Was vermögende Anleger in Europa und Asien bewegt - Auswertung einer Anlegerumfrage

Karl im Brahm, Foto: Avaloq Sourcing AG

Warum investieren Anleger eigentlich? Welche Art von Investments sind die beliebtesten? Und welche Gründe bewegen Anleger dazu, ihre Berater zu wechseln? Diese und viele weitere Fragen rund um das Verhalten von Anlegern hat Avaloq in einer Umfrage gestellt. Befragt wurden dabei vermögendere Privatinvestoren aus zehn verschiedenen Ländern in Europa und Asien. Dabei hat sich unter anderem gezeigt, dass deutsche Anleger offener für den Einsatz neuer Technologien sind als viele dachten und auch offener als die Anleger in den meisten anderen Ländern es sind. Der Autor zieht daraus den Schluss, dass in der Beratung von vermögenderen Kunden kaum noch ein Weg an einem hybriden Beratungsansatz vorbeiführt. (Red.)

Der Vergleich zwischen den Antworten aus Deutschland und denen aus anderen Ländern eröffnet interessante Einblicke. Eine zentrale Erkenntnis: Eine bedarfsgerechte Beratung wird immer wichtiger, will man die Ansprüche der Klienten wirklich erfüllen. Dabei sind die Vorlieben und Erwartungen von Investoren durchaus länderspezifisch - und individuell. Klienten personalisiert und stets ihren Wünschen entsprechend zu betreuen, ist in der Vermögensberatung heute relevanter denn je. Im Mai 2021 wurden für die Studie 1 430 Anleger mit einem investierbaren Vermögen von mindestens 250 000 US-Dollar befragt - vom Affluent- bis zum Ultra-High-Net-Worth-Segment. Die untersuchten Märkte sind Deutschland, die Schweiz, das Vereinigte Königreich, Frankreich, China, Hongkong, Singapur, Japan, Australien und Indien. Ebenfalls analysiert wurden aggregierte, anonymisierte Endkundendaten, die Banken und Vermögensverwalter gespeichert haben, die Avaloq-Systeme in der EMEA-Region nutzen.

In Deutschland treffen auch die vermögenden Anleger ihre Entscheidungen noch gern selbst: 75 Prozent geben an, ihre Investments selbst zu managen. Aktuell haben nur 9 Prozent der befragten Deutschen einen Finanzberater. Dennoch zeigen sich 23 Prozent der deutschen Investoren durchaus offen dafür, sich gegebenenfalls in Zukunft professionelle Unterstützung zu suchen. Hier ist ein Vergleich beispielsweise mit der Schweiz interessant. Die Zahlen legen nahe, dass der Schweizer Markt in Sachen Vermögensberatung schon deutlich entwickelter ist, zugleich aber das geringere Wachstumspotenzial aufweist. 18 Prozent der befragten Schweizer Privatinvestoren nehmen bereits die Dienste eines professionellen Finanzberaters in Anspruch. Entsprechend ist aber auch der Anteil der Schweizer, die dies erwägen, deutlich geringer: Im Alpenland äußern nur 10 Prozent der Befragten, dass dies für sie in Zukunft eine Option sei.

Motivatoren für die Anlagetätigkeit

Befragt nach den prinzipiellen Motivatoren für ihre Anlagetätigkeit, dominiert bei deutschen Investoren ein Grund sehr klar: 63 Prozent von ihnen haben - neben anderen Zielen - immer auch die Altersvorsorge im Blick. Ein Drittel der Befragten investiert zudem, um die Bezahlung der persönlichen medizinischen Versorgung in der Zukunft zu sichern, und ein Viertel verfolgt mit seinen Investments auch eigene unternehmerische Aktivitäten. 46 Prozent der befragten deutschen Anleger möchten mit ihren Investments Immobilieneigentum schaffen, und 24 Prozent investieren in Beteiligungen an anderen Unternehmen. Auch der familiäre Kontext, die Unterstützung der älteren oder jüngeren Generation, kann für die wohlhabenden deutschen Privatanleger ein Motivator sein. 36 Prozent von ihnen möchten durch ihre Investments die Kosten für die jüngere Generation abdecken (Bildungsausgaben sind hier nicht einbezogen), und 24 Prozent denken an die Kosten für die ältere Generation (medizinische Versorgung und Unterbringung sind hier nicht berücksichtigt).

In die Studie flossen bei einigen Themen auch anonymisierte Daten aus den Vermögensverwaltungssystemen ein, die bei den Kunden von Avaloq im Einsatz sind. Bei dieser Auswertung ergab sich ein Zusammenhang zwischen der Risikoaffinität der Privatinvestoren und ihrer Selbsteinschätzung hinsichtlich ihres Anlagewissens. Investoren, die ihr eigenes Wissen für rudimentär halten, möchten ein ausgewogenes Portfolio mit einem ausgeglichenen Risikoprofil. Diese Bereitschaft zu einem ausbalancierten Risiko sinkt allerdings deutlich, wenn Privatanleger der Meinung sind, bereits über ein gewisses Investment-Wissen zu verfügen. Diese Gruppe mit moderatem Knowhow hat interessanterweise die geringste Risikobereitschaft und bevorzugt ausgesprochen sichere Investments. An einem bestimmten Punkt kehrt sich dieser Trend zur Risikovermeidung jedoch wieder um: Es sind die Experten unter den Privatanlegern, jene, die ihr Investment-Knowhow für besonders hoch halten, die ausgesprochen risikoaffin sind.

