Unternehmerische Direktbeteiligungen im Fokus

Karl A. Niggemann, Foto: Fotoatelier Albrecht, Meinerzhagen

Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen können sich direkte Beteiligungen an Unternehmen aus Sicht der Autoren sowohl für Investoren als auch für die Wirtschaft lohnen. Die Aussicht auf höhere Renditen, als sie an den traditionellen Märkten zu erzielen sind, wird allerdings von den Investoren mit einer erschwerten Liquidierbarkeit des Investments und der Übernahme von unternehmerischen Risiken erkauft, angefangen von der Abhängigkeit von den Fähigkeiten des Managements über die Gefahr einer Änderung von Markt- und Wettbewerbsverhältnissen bis hin zu Währungsschwankungen und einer fehlerhaften Zukunftseinschätzung. Als wichtiges Indiz für lohnende Investitionen werten sie das Engagement des Führungspersonals. (Red.)

Eine alte Börsenweisheit gilt unverändert: Die zu erwartende Rendite steigt, je mehr Risiko ein Anleger eingeht. Für richtige Entscheidungen müssen Anleger die Risiken kennen. Verständlich aufbereitete Informationen sind für Anleger eine wichtige Entscheidungsgrundlage.

Mit Vermögenserhalt zufrieden

Mindestens bis Sommer des Jahres 2020 wird die EZB die Zinsen niedrig halten. Darauf hat sich der EZB-Rat auf seiner Sitzung im Juni 2019 festgelegt. Nicht wenige Prognostiker sagen japanische Verhältnisse - also eine langfristige Niedrigzinsphase - voraus. 10-jährige Bundesanleihen ermöglichen bei der aktuellen Zinssituation am Zinsmarkt kein positives Zinsergebnis. Tagesaktuell liegt der Negativzins für diese "sicheren" Mündelgeldanlagen bei minus 0,058 Prozent. Die Zeiten, in denen über Sparbriefe mit 2-jähriger Laufzeit Zinsen von 6 Prozent oder gar 7,5 Prozent erreichbar waren, sind längst vorbei. Diese Entwicklung und die Prognosen für die nächsten Jahre haben die Renditeerwartungen von Vermögensinhabern verändert.

Das trifft auch für Inhaber von Vermögen zu, die unterschiedliche Anlageklassen nutzen. Nach einer BFZ-Umfrage ergab sich folgende Struktur der Vermögensanlagen: 30,6 Prozent Aktien, 17,8 Prozent Fixed Income, 13,6 Prozent Immobilien, 10,9 Prozent Private-Equity-Direktinvestments, 10,8 Prozent Liquidität, 3,4 Prozent Multi Assets/Mixed Assets, 2,9 Prozent Private-Equity-Fonds, 2,8 Prozent, UCITS-Hedgefonds, 2,2 Prozent Rohstoffe/Infrastruktur, 1,8 Prozent Venture Capital Investments, 1,6 Prozent Offshore-Hedgefonds, 1,3 Prozent Tangible Assets und 0,3 Prozent Private Debt.

Trotz der Tatsache, dass die Vermögensinhaber die gesamte Bandbreite des Anlagespektrums nutzen, erwarten etwa 2/3 der Anleger für die nächsten drei Jahre Renditen zwischen 2,5 Prozent bis 0,5 Prozent. Fast die Hälfte der Vermögensinhaber ist mit dem Kapitalerhalt zufrieden. Wer diese Erwartungen mit vergleichbaren Umfragen von vor 10 Jahren vergleicht, kann erkennen, wie die Niedrigzinsphase das Anlegerverhalten verändert hat.

Die Ziele unternehmerischer Direktbeteiligungen

Welche generellen Ziele verfolgen Investoren mit unternehmerischen Direktbeteiligungen? In der Regel werden diese Aspekte genannt:

- Vermögenssicherung durch Risikodiversifizierung,

- ertragreiche Kapitalanlagen durch laufende Ausschüttungen,

- kontinuierliche Vermögensmehrung durch Unternehmenswertsteigerung,

- Vermögensdiversifizierung,

- Möglichkeit der Förderung des Investments durch Transfer von Know-how beziehungsweise Netzwerk auf die jeweilige Unternehmensbeteiligung,

- persönliches Interesse an Technologien oder Produkten.

