Zukunftsfähige Sparkassen

Dr. Michael Ermrich, Foto: Ostdeutscher Sparkassenverband

Die Herausforderungen für Sparkassen sind anders als in früheren Zeiten, aber heute aus Sicht des Autors keineswegs gravierender als in früheren Zeiten. In diesem Sinne macht er Mut, durch Flexibilität im Handeln, betriebswirtschaftliche Kompetenz und allgemein die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten und der Führungskräfte, auch die notwendige Anpassung an dynamische Marktentwicklungen und Digitalisierung sowie drastisch zugenommene Regulierung und Niedrigzinsen erfolgreich zu bewältigen. Die zentrale und wachsende Bedeutung der kommunalen Ebene sieht er nicht nur für die Weiterentwicklung in Deutschland, sondern für die gesamte Europäische Union auf politischer Ebene erkannt und auch durch die UNO gewürdigt. Dass im Zeitalter der Digitalisierung die Kundennähe ortsunabhängiger wird und die Kommunikation stärker über multiple Kanäle stattfindet, ist für ihn eine logische Entwicklung, die den Markenkern der Gruppe aber keineswegs infrage stellt. (Red.)

Die Sparkassen in Deutschland existieren seit rund 200 Jahren. In dieser langen Zeitspanne haben sie stets auf alle gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen passende Antworten gefunden. Es gelang ihnen immer für Bürger, Wirtschaft und Kommunen eine sichere und zuverlässige, öffentliche Finanzdienstleistungsinfrastruktur bereitzustellen und somit ihren öffentlichen Auftrag zu erfüllen.

Sicherung der breiten Verfügbarkeit von Finanzdienstleistungen

In Zeiten verschwundener Zinsen und gewaltiger Regulierungszunahme, von rasant fortschreitender Digitalisierung und sich rasch ändernden Kundenanforderungen entsteht oft der Eindruck, dass die Herausforderungen der Gegenwart übergroß sind, geradezu historisch einmalig. Man sollte sie auch nicht kleinreden, aber die Anforderungen an die Reaktionsfähigkeit, an die Flexibilität im Handeln, an die betriebswirtschaftliche Kompetenz, insgesamt an die Leistungsfähigkeit der Sparkassenbeschäftigten und -Vorstände sowie Verwaltungsräte, an den Sparkassenverbund insgesamt, waren auch in der Vergangenheit nennenswert. Man denke nur an die Schaffung des Giroverkehrs, an die Zeit der zwei Weltkriege, an die Hyperinflation oder an drastische politische und ökonomische Systemwechsel, mit denen Sparkassen im 20. Jahrhundert zurechtkommen mussten.

Immer haben sie sich jedweder Herausforderungen gestellt, sie gemeistert und sind daran sogar gewachsen. Hieraus kann man ein Stück weit Selbstbewusstsein und Mut für die Bewältigung der aktuellen und der kommenden Aufgaben ziehen. Es gibt allen Grund für Optimismus. Dabei ist klar, dass Erfolg in der Vergangenheit kein Abonnement auf Erfolg in der Zukunft ist. Erfolg muss immer in Reaktion auf das sich ändernde Leben neu erarbeitet werden. Aber genau das können Sparkassen. Es gibt keinen Grund für die Annahme, sie hätten ihr Handwerk verlernt.

Bei Überlegungen zur Zukunft von Sparkassen sollte man so grundlegende Fragen einbeziehen, wie die, warum Sparkassen eigentlich existieren, wozu Sparkassen benötigt werden, wie sie verfasst sind und ob es auch künftig sinnvoll ist, Sparkassen zu haben. Die Existenz von Sparkassen ist schließlich kein Selbstzweck. Sie ist Ausfluss der Pflicht und des Rechts der Kommunen zur öffentlichen Daseinsvorsorge. In deren Rahmen sichern die Kommunen unter anderem die allseitige Verfügbarkeit von Finanzdienstleistungen.

Kommunale Ebene als wichtiger Faktor in der EU

Es kann angenommen werden, dass Kommunen auch künftig allseits verfügbare, zuverlässige und nicht diskriminierende Finanzdienstleistungsstrukturen in ihren Territorien benötigen. Allein schon zur Standortentwicklung. Es wird für Privatpersonen und Mittelstand weiterhin wichtig sein, auf faire, allseitig verfügbare Finanzdienstleistungen allerorten zurückgreifen zu können. Der Zugang zu modernen Finanzdienstleistungen für alle Menschen, ist schließlich eine wesentliche Voraussetzung für die Teilnahme am modernen Leben.

Mit der Sicherstellung von Finanzdienstleistungsstrukturen durch die Kommunen werden zugleich günstige Standortbedingungen für den Mittelstand hergestellt, denn es ist weltweit erwiesen, dass gerade für kleine Unternehmen, Freiberufler und Handwerker die Nähe zu einem Kreditinstitut ein wesentlicher Ansiedlungs- und Investitionsfaktor ist.

Es deutet auch nichts darauf hin, dass die kommunale Selbstverwaltung künftig an Bedeutung verlieren könnte. Im Gegenteil, längst hat auch die EU-Kommission realisiert, dass die kommunale Ebene von zentraler und wachsender Bedeutung für die Weiterentwicklung der Union sein wird, dass dabei auch mehr Subsidiarität gelebt werden muss.

