Währungspolitik der Schwellenländer nach der Pandemie

Christian Kopf, Foto: Union Investment

Im wirtschaftlichen Gefüge einzelner Staaten spielen Währungen und damit verbunden Wechselkurse eine tragende Rolle. Der Umgang mit der eigenen Währung stellt Staaten vor die Entscheidung zwischen einer Bindung des Wechselkurses an eine andere Währung, der freien Bestimmung des Wechselkurses durch die Devisenmärkte oder einer Mischform, dem "Managed Floating". Jede der verschiedenen Möglichkeiten bietet, je nach wirtschaftlichen Voraussetzungen, Vor- und Nachteile. Christian Kopf untersucht im vorliegenden Text anhand einer Stichprobe von 22 Schwellenländern die Auswirkungen der einzelnen Modelle. Wichtige Kriterien, die im Zeitverlauf die Wahl des Modells beeinflussen, sind unter anderem die Denomination der staatlichen und Unternehmensschulden, die Wirtschaftsstärke eines Landes sowie das weltweite Zinsumfeld. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren entscheiden sich momentan die meisten Schwellenländer für eine Mischform der Währungspolitik. Es sei allerdings absehbar, so Kopf, dass in Zukunft zunehmend der Weg flexibler Wechselkurse gewählt würde. (Red.)

Die 1990er Jahre waren geprägt von einer Reihe schwerer Finanzkrisen in Lateinamerika, Asien und dem ehemaligen Ostblock, von denen Schwellenländer mit festen Wechselkursen besonders betroffen waren. Unter dem Eindruck dieser Krisen veröffentlichte Stanley Fischer, damals Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds (IWF), einen einflussreichen Aufsatz, der die Konturen eines sich abzeichnenden Konsenses in Fragen der Währungspolitik zum Ausdruck brachte: "Für Länder mit freiem Kapitalverkehr sind Wechselkurse mit lockerer Bindung an Ankerwährungen (softly pegged exchange rates) krisenanfällig und mittelfristig untragbar" (Fischer 2001, eigene Übersetzung). Diese Einschätzung war Grundlage für Fischers Vorhersage, dass Zentralbanken sich weitgehend von teilflexiblen Währungssystemen abwenden und entweder einen unwiderruflich festen Wechselkurs, etwa durch die Mitgliedschaft in einer Währungsunion, oder einen uneingeschränkt flexiblen Wechselkurs wählen würden.

Zwanzig Jahre später stellt sich die Frage, ob Fischers Prognose eingetreten ist und wie sich die Währungssysteme der Schwellenländer in der jüngsten Finanzkrise bewährt haben, die durch die Coronavirus-Pandemie ausgelöst wurde. Auf dieser Grundlage kann eine Einschätzung zur zukünftigen Ausrichtung der Währungspolitik dieser Staaten vorgenommen werden.

Entgegen Fischers Vorhersage entschied sich die Mehrzahl der Schwellenländer in den vergangenen zwei Jahrzehnten nicht für eines der beiden extremen Wechselkursregime, sondern ließ sich zunehmend auf Mischformen ein. Diese Entwicklung lässt sich anhand eines Panels von 22 größeren Schwellenländern belegen, die weiterhin über eine Landeswährung verfügen. Unter Verwendung und Fortschreibung der von Ilzetzki, Reinhart und Rogoff (2019) vorgeschlagenen Klassifizierung der Wechselkurssysteme kann gezeigt werden, dass der Anteil der Zentralbanken, die ein "Managed Floating" betreiben, von 45 Prozent im Jahr 2003 auf 68 im Jahr 2021 angestiegen ist (Abbildung 1).

Abbildung 1: Wechselkursregime größerer Schwellenländer Quellen: Ilzetzki, Reinhart und Rogoff (2019) für die Jahre 2003 bis 2016 (teils korrigiert), Union Investment für die Jahre 2017 bis 2021, JP Morgan

Gilt die bipolare Sichtweise noch?

