Wertpapier-Spezialfonds 2019: zweithöchste Mittelzuflüsse der Geschichte

Till Entzian, Foto: T. Entzian

Das Jahr 2019 war ein gutes Jahr für die Spezialfondsanbieter. Die Mittelzuflüsse erreichten mit 93 Milliarden Euro den zweithöchsten Zufluss in ihrer Geschichte. Laut dem Autor waren die Zuflüsse nur im Jahr 2015 noch höher. Gleichzeitig war es auch ein gutes Jahr für die Börsen, sodass das Nettofondsvolumen 2019 um 237 Milliarden Euro auf 1,723 Billionen Euro anstieg. Allerdings weist Entzian darauf hin, dass die Kapitalmarktentwicklung im laufenden Jahr negative Auswirkungen haben dürfte. Die höchsten Mittelzuflüsse verzeichnete der Markt 2019 von den Altersvorsorgeinstitutionen. Kreditinstitute hingegen führten im vergangenen Jahr per saldo keine Mittel zu, der Bestand stieg kapitalmarktbedingt dennoch leicht auf 166 Milliarden Euro an. Als Fazit sieht der Autor unverändert eine positive Bilanz für die Branche, die jedoch unverändert mit überbordender Regulierung zu kämpfen habe. (Red.)

Die Wertpapier-Spezialfondsgesellschaften können mit dem Berichtsjahr 2019 zufrieden sein, es reiht sich mit erfreulichen Mittelzuflüssen und ausgesprochen solidem Wachstum von 16 Prozent nahtlos in die positive Entwicklung der Vorjahre ein. Mit 93 Milliarden Euro erreichten die Mittelzuflüsse den zweithöchsten (2015: 107 Milliarden Euro) Betrag in der Spezialfondsgeschichte und damit übrigens die gleiche Summe, die 1989 das gesamte verwaltete Spezialfonds-Vermögen darstellte. 2019 kam den Spezialfonds zusätzlich ein starker Anstieg der Kapitalmärkte zugute, sodass das Nettofondsvolumen um 237 Milliarden Euro wuchs und am Jahresende 1 723 Milliarden Euro betrug.

zfgk_2020-16_entzian_abbildung01_vxl.jpg

Im Vorjahr hatten die Kapitalmärkte noch gegen die Spezialfonds und ihre Anleger gearbeitet, sodass 2018 von den 78 Milliarden Euro Nettomittelaufkommen nur ein Wachstum von 10 Milliarden Euro übrig geblieben war. Für das laufende Jahr 2020 zeichnet sich leider eine ähnlich negative Entwicklung wie 2018 ab. Zwar konnten die Spezialfonds bis Mai 2020 weitere Mittelzuflüsse in Höhe von 25 Milliarden Euro verzeichnen, ihr Volumen reduzierte sich im gleichen Zeitraum jedoch um 36 Milliarden Euro. Bis zum Jahresende werden sicherlich viele derzeit noch offene Fragen geklärt sein, sodass die Corona-bedingten Unsicherheiten keine Belastung mehr für die Aktienmärkte darstellen werden.

Außerdem können Zinserhöhungen durch die - zunehmend politisch gesteuerten - Zentralbanken mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, sodass der kurstreibende Anlagedruck auf längere Zeit bestehen bleiben wird. Höchstwahrscheinlich werden diese Aspekte die Schäden, die die Unternehmen durch Shut-Down-bedingte Umsatzausfälle erlitten haben, mehr als ausgleichen. Die Spezialfonds-Gesellschaften können sich also auch weiterhin auf steigende Volumina einstellen.

Spezialfonds bei Versicherungen und Pensionsfonds beliebt

Auch die Publikumsfonds konnten 2019 einen Zuwachs von sogar 17 Prozent verzeichnen. Das Nettomittelaufkommen betrug hier 6 Milliarden Euro und das verwaltete Fondsvolumen stieg von 378 auf 442 Milliarden Euro. Im laufenden Jahr hat sich hier die Corona-bedingte Unsicherheit jedoch stärker ausgewirkt: In den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres sind per Saldo keine Mittelzuflüsse erfolgt und dass Volumen ist marktbedingt auf 407 Milliarden Euro zurückgegangen.

