Börsen

Aufgeschoben, nicht aufgehoben

Quelle: Deutsche Börse

Eine Sache wollte Deutsche-Börse-Chef Theodor Weimer bei der diesjährigen Bilanzpressekonferenz gleich von Beginn an klarstellen: Vor genau einem Jahr musste er bei der Vorstellung der Bilanz des Dax-Konzerns über Zahlen sprechen, die nicht seine eigenen waren, sondern die seines Vorgängers Carsten Kengeter. Dieses Mal konnte er die Früchte seines eigenen Wirkens präsentieren. Dabei hatte er wahrhaftig keinen leichten Start in das Amt des Vorstandsvorsitzenden, musste er doch zu Beginn seiner Amtszeit ein schwer verunsichertes Unternehmen übernehmen. Ein Ermittlungsverfahren gegen Ex-Chef Kengeter wegen des Verdachts auf Insiderhandel hatte den Konzern fast das gesamte Jahr 2017 gelähmt. Mit der Beendigung des Gerichtsverfahrens habe man ein Kapitel geschlossen, "das unsere Reputation auf eine Belastungsprobe gestellt hat", resümiert Weimer. Zudem scheiterte die Fusion mit der London Stock Exchange. Von vielen Seiten wurde der Zusammenschluss abgelehnt, weil der Hauptsitz der Mega-Börse in London angesiedelt worden wäre.

Theodor Weimer hat einiges umgekrempelt in der Deutschen Börse. Er hat den Vorstand auf fünf Personen verkleinert und mit drei neuen Vorständen neue Expertise von außen hineingeholt. Außerdem hat er sich von etwa 60 Führungskräften getrennt und im Mai vergangenen Jahres angekündigt, 350 Vollzeitstellen streichen zu wollen. Gleichzeitig werden parallel neue Stellen geschaffen, um bei Themen wie Blockchain, Cloud-Computing, Big Data, Künstliche Intelligenz und Robotik mithalten zu können. Und auch die Zuverlässigkeit der Handelssysteme muss stets sichergestellt werden. Der Erfolg gibt Weimer Recht. Im vergangenen Jahr ist das Unternehmen vor allem aus eigener Kraft deutlich gewachsen. Der Umsatz stieg um 13 Prozent auf 2,77 Milliarden Euro, der Nettogewinn sogar um 17 Prozent auf rund eine Milliarde Euro. Der Überschuss sank, laut Börse unter anderem wegen Abfindungen im Zuge der Stellenstreichungen, um 6 Prozent auf 824 Millionen Euro. Die Dividende soll um zehn Prozent oder 25 Cent auf 2,70 Euro pro Aktie angehoben werden.

Getrieben wurde das Geschäft durch gute Umsätze der Terminbörse Eurex, durch die Währungshandelsplattform 360T und durch den normalen Börsenhandel über das Handelssystem Xetra. Die Deutsche Börse blickt nach einem guten letzten Geschäftsjahr etwas vorsichtiger in die Zukunft. Der Börsenbetreiber profitierte 2018 besonders von starken Schwankungen an den Aktienmärkten. Im kommenden Jahr strebe das Unternehmen weiter das Ziel an, die jährlichen Erlöse um 5 Prozent, den Gewinn um 10 bis 15 Prozent zu steigern. Obwohl die Deutsche Börse weiter vor allem aus eigener Kraft wachsen will, sind Übernahmen und Zukäufe nicht ausgeschlossen. 2018 hat die Börse nach eigenen Angaben mehrere kleinere Firmen übernommen, unter anderem im Bereich Währungen. Die Zeit einer reinen Konsolidierung von Börsen oder Großfusionen sieht Weimer nicht mehr als aktuell. Diese Strategie des Börsenbetreibers wird nach den holprigen Jahren nach der geplatzten LSE-Fusion und den Rechtsproblemen durchaus die sichere Methode sein, in der Öffentlichkeit, bei Anlegern, Stakeholdern, aber auch Aufsichtsbehörden erst einmal wieder das nötige Vertrauen aufzubauen, eine größere Fusion zu unterstützen.

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