Derzeit weisen nur vier der größeren Schwellenländer noch eine weitgehend horizontale Bindung (Dominikanische Republik) beziehungsweise gleitende Bindung (Argentinien, Rumänien) an eine Ankerwährung oder einen stufenflexiblen Wechselkurs (Ägypten) auf. Gemäß der Klassifizierung von Ilzetzki et al. haben sich zudem nur Russland und Südafrika für eine uneingeschränkt flexible Währung entschieden, während sich die türkische Lira infolge der Geldpolitik der Notenbank derzeit im freien Fall befindet. Die übrigen Länder praktizieren alle ein Währungssystem, in dem der Wechselkurs zwar grundsätzlich von den Marktkräften bestimmt, aber zugleich von der Zentralbank durch Devisenmarktinterventionen beeinflusst wird.

Wie Fischer (2001) anführte eignen sich feste Wechselkurse besonders für kleinere Länder mit starker wirtschaftlicher Anbindung an große Nachbarstaaten (Dominikanische Republik) und für Länder, die von mangelnder Geldwertstabilität geprägt wurden (Ägypten, Argentinien, Rumänien). Für größere Volkswirtschaften hingegen überwiegen die Vorteile einer größeren Kontrolle über den eigenen Wechselkurs meist die damit verbundenen Kosten. Wird das hier untersuchte Panel der 22 Schwellenländer nach dem Umlaufvolumen ihrer inländischen Rentenmärkte gewichtet, so steigt der Anteil der Länder mit "Managed Floating" von 44 Prozent im Jahr 2003 auf derzeit 91 Prozent. Es sind somit eher die kleinen Volkswirtschaften, die weiterhin an einem festen Wechselkurssystem festhalten.

Eine Reihe von Entwicklungen trug zu den währungspolitischen Anpassungen der vergangenen Jahre bei. Einerseits brachten neue Finanzmarktkrisen die "unwiderruflich" festen Wechselkurssysteme in Verruf. Die argentinische Währungskrise von 2002 zeigte, dass selbst ein Currency Board die Bindung an eine Ankerwährung nicht zementieren kann, wenn hinreichende Anreize zur staatlichen Haushaltsdisziplin fehlen. Ein Jahrzehnt später bewies die Krise der Eurozone die inhärente Instabilität einer Währungsunion ohne Fiskalunion. Mit der Einführung des Euro hatten die Mitgliedsstaaten die Kontrolle über die Währung verloren, in der sie sich verschulden, und sich damit nolens volens dem deutlich erhöhten Risiko des Staatsbankrotts ausgesetzt (Kopf 2011).

Darüber hinaus konnten sie einem Gläubigerstreik nicht mehr durch Währungsabwertung begegnen. Sie waren stattdessen gezwungen, auf diesen "Sudden Stop" (Calvo et al. 2003) mit Haushaltskonsolidierung zu reagieren, was die Rezession verstärkte und das Risiko einer selbst erfüllenden Staatsschuldenkrise auf den Plan rief. Als Folge dieser Episoden gaben Länder wie Polen ihr langjähriges Ziel des Beitritts zur Währungsunion mittlerweile auf.

Andererseits kam verstärkt Kritik an einem vollständig freien Wechselkurssystem auf, auch innerhalb des IWF. Übermäßige Währungsschwankungen sind ein Kostenfaktor für die Realwirtschaft, wie Unternehmenskonkurse in Schwellenländern immer wieder zeigen. Darüber hinaus kann eine Währungspolitik des "Leaning against the Wind" (Bill White) dazu beitragen, eine unerwünschte Übertragung geldpolitischer Impulse aus Ankerregionen (das heißt den USA und dem Euroraum) auf die inländischen Finanzierungsbedingungen zu dämpfen.

Devisenmarktinterventionen mit Wirkung

In einem einflussreichen Arbeitspapier aus dem Jahr 2015 wies der damalige IWF-Chefökonom Olivier Blanchard nach, dass Devisenmarktinterventionen dabei durchaus effektiv sein können (Blanchard et al. 2015). Darüber hinaus scheinen solche Interventionen nur mit geringen volkswirtschaftlichen Kosten verbunden zu sein: Laut einer Studie von IWF-Ökonomen weisen Länder mit flexiblem Wechselkurssystem und Länder mit "Managed Floating" eine ähnlich geringe Krisenanfälligkeit auf (Ghosh et al. 2014).

