Zahlungsverkehr

Bargeldlos? - Politik ist skeptisch

Das Leben mit Einschränkungen wird die neue Normalität und die Menschen in Deutschland noch die kommenden Monate begleiten, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler nach dem Lockdown in Gütersloh. In der Tat stellen sich viele die Frage, wie das Leben nach Corona aussehen wird. Beispielsweise bei Reisen. Beispielsweise bei Veranstaltungsbesuchen. Aber auch im Büroalltag oder beim Einkaufen oder im Umgang mit seiner Bank.

Der Zahlungsdiensteanbieter Klarna ist im Rahmen einer deutschlandweiten, repräsentativen Online-Umfrage der Frage nachgegangen, welche Bedeutung Bargeld für die Deutschen noch hat. Denn die Zahlen für bargeldloses Bezahlen sind in den vergangenen Monaten sprunghaft nach oben geschnellt. Dem Ergebnis nach trägt jeder Bundesbürger aktuell 89,22 Euro bei sich, wobei dieser Wert abhängig von Alter und Region spürbar variiert. Je jünger die Befragten sind, desto weniger Bargeld befindet sich in den Portemonnaies. In Schleswig-Holstein führt jeder Verbraucher nur 53 Euro mit sich, damit ist das nördlichste Land auch das bargeldloseste. Spitzenreiter in die andere Richtung ist Niedersachsen mit 124 Euro Cash, gefolgt vom Saarland (121 Euro) und Bayern (101 Euro). Interessanterweise führen Männer mit im Bundesdurchschnitt 104 Euro mehr Bargeld mit sich als Frauen mit 75 Euro.

Allerdings ist Bargeld nicht mehr das beliebteste Zahlungsmittel der Deutschen. Über die Hälfte der Befragten gibt an, weniger als die Hälfte der Einkäufe noch mit Bargeld zu begleichen. 15,1 Prozent verzichten sogar gänzlich auf Bargeld im Einzelhandel. Auch die Schwelle für den Einsatz bargeldloser Bezahlverfahren sinkt, so ist die Mehrheit der Deutschen seit Corona bereit, schon bei Beträgen ab 11 Euro bargeldlos zu bezahlen. Das trifft auch die Banken, denn ihre Geldausgabeautomaten werden ebenfalls immer weniger genutzt. Nicht einmal 5 Prozent aller Befragten geben an, täglich oder mehrmals pro Woche Bargeld abzuheben. 31 Prozent der Befragten heben nur einmal pro Monat, 20 Prozent sogar weniger als einmal pro Monat Bargeld am Automaten ab.

Unabhängig von dieser aktuellen Studie fand am 18. Juni ein öffentliches Fachgespräch im Deutschen Bundestag zum Thema "Welt ohne Bargeld - Veränderung der klassischen Banken- und Bezahlsysteme" statt. Das Thesenpapier zu dieser Veranstaltung, das vom "Büro für Technik-Folgenabschätzung beim Deutschen Bundestag" verfasst wurde, ist durchaus skeptisch mit Blick auf eine Welt ohne Bargeld. So heißt es hier: "Bargeld ist ein wichtiges Korrektiv im Zahlungsverkehr. Kein unbares Zahlungsmittel erreicht in Deutschland ein vergleichbar hohes Inklusionsniveau und Schutzniveau der Privatsphäre." Den Zuwachs unbarer Zahlungsmittel sehen die Autoren ebenfalls nicht uneingeschränkt positiv, da dieser Fragen hinsichtlich der Marktmacht weniger Systemanbieter im Kartenbereich und des Verbraucher- und Datenschutzes aufwirft. Ähnliches gelte beim Open-Banking-Ansatz, der regulatorisch befördert wurde und wird, durch den Verbraucher aber stärker motiviert werden, Anschlussgeschäfte zu tätigen und nicht in jeden Fall überblicken können, wie ihre Daten tatsächlich verwendet werden. Fintechs werden im Gegensatz zu den Bigtechs nicht als Konkurrenz zu etablierten Banken gesehen, sondern seien an einer stabilen Partnerschaft zu diesen interessiert. Und zu guter Letzt wird die Bedeutung eines europäischen Kartensystems betont, um ausländischen Anbietern nicht völlig ausgeliefert zu sein.

Die deutschen Kreditinstitute werden diese Thesen sicherlich gerne lesen.

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