Großbanken I

Im Abstiegskampf

Die Abschlusstabelle lügt nicht, heißt es im Fußball. Und so hat es den Hamburger SV in der abgelaufenen Saison nach jahrelangem Ringen in der Abstiegszone der Bundesliga diesmal erwischt. Der traditionsreiche Verein mit einer immer noch erstaunlich breiten Fangemeinde über die gesamte Republik ist trotz engagierter Auftritte gegen Ende der Spielzeit in die zweite Liga abgestiegen und versucht von dort aus den Wiederaufstieg. Interpretiert man die nüchternen Zahlen und die flankierenden Marktsignale richtig, droht im Wirtschaftsleben in sehr überschaubarer Zeit der Commerzbank die Rückstufung in die zweite Reihe - nämlich das Ausscheiden aus dem Deutschen Aktienindex Dax.

Wenn Anfang September, also in nicht einmal zwei Monaten, die neue Rangliste erscheint, so wird in Finanzkreisen ganz nüchtern analysiert, könnte die Frankfurter Großbank ihren Platz im maßgeblichen deutschen Börsenbarometer verlieren. Denn der Marktkapitalisierung nach ist sie im Jahresverlauf von 13,70 Euro Ende Januar auf 8,37 Euro (Stand Anfang Juli) abgestürzt und nimmt damit den letzten Rang unter den 30 Dax-Werten ein. Und auch beim Handelsumsatz als dem zweiten Aufstiegskriterium werden die Aussichten des Aufstiegsaspiranten Wirecard AG Stand heute von vielen Analysten als sehr gut eingeschätzt. Sollte sich der bislang im Tec-Dax vertretene Münchener Zahlungsverkehrsabwickler nicht nur bei der Marktkapitalisierung mit rund 16,5 Milliarden Euro (ebenfalls Stand Anfang Juli) vor einer ganzen Reihe von aktuellen Dax- Werten behaupten können und beim Handelsumsatz nur das Niveau des vergangenen Jahres halten können, winkt ihm bei der nächsten Überprüfung der Zusammensetzung der Indizes die Aufnahme in den Dax - und weichen müsste mit hoher Wahrscheinlichkeit die Commerzbank.

Nun mag man heftig darüber debattieren, was rund um die Frankfurter Großbank im Verlauf dieses Jahres so schiefgelaufen sein mag. Denn anders als bei der Deutschen Bank, die in den vergangenen Monaten von der unrühmlichen Prozedur rund um den Wechsel des Vorstandsvorsitzenden bis hin zu dem nicht bestandenen Stresstest der Fed (siehe Bankenchronik) aufgefallen ist, hat die Commerzbank in den vergangenen Jahren doch recht zielstrebig an ihrer Neuausrichtung hin zu einer weitgehend digitalisierten Bank gearbeitet. Noch in ihrer Jahresberichterstattung für das Geschäftsjahr 2017 hat sie Erfolge bei der vorzeitigen Verarbeitung der Restrukturierungskosten zeigen können, beim Abbau des Schiffsportfolios und der Non-Performing Loans lag sie zeitlich voll im Plan und auch die Kundenbasis im Privat- und Firmenkundengeschäft konnte ausgeweitet werden. Dieser Tage wurde dann mit dem Verkauf des Geschäftsbereichs Equity Markets & Commodities (EMC) an die Société Générale eine weitere Maßnahme der angekündigten strategischen Neuausrichtung vollzogen. Allein der Bewertung an der Börse hat all das in den vergangenen Monaten wenig genutzt. Die mageren Ergebnisse für das Berichtsjahr 2017 und auch die Q1-Zahlen haben die Märkte nicht überzeugen können.

Übrigens: Im deutschen Fußball ist zuletzt ein direkter Wiederaufstieg sowohl dem VfB Stuttgart als auch Hannover 96 recht eindrucksvoll gelungen. Solange die eingeleiteten Maßnahmen in der Commerzbank also greifen, muss die Bank deshalb eigentlich nicht unruhig werden, es sei denn sie hat gnadenlos unterschätzt, wie lange die angekündigten Restrukturierungsprozesse dauern und/oder wie gering das Ertragspotenzial eines Technologiedienstleisters ihrer künftigen Art im Finanzdienstleistungssektor tatsächlich ist.

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