Bundesgerichtshof

AGB: Aufrechnung gegen Bankforderungen

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Ein Verbraucherverband hat am 20. März 2018 beim Bankensenat des BGH ein Klauselverbot (AZ XI ZR 309/16, abgedruckt in ZIP 2018, Seite 1067, Heft 22) erstritten, das den von Professor Georg Bitter über das Urteil vom 13. März 2018 zum alternativen Darlehensangebot formulierten Eindruck erneut vermitteln kann, dem BGH sei die "Hauptsache ..., dass am Ende die Unwirksamkeit der Klausel (stehe)". Die Zfgk informierte über dieses Urteil in Heft 14-2018, Seite 7. An dem neuen Urteil fällt zudem auf, dass sich der BGH von einer bisher langjährigen und von der juristischen Literatur überwiegend geteilten Rechtsaufassung verabschiedet hat.

Die AGB der beklagten Sparkasse enthielten unter der Überschrift "Aufrechnung durch den Kunden" eine Klausel, die interessengerecht und in der Wirtschaft weit verbreitet ist und die den Vorgaben in § 309 Ziff. 3 BGB entspricht: "Der Kunde darf Forderungen gegen die Sparkasse nur insoweit aufrechnen, als seine Forderungen unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind."

Der BGH hält diese bisher unbeanstandete Klausel nun für unwirksam, weil sie auch Forderungen des Kunden aus dem "Rückabwicklungsverhältnis" bei Widerruf seines Verbraucher-Kreditvertrags einschließe. Damit weiche sie gemäß § 361 Abs. 2 BGB nachteilig für den Verbraucher von § 355 Abs. 3 BGB ab, wonach bei Widerruf empfangene Leistungen "unverzüglich zurückzugewähren" sind. Das bedinge die unbeschränkte Aufrechenbarkeit von Kunden- gegen Bankforderungen. Die Klausel der Sparkasse sei so offen formuliert, dass sie keine gebotenen Ausnahmen zulasse.

Das Verbot in § 361 Abs. 2 BGB, von gesetzlichen Regelungen über die Rechtsfolgen eines Widerrufs zum Nachteil des Verbrauchers abzuweichen, war der Kernpunkt des BGH für die Feststellung, die Klausel der Sparkasse sei nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen. Paragraf 361 Abs. 2 BGB enthält aber auch den eingeschobenen Halbsatz, solche Abweichungen seien (nur) verboten, "soweit nichts anderes bestimmt ist".

Dieser Halbsatz ist vom BGH offenbar zu gering geachtet worden. Denn die Annahme liegt nahe, dass gerade in § 309 Nr. 3 BGB "ein anderes bestimmt" ist, nämlich die Aufrechnung (nur) mit unbestrittenen und rechtskräftig festgestellten Forderungen des Verbrauchers uneingeschränkt zuzulassen, sie aber - im Umkehrschluss - mit bestrittenen Forderungen verbietbar zu machen. Darüber hinaus scheint auch § 390 BGB ein "anderes zu bestimmen": "Eine Forderung, der eine Einrede entgegensteht, kann nicht aufgerechnet werden."

Bestreiten und Einrede sind zwar begrifflich nicht identisch, aber in praxi so verwandt, dass rechtlich qualifiziertes Bestreiten einer Forderung in der Regel zugleich auch Einrede ist. Die Vermutung, der BGH habe die Klausel der Sparkasse zu eindimensional beurteilt, indem er diesen gesetzlichen Wertungswiderspruch nicht einbezogen hat, liegt daher nahe. Bei mehrdimensionaler Sicht auf den Streitgegenstand und bei besserer Gewichtung der Interessen von Kunden und Banken hätte der Fall daher auch ein anderes Ergebnis haben können. Die Kreditinstitute werden ihre AGB aber jetzt dem Urteil in gebotenem Rechtsgehorsam anpassen müssen, jedenfalls bis zu einer etwaigen neuen Sicht des BGH in der Zukunft.

RA Dr. Claus Steiner, Wiesbaden

Dr. Claus Steiner , Rechtsanwalt, Wiesbaden
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