Bundesgerichtshof

AGB-Gebührenklauseln auch bei Avalkrediten unwirksam

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Ein unternehmerischer Immobilienentwickler schloss in 2007 mit der später von ihm beklagten Bank eine Vereinbarung über einen Dar lehensbetrag von 8 Millionen Euro zur Finanzierung eines projektierten Wohn- und Geschäftshauses. Der Kunde konnte diese Linie nach jeweiliger Absprache im Kontokorrent zu 7,5 Prozent p.a. Zinsen, als Euribor-Termingeld oder als Avale (1,5 Prozent Avalprovision) im Rahmen des Projekts nutzen. Der Vertrag sah ferner eine einmalige Bearbeitungsgebühr von 60 000 Euro vor, die die beklagte Bank auch vereinnahmte. Der Kunde klagte später auf Rückzahlung der angeblich unwirksamen Gebühr. LG und OLG wiesen die Klage ab. Der BGH hob das OLG-Urteil auf (BGH vom 17. April 2018 - AZ XI ZR 238/16, abgedruckt unter anderem in ZIP 2018 S. 1436) und stellte als Leitsatz fest, dass "die in Darlehensurkunden eines Kreditinstituts für Kreditverträge mit Unternehmen enthaltene formularmäßige Klausel zu einer "Bearbeitungsgebühr" ... auch dann nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der richterlichen Inhaltskontrolle (unterliege) und ... gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 unwirksam (ist), wenn es sich um einen Avalkredit handelt."

Damit bestätigte der BGH erneut sein umfassendes "Zins-Dogma", das in Heft 16-2018 dieser Zeitschrift zu Zinssicherungsgebühren angesprochen wurde, auch für den Avalkredit. Dieses "Dogma" stellt bekanntlich fest, dass alle von der Laufzeit des Darlehens unabhängigen, nicht im Einzelfall in ihrem "gesetzesfernen Kerngehalt" auch in Bezug auf das grundsätzliche Anfallen konkret ausgehandelten und inhaltlich ernsthaft zur Disposition gestellten Zahlungspflichten den Darlehensnehmer im Zweifel unangemessen benachteiligen und daher unwirksam sind. Offenbar haben die Richter auch in diesem Fall die Frage zu gering geachtet, wie ihr "Dogma" in die Praxis der Bankgeschäfte umsetzbar ist, wenn jedes Entgeltelement für jedes Darlehen von seinem grundsätzlichen Anfallen bis zu seiner bezifferten Konkretisierung im Einzelfall zur "Disposition" gestellt und es in ernstlicher Änderungsbereitschaft mit dem Kunden "ausgehandelt" werden müsste. Auch Banken brauchen, wie jeder Anbieter auf jedem Markt, für ihre Geschäfte feste und nicht disponible vertragliche und konditionelle Grundgerüste. Nur auf solcher Basis können sie über Varianten, Komponenten und betragliche Zugeständnisse verhandeln, über das "Gerüst" selbst aber nicht. Unter diesem Aspekt sollte die Rechtsprechung aus dem reinen Wortlaut der gesetzlichen Regelbestimmung (hier: § 488 BGB) nicht so kategorisch folgern, dass außer laufzeitabhängigen Entgelten formularmäßig keine Leistungen wirksam vereinbart werden können.

Der BGH müsste die Stringenz seines "Zins-Dogmas" noch einmal kritisch hinterfragen, vor allem für Darlehen wie hier an geschäftserfahrene Unternehmen. Das OLG Hamburg als Vorinstanz sah das in der zweiten Instanz offenbar klarer: Der Kläger als ein langjähriger Immobilienunternehmer vom "Typus des erfahrenen Kaufmanns", werde die von ihm vertraglich zugestandene Gebühr in seine Kalkulationen und seine Steuerdispositionen einbezogen und daraus möglicherweise sogar Vorteile erzielt haben. Leider verwarf der BGH diese pragmatische Feststellung des OLG, dass nämlich Gebühren für Darlehen an Unternehmen grundsätzlich anders zu beurteilen seien als für Darlehen an Verbraucher.

Statt dessen verfügte der BGH Gegenteiliges: "Diese Anforderungen gelten auch im Rechtsverkehr mit Unternehmen" und: "Die beklagte Bank (könne) das Risiko einer Nichtannahme von Avalen durch eine Mischkalkulation ausgleichen". Diese wiederholte Empfehlung des BGH hat bekanntlich der Mannheimer Bankrechts-Professor Georg Bitter in ZIP 2018 S. 1203 (Heft 25/26) als widersprüchlich kritisiert mit dem Hinweis, dass der BGH Quersubventionen an anderer Stelle ausdrücklich verboten habe. Dem ist nur anzufügen, der BGH möge die hier behandelte Rechtsfrage noch einmal auf den Prüfstand stellen.

RA Dr. Claus Steiner, Wiesbaden

Dr. Claus Steiner , Rechtsanwalt, Wiesbaden
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