Die von den Gesellschaften ebenfalls angebotene Verwaltung von Wertpapiervermögen außerhalb von Investmentfonds scheint weiterhin zur stagnieren. Nachdem das Volumen 2016 knapp über 400 Milliarden Euro gelegen hatte und bis Ende 2018 auf 350 Milliarden Euro zurückgegangen war, hat es 2019 trotz der guten Marktentwicklung den alten Höchstwert nicht mehr erreicht, sondern ist mit 392 Milliarden Euro knapp darunter geblieben. Die Nachfrage nach dieser Dienstleistung entwickelt sich also nicht im gleichen Maße, wie dies bei den Spezialfonds der Fall ist.

Die wichtigste Anlegergruppe, die Versicherungen und Pensionsfonds, verfügten Ende 2018 über ein Gesamtvermögen von 3,2 Billionen Euro. Hiervon waren 1,2 Billionen Euro in Anteilen an Investmentfonds investiert, also immerhin 38 Prozent und damit mehr als in jeder anderen Assetklasse. Vor zehn Jahren bevorzugten die Unternehmen noch direkt gehaltene Einlagen, die damals 33 Prozent des Gesamtvermögens ausmachten, während nur 24 Prozent in Investmentanteilen angelegt war. Natürlich wirkten sich die Marktrückgänge im März 2020 bei den Investmentanteilen auch stärker aus als in den übrigen Assetklassen.

Interessanterweise reduzierten sich die Investmentanteile mit 6 Prozent sogar etwas stärkere als die direkt gehaltenen Aktien, deren Bestände nur um 5 Prozent zurückgingen. Dies dürfte daran liegen, dass mit den direkt gehaltenen Aktien auch andere Beteiligungen ausgewiesen werden, welche nicht börsennotiert sind und deren Bewertung nicht unmittelbar mit dem Aktienmarkt korreliert.

Bestand der Lebensversicherer um 9 Milliarden Euro gesunken

Von den 1,2 Billionen Euro entfallen 137 Milliarden auf Spezialfondsanteile, die von Lebensversicherungen gehalten werden. Gegenüber dem Jahr 2018 ist dies allerdings ein leichter Rückgang um 9 Milliarden Euro, obwohl die Lebensversicherungen 2019 für 7,4 Milliarden Euro neue Anteile erworben haben. Diese Zahlen deuten auf relativ hohe Ausschüttungen hin, die den Wert der Anteile mindern und nicht von allen Gesellschaften als Mittelrückflüsse zur Statistik gemeldet werden.

Weitere 440 Milliarden Euro entfallen auf andere Versicherungsunternehmen, insbesondere Rückversicherungen. Hier ist ein Zuwachs von 74 Milliarden Euro zu beobachten, wovon 15 Milliarden Euro auf Mittelzuflüsse zurückzuführen sind.

Private Organisationen ohne Erwerbszweck überraschen

Die höchsten Mittelzuflüsse werden derzeit in der Gruppe der Altersvorsorgeeinrichtungen erzielt. Wie im Jahr 2018 investierten diese 30 Milliarden Euro zusätzlich in Anteile an Wertpapierspezialfonds und erreichten zum Ende 2019 ein Nettoanlagevermögen von 447 Milliarden Euro, ein Plus von 66 Milliarden. Überraschend hohe Mittelzuflüsse von 25 Milliarden Euro kamen von privaten Organisationen ohne Erwerbszweck, das sind unter anderem private Stiftungen und Gesellschaften des bürgerlichen Rechts ohne Erwerbszweck sowie Kirchenstiftungen und sonstige Stiftungen öffentlichen Rechts der Organisationen ohne Erwerbszweck. Das in Spezialfonds gehaltene Vermögen diese Anleger stieg dadurch von 85 auf 104 Milliarden Euro an.

Von den Kreditinstituten kamen dagegen per saldo keine neuen Mittelzuflüsse, sodass sich der Wert ihrer Spezialfondsanteile lediglich marktbedingt von 151 auf 166 Milliarden Euro etwas erhöhte. Immerhin investieren die Kreditinstitute in den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres 2 Milliarden Euro zusätzliche Mittel.

