Prozent, 30 Prozent oder 50 Prozent der Stimmrechte oder des Kapitals erreicht oder überschritten werden oder dass das Institut unter seine Kontrolle kommt, hat dies gemäß § 2c KWG der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und der Deutschen Bundesbank unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Ziel der Vorschrift ist, die Aufsicht frühzeitig über Veränderungen in der Inhaberstruktur eines Instituts zu informieren.

- Erstellung eines Business Plan gemäß §15 Inhaberkontrollverordnung mit Angaben zur geplanten strategischen Entwicklung, zur geplanten Entwicklung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie zu Auswirkungen auf die Unternehmensstruktur und -organisation des Zielunternehmens.

- Gründliche Analyse des Ausmaßes der technologischen und operationellen Übereinstimmung, der Deckungsgleichheit der IT- und Prozessinfrastruktur, zwischen Akquisiteur und akquiriertem Unternehmen.

Schritt 4: Vertragsverhandlung und -abschluss (Transaction execution & closing)

- Erste Verhandlungsrunde klärt, ob gemeinsames Interesse an der Übernahme vorhanden ist und diese sinnvoll wäre.

- Weitere Verhandlungen machen die Eckpunkte der geplanten Transaktion fest, gegebenenfalls können auch schon frühzeitig Deal Breaker identifiziert und ausgeräumt werden.

- Absichtserklärung ("Letter of Intent" beziehungsweise "Memorandum of Understanding") wird als eine rechtlich nicht bindende Grundsatzvereinbarung unterzeichnet, in der beide Partner der zukünftigen Transaktion ihre Absichten dokumentieren.

- Kaufpreisfestlegung oder zum Beispiel auch Festlegung der Anteilsverhältnisse der Eigentümer an einem neuen gemeinsamen Unternehmen, das durch Fusion ihrer Unternehmen entsteht.

- Im sogenannten "Term Sheet" werden die wesentlichen Punkte (Kaufpreis, Deal Structure, Transaction Body, Closing Conditions, Garantien, Haftung, sonstige Financial Covenants und so weiter) detailliert ausformuliert.

- Würdigung von Risiken für Käufer und Verkäufer.

- Vertragsunterzeichnung ("Signing").

- Sofern erforderlich: Antitrust Compliance; Anmeldung der Transaktion bei den nationalen oder EU-Wettbewerbsbehörden, Durchführung Erlaubnis- und Inhaberkontrollverfahren.

- Einhaltung etwaiger Geheimhaltungsgebote.

- Erfüllung etwaiger Bekanntmachungspflichten.

- Vertragserfüllung ("Closing"): Inkrafttreten aller Vereinbarungen, notarielle Übertragung der Anteile am Unternehmen (wo erforderlich) und so weiter.

Schritt 5: Post-Merger Integration (PMI)

- Erstellung Masterplan für die PMI.

- Wahl zur Strategie passender angemessener Integrationsansätze (zum Beispiel Ausmaß und Dominanz der IT-Koexistenz, partielle IT-Integration) und Integrations-/ Migrationsmethoden (zum Beispiel Erneuerung, Übernahme, Standardisierung, Synchronisation).

- Etablierung eines professionellen M&A-Projekt- und Change Managements inklusive flexibler Iterationen und Interaktionen sowie inkrementelle Integration-/ Migrationsphasen, vertretbares Maß an Administration und Bürokratie angewendet.

- Ausarbeitung des Integrationsplans für die IT-Architektur und der Informationssysteme im Hinblick auf die folgenden Charakteristika: strukturiert, vollständig und transparent, kohärent mit der IT-Integrationsmethode, frühzeitig genug gestartet und konsequent und stringent verfolgt und umgesetzt.

- Erstellung des Migrationskonzeptes.- Durchführung von Migrationstests und Generalproben.

- Durchführung der Migration und des Cut-Covers auf Basis eines minutiös geplanten Drehbuches.