Aufgrund dieser Erwägungen wirken die meisten Zentralbanken der Schwellenländer heute in der einen oder anderen Weise auf die Wechselkursentwicklung ihrer Länder ein, häufig durch Devisenmarktinterventionen. Abbildung 2 gibt zwei Beispiele dieser gängigen Praxis. Sowohl die brasilianische als auch die chinesische Zentralbank stockten ihre Devisenreserven in Jahren auf, in denen ihre Länder erhebliche ausländische Direktinvestitionen und Portfolioinvestitionen zu verzeichnen hatten. Andererseits lösten beide Zentralbanken zur Stützung ihrer Landeswährungen Devisenreserven auf, wenn sie mit großen Kapitalabflüssen des Privatsektors konfrontiert waren.

Abbildung 2: Währungsinterventionen als geldpolitisches Instrument (in Prozent des BIP) Quellen: IIF, Union Investment

Mindestens vier Gründe stehen hinter diesem währungspolitischen Ansatz. Die Wechselkursstabilisierung durch Marktinterventionen der Zentralbank (i) ermöglicht den vorsorglichen Aufbau von De visenreserven in Zeiten reichlicher Kapitalzuflüsse, (ii) mindert den Verlust der preislichen Wettbewerbsfähigkeit durch eine Überbewertung der Währung, (iii) vermeidet importierte Inflation infolge starker Währungsabwertungen und (iv) schützt die Zahlungsfähigkeit öffentlicher und privater Schuldner, die sich in Fremdwährung finanziert haben (Goldfajn 2014).

Abbau von Währungsinkongruenzen

Sorgen um die Finanzstabilität waren der Hauptgrund für das "Fear of Floating" (Calvo und Reinhart 2002), welches die Zentralbanken vieler Schwellenländer lange Zeit an den Tag legten. Bis vor wenigen Jahren waren die meisten Schwellenländer nicht in der Lage, sich in ihrer eigenen Währung zu finanzieren - aufgrund einer Historie von monetärer Staatsfinanzierung, ausufernder Inflation, Währungs- und Bankenkrisen, aber auch aufgrund der Struktur des internationalen Finanzsystems, in dem Skaleneffekte die Rentenmärkte der Kernländer begünstigen (Flandreau und Sussman 2005). Diese Abhängigkeit von Fremdwährungskrediten und -anleihen wurde plakativ als "Erbsünde" der Schwellenländer (Eichengreen et al. 2005) bezeichnet, da sie Quell vielfältiger volkswirtschaftlicher Probleme und politischer Dilemmata ist.

Regierungen und Unternehmen, die sich größtenteils in Fremdwährungen finanzieren, machen ihre Zahlungsfähigkeit vom Wechselkurs abhängig. Wenn die Landeswährung gegenüber dem Euro oder US-Dollar abwertet, müssen sie einen größeren Anteil ihrer Einkommen für den Schuldendienst aufwenden. In der Folge können Wechselkursschwankungen auch eigentlich solvente Emittenten in den Zahlungsausfall treiben.

Diese währungsinkongruente Finanzierung beschränkt zudem die Möglichkeit einer antizyklischen Geldpolitik. Die Zentralbanken von Ländern mit großen Fremdwährungsverbindlichkeiten können es sich in der Regel nicht leisten, zur Minderung einer Wirtschaftsflaute niedrigere Zinsen und eine schwächere Währung anzustreben, da jede Abwertung mit einem Anstieg des Schuldendienstes für den Staat und die Privatwirtschaft verbunden wäre.

Finanzierung in Landeswährung weniger krisenanfällig

Zentralbanken dieser Länder müssen ihre Leitzinsen während einer Rezession oftmals sogar anheben, um eine Währungsabwertung zu verhindern, was den Abschwung noch verstärkt. In fast allen Fällen wurden die Staatsbankrotte der Schwellenländer in den vergangenen vierzig Jahren durch währungsinkongruente Finanzierung ausgelöst - dies gilt für die lateinamerikanische Schuldenkrise der 1980er Jahre ebenso wie für die Zahlungsausfälle von Ecuador 1999, Argentinien 2001, der Ukraine 2013 und vieler anderer Staaten.