Allianz unangefochtene Nummer eins

Durch die Kursverluste im März 2020 erlitten fast alle Anlegergruppen Kursverluste im Bereich von bis zu 5 Prozent. Lediglich bei den sonstigen Finanzintermediären ist auch in diesem kritischen Zeitraum ein leichter Zuwachs um eine halbe Milliarde auf 27,8 Milliarden zu beobachten, wobei diese Anlegergruppe allerdings gleichzeitig eine ganze Milliarde Euro neue Mittel zugeführt haben.

zfgk_2020-16_entzian_abbildung02_vxl.jpg

Unter den Anbietern von institutionellen "Administration- und Portfoliomanagement-Dienstleistungen ist die Allianz unverändert die Gesellschaft mit den fast in jeder Hinsicht größten verwalteten Volumina. Insgesamt weist die Gesellschaft zum Jahresende 2019 ein Volumen von 661 Milliarden Euro aus, wovon 258 Milliarden Euro auf die reine Administration, 181 Milliarden Euro auf das reine Portfoliomanagement und 223 Milliarden Euro auf die Kombination beider Dienstleistungen entfallen.

Übertroffen wird die Allianz lediglich von einer Gesellschaft, und das nur in einer Disziplin: Im Bereich der reinen Administration weist die Universal Investment mit 303 Milliarden Euro ein noch höheres Volumen aus und erreicht damit weiterhin den zweiten Platz auf der Rangliste vor - wie bereits im Vorjahr - der HSBC. In diesen beiden Gesellschaften ist erkennbar, dass die Konzentration auf die reine Administration, also auf das Master-KAG-Geschäft, eine gute Entscheidung gewesen ist. Beide Gesellschaften verfügen nicht über die starke Vertriebskraft, von der die zu einer Großbank oder zu einem Verbund gehörenden Wettbewerber profitieren können und wären bei einem Festhalten an das klassische Spezialfondsgeschäft (Administration und Portfoliomanagement aus einer Hand) kaum in der Lage gewesen, die vorhandenen Volumina zu erreichen.

zfgk_2020-16_entzian_abbildung03_vxl.jpg

Einige Änderungen in der Marktrangliste der Spezialfonds

Im übrigen Feld der Mitbewerber haben sich einige Änderungen in der Rangliste ergeben. Hervorzuheben ist die Warburg Invest, die zum Jahreswechsel 2018/2019 die Nord LB Asset Management übernommen hat und jetzt ein Gesamtvolumen von 34 Milliarden Euro betreut. Der größte Teil hiervon, nämlich 27 Milliarden Euro, entfällt auf das klassische Spezialfondsgeschäft, das heißt, die Warburg Invest liefert hier sowohl das Portfoliomanagement als auch die Administration. Durch den Zusammenschluss hat sich die Warburg Invest vom unteren Bereich um neun Plätze nach vorn geschoben und steht jetzt auf Rang 15. Bei insgesamt 49 Kapitalverwaltungsgesellschaften mit der Befugnis zur Auflegung offener Wertpapier-Investmentfonds und 36 Gesellschaften, die derzeit Spezialfonds aufgelegt haben, wird es immer wieder einmal einen Zusammenschluss oder eine Veräußerung geben.

Die bereits in den 90er Jahren vorhergesagte große Konsolidierungswelle ist jedoch bis heute nicht eingetreten, und auch dieser Zusammenschluss hat seine Ursache nicht im Investmentfondsgeschäft, sondern in Themen, die auf Ebene der Muttergesellschaft spielen. Um sechs Plätze hat sich die Generali Investments verbessert, das Volumen des institutionellen Asset Management der Gesellschaft stieg von 33 Milliarden Euro auf 132 Milliarden Euro. Hiervon entfallen 116 Milliarden Euro auf die Verwaltung von Vermögen außerhalb von Spezialfonds. Der stark gestiegene Ausweis ist auf eine Umstrukturierung innerhalb des Konzerns zurückzuführen, im Verlaufe dessen entsprechende Volumina der deutschen Zweigniederlassung zugeordnet wurden. Eine Sonderstellung nimmt die Gesellschaft insofern ein, als sie praktisch nur das klassische Geschäft anbietet, bei dem Portfoliomanagement und Administration in ein und derselben Hand liegen. Deutlich weniger als ein Prozent des ausgewiesenen Gesamtvermögens werden durch externe Portfoliomanager verwaltet.

