Rechtsfragen

"Einvernehmliche" vorzeitige Darlehensrückzahlung

Das Landgericht Frankfurt a.M. hat am 21. Dezember 2017 ein Urteil verkündet (AZ 2-10 O 177/17), das die ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht in ihrem Abdruck (Heft 8/2018, Seite 365) mit dem redaktionellen Leitsatz versehen hat: "Die AGB-Klausel einer Bank, wonach der private Kunde für die Abwicklung einer einvernehmlichen vorzeitigen Rückzahlung eines Immobiliendarlehens 300 Euro zu zahlen hat, ist unwirksam". Damit folgte das Gericht dem Antrag des gegen die Bank klagenden Verbrauchervereins. Es begründete den Spruch im Wesentlichen damit, dass es sich bei dieser Klausel um eine unter AGB-Kontrolle stehende "Preisnebenabrede" handele, die nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sei, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung (hier: nach § 488 BGB schuldet ein Darlehensnehmer nur Zinsen) nicht vereinbar sei und den Kunden dadurch unangemessen benachteilige.

Das Urteil ist, was Struktur und Prägnanz anbelangt, nicht zu beanstanden. Im rechtlichen Ergebnis erscheint es jedoch fragwürdig, weil das LG in fast "überanalytischer" Auseinandersetzung mit dem Begriff "einvernehmlich" zu dem nicht überzeugenden Ergebnis gekommen ist, die Klausel erfasse nicht nur die Fälle, in denen zwischen Bank und Kunden in Abänderung der ursprünglichen Konditionen vorzeitige Rückzahlungen "einvernehmlich", also im Konsens, vereinbart wurden. Der Begriff schließe bei gebotener verbraucherfeindlichster Auslegung auch Rückzahlungen zum Beispiel aufgrund gesetzlicher Kündigungsrechte ein (§ 489 BGB). Auch solche Rückzahlungen seien "einvernehmlich", was im Grunde "ohne Streit" bedeute. Da die Bank gesetzlich oder vertraglich begründete vorzeitige Rückzahlungen nicht mit einer AGB-Gebühr "zusätzlich bepreisen" dürfe, sei eine Klausel unwirksam, die solches einschließe. "Einvernehmlichkeit" sei nicht nur gegeben, wenn es um "gewillkürte" vorzeitige Rückzahlung gehe. Der Begriff betreffe die Rückzahlung als solche und beschränke sich nicht auf deren Rechtsgrund, wie etwa im vorliegenden Fall auf die von der Bank gesondert "bepreisbare" neue Hauptabrede mit dem Kunden über die vorzeitige Rückzahlung.

An dieser Stelle stellt sich die Frage, ob das LG den sprachlich auf die "freiwillige Vereinbarung zwischen Bank und Kunden" bezogenen Begriff "einvernehmlich" so überextensiv auslegen und auf Fälle erstrecken durfte, in denen die Bank von vornherein und unabhängig von jeglichem "Einvernehmen" verpflichtet ist, vor zeitige Rückzahlungen entgegenzunehmen. Die Bank handelt dabei aufgrund ihrer Verpflichtung; ein (zusätzliches) Einvernehmen mit dem Kunden wäre insoweit rechtlich ohne Bedeutung. Zweifel an der Richtigkeit des Urteils erscheinen somit begründet. Die zur Unterlassung der Klausel verurteilte Bank hat demgemäß Berufung eingelegt. Das Verfahren ist nun beim OLG Frankfurt unter dem Aktenzeichen 10 U 5/18 anhängig. Über den weiteren Verlauf wird hier zu berichten sein; der Fall könnte letztlich auch noch den BGH beschäftigen.

RA Dr. Claus Steiner, Wiesbaden

Dr. Claus Steiner , Rechtsanwalt, Wiesbaden
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