Westfälisch-lippische Sparkassen in der Corona-Krise

Prof. Dr. Liane Buchholz, Foto: Sparkassenverband Westfalen-Lippe

In ihrem Beitrag geht die Präsidentin des Sparkassenverbands Westfalen-Lippe zunächst darauf ein, dass die aktuelle Lage für Sparkassen auch schon ohne Pandemien mehr als herausfordernd ist - der Geldpolitik sei Dank. Sie zieht daraus den Schluss, dass den einzelnen Sparkassen jetzt noch mehr als vorher nur ein Ausweg aus den erodierenden Erträgen bleibt: Die Unabhängigkeit vom Zins ausbauen durch eine breitere Provisionsbasis und gleichzeitig weiter hart an der Kosteneffizienz zu arbeiten. Auf übergeordneter Ebene in der Sparkassen-Finanzgruppe ruft die Autorin dazu auf, die Krise gerade als Chance zu nutzen, das Projekt Spitzeninstitut durchzuziehen und nicht auf "die lange Corona-Bank" zu schieben. Aber auch in anderen Bereichen appelliert sie, die Konsolidierungsfragen im Verbund zu lösen. Zielmodell soll ihrer Meinung nach sein, dass es bei den Sparkassen für jeden Geschäftsvorfall nur noch jeweils einen Prozess geben sollte. (Red.)

Die Zeiten für Kreditinstitute waren schon vor der Corona-Krise anspruchsvoll genug: Der Null- und Minuszins machte Druck auf die Erträge, die Regulierung verschlang immense personelle Kapazitäten und zudem standen Faktoren wie der Brexit und die weltweiten Handelskonflikte als schwer kalkulierbare Risiken auf dem Zettel.

Der Sparkassenverband Westfalen-Lippe (SVWL) nahm das Corona-Virus als weiteres Risiko bereits öffentlich mit auf die Agenda, als das Thema für Deutschland scheinbar noch keine Bedeutung hatte - nämlich zu seiner Jahrespressekonferenz am 17. Februar dieses Jahres.

Corona war zu dem Zeitpunkt noch weit davon entfernt, eine pandemische Bedrohung zu sein. Weder in Großbritannien noch in Italien noch in Spanien wurden zu dem Zeitpunkt alarmierende Infektionszahlen gemeldet. Deutschland hatte in Europa die meisten nachgewiesenen Fälle. Und das waren gerade einmal 16. In China jedoch wurden bereits 811 Tote gemeldet und damit klargestellt, dass das Corona-Virus schon mehr Todesopfer gefordert hatte als die SARS-Epidemie in den Jahren 2002 und 2003.

Frühzeitig vorbereitet

Als am 15. Februar 2020 der erste Corona-bedingte Todesfall in Europa auftrat, war der Fall für den SVWL klar: In der Jahrespressekonferenz am besagten 17. Februar 2020 wurde Corona als Risiko für die Geschäftsentwicklung der Sparkassen in Westfalen-Lippe klassifiziert.

Es sollte zwar noch ein ganzer Monat vergehen, ehe das Robert-Koch-Institut am 17. März 2020 das gesundheitliche Risiko für die deutsche Bevölkerung als "hoch" einstufte. Westfälisch-lippischen Sparkassen lagen zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits Notfallpläne vor, nach denen sie den Geschäftsbetrieb in einem improvisierten Rahmen optimal gestalten konnten, um die in der Corona-Krise nötigen Leistungen zu erbringen.

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Die organisatorischen Herausforderungen hatten es in sich: Geschäftsstellen waren an einer ganzen Reihe von Standorten zu schließen, während sich gleichzeitig der Beratungsbedarf von Privat- und Firmenkunden in Notlagen geradezu explosionsartig vermehrte. Tausende Mitarbeiter wurden quasi über Nacht im Homeoffice tätig. Trotz der umfangreichen Schutzmaßnahmen liefen alle Systeme stabil und das Kreditgeschäft erfolgte selbst bei größter Auslastung geordnet. Die Sparkassen in Westfalen-Lippe waren zur Stelle, wenn Kunden in Liquiditätsengpässen steckten und haben alles Menschenmögliche getan, um den entsprechenden Finanzierungsbedarf zu sichern. Um das einmal in Zahlen zu fassen:

- Allein mit Firmenkunden wurden jeden Tag rund 4 000 und seit Beginn der Corona-Krise insgesamt 180 000 Beratungsgespräche geführt.

