WIFSta - Schaffung einer verlässlichen Datenbasis zu Wohnimmobilienkrediten

Holger Dosch, Foto: msg GillardonBSM

Immobilienfinanzierung ist für die Bundesbank aus ganz verschiedenen Blickwinkeln ein wichtiges Thema: Zum einen für volkswirtschaftliche Analysen, da Immobilien eine große Bedeutung für die Vermögensbestände privater Haushalte haben. Zweitens ist Immobilienfinanzierung ein Thema für die Finanzstabilität, da sinkende Immobilienpreise und zunehmende Kreditausfälle das gesamte Finanzsystem empfindlich treffen könnten. Und schließlich ist die Immobilienfinanzierung drittens für die Bankenaufsicht von hoher Relevanz. Woran es mangelt, ist ausreichendes Datenmaterial in hoher Qualität. Daher wurden mit der Finanzstabilitätsdatenerhebungsverordnung die Befugnisse der Bundesbank erweitert. Der Autor erläutert in diesem Beitrag die Folgen dieser zusätzlichen Meldeanforderungen für Kreditinstitute. Auch wenn er den zusätzlichen Umfang als einigermaßen übersichtlich bezeichnet, warnt er doch vor drohenden Schwierigkeiten bei der Datenerhebung und Datenbereitstellung. (Red.)

Meldepflichtige Kreditinstitute, Versicherungen und Kapitalverwaltungsgesellschaften müssen zukünftig im Rahmen des Meldewesens Daten zu privaten Wohnimmobilienfinanzierungen im Zuge einer regelmäßigen Datenanforderung an die Deutsche Bundesbank melden. Mit Veröffentlichung der FinStabDEV (Finanzstabilitätsdatenerhebungsverordnung)1) im Februar 2021, verordnet durch das Bundesfinanzministerium, wurde die Basis für eine solche Datenerhebung durch die Deutsche Bundesbank geschaffen. Im dritten Quartal 2021 werden voraussichtlich die finalen Versionen der All gemeinverfügung zur Datenerhebung von Wohnimmobilienfinanzierungen 2), der Richtlinien und der Datenschemata für die Meldung von der Bundesbank dazu vorliegen. Für die Meldepflichtigen bedeutet dies, dass sie nach Bekanntgabe der Allgemeinverfügung achtzehn Mona te Zeit haben, sich auf die neue Meldepflicht vorzubereiten. Der erste Meldestichtag ist für sie somit frühestens der 31. März 2023.

Abbildung 1: Datenattribute aus der Allgemeinverfügung Quelle: FinStabDEV, Darstellung H. Dosch

Der vorliegende Artikel beleuchtet anhand der FinStabDEV und der bisher in der Entwurfsfassung vorliegenden Allgemeinverfügung Beweggründe und Eckpunkte der neuen Meldung. Darüber hinaus stellt er Erkenntnisse aus bereits erfolgten Vorstudien vor.

Motivation einer regelmäßigen Datenerhebung

Wohnimmobilienfinanzierung sind wesentlicher Teil des gesamten Kreditvolumens in Deutschland. Sie betragen zirka 50 Prozent des bilanziellen Kreditvolumens deutscher Banken an inländische private Haushalte und Unternehmen. Zudem setzen sich 70 Prozent der gesamten Verschuldung der privaten Haushalte aus Wohnungsbaukrediten zusammen.

Krisen im Zusammenhang mit dem Wohnimmobilienmarkt und der Wohnimmobilienfinanzierung in anderen Ländern haben gezeigt, dass sich die Risiken für die Finanzstabilität dann deutlich erhöhen, wenn stark steigende Wohnimmobilienpreise mit einer erhöhten Kreditvergabe und nachlassenden Kreditvergabestandards im Einklang stehen. In solchen Zeiten könnten Kreditnehmer und Kreditgeber wegen zu optimistischer Erwartungen über künftige Entwicklungen die Werthaltigkeit von Wohnimmobilien als Kreditsicherheiten und die Schuldentragfähigkeit der Kreditnehmer überschätzen3).

Wohnimmobilen und deren Finanzierungen werden in Deutschland unvermindert stark nachgefragt. Diesen Trend hat auch die Pandemie nicht umkehren können. Deshalb ist es für die Aufsichtsbehörden gerade jetzt von hoher Bedeutung, Risiken für den Finanzmarkt rechtzeitig erkennen und gegebenenfalls gegensteuern zu können. Die Voraussetzung für eine makroprudenzielle Überwachung ist eine regelmäßige, aktualisierte und solide Datenbasis über die Wohnimmobilienfinanzierung privater Haushalte. Deren Schaffung wurde vom Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB), vom Internationalen Währungsfonds (IWF) und vom Ausschuss für Finanzstabilität (AFS) empfohlen.