Bei Nennung des Investorenziels ertragreiche Kapitalanlage wird gern dieses Beispiel einer nicht unüblichen Anlegererwartung genannt:

Wie die veröffentlichten Kennzahlen von Unternehmensverkäufen erkennen lassen, liegen die Verkaufspreise für mittelständische Unternehmen in der Regel zwischen dem 6- und 8-fachen EBIT (Earnings before interest and taxes). Dieser Unternehmenswert/Verkaufspreis für Beteiligungen versteht sich für die schuldenfreie Gesellschaft (Equity Value). Liegt der Kaufpreis beim 8-fachen EBIT, lässt sich daraus eine Rendite von 12,5 Prozent ableiten. Natürlich können Unternehmen nicht das gesamte EBIT ausschütten. Ausschüttungsrenditen von 8 bis 10 Prozent des Investments sind jedoch keine Ausnahme. Allerdings entspricht es der Interessenlage vieler Vermögensinhaber, dass nicht laufend ausgeschüttet wird. Diese Vermögensinhaber sind daran interessiert, dass die Beteiligungsunternehmen durch Gewinnthesaurierung finanziell gestärkt werden, sodass die Möglichkeiten des Marktes genutzt werden können. Diese Unternehmen können internationalisieren, digitalisieren und aufgrund der komfortableren Finanzlage wachsen.

Private-Equity-Fonds

Welche Renditen mit unternehmerischen Beteiligungen erzielt werden können, beweisen Private-Equity-Fonds. Nach einer Studie ergaben sich die in der Abbildung aufgeführten Renditeaussagen nach Anlageklassen.

Diese Investoren erwarten im Sanierungsbereich (Distressed Private Equity) die höchsten Renditen, da die Kaufpreise zum Teil deutlich unter den Buchwerten liegen. Die Praxis beweist, dass sich Sanierungskonzeptionen häufig in der Praxis nicht realisieren lassen. Durch die Krisensituation können sich qualifizierte Mitarbeiter, Kunden oder Lieferanten umorientieren und die Unternehmen nachhaltig schwächen.

Sehr attraktiv - und auch in Deutschland gefragt - sind finanzielle Beteiligungen im Rahmen von Managements-Buy-Outs. Die Führungskräfte der Unternehmen sind bestens informiert, welche Risiken und Chancen die Unternehmen haben. Die Führungskräfte - in der Regel selbst verantwortlich für die Geschäftsplanung - werden die Zukunftsperspektiven bei der Kaufpreisfindung "einpreisen". Diese Führungskräfte riskieren bei Management-Buy-Outs größtenteils ihre wirtschaftliche Existenz, wenn sie sich im Rahmen einer Nachfolgeregelung als Mitunternehmer engagieren.

Engagement der Führungskräfte

Für Vermögensinhaber hat das Engagement der Führungskräfte einen ausgesprochen hohen Stellenwert. Nicht wenige Vermögensinhaber engagieren sich ausschließlich gemeinschaftlich mit dem Management im Rahmen von unternehmerischen Direktbeteiligungen.

Wesentliche Merkmale unternehmerischer Direktbeteiligungen sind:

- Erschwerte kurzfristige Liquidierbarkeit: Unternehmerisches Eigenkapital hat langfristigen Charakter. Mit Eigenkapital investieren Unternehmen in erster Linie in Vermögenswerte, die langfristig in Unternehmen gebunden sind - wie zum Beispiel Grundstücke und Gebäude, Maschinen und Anlagen, unternehmerische Beteiligungen. Nicht selten wird in den Finanzierungsgrundsätzen von Unternehmen festgehalten, dass zum Beispiel auch die Hälfte des Vorratsvermögens durch Eigenkapital finanziert werden soll.

Das lässt erkennen, dass Eigenkapital aufgrund seines Charakters langfristig in Unternehmen gebunden ist. Einen Markt für unternehmerische Direktbeteiligungen - wie bei börsennotierten Aktiengesellschaften - gibt es für nicht börsennotierte Gesellschaften nicht. Gesellschaftsvertraglich haben vereinbarte Kündigungsfristen in der Regel sehr lange Laufzeiten, damit der Charakter des Eigenkapitals nicht verloren geht.

Im Gegensatz zu börsennotierten Gesellschaftsanteilen (Aktien) gibt es für GmbH-Geschäftsanteile und Kommanditanteile keinen organisierten Markt. Börsennotierte Aktien können börsentäglich erworben und verkauft werden. Zwei Tage nach dem Verkauf steht den Verkäufern die Liquidität zur Verfügung.

Gesellschafter von GmbH oder KG müssen sich die Käufer und Verkäufer ihrer Gesellschaftsanteile am Markt suchen. Dafür gibt es Spezialisten, die diese Aufgaben mit zum Teil großem Erfolg übernehmen. Unverkennbar ist jedoch, dass der Aufwand sowohl für den Kauf als auch für den Verkauf sehr viel höher ist und deutlich längere Zeit und erheblich mehr Verwaltungsaufwand benötigt.

- Unternehmerische Risiken: Den unternehmerischen Chancen - Kapitalanlage mit Wertzuwachs und hohen Erträgen - stehen natürlich unternehmerische Risiken gegenüber. Im Wesentlichen werden Investoren folgende Risiken beachten.

