Wachsen Hightech-Standorte aus dem Boden?

Dr. Axel Nawrath Foto: L-Bank, Wagenhan

Gesellschaftliche Visionen und Leitbilder verbunden mit Investitionen und gezielte Risikoübernahmen des Staates haben sich im geschichtlichen Rückblick oft als Treiber für neue Technologien und in der Folge für wirtschaftliches Wachstum erwiesen. Der Autor erinnert in diesem Zusammenhang etwa an den Bau der Eisenbahn, diverse Raumfahrtprojekte und in jüngerer Zeit die Entwicklung des Internets sowie die Bekämpfung des Klimawandels. Als wichtige Impulsgeber für ein innovationsorientiertes unternehmerisches Umfeld stuft er das Konzept der Technologieparks ein. Zu deren Anforderungsprofil rechnet er neben einer sozialen und verkehrstechnischen Infrastruktur und einem funktionierenden Kommunikationskonzept für die sich ansiedelnden Unternehmen auch günstige Bedingungen für eine Vernetzung mit wissenschaftlichen Einrichtungen und die Sicherstellung von Flexibilität, etwa beim Raumbedarf. (Red.)

Innovationen, neue oder optimierte Produkte, Dienstleistungen oder Produktionsprozesse sind seit jeher ein wichtiger Schlüssel zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von natürlich bedingt rohstoffarmen Wirtschaftsregionen. Für Baden-Württemberg ist es deshalb ein gutes Zeichen, dass es bei der Messung der Innovationsfähigkeit seit Jahren einen Spitzenplatz in Europa einnimmt. Die Patentstatistiken unterstreichen die gute Lage des Südwestens: Mit 132 Patentanmeldungen pro 100 000 Einwohner lag Baden-Württemberg auch 2017 an der Spitze der Bundesländer.

Diese Erfolge sind auch das Ergebnis hoher F & E-Anstrengungen: Auswertungen des Statistischen Bundesamt zeigen, dass in keiner anderen Region Europas die Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen in Relation zum Bruttoinlandsprodukt so hoch sind wie im Südwesten. Die baden-württembergische Politik möchte diese gute Position sichern und weiterentwickeln. Aufgabe der landeseigenen Förderbank ist es hierbei Unterstützung zu leisten.

Gesellschaftliche Projekte als Treiber

Egal ob beim Eisenbahnbau im 19. Jahrhundert, den Luft- und Raumfahrtprogrammen, der Entwicklung des Internets oder der Bekämpfung des Klimawandels, der Staat hat oft den entscheidenden Impuls gesetzt. Gesellschaftliche Visionen, Leitbilder bringen die Akteure zusammen und bündeln die Anstrengungen, neue Technologien sind das Ergebnis. Ob bei der Eroberung des Wilden Westens durch die Eisenbahn in Amerika, der ersten Mondlandung oder der Energiewende, ohne den Weitblick und die treibende Kraft eines unternehmerischen Staats - häufig auch getrieben von militärischen Basisentwicklungen - wäre der Erfolg nicht möglich gewesen.

Es waren und sind Investitionen und gezielte Risikoübernahmen des Staates, die dazu beitrugen, dass private Unternehmen ergänzend Risiken übernahmen und Innovationen vorantrieben. Wie bei jeder unternehmerischen Tätigkeit gibt es auch für den Staat als Unternehmer keine Erfolgsgarantie - aber selbst wenn das Hauptprojekt nicht wie erwartet läuft, resultieren oft in einem anderen Kontext nutzenstiftende Innovationen.

Bessere Prozesse durch staatliche Maßnahmen

Jede staatliche Intervention hat prozessuale Auswirkungen. Und hierin liegt der Schwerpunkt der Aktivitäten einer Förderbank: Prozesse sollen angestoßen, beschleunigt, in ihrem Ablauf intensiviert werden. Innovationen werden sehr viel effektiver und schneller vorangetrieben wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Geld ist dabei wichtig, Geld alleine macht aber noch keine Innovation. Oder anders gesagt: Ideen brauchen Kapital ... und eine passende Umgebung für die Umsetzung. Kreative Köpfe brauchen ein inspirierendes Arbeitsumfeld und eine Ergänzung durch "Macher". Und hier spielen die Netzwerke eine wichtige Rolle.

Universitäre Grundlagenforschung muss bereits in frühen Stadien mit Vermarktungsüberlegungen kombiniert werden, sie darf nicht in den Laboren und Forschungseinrichtungen der Universitäten verborgen bleiben. Durch ein stimmiges Zusammenwirken von Transfereinrichtungen, jungen und mittelständischen Unternehmen kann eine neue Qualität des Innovationsprozesses erreicht werden. An dieser Stelle positioniert die L-Bank ihre Technologieparks.