Die lange vorherrschende Anbindung der Landeswährungen von Schwellenländern an eine Ankerwährung begünstigte diese Verschuldung in Hartwährung. Nachdem jedoch immer mehr feste Wechselkurssysteme unter dem Druck steigender Kapitalmobilität zusammenbrachen und so Schuldenkrisen auslösten, begannen vor etwa 20 Jahren viele Schwellenländer sich über langfristige, festverzinsliche Anleihen in Landeswährung zu finanzieren. Dies spiegelt die Erfahrungen Kanadas, Australiens, Neuseelands und Südafrikas wider, die nach der Aussetzung der Goldkonvertibilität zu Beginn des Ersten Weltkriegs begannen, sich inländisch zu finanzieren. Solange diese Länder noch über einen festen Wechselkurs zum britischen Pfund verfügten, hatten sie hauptsächlich Sterling-Schulden auf dem Londoner Markt aufgenommen (Bordo et al. 2005).

Dieser Übergang zu einer währungskongruenten Finanzierung verbesserte die Finanzstabilität der Schwellenländer deutlich und versetzte diese Länder in die Lage, eine antizyklische Geld- und Fiskalpolitik zu betreiben. Die damit verbundene erhöhte volkswirtschaftliche Resilienz wurde bereits während der globalen Finanzkrise von 2008/2009 sichtbar, als die Zentralbanken vieler Schwellenländer erstmals die Leitzinsen senken und eine Währungsabwertung zulassen konnten, ohne das Risiko eines Staatsbankrotts einzugehen.

Höhere Wechselkursflexibilität während der Coronavirus-Krise

Die Währungspolitik der meisten Schwellenländer angesichts des Wirtschaftseinbruchs in den Jahren 2020 und 2021 war durch das Tolerieren oder sogar bewusste Herbeiführen deutlich stärkerer Abwertungen innerhalb eines Systems des "Managed Floating" gekennzeichnet. Dies kann als Fortsetzung eines Trends betrachtet werden, der durch den Abbau währungsinkongruenter Finanzierung erst ermöglicht wurde.

Das Medianvolumen der Netto-Devisenmarktinterventionen in der Stichprobe von 22 Schwellenländern ist von 1,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2010 auf 0,5 Prozent des BIP im Jahr 2020 gesunken und hat in den vergangenen acht Jahren 1 Prozent des BIP nie überschritten. Es kann auch ein Rückgang der Bandbreite der Devisenmarktinterventionen in dieser Ländergruppe beobachtet werden (siehe Abbildung 3). Es gibt Ausnahmen von dieser währungspolitischen Entwicklung, wie zum Beispiel die massiven Marktinterventionen, die die Tschechische Nationalbank in den Jahren 2015 bis 2017 durchführte. Dem Beispiel der Schweizerischen Nationalbank folgend versuchten die Tschechen so eine Währungsaufwertung zu verhindern, mussten dieses Experiment jedoch aufgrund des kaum tragbaren Aufbaus riesiger Währungsreserven einstellen.

Abbildung 3: Währungsinterventionen größerer Schwellenländer (Veränderungen der Devisenreserven, in Prozent des BIP) Quellen: IWF, IIF, Union Investment

Eine detailliertere Analyse der Devisenmarktinterventionen, die von Cespedes und De Gregorio (2021) durchgeführt wurde, bestätigt dieses Ergebnis. Sie zeigen, dass der Verlust an Devisenreserven einer vergleichbaren Gruppe von Schwellenländern zum Höhepunkt der Coronavirus-Krise im Durchschnitt etwa 5 Prozent des BIP betrug, während er während der globalen Finanzkrise von 2008 und 2009 einen arithmetischen Mittelwert von 15 Prozent des BIP erreicht hatte. Im Januar 2021 hatten die Devisenreserven der Schwellenländer ihr Vorkrisenniveau bereits wieder erreicht.

Die Anfangsphase der Coronavirus-Krise war durch einen starken Abwertungsdruck auf die Währungen der Schwellenländer gekennzeichnet, der durch allgemeine Risikoaversion und Kapitalabflüsse ausgelöst wurde. Insbesondere in dieser frühen Phase lösten die Zentralbanken einiger Schwellenländer in begrenztem Maße Devisenreserven auf, um Hartwährungsliquidität bereitzustellen. Die chilenische Zentralbank führte dabei einschränkend an, dass sie "Devisenmarktinterventionen zur Liquiditätsbereitstellung für unangebracht hält, außer in Zeiten akuten Stresses" (Silva 2021, eigene Übersetzung).