Krypto bei deutschen Anlegern im Trend

Befragt nach den Anlageklassen, die für sie relevant sind, nennen die deutschen Privatinvestoren: Immobilien mit 57 Prozent, börsennotierte Aktien mit 46 Prozent, Kryptowährungen mit 45 Prozent, ETF mit 41 Prozent, Anlagefonds mit 39 Prozent, Rohstoffe mit 30 Prozent, Devisen mit 26 Prozent sowie Anleihen mit 25 Prozent. Gerade im internationalen Vergleich überrascht, wie offen deutsche Anleger für Kryptowährungen sind. Das Ergebnis von 45 Prozent unter den deutschen Anlegern wird in der Studie nur noch durch die Zahl aus Indien übertroffen, dort sind für 49 Prozent der Privatinvestoren Kryptowährungen eine Option. In den anderen europäischen Ländern sind Kryptowährungen der Studie zufolge längst nicht so beliebt. 33 Prozent der französischen Anleger investieren in Kryptowährungen, 25 Prozent der Befragten in der Schweiz und im Vereinigten Königreich sind es nur 23 Prozent. Sogar in Japan, sonst oft Vorreiter bei technologischen Entwicklungen, nutzen der Umfrage zufolge nur 11 Prozent der vermögenden Privatanleger Kryptowährungen als Investmentmöglichkeit.

Auch wenn die deutsche Affinität für digitale Assets zunächst überraschen mag - den Zahlen der Umfrage zufolge wird es für Banken und Vermögensverwalter immer wichtiger, ihren Kunden auch diese neuen digitalen Investmentmöglichkeiten zu bieten. Kryptowährungen scheinen für viele deutsche Anleger inzwischen eine so selbstverständliche Anlageoption wie andere etablierte Assetklassen auch. Ein Groß teil der etablierten Finanzinstitute hat hier aber durchaus technologischen Nachholbedarf. Die Studie zeigt, dass viele deutsche Privatanleger hingegen schon in der Zukunft angekommen sind.

Robo Advisory ist die digitale, automatisierte und oft durch Künstliche Intelligenz (KI) unterstützte Investmentberatung. Privatanleger in Deutschland sind der Studie zufolge für Robo Advisory weit offener als jene in anderen europäischen Ländern. 17 Prozent der befragten deutschen Anleger geben an, Robo Advisory bereits zu nutzen. In allen anderen europäischen Ländern ermittelt die Umfrage niedrigere Zahlen: im Vereinigten Königreich sind es 14 Prozent, in Frankreich 10 Prozent, in der Schweiz sogar nur 8 Prozent. Auch Japan liegt mit 13 Prozent noch hinter Deutschland. Internationale Spitzenreiter bei der Nutzung digitaler Beratung sind in dieser Studie China mit 52 Prozent der Befragten, gefolgt von Hongkong mit 36 Prozent. Dennoch gilt in Sachen Robo Advisory dasselbe wie bei den Kryptowährungen: Die vermögenden deutschen Privatanleger sind technologieaffiner, als manch einer es ihnen zugetraut hätte.

Weltweit zeigen sich Investoren prinzipiell offen dafür, sich den technologischen Fortschritt zunutze zu machen. Unter allen Privatinvestoren, die mit einer professionellen Vermögensberatung arbeiten, sind 56 Prozent damit einverstanden, wenn ihr Berater KI dafür einsetzt, um ihnen persönliche Produktempfehlungen zu machen, die ihr Verhalten und ihre Vorlieben noch besser berücksichtigen. Anders gesagt: Die Mehrheit von ihnen befürwortet einen hybriden Beratungsansatz, der menschliche Kommunikation und technologische Intelligenz miteinander verbindet. 26 Prozent der Privatinvestoren können sich sogar vollautomatische, KI-gestützte Produktempfehlungen vorstellen. Dabei macht es in Sachen KI-Affinität kaum einen Unterschied, ob An leger mit Beratern arbeiten oder ihre Investmentscheidungen lieber allein treffen: In beiden Gruppen ist die Offenheit für KI-Unterstützung ähnlich ausgeprägt.

Wechselgefahr bei mangelnder Personalisierung

Etliche Fragen in der Studie beziehen sich darauf, was einen Privatanleger, der mit einem Berater arbeitet, dazu bringen könnte, die Vermögensberatung zu wechseln. Was löst Wechselwilligkeit aus? Was erhöht die Churn-Gefahr? Über alle Länder hinweg sind die meistgenannten Gründe für einen möglichen Beraterwechsel finanzieller Natur. Für 58 Prozent wären zu hohe Kosten und Gebühren ein Wechselgrund und von 51 Prozent wird eine zu schwache Performance ihres Portfolios genannt. Der am dritthäufigsten genannte Grund hat dann aber schon mit der Qualität der Beratung und personalisierten Anlageempfehlungen zu tun. 43 Prozent wären bereit, ihrer Vermögensberatung den Rücken zu kehren, wenn sie nicht ausreichend auf ihre individuellen und sich wandelnden Bedürfnisse eingeht. Und 42 Prozent sehen einen Wechselgrund darin, wenn ihre Berater nicht oft genug mit ihnen kommunizieren. Beide dieser Abwanderungsgründe sind letztlich die Konsequenz einer unzureichenden Personalisierung der Beratungstätigkeit.

Für die Betreuung von vermögenderen und HNWI-Klienten führt an einem hybriden Beratungsansatz kaum mehr ein Weg vorbei. Zumal sich gerade in Deutschland Privatinvestoren offenbar eine Vermögensberatung wünschen, die auf der Höhe der technischen Möglichkeiten agiert - die KI und Machine Learning ebenso selbstverständlich zur Personalisierung von Anlagestrategien und -vorschlägen einsetzt, wie sie Investments in Kryptowährungen gestattet.

Details der Studie sind derzeit hier zugänglich:

Why do people invest?

Why would investors switch their financial advisors?

Karl im Brahm , CEO DACH und Leiter Banking Practice , Objectway GmbH, Ebersberg
Noch keine Bewertungen vorhanden


X