Während die vielen - oft auch kommunalen - Gewerbeparks ihre vorrangige Zielsetzung in der reinen Gewerbeansiedlung haben und so Arbeitsplätze in die Region bringen wollen, ist das Ziel der L-Bank Technologieparks die Schaffung eines Innovationshubs: Mit den Kooperationsmöglichkeiten zwischen jungen Wachstumsunternehmen, etablierter Wirtschaft, Forschungseinrichtungen und Experten sollen innovative Netzwerke in unterschiedlichen Zukunftsfeldern entstehen. Durch die branchen- oder technologische Ausrichtung werden wechselseitige Impulse erleichtert, Innovationen angeregt und so die Voraussetzungen für nachhaltiges Wachstum mit neuen Produkten und Dienstleistungen verbessert.

Anforderungsprofil an Technologieparks

Daraus resultiert ein grundsätzliches Anforderungsprofil an die L-Bank Technologieparks:

1. Hervorragende Verkehrsinfrastruktur: Eine gute Verkehrsinfrastruktur mit schnellen Straßenverbindungen, eine Nähe zu internationalen Flughäfen sowie günstige öffentliche Nah- und Fernverkehrsanschlüsse.

2. Flexible Entwicklungsmöglichkeiten: Um Unternehmen Entwicklungsperspektiven zu ermöglichen, sollte der Technologiepark solche auch selbst haben. Dies erfordert eine Planungssicherheit im Hinblick auf eine sukzessive Parkerweiterung.

3. Ausgezeichnetes Umfeld und hochwertige Ausstattung: Eine repräsentative und lebendige Architektur unterstützt die Entwicklungsdynamik der Firmen. Gleichzeitig entsprechen diese dem Zeitgeist der jungen Unternehmen.

4. Kundenorientierte Fokussierung: Kundenwünsche und nicht die Bewältigung von Alltagsproblemen sollen für den Unternehmer im Vordergrund stehen. Gezielt wird daher nach Entlastungsmöglichkeiten gesucht. Hierzu zählen direkte unternehmensbezogene Serviceleistungen wie Konferenzräume mit modernster Kommunikationstechnik, die eine internationale Zusammenarbeit unter Top-Rahmenbedingungen erlauben. Sie erleichtern den Sprung in internationale Märkte, ebenso wie Labors deren Standards selbst strenge internationale Zulassungsbedingungen erfüllen. So werden Märkte erreicht, die ohne dieses Umfeld nicht bedient werden könnten. Daneben runden ergänzende Infrastrukturangebote wie Kindergärten, Grundschulen, Parkrestaurants, Freizeitdienstleistungen das Leistungspaket ab. Durch die Bereitstellung solch umfänglicher Serviceleistungen wird ein Umfeld geschaffen, das sich ansonsten lediglich Großunternehmen leisten können.

5. Aktivitäten bündeln und Synergien nutzen: Die zentrale Vermarktung des Parks und die Kommunikation beispielsweise mit gemeinsamen Kommunikationsmedien sorgt für höhere Aufmerksamkeit und fördert die Reputation der Technologieparkunternehmen.

Langfristige Aufrechterhaltung eines stimmigen Gesamtkonzeptes

Bei den Immobilieninvestitionen der L-Bank handelt es sich um einen revolvierendes System. Zu den zentralen Aufgaben des Parkmanagements gehört es, sowohl weitere Einzelobjektinvestitionen auf dem bankeigenen Parkgelände, als auch Maßnahmen von weiteren Parknutzern - anzustoßen und durchzuführen.

Nur so kann das erwünschte Wachstum am Standort erreicht werden. Gleichzeitig werden dadurch finanzielle Spielräume geschaffen, die eine Erschließung neuer Standorte ermöglichen.

In einer finalen Entwicklungsstufe könnte dies bedeuten, dass die Einzelimmobilien der L-Bank in allen Technologieparks veräußert sind, die Tochtergesellschaften der Bank aber weiterhin das Parkmanagement betreiben und technisches Immobilienmanagement und Mietmanagement koordinieren.

Hier zeigt sich eine weitere Besonderheit des L-Bank Immobilienmanagements: Neben einer Verkäuferstrategie ist auch eine Bestandhalterstrategie - unter der Prämisse eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes - denkbar. Im Vordergrund steht die langfristige Aufrechterhaltung eines stimmigen Gesamtkonzeptes.

