Auslandsbanken

Dezentral und teurer

Auch Erfolge sind immer relativ. In diesem Sinne tut sich der Verband der Auslandsbanken in Deutschland auch ein gutes Jahr vor dem offiziellen Datum für den Brexit unverändert schwer damit, die wachsende Bedeutung des Finanzplatzes Frankfurt und die absehbaren Standort- und Mitarbeiterverlagerungen zu feiern. Vielmehr überwiegt immer noch das Bedauern über eine politische Entscheidung, deren Kosten beide Seiten zu tragen haben. Denn bei aller Zufriedenheit über die Standortpolitik der hessischen Landesregierung, der kompetenten Arbeit der hiesigen Aufsichtsbehörden und dem absehbaren Bedeutungszuwachs des eigenen Verbandes durch die Internationalisierung des Standortes werden durchaus auch die volkswirtschaftlichen Kosten gesehen.

Denn die übergangslose Sicherstellung der Arbeitsfähigkeit nach Vollzug des Brexits zwingt viele Banken, ihre in den vergangenen Jahrzehnten in London aufgebauten Strukturen zu dezentralisieren. Der integrierte Ansatz mit dem London-Hub ist zerstört, in mindestens einem Land der EU-27 muss eine Einheit mit eigenem Risikomanagement und verantwortlichen Kontrollfunktionen aufgebaut werden. Und das kostet die Institute erst einmal Geld. Dass alle Institute mit europaweiten Ambitionen einen Standort wie beispielsweise Frankfurt oder Paris bevorzugen, ist derzeit nicht abzusehen. Im Rahmen der Europastrategien für die Zeit nach dem Brexit zeigt sich vielmehr generell eine Tendenz zur stärkeren Verlagerung von Bankmitarbeitern zu den Kunden hin.

Entsprechend vorsichtig bleibt der Verband der Auslandsbanken in Deutschland auch mit Blick auf eine Verlagerung von Mitarbeitern in den Großraum Frankfurt. Bei erwarteten Personalaufstockungen um 200 bis 300 je Haus und einer Rückverlagerung von Personal der deutschen Großbanken vom Standort London nach Frankfurt am Main wird in den kommenden zwei bis drei Jahren mit einem Zuwachs von 3 000 bis 5 000 Stellen gerechnet. Und wer den Zugang zum europäischen Markt maßgeblich über Frankfurt sucht, wie dies bei knapp 20 Banken nicht zuletzt aus den USA und Japan der Fall ist, wird nicht umhinkommen, Funktionen wie das Risikomanagement, Finance, Compliance, Interne Revision und IT mit dem notwendigen qualifizierten Personal und den notwendigen Entscheidungskompetenzen und Verantwortlichkeiten gegenüber der Aufsicht auszustatten.

Hinzu kommt eine Verlagerung der Bilanzvolumen nach Frankfurt. Schon im Jahre 2015 hat eine Geschäftsverlagerung beziehungsweise -ausweitung nach Frankfurt zu einer Erhöhung der Bilanzsumme der Auslandsbanken in Deutschland von 311 auf 435 Milliarden Euro geführt. Im Zuge von Geschäftsverlagerungen als Folge des Brexits rechnet der VAB in den kommenden Jahren mit einer weiteren Verdopplung auf dann rund 800 Milliarden Euro. Diese Ausweitung des Volumens dürfte aller Erfahrung nach auch mit einer Gewinnverlagerung einhergehen.

Dass der Standort Frankfurt nicht nur angesichts der Verkehrsanbindung, der sozialen und kulturellen Infrastruktur sowie der politischen und rechtlichen Stabilität von den Auswirkungen des Brexits profitieren könnte, sieht der VAB inzwischen auch durch eine Flexibilität bei der Neuordnung des Arbeitsrechtes flankiert.

"Angesichts des bevorstehenden Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU", so heißt es wörtlich im Koalitionsvertrag der neuen Regierung, "wollen wir den Standort Deutschland für Finanzinstitute attraktiver gestalten. Dazu werden wir es möglich machen, Risikoträger im Sinne von § 2 Abs. 8 Institutsvergütungsverordnung, deren jährliche regelmäßige Grundvergütung das Dreifache der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung überschreitet, im Kündigungsschutzgesetz leitenden Angestellten gleichzustellen", die nach geltendem Recht bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses einen geringeren Schutzstatus haben. Stand 2018 würde diese Regelung Mitarbeiter mit einem Jahresgrundgehalt von mindestens rund 234 000 Euro betreffen.

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