Die Verwahrstelle - Qualitätsmerkmal für Immobilienspezialfonds

Robert Guzialowski, Foto: Hauck & Aufhäuser Privatbankiers AG

Die Beliebtheit indirekter Immobilieninvestments nimmt zu. Die Quote habe sich innerhalb von nur fünf Jahren von 28 auf 42 Prozent erhöht, das Volumen in den letzten 20 Jahren von sechs auf 100 Milliarden Euro erhöht. Guzialowski sieht das Wachstum im durch die Niedrigzinsphase ausgelösten allgemeinen Anlagedruck begründet, aber auch in den Möglichkeiten zur Diversifizierung eines Portfolios durch indirektes Investment. Zu dem Erfolg habe aber auch das regulatorische Umfeld beigetragen. Der Autor vertieft im vorliegenden Beitrag dabei vor allem die Verwahrstellenpflicht. Er sieht beim Custodian eine Doppelrolle. Zum einen dient er dem Anlegerschutz im sogenannten Investmentdreieck, zum anderen könne er, wenn er die entsprechende juristischen Kompetenz aufweise, Prozesse beschleunigen und somit dazu beitragen, dass die KVG schneller Transaktionen abschließen könne. Er sieht daher die Wahl einer kompetenten Verwahrstelle zunehmend als Selektionskriterium bei der Fondswahl. (Red.)

Indirekte Immobilieninvestments erfreuen sich unter institutionellen Investoren weiter wachsender Nachfrage. Wie das "Trendbarometer Immobilienanlagen der Assekuranz 2020" der Beratungsgesellschaft Ernst & Young zeigt, dominieren mit 58 Prozent zwar weiterhin Direktanlagen, jedoch hat sich die Quote von indirekten Investments im Immobilienbereich innerhalb von fünf Jahren von gerade rund 28 Prozent auf 42 Prozent im Jahr 2020 erhöht. Bei den indirekten Anlageformen nehmen offene Immobilienspezialfonds traditionell eine wichtige Rolle ein - 2019 rangierten sie erstmals noch vor Direktanlagen auf Platz eins der beliebtesten Anlagevehikel der Versicherer.

Passgenau für Investorenansprüche

Auch andere institutionelle Investoren schätzen Immobilienspezialfonds. Dies belegen allein die Zahlen des Branchenverbands BVI für die Fondskategorie des offenen Immobilienspezialfonds: So überschritt das in den Vehikeln verwaltete Vermögen im vergangenen Jahr erstmals die Marke von 100 Milliarden Euro. Im Vergleich dazu hatten vor 20 Jahren Investoren gerade einmal etwas mehr als sechs Milliarden Euro in dem Segment angelegt.*

Für das beachtliche Wachstum gibt es mehrere Gründe. Dazu zählen zum einen der seit etlichen Jahren anhaltend hohe Anlagedruck, der vor allem dem Niedrigzins geschuldet ist, wie zum anderen die Möglichkeiten zur Portfolio-Diversifikation. Gerade im zunehmend anspruchsvollen Marktumfeld bieten Immobilienfonds institutionellen Investoren Zugang zu Marktsegmenten und Objekten, für die ihnen die hauseigene Expertise oder ein entsprechendes Netzwerk fehlen. Dabei lassen sich die Fonds, die mittlerweile ohnehin einen hohen Spezialisierungsgrad aufweisen, passgenau auf die Ansprüche des Investors zuschneiden.

Mindestens ebenso wichtig für die Erfolgsgeschichte offener Immobilienspezialfonds wie das Marktumfeld ist indessen das regulatorische Umfeld. So sorgen die gesetzlichen Rahmenbedingungen für offene Immobilienspezialfonds, die als Alternative Investmentfonds (AIF) unter die Regelungen des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) fallen, für ein hohes Maß an Sicherheit, ohne dabei ihre Flexibilität übermäßig zu beschneiden.

Neben standardisierten Bedingungen in Bezug auf Anlageobjekte, Risikomanagement und Fremdkapitaleinsatz, die den aufsichtsrechtlichen Anforderungen der meisten institutionellen Investoren gerecht werden, sticht insbesondere die Verwahrstellenpflicht hervor. Zwar bleiben Verwahrstellen für viele Fonds-Investoren unsichtbar. Dennoch sind sie unverzichtbar: Sie sorgen dafür, dass die Investoreninteressen gewahrt bleiben und schützen ihr Kapital vor Zugriffen Dritter. Gerade im Segment der Immobilienfonds tragen sie darüber hinaus indirekt zum Anlageerfolg bei. Gleiches gilt im Übrigen auch für sonstige Sachwertefonds, die beispielsweise in Flugzeuge, Infrastruktur, Private Equity oder erneuerbare Energien investieren.