- In knapp 107 000 Fällen zahlten die westfälisch-lippischen Sparkassen Soforthilfe in Höhe von insgesamt 1,1 Milliarden Euro aus.

- Bei rund 19 000 gewerblichen Krediten und mehr als 21 000 privaten Darlehen gewährten sie Stundungen in Höhe von insgesamt 325 Millionen Euro.

- Hinzu kamen rund 3 400 KfW-Kredite mit einem Gesamtvolumen von 1,2 Milliarden Euro, die über westfälisch-lippische Sparkassen als Hausbank beantragt wurden.

Einmal mehr konnten die Sparkassen sich als Retter in der Not erweisen. Sie verschafften zahlreichen Unternehmen wichtige Zeit, die so erst einmal über das Schlimmste hinwegkommen und die erste Phase der Corona-Krise überstehen konnten. Eindrucksvoller als je zuvor stellten die Sparkassen in Westfalen-Lippe damit auch unter Beweis, dass sie das Vertrauen ihrer Kunden verdienen.

Aus einer anderen Perspektive erhellt die Geschäftsentwicklung, was die westfälisch-lippischen Sparkassen in der Corona-Krise geleistet haben: Die Neuzusagen für Kredite an Unternehmen und Selbstständige haben im April im Vergleich zum Vorjahresmonat um mehr als 80 Prozent zugelegt - von etwa 740 Millionen Euro auf mehr als 1,3 Milliarden Euro. Insgesamt war bei den Zusagen für Kredite über alle Kundengruppen hinweg ein Anstieg um 46 Prozent von 1,4 auf 2,1 Milliarden Euro zu verzeichnen.

Auf die Einlagen bei den westfälisch-lippischen Sparkassen hat der Lockdown noch stärker eingewirkt. Erstens, weil die Menschen weniger Möglichkeiten hatten, überhaupt wie gewohnt Geld auszugeben - sei es für Autos, Reisen, neue Möbel und Bekleidung oder für Restaurantbesuche. Zweitens, weil viele finanzielle Hilfsleistungen auf den Konten der Sparkassenkunden landeten. Beide Effekte zusammen haben die Einlagen in exorbitante Höhen katapultiert.

Für Kreditinstitute ist es in Zeiten des Minuszinses natürlich kein Grund zum Jubeln, wenn die Einlagen steigen. Aber es zeigt das Vertrauen, das die Sparkassen in Westfalen-Lippe bei den Menschen genießen. Und es unterstreicht ihre wichtige Bedeutung.

Im April dieses Jahres haben die Einlagen jeden Werktag um 130 Millionen Euro zugenommen. Und schon nach lediglich drei Werktagen waren mehr Einlagen zusammengekommen als in den ersten 13 Wochen dieses Jahres insgesamt. Summa summarum handelt es sich um einen Anstieg in Höhe von rund 2,6 Milliarden Euro. Das war ein Plus von sensationellen 183 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat.

Sicher sind das beeindruckende Zahlen. Es nimmt sich da schon fast wie eine Marginalie aus, dass auch die Digitalisierung durch die Corona-Situation teils einen Schub erfahren und neue Höhen erklommen hat. Beispielsweise boomt das kontaktlose Zahlen. Die entsprechenden Umsätze sind bei den westfälisch-lippischen Sparkassen von 316 Millionen Euro im Januar dieses Jahres auf 586 Millionen Euro im Mai gestiegen.

Es mag sich der Eindruck aufdrängen, dass es eine Situation wie in den zurückliegenden Monaten noch nicht gegeben hat. Aber die Geschichte gibt eine andere Auskunft: Sei es im vergangenen Jahrhundert, als 1918 die spanische Grippe ausbrach und nach Schätzungen etwa 50 Millionen Menschen das Leben kostete; sei es der Ausbruch des indonesischen Vulkans Tambora im Jahr 1815, dessen Intensität ein Jahr ohne Sommer auslöste, was zur schlimmsten Hungersnot des 19. Jahrhunderts führte; oder seien es die zahlreichen Kriege wie der Dreißigjährige Krieg im 17. Jahrhundert - wie weit man auch zurückblättert: Seuchen und Kriege gehören zur Geschichte, wie der Mensch selbst.