Deutlicher Kontrast zu vergangenen Vorgehensweisen

Die brasilianische Zentralbank verkaufte US-Dollar am Kassamarkt sowie über Derivate und stellte zudem Hartwährungsliquidität über Wertpapierpensionsgeschäfte in US-Dollar-denominierten brasilianischen Staatsanleihen bereit (Nechio und Serra Fernandes 2021). In Indonesien senkte die Zentralbank zudem die Mindestreserven auf Fremdwährungsaktiva der Geschäftsbanken (Warjiyo 2021). In anderen Ländern wie Thailand und Südafrika hielten sich die Zentralbanken jedoch vollständig von den Devisenmärkten fern.

In keinem Fall zielten diese Devisenmarktinterventionen jedoch auf das Beibehalten eines bestimmten Wechselkursniveaus ab. Vielmehr stellten sich die Zentralbanken der Schwellenländer grosso modo einer Währungsabwertung nicht in den Weg. Sie nahmen stattdessen Leitzinssenkungen in bislang unbekanntem Ausmaß vor, um den pandemiebedingten Einbruch der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage entgegenzuwirken. Hinzu kamen vielerorts erstmals großvolumige Wertpapierkäufe, wodurch die Zentralbanken der Schwellenländer sich am Vorbild der Federal Reserve und der EZB orientierten. Dieser geldpolitische Kurs gab einer Stabilisierung der Wirtschaftsaktivität eindeutig den Vorzug vor der Stabilisierung der Kapitalflüsse. Der Abwertungsdruck auf die Währungen der Schwellenländer wurde dadurch verstärkt, der Effekt wurde jedoch durch die nahezu zeitgleichen Zinssenkungen und Liquiditätsspritzen der Zentralbanken der globalen Finanzzentren abgefedert.

Diese beispiellos expansive Währungspolitik der Schwellenländer in Reaktion auf die Coronavirus-Krise steht in deutlichem Kontrast zu der prozyklischen Zentralbankpolitik der Vergangenheit. Dies wurde vor allem durch den Übergang zu einer währungskongruenten Finanzierung des Staates und der Privatwirtschaft in diesen Ländern ermöglicht. Die verstärkte Verfügbarkeit von Devisen-Swaps mit den Zentralbanken des Nordens, geringere Leistungsbilanzdefizite, höhere Bestände an Devisenreserven und eine gestärkte Kompetenzanmutung der Zentralbanken trugen ebenfalls dazu bei (English et at. 2021).

Zwei Fallbeispiele

Während die meisten Schwellenländer während der Corona-Krise eine effektive Geldpolitik betrieben und gleichzeitig die Finanzstabilität wahrten, versagte die Türkei in beiderlei Hinsicht. Das Land wies bereits zu Beginn der Krise zweistellige Inflationsraten und ein exzessives Kreditwachstum auf. Die Zentralbank entschied sich dennoch für aggressive Zinssenkungen, was den Kreditboom weiter befeuerte. Im Juni 2020 hatte die Inflation 12,6 Prozent erreicht und die Realzinsen waren auf minus 4,5 Prozent gesunken. Dies löste eine starke Abwertung der türkischen Lira aus, was wiederum die Inflation zum Ende des Jahres 2020 auf 15,6 Prozent ansteigen ließ.

Die Zentralbank warf Devisenreserven im Umfang von 4,4 Prozent des BIP auf den Markt, um die Kapitalflucht einzudämmen, konnte die Währung damit jedoch nicht stabilisieren - unter anderem, weil diese Devisenmarktinterventionen auf undurchsichtige Weise über die öffentlichen Banken abgewickelt wurden und vom Umfang her die Nettoreserven der Zentralbank überschritten (Kara 2021). Die türkische Zentralbank musste schließlich die Leitzinsen um 10,75 Prozentpunkte auf 19 Prozent erhöhen, um die Währung zu stabilisieren. Dieser vorübergehende Wechsel zu einer orthodoxen Geldpolitik gab Präsident Erdogan Anlass zur Ablösung des Zentralbankgouverneurs und die Währung befindet sich seither im freien Fall.