Schwerpunkt in Richtung Master-KAG verschoben

Gegenüber 2018 ist die Helaba Invest um drei Plätze nach unten gerückt und steht jetzt an der achten Stelle mit einem in der einen oder anderen Weise betreuten Vermögen von 127 Milliarden Euro (Vorjahr: 113 Milliarden Euro). Hiervon entfallen 75 Milliarden Euro auf die reine Administration und nur 4 Milliarden Euro auf das reine Portfoliomanagement, sodass sich der Schwerpunkt auch bei dieser Gesellschaft in Richtung Master KAG verschiebt.

Auch Metzler musste letztes Jahr drei Plätze abgeben und steht jetzt hinter der LBBW und der MEAG mit einem Volumen von 70 Milliarden Euro als Nummer 13 auf der Liste.

Hinter der State Street Global Advisors, die ihr Vermögen von 17 Milliarden Euro auf über 20 Milliarden Euro steigern konnte, die aber unverändert auf Platz 17 der Tabelle steht, folgen die Invesco und die Ampega Investment, die sich um zwei beziehungsweise drei Plätze verbessern konnten.

Neu ins Blickfeld gerückt ist die DJE Gruppe mit knapp 5 Milliarden Euro, wovon 3,5 Milliarden im Bereich des reinen Portfoliomanagements angesiedelt sind und 1,5 Milliarden zusätzlich administriert werden.

Die Zusammensetzung des Fondsvermögens zeigt deutlich den Zuwachs der Aktienbestände im Verlauf des Jahres 2019 sowie den Einbruch der Aktienmärkte im März 2020, der in den anschließenden zwei Monaten noch nicht wieder aufgeholt werden konnte. Der Anteil der direkt gehaltenen Aktien in der Asset Allocation betrug Ende 2020 14,1 Prozent, worin die traditionell sehr geringe Risikoneigung der institutionellen Anleger deutlich wird. Dabei entfielen lediglich 2,1 Prozent auf inländischen Aktien, 4,1 Prozent auf Unternehmen aus anderen EWU-Ländern und der größte Anteil in Höhe von 7,9 Prozent auf Länder außerhalb der EWU. Die Bestände aus Nicht-EWU-Ländern haben sich dementsprechend auch am stärksten reduziert, nämlich um 30 auf 117 Milliarden Euro. Relativ betrachtet sind die inländischen und die EWU-Aktien mit 25 Prozent noch stärker zurückgefahren worden, ihre Bestände beliefen sich im März noch auf 30 beziehungsweise 57 Milliarden Euro. Auch hier wurde ein Teil der Verluste bis Mai 2020 wieder aufgeholt.

zfgk_2020-16_entzian_abbildung04_vxl.jpg

Wert der Zielfonds gesunken

Seit etwa fünf Jahren sind gut 20 Prozent der Spezialfonds in Anteilen an Zielfonds investiert, ohne dass sich diese Quote seither wesentlich geändert hätte. Im Verlauf des Jahres 2019 stieg der Wert dieser Zielfondsanteile von 377 Milliarden Euro auf 440 Milliarden Euro. Vom allgemeinen Kurseinbruch im März 2020 war diese Assetklasse deutlich weniger betroffen als die Aktiendirektbestände. Der Wert der Zielfonds reduzierte sich lediglich um 10 Prozent auf 394 Milliarden Euro.

Anstehende Themen für die Spezialfondsbranche

Die beschriebenen Reduzierungen der Aktien- und Zielfondsbestände sind dabei nicht ausschließlich durch die Entwicklung der Wertpapiermärkte zu erklären, sondern beruhen teilweise auch auf Umschichtungen der Fondsmanager. Diese haben die Bankguthaben, die Ende 2019 noch bei 3,2 Prozent standen, bis Ende März des laufenden Jahres auf 5,6 Prozent (97 Milliarden Euro) des Gesamtvolumens erhöht.