Das Campuskonzept als Modell zur Weiterentwicklung der Technologieparks

Die Zeiten auf den Immobilienmärkten haben sich in den vergangenen beiden Jahrzehnten grundlegend verändert:

1. Verfügbarkeit von geeigneten Flächen: Während vor zehn Jahren von Universitätsstädten große Brachflächen mit dem gewünschten Entwicklungspotenzial und Anforderungsprofil angeboten wurden, sind es heute eher den Flächenverbrauch minimierende Einzelobjekte und -maßnahmen, die der L-Bank zur Entwicklung angeboten werden.

2. Impulsgeber sind die wissenschaftlichen Institutionen: Nicht mehr nur Städte und Kommunen agieren als Treiber von auf Technologie- und Wissenschaftstransfer ausgerichteter Standortentwicklung. Längst versuchen auch Universitäten und Spitzenforschungsinstitute derartige Impulse zu setzen.

3. Begrenzung der Immobilienrisiken: Das System eines revolvierenden, aber grundsätzlich begrenzten Investitionsrahmens für die Immobilieninvestitionen der L-Bank dient der Minimierung der relativen Risiken. In der Zwischenzeit ist der Investitionsrahmen durch die diversen Aktivitäten der vergangenen Jahre zum einen, aber auch durch die kräftigen Preissteigerungen für Bau und Immobilienentwicklung weitgehend ausgeschöpft. Bei Entscheidungen über neue Standorte sind deshalb Maßnahmen mit geringerem Kapitalbedarf attraktiver als großvolumige Technologieparkkonzepte.

Die L-Bank hat deshalb das Parkkonzept an die geänderten Marktparameter angepasst und die Standortanforderungen im neuen Campuskonzept in inhaltlicher wie räumlich-baulicher Sicht noch einmal präzisiert. Inhaltlich ist die vorhandene Wissenstiefe und -breite wichtig. Grundlegend sind ausgebaute Forschungseinrichtungen, universitäre Grundlagenforschung und eine Interdisziplinarität am Standort, die in der Lage ist Impulse aus anderen, nicht nur angrenzenden Fachgebieten zu geben. Räumlich muss der Standort ein in sich geschlossenes Betreiberkonzept ermöglichen.

Vernetzung und Flexibilität

Daraus ergeben sich folgende Rahmenbedingungen für das L-Bank Campuskonzept:

- Eine regionale Fokussierung auf Standorte mit Universitäten und Forschungseinrichtungen als Technologieanbieter.

- Das Vorhandensein von Technologieabnehmern in Gestalt von jungen Unternehmen, vorhandener Industriestruktur und Dienstleistern.

- Eine gute kleinräumige Einbindung. Neben der Nähe zur Universität oder Spitzenforschungsinstitutionen sowie modernster und leistungsfähiger Kommunikationstechnik muss eine entsprechende Infrastruktur mit einem urbanen, für hochqualifiziertes Personal attraktiven Umfeld gegeben sein.

Für die sich ansiedelnden Unternehmen ergeben sich aus diesem kompakten Konzept insbesondere zwei Vorteile: Zum einen ein hohes Vernetzungspotenzial, zum anderen eine für ein erratisches Geschäftsmodellwachstum notwendige Flexibilität.

So wird eine Brücke zwischen Anforderungen der Wirtschaft und den neuesten Forschungsansätzen der Wissenschaft gebildet - mit dem Ziel, einen intensiven Informationsaustausch anzuregen, den Wissens- und Technologietransfer aktiv zu begleiten und Möglichkeiten zu schaffen diesen mit Markt-Know-how zu verbinden. Das bedeutet in der Konsequenz aber auch, dass von dem Parkmanagement in der Vermittlung von Netzwerken ein aktiver Part verlangt wird und Flexibilität in der Raumnutzung bieten muss.

Expansionsmöglichkeiten oder Flächenreduktion je nach Bedarf

Gerade junge Wachstumsunternehmen hängen oft an einzelnen größeren Projekten. Deshalb ist es wichtig den Unternehmen Expansionsmöglichkeiten zu bieten, aber auch Optionen einer (vorübergehenden) Flächenreduktion. Diese Flexibilität sowohl in wirtschaftlich schwächeren Phasen als auch im Wachstumsfall verlangt ein professionelles Flächenmanagement und ein anpassungsfähiges Mietlaufzeitenmanagement.

Gerade in wirtschaftlichen Krisenzeiten können junge Unternehmen kostenseitig enorm entlastet werden, wenn nicht mehr gebrauchte Mietflächen schnell reduziert werden können. Damit dies realisiert werden kann, müssen die zugrunde liegenden Baukonzepte eine hohe Raumflexibilität ermöglichen. Vom Start-up-Einzelschreibtisch über konventionelle Büros bis hin zu Labors mit höchstem Reinraumstandard, die Gebäude müssen allen Anforderungen genügen.