Aktuell steht diese Datenbasis auch nach Ansicht der Bundesbank nicht zur Verfügung. In Ana Credit sind Wohnimmobilien nicht enthalten und bisherige Datenquellen, wie zum Beispiel das bankaufsichtliche Meldewesen sind nicht ausreichend. Zudem verursachen Sonderumfragen hohe Kosten bei Aufsicht und Meldepflichtigen und ermöglichen lediglich eine Zeitpunktbetrachtung.

Die neue Rechtsgrundlage FinStabDEV und die Datenanforderung der Deutschen Bundesbank zu Wohnimmobilienfinanzierungen schaffen diese Datenbasis und schließen Datenlücken.

Adressatenkreis

Der Entwurf der Allgemeinverfügung und einer Übersicht der FAQ liefert einige Konkretisierungen zu Inhalt, Umfang und Frequenz der Datenerhebung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der FinStabDEV noch unklar waren. Die Datenerhebung richtet sich gemäß der Allgemeinverfügung an alle finanziellen Kapitalgesellschaften im Sinne von Anhang A Kapitel 2 Nummer 2.32 bis 2.67 der Verordnung (EG) Nr. 2223/96 mit Sitz im Inland, bei denen es sich zugleich um gewerbliche Darlehensgeber gemäß § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstaben a bis d FinStabDEV handelt. Dies bedeutet, dass sowohl inländische Kreditinstitute (inklusive inländische Zweigniederlassungen von CRR Kreditinstituten) als auch Kapitalverwaltungsgesellschaften und Versicherungsunternehmen von der Meldepflicht betroffen sein können.

Die Meldepflicht umfasst Darlehen an natürliche Personen zum Bau, zur Sanierung oder zum Erwerb von im Inland ge le genen Wohnimmobilien (inklusive Grundstücke), wobei als natürliche Personen auch ausschließlich aus Privatpersonen bestehende Innen-GbRs gelten. Wohnimmobilienkredite an GbRs, an denen juristische Personen beteiligt sind, sind nicht im Umfang der Meldepflicht enthalten. Die Berichtspflicht bezieht sich im Wesentlichen auf das Neugeschäft von Wohnimmobiliendarlehen, bei denen das Datum der Vertragsunterzeichnung in der jeweiligen Referenzperiode liegt. Prolongationen, soweit deren Betrag insgesamt nicht über den nach Tilgung verbleibenden Restbetrag der ursprünglichen Darlehen zur Wohnimmobilienfinanzierung hinausgeht, werden nicht Bestandteil der Datenerhebung sein.

In einigen Meldeschemata wird das Bestandsgeschäft abgefragt. Darunter werden diejenigen Wohnimmobiliendarlehen verstanden, die in der Vergangenheit gewährt und noch nicht vollständig zurückgeführt wurden. Somit geht das Bestandsgeschäft über den Bestand hinaus, der sich im Rahmen der FinStabDEV aus dem Neugeschäft aufbaut. Gemäß der Richtlinie müssen für diese gegebenenfalls mit abweichenden Definitionen gewährten Kredite keine Anpassungen an die Definition von Wohnimmobilienkrediten nach FinStabDEV erfolgen.

Datenattribute und Meldeschemata

Von den bisher in der FinStabDEV unter § 4 genannten 19 Datenattributen werden im Entwurf der Allgemeinverfügung nun 16 Datenattribute aufgeführt (siehe Abbildung 1).

Aus den Datenattributen resultieren circa 31 Datenfelder, die in bis zu maximal 38 Meldetabellen (ohne Rückerhebung) darzustellen sind. Hinsichtlich des zu meldenden Umfangs wird dabei in vollumfänglich und reduziert unterschieden (siehe Abbildung 2).

Die Meldeschemata werden von der Deutschen Bundesbank unter der Adresse Datenerhebung über Wohnimmobilienfinanzierungen (WIFSta) 4) zur Verfügung gestellt und können sich bis zur Veröffentlichung der finalen Allgemeinverfügung noch ändern.

Proportionalitätsprinzip findet Anwendung

Der Proportionalitätsgedanke bei der Meldepflicht findet insofern Anwendung, als Meldeumfang und frequenz von zwei Betrachtungsebenen abhängen. Zum einen müssen Darlehensgeber mit mehr Neukrediten pro Jahr häufiger und/oder mit mehr Details melden. Zum anderen gilt eine stärker ausgeprägte Proportionalität für weniger bedeutende Darlehensgeberkategorien (aktuell Versicherer und Fonds), solange die Materialitätsschwelle (orientiert sich am Anteil der jeweiligen Darlehensgeberkategorie am gesamten jährlichen Neukreditvolumen) unterschritten wird.