Unternehmensführung: Erfolg und Misserfolg von Unternehmen stehen in einem engen Zusammenhang mit der Qualifikation des Managements. Eine leistungs- und funktionsfähige Unternehmensführung ist die wesentliche Grundlage für den Unternehmenserfolg. Gerade mittelständische Unternehmen sind häufig "unternehmer-abhängig". Fallen die Unternehmer aus, kann sich die Ertragskraft innerhalb kürzester Zeit negativ verändern. Das Management-Risiko ist das größte Risiko für unternehmerische Beteiligungen.

Änderung der Marktsituation: Gerade in der heutigen Zeit der Digitalisierung fällt es oft schwer zu beurteilen, wie sich die Nachfrage ändern wird. Eine fallende Nachfrage kann es erforderlich machen, dass beispielsweise die Produktion gedrosselt oder sogar kurzfristig ausgesetzt werden muss oder die Preise für Produkte, Rohstoffe oder Dienstleistungen sich wesentlich verändern. Derzeit erleben Unternehmer diese Entwicklung recht häufig.

Änderung der Wettbewerbssituation: Treten neue Unternehmen auf den Markt, die die Wettbewerbssituation beeinflussen, können unvorhergesehene Maßnahmen - zum Beispiel in Form von erweiterten Marketing-Aktivitäten oder Anpassungen der Preispolitik - erforderlich werden, um die eigene Produktion am Markt zu behaupten. Diese Mehrkosten wirken sich negativ auf den Gewinn und somit auch auf die Investorenrendite aus.

Währungsschwankungen: Gerade bei Unternehmen, die ihre Produkte international verkaufen und/oder Waren und Leistungen von den internationalen Märkten beziehen, kommt den Währungsschwankungen große Bedeutung zu. Negative Veränderungen auf den internationalen Märkten können die Ertragskraft von Unternehmen wesentlich beeinflussen. Die Auswirkungen können steigende - jedoch auch fallende - Renditen sein. Währungsentwicklungen sind nicht zuverlässig planbar und beeinflussen die Ertragskraft vieler Unternehmen in der Praxis bedeutend.

Fehlerhafte Einschätzungen der Zukunft: Unternehmen verschätzen sich nicht selten in der Einschätzung von Märkten und der Nachfrage. Verändert sich plötzlich das Verhalten bedeutender Kunden oder ändern sich die Märkte aufgrund von Angeboten mit neuen - günstigeren - Angeboten, kann das zu erheblichen Umsatzeinbrüchen führen. Wie bedeutend Fehleinschätzungen sein können, lassen die Gewinnwarnungen börsennotierter Aktiengesellschaften erkennen. Diese Großunternehmen können Fehlprognosen nicht vermeiden - trotz des Mitwirkens professionellen Managements. Das Risiko von Fehleinschätzungen, die zu Gewinneinbrüchen führen, haben natürlich nicht nur Großunternehmen, sondern auch Mittelständler.

Auswahl und Erwerb der "richtigen" Direktbeteiligung

Auswahl und Erwerb unternehmerischer Direktbeteiligung sind deutlich aufwendiger als der Erwerb von Unternehmensbeteiligungen über die organisierten Kapitalmärkte in Aktienform. Bei Aktien erhält die Hausbank eine Kauf- oder Verkaufsorder, die dann unverzüglich ausgeführt wird. Bei unternehmerischen Direktbeteiligungen bedarf es in der Regel des Mitwirkens von Spezialisten. Damit diese Spezialisten einen Überblick über die Anforderungskriterien erhalten, müssen viele Informationen ausgetauscht werden. Insbesondere müssen diese Bereiche eingehend besprochen werden:

- Welche Ziele werden mit dem Investment verfolgt? Sollen laufende Ausschüttungen erreicht werden, muss in Unternehmen investiert werden, die bereit und in der Lage sind, kontinuierlich attraktive Ergebnisse auszuschütten. Sind laufende Ausschüttungen nicht gefragt, sondern steht der Wertzuwachs im Vordergrund, bieten sich Unternehmen an, die bemüht sind, ihre Gewinne zu thesaurieren, um damit die Finanzkraft zu erhalten und gegebenenfalls zu verbessern, um zu wachsen, investieren, internationalisieren oder auch durch gezielte Akquisitionen die Leistungsfähigkeit des Unternehmens zu stärken.

- Kann langfristig investiert werden oder sind Investitionen "auf Zeit" interessant? Speziell bei familiären Nachfolgesituationen wird beim Generationenwechsel gern ein Eigenkapitalpartner aufgenommen, damit die ausscheidenden Senioren gewährte Gesellschafterdarlehen und thesaurierte Gewinnvorträge erhalten können - und gleichzeitig die Nachfolgegeneration in der Lage ist, zu internationalisieren, für die Digitalisierung zu investieren oder auch, um Unternehmen zu erwerben, durch welche die Leistungsfähigkeit des eigenen Unternehmens gestärkt werden kann.