Riesiger Rettungschirm

Neu und noch nie dagewesen ist allerdings der Umgang mit einer solchen Krisensituation, wie sie das Corona-Virus mit sich gebracht hat. Die Politik in Deutschland hat einen Rettungsschirm aufgespannt, der auf der ganzen Welt seinesgleichen sucht: Er umfasst Sofortmaßnahmen in Höhe von rund 457 Milliarden Euro, Stundungen mit einem Volumen von 251 Milliarden Euro sowie weitere Liquiditäts- und Garantiemaßnahmen von 933 Milliarden Euro. Damit wurden 48 Prozent des deutschen Bruttoinlandprodukts (BIP) bereitgestellt, um Deutschland aus dem Lockdown zurückzuführen zu einer pulsierenden Wirtschaftsnation.

Das ist weit mehr als andere Länder zur Verfügung gestellt haben: Frankreich mobilisiert lediglich 26 Prozent seines BIP, Großbritannien 22 Prozent, die Niederlande 15 Prozent, die USA 14 Prozent und Spanien 12 Prozent. Lediglich Italien erreicht mit 44 Prozent eine vergleichbare Größenordnung wie Deutschland. Deutschland verschafft sich selbst also beste Voraussetzungen, um seine starke Position im globalen Wettbewerb zu behaupten und weitere Marktanteile zu gewinnen.

Schon für das kommende Jahr erwartet das Bundeswirtschaftsministerium im Rahmen der Aufholjagd einen Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt in Höhe von 5,2 Prozent. Das wäre das höchste Wachstum seit mindestens 30 Jahren.

Und auch bei seiner Verschuldung schneidet Deutschland bestens ab. Der Anstieg des Schuldenstandes wird hierzulande voraussichtlich 20 Prozentpunkte betragen. Die deutsche Staatsverschuldung steigt damit auf 79 Prozent des Bruttoinlandsprodukts - und das ist weit von früheren traurigen Rekorden entfernt. Die zukünftige Entschuldung ist bereits heute eingepreist. Denn Minuszins bedeutet nichts anderes, als dass der Bund weniger zurückzahlen muss, als er heute an Schulden aufnimmt.

Über eines können alle diese guten Perspektiven und Erfolgsmeldungen jedoch nicht hinwegtäuschen: Es hat sich nicht das Geringste daran geändert, dass die Sparkassen - nicht nur in Westfalen-Lippe - vor den schwersten Jahren ihrer Geschichte stehen und hoch konzentriert an ihrer Zukunftsfestigkeit arbeiten müssen. Die geldpolitischen Rahmenbedingungen stehen infolge der Corona-Krise zwar nicht mehr im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Von ihrer Unerbittlichkeit haben sie jedoch auch in der Corona-Krise absolut rein gar nichts eingebüßt. Das wird deutlich, sobald man den Blick auf die Erträge und Ertragsprognosen der SVWL-Mitgliedsinstitute richtet.

Vor dem Ausbruch der Corona-Krise hat das Jahr 2019 die letzten aussagekräftigen Zahlen zur Entwicklung der westfälisch-lippischen Sparkassen geliefert. Es war ein sehr wachstumsstarkes Jahr. Insgesamt stiegen die Kundenkredite um 4,2 Prozent auf 97,5 Milliarden Euro, die Kundeneinlagen um 4,6 Prozent auf 103,6 Milliarden Euro und die kumulierte Bilanzsumme erreichte nach einem Anstieg von 4,2 Prozent insgesamt 140,3 Milliarden Euro und ist nunmehr die höchste aller Zeiten.

Zinsunabhängigkeit wünschenswert

Entgegen allen positiven Entwicklungen ging das Betriebsergebnis vor Bewertung erwartungsgemäß zurück, und zwar um 32 Millionen Euro von 0,92 Prozent auf 0,87 Prozent der durchschnittlichen Bilanzsumme.

Mit diesen Werten waren die westfälisch-lippischen Sparkassen in das Jahr 2020 gestartet, als es wenig später zur Corona-Krise kam und sich der Lockdown auf die Geschäftsentwicklung auswirkte - und dies im Bereich vor Bewertung vor allem beim Provisionsüberschuss, wie sich in der Rentabilitätsvorschau per April 2020 zeigte. Er fiel gegenüber der Standardisierten Hochrechnung vom Februar um 29 Millionen Euro geringer aus und erreichte 0,65 Prozent der Durchschnittlichen Bilanzsumme.