Im Detail sind Darlehensgeber, die im Kalenderjahr weniger als 50 Neukredite für Wohnungsimmobilien vergeben (Meldekategorie M4), von der Meldepflicht befreit. Sie müssen lediglich am Jahresende eine Fehlanzeige abgeben. Sobald die Anzahl der vergebenen Wohnimmobiliendarlehen in zwei aufeinander folgenden Kalenderjahren den Wert von 50 erreicht oder überschreitet, ist die Befreiung aufgehoben (siehe Abbildung 3).

Kreditinstitute mit einem Neugeschäft von 50 bis 149 Wohnungsbaukrediten müssen jährlich einmal einen Überblick über das Portfolio über vergebene Wohnimmobiliendarlehen in den Tabellen A.0a und B.0a des Datenmeldeschemas melden, wohingegen Kreditinstitute mit 150 bis 600 Wohnimmobiliendarlehen jährlich eine vollständige Meldung abgeben müssen. Kreditinstitute der Kategorie M1 mit mehr als 600 Neukrediten im Jahr melden vierteljährlich eine vollständige Meldung. Kapitalverwaltungsgesellschaften, Versicherungen und Pensionsfonds müssen jährlich einen Überblick melden, es sei denn ihr Neugeschäft beträgt mehr als 600 Wohnimmobiliendarlehen. In diesem Fall ist wie bei Kreditinstituten ebenfalls eine vollständige, vierteljährliche Meldung erforderlich. Maßgeblich für Meldeerleichterungen zum ersten Meldestichtag ist Anzahl des Neugeschäfts an Wohnimmobilienkredite im Jahr 2022. Falls eine vierteljährliche Meldungspflicht vorliegt, ist der erste Meldestichtag der 31. März 2023, die Daten sind bis zum 15. Mai 2023 zu übermitteln. Im Falle einer jährlichen Meldepflicht ist der erste Meldestichtag der 31. Dezember 2023, die Daten sind bis zum 15. Februar 2024 zu übermitteln.

Abbildung 2: Übersicht des Meldeumfangs Quelle: Darstellung H. Dosch

Rückerhebung und Best-Effort-Prinzip

Teil der Datenerhebung sind auch die Tabellen zur Rückerhebung (siehe Abbildung 2). Diese Tabellen sind nicht Bestandteil der FinStabDEV beziehungs weise der Allgemeinverfügung und sind deshalb rechtlich nicht verpflichtend. Sie werden dennoch von der Bundesbank für die Jahre 2019 bis 2022 als Best Effort angefordert und sollen dazu dienen, die Ergebnisse der regelmäßigen Datenerhebung besser einschätzen zu können. Dies ist aufgrund der bislang fehlenden Daten erforderlich.

In den Fragen und Antworten der Deutschen Bundesbank vom 21. Juli 2021 wird darauf hingewiesen, dass die Meldepflichtigen nur das melden, was in ihren Systemen verfügbar ist.5)

Die Rückerhebung ist nur einmalig für alle Meldepflichtigen der Kategorien M1 bis M3 erforderlich und beinhaltet für jedes Jahr zwölf Tabellen, die Datenattribute betreffen, die auch in der Datenerhebung zum Neukreditgeschäft bereits erhoben werden.

Um den Datenschutz der Darlehensnehmer und deren Wohnimmobilienfinanzierungen zu gewährleisten, dürfen von Meldepflichtigen keine personenbezogenen und ausschließlich aggregierte Daten übermittelt werden. Die Datenaggregation setzt voraus, dass die Angaben aus mindestens drei unterschiedlichen Darlehen basieren. Dazu gilt, dass sich die einzelnen aggregierten Angaben nicht überwiegend auf Einzelinformationen bezüglich einer oder zweier Wohnimmobiliendarlehen zusammensetzen dürfen. Der Anteil des größten und des zweitgrößten Werts am Gesamtwert einer Position darf nicht 85 Prozent übersteigen.

Sind trotzdem Meldepositionen im Meldeschema mit Informationen vorhanden, die sich auf weniger als drei Darlehen beziehen, ist es erforderlich, diese Informationen in die Kategorie "not classified" ("n.c.") zu verschieben. Für den Fall, dass in der Spalte "n.c." selbst Werte aus weniger als drei Darlehen vorhanden sind, muss diese Position mit Werten aus nichtsensiblen Meldepositionen aufgefüllt werden.

