Großbanken

Aus allen Wolken

Anfang Dezember 2020 hat die Deutsche Bank bekannt gegeben, dass sie eine langangelegte Partnerschaft mit dem US-Konzern Google eingegangen ist, um die IT-Systeme in die Cloud zu verlagern und auch gemeinsam Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln. Da wollte die Commerzbank nicht nachstehen und hat wenige Tage später in einem virtuellen Workshop ein Update zu ihrer Big-Data- und Cloud-Strategie gegeben.

Gleich zu Beginn der Veranstaltung wurde mit Dominik Schmidt-Kiefer der neue Bereichsvorstand für den Bereich Big Data & Advanced Analytics (BDAA) vorgestellt. Erst im November 2020 wurde bekannt, dass Schmidt-Kiefer, ein Eigengewächs aus dem Bereich Market, Liquidity und Counterparty Risk, auf Dr. Kerem Tomak folgt. Diese Personalie kam zu dieser Zeit doch etwas überraschend - man fiel sozusagen aus allen Wolken. Nicht ganz ohne Stolz wurde Tomak gut ein Jahr zuvor der Presse ebenfalls in einem Workshop vorgestellt und betont, dass dieser seine Meriten unter anderem bei den großen IT-Unternehmen Google und Yahoo verdient hatte. Ein "Techie" aus dem Silicon Valley sozusagen, der die Gelben in die Neuzeit bringen sollte, zumindest beim Thema Big Data und Cloud.

Ersetzt wurde dieser nun durch einen Nicht-ITler aus den eigenen Reihen. Ohne eine Wertung über die Qualifizierung des Nachfolgers auch nur in Betracht zu ziehen, kann man diese Personalie auch als eine Art Statement sehen. Ist unter dem neuen Aufsichtsratsvorsitzenden Hans-Jörg Vetter das Thema Digitalisierung nicht mehr ganz oben in der Prioritätenliste, obwohl der Bereichsvorstand Technology Foundation Carsten Bittner bei der Veranstaltung betonte, dass es sich beim Thema Cloud um eine Schlüsseltechnologie handele? Oder lag es in der Personalie selbst begründet? In dem Workshop hätte man zwischen den Zeilen lesen können, dass Tomak ein Problem mit dem Teamplay gehabt haben könnte.

Selbstverständlich ging es bei dem Workshop auch und vor allem um die technologischen Fragen. Doch das war viel Kleinklein und Details. Die große strategische Vision fehlte. Ein wichtiger Unterschied zur Deutschen Bank: Während die Blauen exklusiv mit Google kooperieren, fahren die Gelben zweigleisig mit Google und Microsoft. Sich nicht vollständig in die Hände eines Unternehmens zu geben, erscheint schlüssig. Viel spannender war jedoch die implizite Frage der Strategieausrichtung des Bankhauses. Denn erst kurz zuvor ist mit Roland Boekhout ebenfalls jemand ausgeschieden, der als Vorreiter des modernen Bankings gilt. Ist da bereits ein Trend der neuen Führung zu erkennen? Bei allem, was in der Commerzbank schieflief, man konnte ihr bislang nicht vorwerfen, dass sie es nicht zumindest versucht hat, den technologischen Wandel zu forcieren. Neben den Themen Big Data und Advanced Analytics ist das Institut bislang auch beispielsweise im Bereich Trade Finance und Blockchain sehr aktiv. Wenn jetzt das Innovationstempo gebremst würde, wäre das fatal. Nur wer bei der Welle der digitalen Transformation vorne mitschwimmt, dürfte gute Chancen haben, am Ende nicht unterzugehen. Zum 1. Januar 2021 begann jetzt auch die Amtszeit des neuen Vorstandsvorsitzenden Manfred Knof, der bei früheren Stationen die Digitalisierung vorantrieb. Drohen in dieser Frage Reibungspunkte mit Vetter? Es wird spannend sein zu beobachten, wie frei Knof agieren kann.

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