Kreditgenossenschaften II

Das Dilemma mit der Einlagenverzinsung

Quelle: Europäische Zentralbank

 

Seit drei Jahren liegen der Hauptrefinanzierungssatz der EZB bei Null Prozent und die Einlagefazilität für Bankengelder bei der EZB bei minus 0,4 Prozent. Einlagen bereiten unter dieser Konstellation nur bedingt Freude. Denn viele Kunden wissen genau, dass damit allen moderaten Inflationsraten zum Trotz seit Jahren reale Verluste hingenommen werden müssen. Und den Banken ist dieses Dilemma ebenso bewusst. Gerade für die Institute mit traditionell hohen Einlageüberschüssen bedeutet die Anlage bei der Notenbank zudem einen nicht zu vernachlässigenden Kostenfaktor.

Dass sich die Einlagen der 381 (402) Ortsbanken des Frankfurter Genossenschaftsverbandes im Berichtsjahr 2018 dennoch um 5,1 Prozent auf 335,351 Milliarden Euro erhöht haben, wird vom Vorstandsvorsitzenden Ralf W. Barkey zu Recht als erneuter Vertrauensbeweis eingestuft. Er darf diese Wertschätzung auch als gute Basis für eine Refinanzierung des um 6,0 Prozent auf 294,308 Milliarden Euro gewachsenen Kreditgeschäftes interpretieren. Aber mit der Erfüllung des Förderauftrags für die 7 322 500 Mitglieder in seinem Verbandsgebiet kann er sich nur auf der Kreditseite - nämlich der Sicherung der Finanzierung der regionalen Wirtschaft - richtig wohlfühlen. Die Einlagenverzinsung indes bereitet trotz der Zuflüsse im vergangenen Jahr und einem Plus von 53,6 Prozent an Kundeneinlagen seit 2008 Unbehagen. Eigentlich sieht Barkey die Volks- und Raiffeisenbanken in der Verantwortung, im Rahmen ihrer Beratung ertragreichere Anlagealternativen aufzuzeigen. Doch mit den kontraproduktiven Wirkungen der aktuellen Geldpolitik wie der regulatorischen Umsetzung von MiFID II verweist er auf zwei gravierende Hindernisse. Ohne eine steuerliche Förderung auf Basis von Sparplänen in Aktien oder Fondssparplänen hält er die Sicherstellung der privaten Altersvorsorge breiter Bevölkerungsschichten im aktuellen geldpolitischen und regulatorischen Umfeld nicht für darstellbar.

Mit einer Forcierung des Wertpapiergeschäftes können die genossenschaftlichen Ortsbanken in schlechten Kapitalmarktjahren wie 2018 nur bedingt entgegenwirken. Auch der Spielraum ihrer Ertragsrechnung wird unter den derzeitigen Rahmenbedingungen immer enger. Zwar konnten die Institute des Verbandes ihren Zinsüberschuss bei 8,784 Milliarden Euro in etwa konstant halten und der Zuwachs beim Provisionsüberschuss von 165 Millionen Euro auf 3,311 Milliarden Euro hat den um 98 Millionen Euro höheren Aufwand (8,095 Milliarden Euro) überkompensiert und lässt das Betriebsergebnis vor Bewertung um 73 Millionen Euro auf 4,093 Milliarden Euro steigen. Aber gemessen an der durchschnittlichen Bilanzsumme liegen die 0,89 (0,92) Prozent erneut niedriger als im Vorjahr und deutlich unter den Werten, die noch vor zehn Jahren erreicht wurden. Der Vorstandsvorsitzende des Verbandes wird deshalb nicht müde, eine faire regulatorische Behandlung der kleineren Institute und eine Normalisierung der Geldpolitik zu fordern. Bei ersterem Anliegen könnte er in Brüssel bei der Umsetzung des Bankenpaketes zumindest teilweise Gehör finden, mit letzterem wird er sich nach der jüngsten Forward Guidance der EZB bis mindestens 2020 gedulden müssen.

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