Banken

Nach Corona?

Die aktuell wieder ansteigenden Infiziertenzahlen zeigen vor allem eins: Die Corona-Pandemie ist noch nicht vorbei, sondern wird uns noch lange Zeit beschäftigen. Noch halten sich zwar die wirtschaftlichen Auswirkungen dank des beherzten Eingreifens von staatlicher Seite und dem Pflichtbewusstsein der Kreditwirtschaft in Grenzen. Doch wie lange noch? Und was kommt danach. Die Suche nach Antworten gleicht zwar an vielen Stellen noch dem Blick in die Glaskugel, einfach weil Erfahrungswerte fehlen. Und doch kann man einige Entwicklungen heute schon relativ sicher prognostizieren, natürlich ohne konkrete Konsequenzen ableiten zu können. Nach Corona, wann auch immer das sein mag, wird die Weltwirtschaft ebenso stärker verschuldet sein wie die europäische Wirtschaft und die deutsche Wirtschaft. Nach Corona werden die Unternehmen, werden die privaten Haushalte, wird die öffentliche Hand stärker verschuldet sein. Nach Corona werden also die Verwundbarkeiten ungleich höher sein als aktuell. Die Risiken für das Finanzsystem werden also höher sein.

Entsprechend betonen die deutschen Bankenaufseher, dass es noch zu früh sei, um Entwarnung für den Bankensektor zu geben. Im Gegenteil: "Die Wirtschaft erholt sich, aber auf die Banken wirkt sich die Krise erst verzögert aus", sagte beispielsweise Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling jüngst auf einer Veranstaltung. BaFin-Präsident Felix Hufeld ergänzte, dass laut Ergebnissen des Covid-19-Stresstests, den BaFin und Bundesbank gemeinsam entwickelt haben, die deutschen Banken auch in einem sehr drastischen Szenario ausreichend kapitalisiert sind. Zum Beispiel sinke die durchschnittliche Kernkapitalquote des Stammkapitals um 4,7 Prozentpunkte, wenn das BIP um 10,8 Prozent einbreche, liege aber immer noch bei 11,2 Prozent. Und das ohne die Berücksichtigung der verschiedenen staatlichen Hilfsprogramme.

Doch Hufeld betonte auch die Gefahren solcher Hochrechnungen. Zum einen beruhten diese immer auf "Wenn-dann"-Annahmen, von denen die Realität in Zukunft abweichen könne. Zum anderen gelte die ermittelte relative Robustheit des deutschen Bankensektors nur im Aggregat. "Im wirklichen Leben können die Dinge für einzelne Banken jedoch ganz anders aussehen", so der BaFin-Präsident. Entsprechend müssten sich die Bankmanager neben der akuten Krisenbewältigung auch auf operative und strategische Fragen konzentrieren.

Und das ist nicht leicht, denn die Corona-Pandemie verschärft und ergänzt viele der bekannten Herausforderungen noch. So kämpfen die Institute bereits seit geraumer Zeit mit sinkenden Margen und niedrigen Zinsen. Nun kommt noch die sich verschlechternde Kreditwürdigkeit der Kunden dazu, in den vergangenen Jahren eher ein ergebnisstabilisierender Faktor im positiven Sinne. Gleichzeitig wächst die Zahl der Wettbewerber aus dem Nichtbanken-Sektor, und das nicht nur im Zahlungsverkehr, sondern auch dem Kerngeschäft der Banken, nämlich der Kapitalvergabe durch Kreditfonds, Private Debt und andere Finanzierungsquellen. Laut einer aktuellen PwC-Studie wächst der Nichtbanken-Sektor seit gut zehn Jahren deutlich stärker als traditionelle Finanzierungsinstitute. Für die Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist daher klar: In der Post-Corona-Welt werden klassische Finanzinstitute weiter ins Hintertreffen geraten. Banken und Sparkassen müssen natürlich darauf achten, auch künftig Teil der Wertschöpfungskette zu sein. Die Chancen dafür stehen sicherlich nicht so schlecht. Denn auch das Hohelied auf den unwiderruflichen Erfolg der Nichtbanken ist schon das ein oder andere Mal gesungen worden. Entscheidend bleibt, wem die Kunden vertrauen.

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