Gefahren des Managed Floating

Ausländische Investoren haben sich weitgehend aus dem türkischen Rentenmarkt zurückgezogen und inländische Haushalte und Unternehmen konvertieren ihre Ersparnisse in Fremdwährung, da die türkische Lira die Funktion der Wertaufbewahrung über die Zeit nicht mehr erfüllt. Diese Episode zeigt die Gefahren eines Wechselkurssystems des "Managed Floating", wenn es nicht von einem Mindestmaß an geld- und wirtschaftspolitischer Umsicht begleitet wird.

Am anderen Ende des Spektrums steht Chinas erfolgreicher Übergang zum "Managed Floating". Bereits im Frühjahr 2015 kündigte die chinesische Zentralbank ihren Plan an, "die Flexibilität des Renminbi-Wechselkurses weiter zu erhöhen und die Währungskonvertibilität auszubauen" (Zhou 2015, eigene Übersetzung). Als diese Ankündigung im August 2015 mit einer plötzlichen Abwertung und anschließendem kontrolliertem Floaten in die Tat umgesetzt wurde, führte dies zunächst zu einer Panik am Markt und verstärkten Devisenmarktinterventionen, zumal sich viele Unternehmen in Dollar verschuldet hatten.

Mit der Zeit haben sich die Marktteilnehmer jedoch an eine größere Wechselkursflexibilität gewöhnt. Die chinesische Zentralbank argumentiert nun, dass die Währung während der Corona-Krise "als automatischer Stabilisator der Volkswirtschaft und der Zahlungsbilanz gewirkt und die Autonomie von Chinas Geldpolitik verbessert hat" (Sun 2021, eigene Übersetzung). Zudem setzt sich die Zentralbank mittlerweile für größere Währungsschwankungen ein, um den Aufbau großer einseitiger spekulativer Positionen zu verhindern (Chinesische Volksbank 2021).

Ein Blick auf die Zukunft der Währungspolitik

Einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Währungspolitik fasst seine Erkenntnisse pointiert zusammen: "Die Examensfragen in der internationalen Volkswirtschaftslehre bleiben gleich, nur die Antworten ändern sich jedes Jahrzehnt" (Frankel 2009, eigene Übersetzung). Stanley Fischer gab vor 20 Jahren eine vielleicht etwas voreilige Antwort. Die von ihm präferierten Ecklösungen in der Währungspolitik konnten sich in den Schwellenländern zunächst nicht durchsetzen. Dafür gab es gute Gründe: Sehr feste Wechselkurse hätten die lange vorherrschenden Währungsinkongruenzen in der Finanzierung der Staaten und der Privatwirtschaft noch verstärkt, und sehr freie Wechselkurse wären aufgrund dieser Währungsinkongruenzen äußerst krisenanfällig gewesen.

Doch auch wenn Fischers Vorhersage sich als verfrüht erwies, könnte er mit seinen währungspolitischen Empfehlungen mittelfristig recht behalten. Da die meisten Schwellenländer sich mittlerweile vorrangig in ihren Landeswährungen finanzieren, verliert die Währungsstabilisierung im "Managed Floating" an Bedeutung. Noch vor wenigen Jahren standen die Zentralbanken der Schwellenländer in Wirtschaftsflauten meist vor der Wahl zwischen dem Teufel der Währungsabwertung, welche die Solvenz inländischer Schuldner bedrohte, und dem Beelzebub von Leitzinserhöhungen, welche den Abschwung verstärkten. Nun sind sie aufgrund größerer Finanzstabilität in der Lage, den Spieß umzudrehen. Sie können proaktiv die Geldpolitik lockern und müssen die Abwertung nicht mehr fürchten. Es deutet somit einiges darauf hin, dass die Währungspolitik zukünftig verstärkt auf flexible Wechselkurse setzen wird.

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Christian Kopf Head of Fixed Income, Union Investment Privatfonds GmbH, Frankfurt am Main
 
 
Christian Kopf , Head of Fixed Income, Union Investment Privatfonds GmbH, Frankfurt am Main

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