Denn während die Verwahrstelle ihre Pflichten im Wertpapierbereich weitestgehend standardisiert erfüllen kann, lassen sich ihre Aufgaben bei Real Assets nur sehr bedingt automatisieren. Neben der investmentrechtlichen Kompetenz ist bei Immobilien- und anderen Sachwertefonds stets auch sachenrechtliche Expertise aufseiten der Verwahrstelle gefragt, um den regulatorischen Vorgaben genügen zu können.

Wesentliche Instanz im Investmentdreieck

Diese Vorgaben haben einen klaren Zweck: Die Verwahrstelle fungiert als wesentliche Instanz im sogenannten Investmentdreieck, das höchstmöglichen Anlegerschutz gewährleisten soll. Das Investmentdreieck symbolisiert dabei das Beziehungsgeflecht zwischen Investor, Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) und eben der Verwahrstelle. Deren Rolle wurde durch Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden in den vergangenen Jahren nicht nur bestätigt, sondern teilweise merklich ausgeweitet.

Das gilt insbesondere für das Segment der AIF, zu denen auch offene und geschlossene Immobilienspezial- sowie andere Sachwertefonds zählen. Einschlägig sind hier die europäische AIFM-Richtlinie (Alternative Investment Fund Managers Directive) und ihre Umsetzung im KAGB sowie das Verwahrstellenrundschreiben der BaFin.

Die darin enthaltenen Vorschriften definieren Funktion und Pflichten der Verwahrstelle eindeutig. Dabei gilt es im AIF-Segment einige Besonderheiten zu berücksichtigen: Als Vertragspartner der KVG obliegt ihr neben der Verwahrung der klassischen Finanzinstrumente und Bankguthaben, wie sie aus dem Bereich der Wertpapierfonds bekannt ist, auch eine laufende Überwachung und Bestandsführung der nicht verwahrfähigen Vermögensgegenstände, zu denen Immobilien und andere Sachwerte zählen. Deren Erwerb und Veräußerung hat diese ebenso zu überwachen und dabei die Eigentumsverhältnisse zu überprüfen. Weitere Kontrollpflichten gegenüber der KVG beinhalten die Beaufsichtigung der Zahlungsströme, eine Kontrolle der Einhaltung der für den jeweiligen AIF geltenden gesetzlichen und vertraglichen Anlagegrenzen, die Überprüfung der Bewertung sowie der vertraglich festgelegten Ertragsverwendung. Kommt es zu Unregelmäßigkeiten oder zum Krisenfall, hat die Verwahrstelle unter anderem Ansprüche der Anleger wegen Verletzung von KAGB-Vorschriften oder Anlagebedingungen gegen die KVG geltend zu machen. Ist sie selbst ihren Pflichten nicht vollumfänglich nachgekommen, haftet diese selbst gegenüber dem AIF beziehungsweise gegenüber den AIF-Investoren.

Diese kommen allerdings idealerweise tatsächlich erst in direkten Kontakt zur Verwahrstelle, wenn es nicht regelgemäß läuft. Üblicherweise finden alle einschlägigen Abstimmungen ausschließlich zwischen KVG und Verwahrstelle statt. Trotz dieser klaren Trennung sollte Investoren aber daran gelegen sein, dass die jeweilige KVG mit einem Service-Dienstleister zusammenarbeitet, der sowohl auf Fonds- als auch auf Asset-Seite die relevanten Fachkenntnisse vorweisen kann.

Kurze Reaktionszeiten der Verwahrstelle entscheidend

Denn versierte Verwahrstellen, die sowohl auf regulatorischem Feld als auch auf der Immobilien- beziehungsweise sachenrechtlichen Ebene in der Lage sind, kompetent, eigenständig und lösungsorientiert zu entscheiden, bieten der KVG und damit dem Investor nicht nur Sicherheit, sondern zudem ein erhöhtes Maß an Flexibilität und Effizienz - gerade die Eigenschaften, die Investoren bei offenen Immobilienspezialfonds, aber auch bei anderen Sachwertefonds schätzen.

Insbesondere bei Immobilien-AIF sind kurze Reaktionszeiten der Verwahrstelle heute essenziell. Am Immobilienmarkt, der immer noch ein Verkäufermarkt ist und auf dem die Transaktionsgeschwindigkeit erheblich zugenommen hat, sind schnelle und zugleich fundierte Entscheidungen heute mehr denn je gefragt. Muss die Verwahrstelle zu investmentrechtlichen Fragestellungen und der Auslegung der vielfach unbestimmten Rechtsbegriffe erst den Rat einer externen Kanzlei oder der hauseigenen Rechtsabteilung einholen, verstreicht wertvolle Zeit. Im ungünstigen Fall hat das zur Folge, dass Erwerb oder auch Veräußerung eines Objekts scheitern. Denn in der Regel wird die Verwahrstelle erst am Ende eines Transaktionsprozesses eingebunden, häufig wenige Tage vor dem geplanten Immobilienkauf.