In derartigen Situationen werden gern Eigenkapitalpartner aufgenommen, bei denen die Nachfolgegeneration das Recht hat, die Gesellschaftsanteile innerhalb von fünf bis zehn Jahren zurückzuerwerben. Darüber hinaus wird in solchen Szenarien gern eine feste Wertsteigerungsrate vereinbart, auf welche die geleisteten Ausschüttungen angerechnet werden. Durch diese klare Vereinbarung gibt es keine Diskussion über den tatsächlichen Wert des Unternehmens. In der Vergangenheit war es nicht unüblich, jährliche Wertsteigerungsraten von 12 Prozent bis 15 Prozent zu vereinbaren. Es gibt viele Beispiele dafür, dass sowohl unternehmerische Nachfolger als auch die Investoren mit diesem Engagement hochzufrieden waren.

Als recht vorteilhaft hat es sich in der Vergangenheit häufig erwiesen, dass die Investoren nicht nur ihr Geld, sondern auch ihr Know-how und ihr Netzwerk zur Förderung der Unternehmen zur Verfügung stellten.

Beteiligungsverwaltung

Gesellschafter von Unternehmen müssen Entscheidungen treffen. Welche unternehmerischen Entscheidungen auf die Gesellschafterversammlung delegiert werden, bestimmt die Satzung. Die Ausgestaltung ist sehr unterschiedlich. Es gibt Satzungen, nach denen die Geschäftsführung sehr umfassende Rechte hat. Wirken Investoren mit, ist die Geschäftsführung in der Regel verpflichtet, die Gesellschafter oder einen Beirat umfassend und zeitnah zu informieren. Investoren erwarten darüber hinaus, dass sie bei wesentlichen gesellschaftsrechtlichen Entscheidungen gefragt werden müssen.

Anstehende Entscheidungen sind häufig sehr komplex und erfordern spezielle Kenntnisse. Deshalb delegieren Investoren gern das Beteiligungs-Controlling auf spezialisierte Experten. Diese Experten beschäftigen sich sowohl mit dem strategischen als auch mit dem operativen Controlling und wirken gelegentlich auch in Beiräten und Aufsichtsräten mit. Die Experten sind gehalten, die anstehenden Probleme sachkundig zu analysieren und darüber den Investoren zu berichten. Die Investorenberatungen führen dann zu Weisungen an die Experten, sich in den Gremien entsprechend zu verhalten.

Gerade ehemalige Unternehmer übernehmen Funktionen als Beiräte oder Aufsichtsräte gern selbst. Durch die Einbringung von Know-how und Netzwerk können die Gesellschaften - neben der Kapitalzufuhr - gestärkt werden. Dafür gibt es viele Beispiele.

In der Niedrigzinsphase - die möglicherweise noch längere Zeit den Kapitalmarkt bestimmt - schichten Vermögensinhaber ihr Vermögen um. So wird verstärkt auch in unternehmerische Direktbeteiligungen, durch welche Risikodiversifizierung und kontinuierliche Vermögensmehrung erreicht werden kann, investiert. Durch das Know-how und das Netzwerk der Investoren werden die Unternehmen nicht nur finanziell gestärkt.

Unternehmerische Direktbeteiligungen sind Kapitalanlagen, die sowohl bei der Auswahl und dem Erwerb als auch bei der Verwaltung große Aufmerksamkeit der Anleger erfordern. Deshalb bevorzugen viele Investoren unternehmerische Engagements im Rahmen von Club-Deals. Dadurch wird nicht nur das Know-how der Mit-Investoren in der Erwerbsphase genutzt - auch während der restlichen Beteiligungsdauer sind Know-how und Netzwerk von Mit-Investoren vorteilhaft. Häufig bedarf es auch des Mitwirkens von Spezialisten, auf die Funktionen übertragen werden.

Karl A. Niggemann Geschäftsführer, Institut für Wirtschaftsberatung (IfW), Meinerzhagen
Prof. Dr. Diethard B. Simmert Studiengangsleiter Finance & Management, International School of Management (ISM), Dortmund, Frankfurt am Main
Karl A. Niggemann , Beiratsvorsitzender , Institut für Wirtschaftsberatung (IfW), Meinerzhagen
Prof. Dr. Diethard B. Simmert , Studiengangsleiter Finance & Management , International School of Management (ISM), Dortmund, Frankfurt am Main

Weitere Artikelbilder

Noch keine Bewertungen vorhanden


X