Vermögensbildung

Besser als der Ruf

Sparen, sparen, sparen! Es ist das Bild der Deutschen in der Welt, dass sie immer etwas auf die hohe Kante legen. Und gefühlt geschieht dies fast ausschließlich auf dem Sparbuch, also einfach, risikoscheu, vertraut. Eine Aktienkultur gilt als kaum bis gar nicht ausgeprägt. Dem ist aber gar nicht so. Die Deutschen sind nicht die größten Sparer auf diesem Planeten und ihre Finanzanlagen sind weitaus besser diversifiziert als angenommen.

Zunächst einmal die volkswirtschaftliche Sparquote, also der Anteil der Ersparnisse aller Wirtschaftssubjekte, dies sind private Spareinlagen, ebenso wie die Ersparnisse der Unternehmen und des Staates ins Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt: Hier lag Deutschland im Jahr 2015 mit einer Quote von 27,3 Prozent nur auf Platz 33 hinter Ländern wie der Schweiz und Norwegen, aber auch China, Bangladesch, Botswana oder Usbekistan. Schaden wir uns damit selbst? Mit Blick auf die Investitionen im Inland, die bei etwa 19 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen, zeigt sich, dass die Differenz, eine Summe von immerhin rund 260 Milliarden Euro, nicht in Deutschland angelegt oder investiert wird. Dieser Exportüberschuss sorgt immer wieder für Diskussionen unter den Ökonomen.

Nicht zu verwechseln mit der gesamtwirtschaftlichen Sparquote ist die durchschnittliche Sparquote der privaten Haushalte, die als Anteil des privaten Sparens am verfügbaren Einkommen berechnet wird. Diese liegt aktuell bei 9,9 Prozent und steigt seit dem Jahr 2013 kontinuierlich wieder an. 2010 allerdings lag die Sparquote noch bei 11,4 Prozent, was einer monatlichen Sparleistung von im Schnitt 180 Euro entsprach. Und auch damit sind die Bundesbürger keineswegs Weltspitze. Die Schweizer rangieren mit einer Sparneigung von 18,7 Prozent vor den Schweden (16,5 Prozent) und weit vor Ländern wie Deutschland, Österreich oder den USA. Hierzu ist anzumerken, dass die Sparquote in Deutschland je nach Einkommen höchst unterschiedlich ausfällt: Während Haushalte mit einem geringen Einkommen kaum oder gar nichts zurücklegen können, steigt sie mit wachsenden Einkommen kontinuierlich an.

Dass die Deutschen trotz ihres Spareifers nicht zu den Wohlhabendsten Mitbürgern der Europäischen Union zählen, liegt an den Spargewohnheiten und dem Hang zu tendenziell eher niedrigverzinsten Anlagen. Laut einer Studie der Deutsche Bank Research ist das Vermögen der Privathaushalte in Großbritannien mit 108 000 Euro pro Kopf am höchsten und in Deutschland mit rund 69 000 Euro pro Kopf mit am niedrigsten. Mit 42 Prozent machen Bargeld und Einlagen den größten Teil des Finanzvermögens deutscher Haushalte aus. In Frankreich beträgt dieser Wert 33 Prozent, in Großbritannien 26 Prozent. Zusammen mit Forderungen gegenüber Versicherungen und Pensionsfonds machen Instrumente mit verhältnismäßig niedrigen Renditen und Risiken etwas mehr als 80 Prozent des gesamten Finanzvermögens der deutschen Haushalte aus. Damit liegt die Bundesrepublik noch unter dem Wert Großbritanniens und etwa gleich auf mit Frankreich.

Das heißt, in Sachen Risikoaversion gibt es keine großen Unterschiede in der Zusammensetzung der Finanzportfolios von Privathaushalten in den drei großen europäischen Ländern. Bleibt das Thema Aktienkultur. Auch hier räumt die Deutsche Bank mit einem Vorurteil auf: Denn laut der Studie investieren Privathaushalte in Deutschland 6 Prozent ihres Finanzvermögens direkt in börsennotierte Aktien. Dies entspricht weitgehend dem Anteil in Frankreich und ist mehr als in Großbritannien. Darüber hinaus investieren deutsche Haushalte 10 Prozent ihres Finanzvermögens in Investmentfonds, verglichen mit 5 Prozent in Großbritannien. Mit einem Anteil risikoreicher Investments am Gesamtvermögen von 12 bis 13 Prozent sind die deutschen Haushalte nicht wirklich klein - zumindest nicht im europäischen Vergleich. Und doch werden sie jeden Tag ärmer, an dem die Nullzinspolitik anhält.

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