Hürden der Post-Merger Integration

Zwar hält die Literatur durchaus viel akademische M&A-Forschung mit fundierten theoretischen Grundlagen in bestimmten Bereichen bereit; doch scheint Post-Merger Integration einschließlich der Integration von IT- und Informationssystemen als Forschungsschwerpunkt noch relativ wenig erforscht zu sein. Auch in der Praxis wird PMI gerne vernachlässigt und steht in der Priorität hintenan. Dabei kann man gerade im Projekt- und Change Management, in der Wahl der IT-Architektur sowie der Integration der Informationssysteme und der Prozesse folgenschwere Fehler machen: PMI-Vorhaben verzögern sich um Jahre, geplante Kosten übersteigen ein Vielfaches, die Infrastruktur des geschaffenen fusionierten Unternehmens oder des akquirierten Unternehmen erlaubt nicht die Realisierung der erwarteten Synergien.

Literatur und Praxis bestätigen wiederholt, dass das Integrationsergebnis erheblich von der Beziehung zwischen Integrationszielen und dem entsprechenden Integrationsziel und der Art der Fusion sowie deren Eignung für die IT-Integrationsmethode abhängt. Es finden sich Beweise dafür, dass hohe Integrationsambitionen mit Absorption, moderierte Integrationsambitionen mit Symbiose und niedrige Integrationsambitionen mit Erhaltung harmonieren. Angesichts der Folgenschwere bei Defiziten in der Integration der Informationssysteme (Kostenexplosionen, mehrjährige Projektverzögerungen, Neutralisierung des Business Case und so weiter) ist es immens wichtig, auf Informationssysteme und organisatorische Zusammenhänge zu achten und die Integration als komplexen und evolutionären Prozess zu verstehen und zu behandeln.

Klare Ergebnisse in Studien und Praxis

Studien zeigen, dass ein besseres Management von PMI-Prozessen das Potenzial einer Akquisition verbessern kann, zur strategischen Erneuerung beizutragen, und dass bei vielen M&A-Transaktionen die Integration von Informationssystemen entscheidend für die Erreichung der angestrebten Ziele ist. Zudem machen Studien deutlich, dass ein angemessenes Design und eine IS-Integration eine Voraussetzung dafür sind, dass ein Großteil der erwarteten Synergien aus M&A-Transaktionen realisiert werden kann.

Studien und Praxis belegen außerdem, dass das Ausmaß der technologischen und operativen Ähnlichkeit zwischen dem Erwerb und den erworbenen Unternehmen mit der Realisierung von Synergien zusammenhängt. Informationssysteme sind in der Finanzindustrie häufig wie folgt organisiert:

- Vertikale IT-Infrastruktur entlang der Wertschöpfungskette, die auf bestimmte Geschäftszweige oder Produkte oder Ähnliches spezialisiert ist (Orders, Verarbeitung von Transaktionen, Ertrags- und Kosten-Controlling und so weiter)

- oder horizontale IT-Infrastruktur, bei der Funktionen entlang der Wertschöpfungskette durch horizontale Schichten gebildet werden (zum Beispiel nachgelagerte oder funktionsübergreifende Funktionen wie Abwicklung, Risikocontrolling, Bilanzierung und so weiter).

Digitalisierung als Treiber von M&A-Transaktionen

Die Praxis in der Finanzbranche beinhaltet häufig komplexe hybride Infrastrukturen mit Middle Layer und externen Verbindungsdaten und -prozessen. Es gibt auch verschiedene Ansätze zur Verbindung von IT-Infrastruktur-(Sub-)Plattformen und Informationssystemen sowie zur IT-Integration. Übernahmen und Fusionen, die vornehmlich durch die Digitalisierung getrieben werden, erfordern andere Vorgehensmodelle als die klassischen. Der Einsatz moderner Technologie eröffnet auch in der PMI neue Möglichkeiten: Data Leaks, Middle Layer, Clead Solutions sind einige Beispiele.

Fußnoten

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22)Henningsson, S., & Carlsson, S. (2011). The DySI-IM model for managing IS integration in M&A. Information Systems Journal. 21(5), 441-476.

23) Shacklady, J., & Neely, J., & Dawson, D. (2018) "M&A: From Art to Science". Accenture Strategy. https://www.accenture.com/_acnmedia/PDF-69/Accenture-AS-Tech-Led-M-A-From-Art-to-Science-POV.pdf#zoom=50, p. 2-9.

Frank Thole Partner, Wepex Unternehmensberatung, Frankfurt am Main
 
Frank Thole , Partner , WEPEX Unternehmensberatung, Frankfurt am Main

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