An neuen Themen, die bearbeitet und in geeignete Prozesse umgesetzt werden müssen, hat es den Spezialfondsgesellschaften in den letzten Jahren und Jahrzehnten nicht gemangelt, und nachdem alle in dieser Zeit neu gegründeten Gremien und Behörden weiterhin Bestand haben und permanent neue Ideen und Regelungen entwickeln, wird es auch künftig an solchen Themen nicht mangeln. Aktuell wird von der EU-Kommission das Thema der Nachhaltigkeit in den Vordergrund geschoben. An sich ist die Frage, wie wir mir den begrenzten Ressourcen des Planeten so schonend umgehen, dass noch möglichst viele Generationen nachfolgen können, die vordringlichste Frage überhaupt. Und an sich ist die Idee einer nachhaltigen Bewirtschaftung auch die richtige Lösung. Ursprünglich wurde der Begriff von Waldbauern entwickelt und besagt, dass dem Wald nicht mehr Holz entnommen wird, als in der gleichen Zeit nachwächst. Hätten die Griechen diesen Grundsatz berücksichtigt, als sie in der Antike ihre Flotten bauten, wären ihre Küsten nicht kahl, sondern immer noch von dichten Wäldern gesäumt. Übertragen auf den globalen Klima- und Umweltschutz müsste man eigentlich überlegen, durch welche konkreten Maßnahmen dem Menschen an sich in seiner Eigenschaft als dem gefährlichsten Ressourcen-Verschwender schlechthin Einhalt geboten werden kann.

zfgk_2020-16_entzian_abbildung05_vxl.jpg

Druck der Öffentlichkeit und der Kapitalmärkte

Die europäische Bürokratie hat jedoch einen anderen Weg vorgesehen, der allen Beteiligten erlaubt, sich als Umweltretter darzustellen, ohne irgendjemanden schmerzhafte Einschränkungen zuzumuten, und der vor allem unangenehme Themen wie die Bevölkerungsentwicklung und die Sinnhaftigkeit von Maßnahmen wie die chinesische Ein-Kind-Politik ausklammert. Vorgesehen ist, dass sämtliche Unternehmen ihre Aktivitäten künftig nach einer von der EU entwickelten "ESG-Taxonomie" im Hinblick auf ihre Nachhaltigkeit bezogen auf Ökologie, soziale Themen und Governance analysieren und die Ergebnisse veröffentlichen.

Investmentfonds und andere Investoren sollen sich von diesen Taxonomie-Ergebnissen leiten lassen und veröffentlichen, wie stark sie ihre Anlageentscheidungen danach ausrichten. Die Hoffnung ist dann, dass die Unternehmen wegen des zu erwartenden Drucks der Öffentlichkeit und der Kapitalmärkte nachhaltiger als bisher wirtschaften. Nun hat bereits der erste Bericht der Expertenkommission der Europäischen Union zur geplanten Taxonomie über 600 Seiten und beschäftigt sich nur mit zwei der sechs definierten ökologischen und noch mit keinem der sozialen und keinem der Governance-Themen.

zfgk_2020-16_entzian_abbildung06_vxl.jpg

ESG-Taxonomie als Trojanisches Pferd der Lobbygruppen

Bereits hier wird ersichtlich, welche Papierflut auf die Unternehmen zurollen und welcher Aufwand auch bei den regulierten Kapitalanlegern entstehen wird. Außerdem ist zu erwarten, dass vielfältige Interessengruppen ihre Themen dort leicht werden unterbringen können. Immerhin stammt das Holz für die europäische Papierflut heute überwiegend aus nachhaltiger Forstwirtschaft, während die Mittelmeerküste auch an der Stelle, an der das Holz für das Trojanische Pferd geschlagen wurde, immer noch kahl ist. Aber welche vielfältigen Themen werden die Lobbygruppen mithilfe der ESG-Taxonomie in die Entscheidungszentralen der Unternehmen und Investoren schmuggeln können und werden die Unternehmen das Schicksal Trojas teilen, wenn sie jedes Modethema bereitwillig eindringen lassen?

Für die Investmentbranche stellt das Thema dagegen nur eine weitere regulatorische Herausforderung dar, die sie den Anlegern abnehmen kann, und die selbstverständlich zu bewältigen ist, wenn man die notwendigen Kapazitäten schafft.

Spezialfonds unentbehrlich für institutionelle Anleger

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Ausblick für die Wertpapierspezialfondsgesellschaften unverändert positiv ist. Den Herausforderungen durch politisch beeinflusste Märkte und überbordende Regulierungen, denen sich die Branche gegenübersieht, sind natürlich kein Grund zum Jubeln, bieten aber vor allem die Chance, das Instrument des Spezialfonds für die institutionellen Anleger noch unentbehrlicher zu machen, als es bereits heute ist.

Till Entzian Rechtsanwalt und Notar, Frankfurt am Main
Till Entzian , Rechtsanwalt und Notar, Frankfurt am Main

Weitere Artikelbilder

Noch keine Bewertungen vorhanden


X