Bankpolitik

Dürre im Privatkundengeschäft

Nach dem Ausbruch der Finanzkrise ruhten viele Hoffnungen auf dem Privatkundengeschäft als vergleichsweise stabilem Geschäftsfeld. Diese Erwartungen haben sich vor allem bedingt durch das Niedrigzinsumfeld, aber auch durch Regulierung und aufgrund des durch die Digitalisierung veränderten Kundenverhaltens für viele Marktteilnehmer nicht erfüllt. Im Gegenteil: Die Branchenerträge im deutschen Privatkundengeschäft (ohne Private Banking) sind in der laufenden Dekade kontinuierlich zurückgegangen, von 55 Milliarden Euro im Jahr 2010 auf rund 50,1 Milliarden Euro 2017. So rechnet es die Privatkundenstudie 2018 von zeb vor. Trotz positiver Wirtschaftslage, trotz aller Kostensenkungsprogamme und Vertriebsbemühungen ist es den Instituten also in Summe nicht gelungen, die anhaltenden Belastungen aus Zinsumfeld, Digitalisierung und Regulierung zu kompensieren.

Der Handlungsbedarf ist deshalb immer noch enorm. Das rechnet zeb vor: Prognostiziert man die Ertrags- und Ergebnisentwicklung auf Basis makroökonomischer Einflussfaktoren, dann droht sich die negative Entwicklung bis zum Jahr 2022 weiter fortzusetzen. Das Ertragspotenzial mit Privatkunden in Deutschland wird bis dahin auf 45,6 Milliarden Euro absinken. Bei einer leichten tendenziellen Normalisierung der Risikokosten und ohne weitere Verbesserungen der Kostenbasis resultieren im Fünfjahresszenario substanzielle Verluste: Ohne Gegenmaßnahmen dürfte das Ergebnis im deutschen Privatkundengeschäft in den nächsten fünf Jahren auf dann fast minus 6 Milliarden Euro sinken. Bereits ab dem übernächsten Jahr wäre das Branchenergebnis dieses für die deutschen Banken und Sparkassen so wichtigen Geschäftsfeldes negativ. Mit dem Tritt auf die Kostenbremse wird sich das Problem nicht lösen lassen. Denn dazu wären für eine Stabilisierung auf dem Ergebnisniveau von 2017 effektive Kostensenkungen von 16 Prozent erforderlich. Vielmehr gilt es, das Geschäftsmodell umzubauen. Und dafür bleibt nicht mehr viel Zeit.

Weil das tägliche Bankgeschäft in der digitalen Welt immer "unsichtbarer" wird, werden auch die Anbieter austauschbarer. Und da gleichzeitig die Internet- und Technologiegiganten im Zahlungsverkehr mitmischen und die Kunden mit Gratisangeboten locken, verlieren die Erträge aus diesem Geschäftsfeld im Ertragsmix immer mehr an Bedeutung. Das Drehen an der Gebührenschraube, was laut Branchenkompass Banking 2018 von Sopra Steria Consulting immerhin 50 Prozent der Kreditinstitute für das kommende Jahr planen, kann deshalb nicht die Lösung sein. Sondern es gilt, sich verstärkt auf die wenigen Gelegenheiten zu konzentrieren, bei denen die Kunden tatsächlich einen Bedarf an Beratung beziehungsweise Lösungen im Bereich Vorsorge oder Finanzierung haben.

Die Herausforderung besteht darin, im richtigen Augenblick mit einem Angebot beim Kunden präsent zu sein. Weil zudem in den nächsten fünf Jahren rund die Hälfte der Erträge durch digitale Kaufprozesse neu verteilt werden dürfte, erfordert dies eine genaue Analyse des Kundenverhaltens und eine Weiterentwicklung digitaler Angebote und Interaktionsplattformen - all das ausgerichtet am veränderten Ertragspotenzialmix, in dem der Provisionsertrag (vor allem aus dem Versicherungsvertrieb) an Bedeutung zunimmt. Bei alldem stehen Banken im Wettbewerb mit Fintechs und Bigtechs oder Aggregatorplattformen, von denen sie lernen müssen - Stichwort Plattformökonomie. Darauf ruhen letztlich fast alle Hoffnungen. Bis dieses Modell die Erträge der Banken sprudeln lässt, ist es freilich noch ein weiter Weg.

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