Ein strukturpolitisches Instrument in der Hand der Kommunen

Angesichts der Herausforderungen im kommunalen Bereich, wäre festzustellen, dass künftig der Erhalt attraktiver Lebensräume, insbesondere in ländlichen Gebieten im Mittelpunkt vieler Aktivitäten stehen wird und dass dazu eine zuverlässig verfügbare Infrastruktur für Finanzdienstleistungen benötigt wird. Das heißt, dass Sparkassen auch künftig als strukturpolitisches Instrument in der Hand der Kommunen benötigt werden.

Es ist in diesem Zusammenhang interessant, dass das Ziel für nachhaltige Entwicklung Nr. 8 der UNO, nämlich die Förderung eines dauerhaften, breitenwirksamen und nachhaltigen Wirtschaftswachstums, von produktiver Vollbeschäftigung und menschenwürdiger Arbeit als zu erreichendes Unterziel explizit definiert, dass die Kapazitäten der nationalen Finanzinstitutionen zu stärken sind, ebenso der Zugang zu Bank-, Versicherungs- und Finanzdienstleistungen für alle Menschen gesichert werden beziehungsweise erweitert werden muss.

In diesem Zusammenhang interessiert sich die UNO und interessieren sich auch viele Politiker weltweit zunehmend für das deutsche Modell Sparkasse.

Sparkassen tun folglich gut daran, wenn sie sich darauf einstellen weiterhin eine bedeutende Rolle zu spielen. Genau das diskutieren sie gerade im Rahmen der weiteren Strategie für die Jahre 2020 bis 2025. Dabei zeigt sich, dass der vor Jahren eingeschlagene Kurs, angesichts von Niedrigzinsen, Digitalisierung, Überregulierung und Marktveränderungen insgesamt erfolgreich war und im Wesentlichen fortgeführt werden sollte.

Drei zentrale Herausforderungen

Die zu lösende Aufgabe der Sparkassen besteht im Kern auch in den kommenden Jahren darin, den Kundinnen und Kunden eine lebensphasengerechte und für sie sinnvolle, faire Beratung zu geben, Standardfinanzdienstleistungen zuverlässig und komplikationslos zu erbringen, ansprechbar zu bleiben und dabei Erträge zu sichern sowie Kosten im Griff zu behalten. Zugleich werden den Sparkassen in den kommenden Jahren ihre aktuellen drei Hauptherausforderungen, dynamische Marktentwicklungen und Digitalisierung, drastisch zugenommene Regulierung und Niedrigzinsen erhalten bleiben.

Schon jetzt erfolgt ein Großteil der Kundenaktivitäten mit der Sparkasse über Endgeräte der Kunden und ist längst nicht mehr an Öffnungszeiten gebunden. Insbesondere, wenn es um Alltags-Dienstleistungen geht, werden mehr und mehr digitale Kanäle benutzt. Kommt heute eine Kunde im Schnitt ein Mal pro Jahr in eine Geschäftsstelle, um eine Beratungsleistung in Anspruch zu nehmen, so ist schon der telefonische Kontakt bereits doppelt so hoch. In der Internetfiliale sind es 120 Kontakte im Jahr und über mobile Endgeräte bis zu 240. Das bedeutet, Nähe und Erreichbarkeit werden weiterhin wichtig bleiben, wobei die Nähe nicht nur analog, sondern auch digital zu verstehen ist.

Nähe wird also ortsunabhängiger, die Kommunikation findet über multiple Kanäle statt. Die Neuausrichtung des früher einzigen Kanals Filiale auf die geänderten Anforderungen der Kunden ist daher eine logische Folge.

Beispiel Sparkassen-App

Das bedeutet nicht, dass nun die Filialen verschwinden. Es bedeutet aber, dass wenn die Kunden Filialen kaum noch nutzen, davon künftig weniger benötigt werden und/oder Filialen andere Aufgaben bekommen. Um die Kundenbedürfnisse nach zeit- und ortsunabhängiger Kommunikation zu erfüllen, bauen die Sparkassen darum ihre medialen und digitalen Kanäle sukzessive weiter aus und werden dies auch weiterhin tun.

Ein sehr erfolgreiches Beispiel unter vielen ist die Sparkassen-App, die durch die Stiftung Warentest zur besten Banking- App Deutschlands gekürt wurde und die Deutschlands meistgenutzte Banking-App ist. Parallel implementieren die ostdeutschen Sparkassen gerade nach und nach sogenannte Direktfilialen oder Kundenservicecenter. Kunden können hier Telefonbanking oder Onlinebanking mit persönlicher Beratung kombinieren und gegebenenfalls auch weiterführende Termine zur Beratung in der Geschäftsstelle vereinbaren.

Bündelung von spezialisierten Dienstleistungen

Mit den externen Herausforderungen wird sich die Sparkassen-Finanzgruppe auch intern strukturell weiter verändern. Es werden mehr spezialisierte Dienstleistungen weiter gebündelt und Prozesse optimiert werden. Am Horizont stehen dabei auch hoch spezialisierte, zentralisierte Dienstleister, die den flexiblen, dezentral aufgestellten Sparkassen zuarbeiten.

Die Sparkasse der Zukunft wird anders aussehen als die Sparkasse der Vergangenheit, sie wird aber weiterhin präsent und zuverlässig wie immer sein. Ihr Markenkern generiert dabei Orientierung im Handeln. Er wird erhalten und gelebt.

Dr. Michael Ermrich Geschäftsführender Präsident, Ostdeutscher Sparkassenverband, Berlin
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