Enge Abstimmung mit Städten und Wissenschaftsinstitutionen

Die L-Bank entwickelt die Technologieparks in enger Abstimmung mit den jeweiligen Städten und Wissenschaftsinstitutionen. Zum Betreiben der Technologieparks und des Campuskonzepts werden eigenständige Tochtergesellschaften gegründet, die das Parkmanagement übernehmen und selbstständig am Markt agieren. Bewusst baut die Förderbank hier auf diese Organisationsform, um mittelständisches Denken im Park zu fördern. Dies schafft einen engeren Bezug zu den ebenfalls meist mittelständisch geprägten Mietern. Das Parkmanagement übernimmt alle anfallenden operativen Aufgaben und trägt die Verantwortung als Entwickler, Investor, Vermarkter und Betreiber eines Parks beziehungsweise des Campus. Die Bank sorgt für die finanzielle Ausstattung der Parkgesellschaften.

Zu beachten ist, dass sich Förderbanken mit ihren Parks als Immobilieninvestitionen marktkonform bewegen müssen. Unter Einbeziehung späterer Veräußerungserlöse ist eine Gewinnerzielung und eine angemessene Verzinsung des Eigenkapitals anzustreben. Dies bedeutet, dass sich die geschilderten Mehrleistungen von Technologieparks auch in marktüblichen Mietpreisen widerspiegeln.

Das umfassende Gesamtpaket muss für die Nutzer also einen Mehrwert darstellen. Die monetäre Förderleistung steckt bei den Technologieparks der Bank in der Konzeption und Entwicklung auf eigenes Risiko. So kann eine Förderbank auf die marktüblichen Vorvermietungsquoten gänzlich verzichten.

Proof of Concept: Starke Effekte für Hightech in Baden-Württemberg

In Baden-Württemberg lässt sich die Standortstärkung empirisch belegen: Die L-Bank-Technologieparks sind in der Nähe von Universitäten und Forschungseinrichtungen angesiedelt. Wo es möglich ist, sind derzeit erweiternde Baumaßnahmen im Gange beziehungsweise stehen unmittelbar bevor. Die Innovationspreise, die zahlreiche Parkunternehmen erhielten, sind ein Spiegelbild ihrer Innovationskraft.

Bedenkt man, dass durch die verstärkte Kooperation zwischen den ansässigen Forschungseinrichtungen und den Parkunternehmen auch Impulse in die Wissenschaft gelangen und mit den dargestellten Parkstrukturen gute Bedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie geschaffen werden, geht die stimulierende Wirkung von Technologieparks weit über die Wirtschaft hinaus.

Dr. Axel Nawrath, Vorsitzender des Vorstands, L-Bank, Staatsbank für Baden-Württemberg, Karlsruhe
 
Die Technologieparks der L-Bank Jeder Park setzt unterschiedliche Schwerpunkte und nutzt dabei die Stärken der Region: Im Technologiepark Karlsruhe (TPK) ist durch die Nähe zum Campus des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) die IT-Branche stark vertreten, im Stuttgarter Engineering Park (STEP) kooperiert das Haus der Luft- und Raumfahrt mit den nahegelegenen Instituten der Universität, der Technologiepark Tübingen-Reutlingen (TTR) - mit je einem Areal in beiden Städten - hat seinen Fokus vor allem auf den Feldern Biotechnologie, Medizin- und Umwelttechnik.Mit dem 2016 gegründeten und derzeit entstehenden Technologiepark Mannheim (TPMA) soll künftig gezielt die Clusterbildung im Bereich Medizintechnologie auf dem Mannheimer Medical Technology Campus vorangetrieben werden. Dazu wird die L-Bank-Tochter "Technologiepark Mannheim GmbH" (TPMA) im Laufe der nächsten Jahre bis zu 40 Millionen Euro in drei Gebäude mit insgesamt 15 000 Quadratmetern Büro-, Werkstatt- und Laborfläche investieren.Die aktuellen Gespräche mit den Verantwortlichen in der Region Freiburg im Hinblick auf die Entwicklung eines Innovationszentrums unter Einbeziehung der Universität Freiburg zeigen die hohe Attraktivität des zugrunde liegenden Campuskonzepts.Die verschiedenen Standorte haben sich am Markt etabliert. Ende 2017 waren in den Technologieparks der L-Bank 265 Unternehmen mit 10 300 Mitarbeitern angesiedelt und damit rund 300 mehr als noch vor einem Jahr. Der Vermietungsstand in allen Parks der Bank liegt über 95 Prozent. Die meisten Unternehmen wachsen dabei innerhalb der Parks und zeigen so, dass sie ihre technologischen Ideen in unternehmerisches Wachstum umwandeln können.
Dr. Axel Nawrath , Vorsitzender des Vorstands, L-Bank, Karlsruhe
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