Wealth Management

Achte auf die Kanarienvögel

Die Frage des Exits stellt sich nicht nur den Zentralbanken. Börsenkurse, befeuert jeweils durch die geldpolitischen und fiskalpolitischen Antworten der Notenbanken beziehungsweise der Regierungen auf die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie, stiegen nach der abrupten Talfahrt im März 2020 wieder stetig und jagen derzeit immer neue Rekordwerte. Ein fragiler Zustand, glaubt man Analysten und Banken. Ein hohes Risiko, aber auch oft verbunden mit hohen Gewinnen. Und so stellt sich vor allem die Vermögensentwicklung derer, die mit hohem Einsatz an den Kursentwicklungen beteiligt sind, äußerst positiv dar. Der Zeitschrift Forbes und ihrer Auflistung von US-Dollar-Milliardären zufolge hat sich die Zahl dieser vermögenden Individuen weltweit im Jahr 2020 um 660 auf 2 755 erhöht. Davon sind 493 neue Namen auf der Liste und von diesen wiederum stammen 210 aus China und Hongkong. Das auf der Liste erfasste Gesamtvermögen hat sich im vergangenen Jahr um rund 5 Billionen auf 13,1 Billionen US-Dollar erhöht.

Dabei ist aber zu beachten, dass ein Großteil dieses Reichtums nur Buchgewinne sind. Endet die Spendierfreudigkeit der öffentlichen Hand und der Zentralbanken, könnten diese Vermögenswerte schnell wieder zusammenschrumpfen. Also liegt die Kunst im rechtzeitigen Ausstieg. Doch wohin dann mit dem vielen schönen Geld? Ein Indikator entsprechend den Kanarienvögeln im Bergbau könnte das Verhalten der Ultra High Networth Individuals (UHNWI) im Pandemiejahr sein. Einem Bericht von Knight Frank zufolge investierten die "Superreichen" mit einem Vermögen von mehr als 30 Millionen US-Dollar nach wie vor den größten Anteil ihres Portfolios - mit durchschnittlich 27 Prozent - in Immobilienanlagen. Direkt dahinter folgen Aktienanlagen mit rund einem Viertel. 87 Prozent der Befragten sehen neue Investitionsmöglichkeiten in einer Post-Pandemie-Welt als die größte Möglichkeit, ihren Wohlstand zu mehren. Denn Covid-19 hat viele Bereiche des Lebens verändert, seien es Schulunterricht über Videochatdienste, wie wir wohnen und arbeiten, wie globalisierte Lieferketten beeinflusst wurden - für all diese Bereiche gibt es plötzlich ein neues Verständnis, welches neue Geschäftsmodelle verlangt und hervorbringt sowie alte Modelle verschwinden lässt. Entsprechend stark ist auch die Anzahl der neu gegründeten Unternehmen gewachsen. So wurden in den ersten drei Quartalen 2020 in verschiedenen Ländern. So wurden in den ersten drei Quartalen 2020 in den USA mit 1 167 500 Unternehmen 143 330 mehr gegründet als im Vorjahreszeitraum, im Vereinigten Königreich lag die Zahl der Neugründungen um 44 488 über dem Vorjahreswert und summierte sich auf 566 957 Unternehmen.

Schließlich hat die Pandemie samt der mit ihr verbundenen Einschränkungen auch ein Schlaglicht auf die Digitalisierung und die dafür benötigte Technologie geworfen. Digitale Infrastrukturen für Einzelhändler und Restaurants, die auf den Online-Handel umsteigen mussten, virtuelle Immobilienbegehungen und KI-getriebene Systeme zur Verarbeitung einer während der Pandemie ins Unermessliche gestiegenen Datenmasse sind nur einige Trends die gekommen sind, um vermutlich zu bleiben. Ganz zu schweigen von dem Aufschwung der Branchen, welche die Hardware für diese Technologien bereitstellen. 47 Prozent der Befragten sehen in diesem technologischen Umbruch große Investitionsmöglichkeiten.

Vermutlich wird sich also die Zusammensetzung des Vermögens der UHNWI verschieben. Mitunter sogar radikal: Hin zu Zukunftstechnologien, neuen Geschäftsmodellen und anderen Standorten. Das birgt wie alles Neue Chancen aber auch Risiken. Aber das Risiko, davon auszugehen, dass alles so bleibt, wie es jetzt ist, ist unzweifelhaft größer.

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