Abbildung 3: Anwendung des Proportionalitätsprinzips Quelle: Deutsche Bundesbank, Richtlinien zur Datenerhebung über Wohnimmobilienfinanzierungen, Kapitel 1.3, Entwurfsfassung vom 21.07.2021

Folgen für Kreditinstitute

Unter der Annahme, dass die Allgemeinverfügung mit der Datenanforderung der Bundesbank zum Ende des dritten Quartals in der finalen Version veröffentlicht wird, haben die Meldepflichtigen achtzehn Monate Zeit zur Umsetzung. Erfahrungen aus Vorstudien und Fragen, die in Infoveranstaltungen der Bundesbank gestellt wurden, haben gezeigt, dass es einige bestimmte Datenattribute gibt, deren Meldung generell eine Herausforderung darstellen.

Datenattribute, die noch nicht im Kreditprozess erhoben werden, müssen sowohl prozessual als auch technisch im Kreditvergabe- und Meldeprozess eingebunden werden.

  • Datenattribute, die generell vorhanden sind, sich bisher jedoch auf die Sicherheit bezogen haben und nicht, wie in der Datenerhebung gefordert, auf die finanzierte Wohnimmobilie.
  • Datenattribute, die nur im Kreditprozess vorn vorhanden sind und noch technisch in den Meldeprozess eingebunden werden müssen.
  • Datenattribute (Quoten), bei denen die Information zur Berechnung grundsätzlich vorhanden sind, jedoch der Gleichlauf zu berechneten Quoten nicht gegeben ist.
  • Datenattribute, die Finanzierungen dritter Kapitalgeber einbeziehen und gegebenenfalls noch nicht im Meldewesen vorhanden sind.

So wurde zum Beispiel in Vorstudien festgestellt, dass die Angaben zum Ersterwerber von Wohnimmobilienfinanzierungen noch nicht erhoben wurden. Diese Information muss nun für die Datenerhebung zukünftig erfasst werden und in den Systemen bis zum Meldewesen durchgeleitet werden.

Darüber hinaus wurde zum Beispiel festgestellt, dass zwar Marktwerte der Immobilien ermittelt und in den Systemen vorgehalten wurden, jedoch haben sich Marktwerte auf die Sicherheiten und nicht, wie im Sinne der Datenerhebung, auch auf die finanzierten Objekte bezogen. In diesem Fall ist es erforderlich, beide Marktwerte zu erheben und systemtechnisch abzubilden.

Neben den Herausforderungen hinsichtlich der Abbildung der Datenattribute müssen die Meldepflichtigen auch die Anpassungen ihrer Meldesoftware berücksichtigen. Es ist damit zu rechnen, dass neue Schnittstellen und Module eingesetzt und mit den relevanten Daten versorgt werden müssen.

Anforderungen an Software steigen

Mit der regelmäßigen Datenerhebung von Wohnimmobilienkrediten zur Schaffung einer ausreichenden, verlässlichen Datenbasis - WIFSta - kommt eine neue verbindliche regulatorische Meldeanforderung auf in diesem Kontext meldepflichtige Institute und Unternehmen zu. Die Anzahl und der Umfang der zu meldenden Attribute erscheint zunächst übersichtlich im Vergleich zu dem sonstigen Meldewesen. Dennoch zeigen Untersuchungen und erste Erfahrungen, dass bereits bei der Ermittlung der eigenen Einstufung zur Meldekategorie zum Teil Unsicherheit besteht und gegebenenfalls relevante Daten im Datenhaushalt fehlen oder schlecht integriert sind.

Darüber hinaus muss das meldepflichtige Institut dem Datenschutz durch Aggregation der Daten sowie technische, prozessuale und organisatorische Maßnahmen zu jeder Zeit Rechnung tragen. Meldewesen Lösungen können hierbei unterstützen.

Fußnoten

1) Verordnung zur Durchführung von Datenerhebungen durch die Deutsche Bundesbank zur Erfüllung der Aufgaben nach dem Finanzstabilitätsgesetz (Finanzstabilitätsdatenerhebungsverordnung - FinStabDEV)

2) Entwurf einer Allgemeinverfügung zur Anforderung von Daten über die Ausgestaltung der Wohnimmobilienfinanzierungen in Deutschland von finanziellen Kapitalgesellschaften vom 21.07.2021 durch die Deutsche Bundesbank

3) vgl. Erhebung von Kreditstandards in der Wohnimmobilienfinanzierung auf Basis der FinStabDEV: Häufig gestellte Fragen, Kapitel 2, Entwurfsfassung vom 21.07.2021

4)https://www.bundesbank.de/de/service/meldewesen/finanzstabilitaet

5)vgl. Erhebung von Kreditstandards in der Wohnimmobilienfinanzierung auf Basis der FinStabDEV: Häufig gestellte Fragen, Kapitel 15, Entwurfsfassung vom 21.07.2021

Holger Dosch , Manager , msg GillardonBSM

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