Das Betriebsergebnis vor Bewertung verlor rund 23 Millionen Euro und lag bei 0,75 Prozent der Durchschnittlichen Bilanzsumme (DBS) beziehungsweise 1,07 Milliarden Euro. Voraussichtlich haben sich zahlreiche westfälisch-lippische Sparkassen erneut auf ein sinkendes Ergebnis einzustellen. Überdies gilt es, hinsichtlich der weiteren Wertentwicklung im Kreditgeschäft wachsam zu sein.

Es ist ja nichts Neues, dass die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank für deutsche Kreditinstitute das reinste Ertrags-Bashing ist. Umso eindringlicher stellt sich die Frage, wie die Erträge gesteigert werden können, um die Sparkassen zukunftsfest zu machen?

Nun kann man sich natürlich an die Hoffnung klammern, dass sich die Geldpolitik in Europa ändert und die Prognosen auf einen steigenden Zins abstellen. Das Prinzip Hoffnung ist jedoch nicht der Weg, den die westfälisch-lippischen Sparkassen zu gehen pflegen. Vielmehr ist es nach wie vor ratsam, eine Zinsunabhängigkeit anzustreben, um jeglichem Zinsdilemma zu entkommen.

Die Schlüsselworte lauten Wachstum und Effizienz. Provisionsüberschuss und ordentlicher Aufwand sind bestens geeignet, um die westfälisch-lippischen Sparkassen betriebswirtschaftlich weiter voranzubringen und die Erträge zu steigern.

Aktuell beträgt der Provisionsüberschuss bei den westfälisch-lippischen Sparkassen 0,65 Prozent der DBS und bietet noch reichlich Spielraum nach oben. Ein dauerhafter Provisionsüberschuss von 1,00 Prozent der DBS ist bei entsprechender Marktbearbeitung und wirksamen Verbundstrategien ohne Weiteres möglich. Das mag für Sparkassen-Verhältnisse zwar ein durchaus anspruchsvolles Ambitionsniveau sein. Aber aus der Luft gegriffen ist das nicht, wie drei westfälisch-lippische Sparkassen bereits zeigen. Alle drei haben an ihrem Provisionsergebnis gearbeitet und sich seit etwa 2013 deutlich gesteigert. Jetzt liegen sie tatsächlich schon da, wo alle anderen erst hinmüssen - nämlich bei Werten um das angestrebte eine Prozent der DBS.

Es gibt bei den Sparkassen in Westfalen-Lippe und ihren Verbundpartnern zahlreiche Ertragspotenziale. Wenn man die einzelnen Positionen einmal zusammenrechnet, wird man beim Blick in die Zukunft insgesamt schon etwas gelassener. Summa summarum ergeben sich Potenziale für Mehrerträge in Höhe von einer halben Milliarde Euro - und das Jahr für Jahr.

Gute Leistung kostet Geld. Selbst Direktbanken verabschieden sich zusehends von dem Modell des Girokontos als kostenloses Give-away. Überdies waren Kreditinstitute in Deutschland in puncto Provisionen bislang vielleicht generell ein wenig zu zurückhaltend. Im Privatkundengeschäft verdienen sie im Schnitt lediglich 160 Euro pro Kunde und Jahr. In Italien oder beispielsweise den Niederlanden liegt der Vergleichswert bei 300 Euro und in der Schweiz sind es sogar 450 Euro.

Engagierte Sparkassen nötig

In Sachen Effizienz und ordentlicher Aufwand gibt es ähnlich vielversprechende Möglichkeiten: Eine westfälisch-lippische Sparkasse lag mit ihrem ordentlichen Aufwand vor zehn Jahren noch bei rund 1,8 Prozent der DBS. Damit entsprach sie in etwa dem Durchschnitt aller Sparkassen in Westfalen-Lippe. Seitdem aber hat sie diese Quote kontinuierlich verbessert. Für das Jahr 2019 lag ihr ordentlicher Aufwand bei exakt 0,98 Prozent der DBS.

Unter allen deutschen Sparkassen von Flensburg bis Garmisch und von Aachen bis in die Oberlausitz schneidet keine einzige beim ordentlichen Aufwand besser ab. Die Sparkassen in Westfalen-Lippe haben in ihren Reihen also einen deutschen Meister. Diese Beispiele belegen, dass eine Zinsunabhängigkeit grundsätzlich erreichbar ist. Es ist jedoch erforderlich, dass jede einzelne Sparkasse vor Ort sich auch sehr engagiert in eigener unternehmerischer Verantwortung darum kümmert. Zielbild muss die "schlanke, kundenzentrierte Sparkasse" sein, die sich im Wesentlichen auf Vertrieb und Steuerung konzentriert. Standardisierung ist das Zauberwort. Zielmodell muss sein, dass es für jedes Verbundangebot nur noch einen Verbundanbieter gibt und für jeden Geschäftsvorfall nur noch jeweils einen Prozess.