Erfahrene Juristen als Vorteil

Dann gilt es, Unterlagen wie Verträge, Gutachten oder Registerauszüge zu prüfen, die die KVG der Verwahrstelle zur Kontrolle liefern muss. Diese hat sodann sämtliche Unterlagen auf Nebenabsprachen, Kleingedrucktes oder andere normabweichende Aspekte zu prüfen, die sich nachteilig auf die Situation des Anlegers auswirken könnten. Zu beurteilen ist zudem, ob Verträge der jeweiligen Fondsstruktur und den rechtlichen Rahmenbedingungen genügen. Zu den Beurteilungskriterien zählt unter anderem, ob die Gesamtbedingungen den beim Kauf und der Finanzierung marktüblichen Konditionen entsprechen und ob Gewährleistung und Haftung sichergestellt sind.

Sehr viel schneller und umfassender erledigen lassen sich diese im Bereich von Immobilien- und sonstigen Sachwertefonds umfangreichen Prüfungsanforderungen, wenn die Verwahrstelle selbst erfahrene Juristen beschäftigt, die über entsprechendes Spezialwissen verfügen. Ein global aufgestellter Custodian mit stark standardisiertem Leistungsspektrum wird dagegen möglicherweise seine Schwierigkeiten haben mit den Feinheiten länderspezifischer Jurisdiktionen und Gepflogenheiten.

Eine erhebliche Reduzierung von Zeit- und Arbeitsaufwand ergibt sich dabei, wenn die mit den jeweiligen Aufgaben betrauten juristischen Fachleute gleichzeitig direkte Ansprechpartner für die KVG sind. Ein solch direkter Draht zwischen den Verantwortlichen in KVG und Verwahrstelle trägt entscheidend dazu bei, mögliche Unsicherheiten oder Konflikte im Bereich der investmentrechtlichen Anforderungen bereits frühzeitig auszuräumen. Eine kundenorientierte Verwahrstelle lässt sich dabei regelmäßig bereits im Vorfeld eines Erwerbs- oder Finanzierungsprozesses kontaktieren und steht ihren Kunden auf KVG-Seite unterstützend zur Seite. Sie kann zudem vielfach gemeinsam mit der KVG, bereits vor dem Start eines neuen Investmentvehikels, rechtliche Konstellationen und Strukturen abklären.

Kompetenz und Kundennähe wichtig

Aus Investorensicht bleibt die Verwahrstelle dabei der stille Begleiter, der sicherstellt, dass die regulatorischen Rahmenbedingungen im Sinne des Anlegerschutzes stets erfüllt werden. Für das Investmentergebnis ist dagegen der Asset Manager zuständig. Indirekt kann der Erfolg eines Fonds gleichwohl von der Verwahrstelle abhängen: Nur wenn sie ihre Aufgaben jederzeit schnell, juristisch einwandfrei und mit der nötigen Flexibilität erledigt, bleibt gewährleistet, dass sich Transaktionen tatsächlich so umsetzen lassen, wie es der Asset Manager anstrebt. Wenn die Verwahrstelle dagegen investmentrechtliche Bedenken bei einer Transaktion nicht unmittelbar selbst klären kann, führt das zu Verzögerungen, die im schlimmsten Fall ein Scheitern des geplanten Erwerbs einer Immobilie oder eines sonstigen Sachwerts zur Folge haben.

Gerade im Immobilien- und Sachwertesegment erscheint es daher sinnvoll, eine Verwahrstelle zu wählen, die sich durch Kompetenz und Kundennähe auszeichnet, statt den Custodian als bloßen Kostenfaktor zu begreifen. Neben KVGen haben mittlerweile auch einige Investoren und Asset Manager die Vorteile erkannt, die ein mit juristischem Fachpersonal besetzter und im Sachwerte-Segment erfahrener Dienstleister mit sich bringt. Damit wird die Auswahl einer kompetenten Verwahrstelle immer häufiger zu einem Kriterium bei der Fondsselektion.

* BVI Investmentstatistik, Dezember 2019

Robert Guzialowski Leiter Real Assets Deutschland im Bereich Asset Servicing, Hauck & Aufhäuser Privatbankiers AG, Frankfurt am Main
Robert Guzialowski , Leiter Real Assets Deutschland, Hauck & Aufhäuser Privatbankiers AG, Frankfurt am Main
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