Kammergericht Berlin

Bitcoins keine Rechnungseinheit i.S.d. KWG

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Unter diesen Leitsatz hat das Berliner Kammergericht sein Revisionsurteil vom 25.9.2018 gestellt (AZ (4)161 Ss 28/18 (35/18) abgedruckt u. a. in ZIP 2018, S. 2015 ), mit dem es einen vom AG Berlin-Tiergarten zu einer Geldstrafe verurteilten, auf seine Berufung vom LG Berlin freigesprochenen Internethändler und -vermittler von Bitcoins gegen die Revision der Staatsanwaltschaft von dem strafrechtlichen Vorwurf freigesprochen hat, unerlaubte Finanzgeschäfte im Sinne des § 32 Abs.1 KWG zu betreiben. Das KG stellte fest, der Angeklagte habe sich nicht nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG strafbar gemacht, weil es sich bei der virtuellen "Währung" Bitcoins nicht um ein Finanzinstrument im Sinne des KWG handele, "insbesondere nicht um Rechnungseinheiten im Sinne § 1 Abs. 11 KWG". Mit dieser Einordnung stellte sich das KG ausdrücklich gegen die Ansicht der BaFin.

Wegen der begrifflichen Komplexität dieser Kryptokonstruktion sind unterschiedliche Auffassungen auch über ihre rechtliche Klassifizierung quasi "vorprogrammiert". Das KG beschreibt Bitcoins als "ein im Rechenweg durch eine Computerleistung erzeugtes verschlüsseltes elektronisches Zahlensystem, das in einem für jeden zugänglichen Netzwerk verwaltet und gespeichert wird und das auf jedermann, der ebenfalls über ein internetfähiges Computersystem verfügt, übertragen werden kann". Bitcoins würden weder von einer Zentralbank noch einer öffentlichen Behörde ausgegeben, noch existiere im Netzwerk "ein allgemein gültiger Emittent dieses als Ersatzwährung genutzten Zahlensystems". Es gebe "keine übergeordnete und bestimmbare (juristische) Person, die regulierend auf die Verteilung der Bitcoins Einfluss nehmen (könne)". Auch hätten Bitcoins "keinen eigenen darstellbaren oder vergleichbaren Wert"; es handele sich bei ihm um "keine Währung und kein Geldzahlungsmittel im klassischen Sinne, das in einem Währungsraum kraft Gesetzes von jedermann zur rechtswirksamen Erfüllung geschuldeter Leistungen akzeptiert wird". Dem Bitcoin fehle es an einer "allgemeinen Anerkennung" und "vorhersehbaren Wertbeständigkeit", die es ermögliche, ihn "zur allgemeinen Vergleichbarkeit verschiedener Waren oder Dienstleistungen heranzuziehen". Er erfülle daher "eine wesentliche begriffliche Voraussetzung von Rechnungseinheiten" nicht, wie sie der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht habe. Die BaFin verkenne mit ihrer Ansicht, Bitcoin sei eine unter den Begriff Rechnungseinheit zu fassende "Komplementärwährung", "dass es nicht Aufgabe der Bundesbehörden ist, rechtsgestaltend (insbesondere) in Strafgesetze einzugreifen".

Hier zeichnet sich ein Kompetenzkonflikt zwischen Strafjustiz und BaFin ab. Denn das KG geht recht breit drauf ein, dass nach Art. 103 Abs. 2 GG Fragen der Strafwürdigkeit oder -freiheit "im demokratisch-parlamentarischen Willensbildungsprozess" zu klären und die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret zu umschreiben (seien), dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen". Der Bürger als Normadressat müsse aus dem Wortlaut einer gesetzlichen Vorschrift voraussehen können, ob ein Verhalten strafbar sei oder nicht. Die BaFin habe nach § 6 KWG eine allgemeine Missstandsaufsicht und Anordnungskompetenz von Verwaltungsakten gegen Institute zur vorbeugenden Gefahrenabwehr für das Kreditwesen, aber nicht zur Ausdehnung des Anwendungsbereichs strafrechtlicher Normen durch Erweiterung der Voraussetzungen für erlaubnispflichtige Bank- und Finanzgeschäfte. Die BaFin würde mit ihrer Behauptung, dass Bitcoins unter den Begriff der Rechnungseinheiten i. S. von § 1 Abs. 11 KWG fallen, den ihr zugewiesenen Aufgabenbereich "überspannen".

Auf die umfangreichen weiteren rechtlichen Aspekte des KG zur Verneinung der Erlaubnispflicht für den gewerblichen Verkehr mit Bitcoins können wir in diesem Kurzbericht nicht eingehen. Insoweit ist auf eine umfassende Analyse zum Thema von Lars Klöhn und Nicolas Parhofer in der Ausgabe Nr. 44 vom 2.11.18 der ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (S. 2093 ff.) hinzuweisen.

RA Dr. Claus Steiner, Wiesbaden

Dr. Claus Steiner , Rechtsanwalt, Wiesbaden
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