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Den westfälisch-lippischen Sparkassen bleibt gar nichts anderes übrig, als an den Themen Wachstum und Effizienz zu arbeiten, um ihre Erträge zu steigern. Schließlich haben sie einen öffentlichen Auftrag zu erfüllen.

Zusammenhalt ist das Gebot der Stunde. In diesen schweren Zeiten setzen sich die westfälisch-lippischen Sparkassen nicht nur mit großem Engagement dafür ein, Menschen und Unternehmen in Not durch die Krise zu helfen. Sie stehen in diesen Zeiten auch eng an der Seite ihrer kommunalen Träger. Mehr denn je werden sie ihren Fokus auf das Wohlergehen der Region richten und alles in ihrer Kraft stehende tun, um dafür ihren Beitrag zu leisten - einerseits, was ihren Anspruch an das eigene Wirtschaften angeht. Andererseits aber vor allem auch, was ihr Einwirken auf die weitere Entwicklung bei den Verbundunternehmen in der Sparkassen-Finanzgruppe anbelangt.

Das betrifft vor allem Landesbanken. Es ist nicht richtig, das Projekt Spitzeninstitut auf die endlos lang erscheinende Corona-Bank zu schieben. Genau jetzt in dieser Krise ist der richtige Zeitpunkt gekommen, um sich um die Zukunftsfähigkeit der Sparkassen-Finanzgruppe zu kümmern. Wenn nicht jetzt, wann dann? Nie war die Einsicht in die Veränderungsnotwendigkeit bei allen Beteiligten so hoch. Konsolidierungsfragen im Verbund müssen jetzt diskutiert und gelöst werden. Die Interessen der Sparkassen sind Primärinteressen. Und nur sie können die Richtschnur für das weitere Handeln sein. Es ist notwendig, hier einiges in Gang zu setzen.

Auf dem Sektor der öffentlichen Versicherer ist bereits ein neues Kapitel in der Sparkassengeschichte aufgeschlagen: So wie es jetzt aussieht, bekommt die Sparkassen-Finanzgruppe durch die Fusion von Provinzial Nordwest und Provinzial Rheinland einen mächtigen und zukunftsfesten Versicherer mit Prämieneinnahmen von über sechs Milliarden Euro. Er wird von Anfang an zu den Top Ten der deutschen Assekuranz gehören.

Konsolidierung bei den öffentlichen Versicherern

Das ist ein Meilenstein und darf mit Recht als historisch bezeichnet werden - für die deutsche Assekuranz, die im letzten Jahrzehnt keine vergleichbare Fusion erlebt hat; aber auch für die gesamte Sparkassenorganisation und besonders für die westfälisch-lippischen Sparkassen. Fünf Anläufe hat es in den letzten 25 Jahren gegeben, um die beiden Provinzial-Versicherer zu fusionieren. Es wurde Zeit, dass es nun gelungen ist.

Mit der Fusion ändert sich die Landschaft der öffentlichen Versicherer. Das Vertriebsgebiet der Provinzial erstreckt sich über fünf Bundesländer - nämlich Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Diese Länder stehen für rund 28 Millionen Einwohner. Das ist gut ein Drittel der deutschen Bevölkerung.

Von elf öffentlichen Erstversicherern bleiben nach der Fusion zwar immer noch zehn. Die kleineren fünf von ihnen kommen jedoch sogar zusammengerechnet nicht einmal auf Beitragseinnahmen von einer Milliarde Euro. Es ist daher nur eine Frage der Zeit, dass wir weitere Fusionen sehen werden.

Die Sparkassen in Westfalen-Lippe haben sich auf die Fahnen geschrieben, gemeinsam mit ihren kommunalen Trägern der Region zu dienen. Das ist ihnen in der Corona-Krise vor allem aus einem Grund gut gelungen: Es ist ihnen eine Herzensangelegenheit, die für sie weit über allen Partikularinteressen steht.

Prof. Dr. Liane Buchholz Präsidentin, Sparkassenverband Westfalen-Lippe, Münster
Prof. Dr. Liane Buchholz , Präsidentin , Westfälisch-Lippischer ­Sparkassen- und Giroverband, Münster

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